DOI: http://dx.doi.org/10.11588/ip.2017.1.35227

Márton VILLÁNYI

Ein freies Bibliothekssystem für wissenschaftliche Bibliotheken – Werkstattbericht der IST Austria Library

Zusammenfassung

Auf der Suche nach einem Bibliothekssystem entschied sich die Forschungseinrichtung IST Austria im Jahr 2014 für das Open-Source-Produkt Koha. In einem ersten Schritt wurden zunächst Grundfunktionen aktiviert um im Anschluss diverse zusätzliche Tools zum Einsatz zu bringen. Die große Flexibilität des Systems erlaubt maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedlichste Institutionen. Trotz Herausforderungen kann die Bibliothek auf eine erfolgreiche Implementierung zurückblicken.

Schlüsselwörter

Bibliothekssystem, Open Source, Koha, Wissenschaftliche Bibliothek

A free library system for academic libraries – Workplace report of the IST Austria Library

Abstract

IST Austria was looking for a new library system until 2014 when the research institute decided to implement Koha. The library first activated basic functions of the open-source product and then brought additional tools into operation. The high flexibility of the system allows customized solutions for different institutions. Although the library faced some challenges, it can now look back on a successful implementation.

Keywords

Library System, Open Source, Koha, Scientific Library

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Koha am IST - Ausgangslage und Vorgeschichte

3 Die Entscheidung für Koha

4 Implementierung am IST Austria

4.1 Das System zum Laufen bringen

4.2 Über die Grundfunktionen hinaus

4.3 Was wird sonst noch geplant…?

5 Fazit

6 Dank

Literatur

Autor

1 Einleitung

Spätestens seit der Entscheidung der weltweiten Goethe Institute für eine neue Bibliothekssoftware hat sich auch im deutschsprachigen Raum herumgesprochen, dass Koha als Alternative zu den proprietären Angeboten durchaus in Frage kommt. Die ursprüngliche Version dieses integrierten Bibliothekssystems wurde im Jahr 1999 in Neuseeland entwickelt und von einer enthusiastischen Open Source Community in die Welt getragen. Koha verfügt über alle wichtigen Funktionen wie Katalog, Verwaltung des Bestands und der Ausleihe, Bibliotheksstatistiken und vieles mehr. Auch in Österreich bekommt dieses freie System immer mehr Zuspruch. Das Institute of Science and Technology (IST) Austria entschied sich im Jahr 2014 für Koha und implementiert seitdem Schritt für Schritt mit großer Zufriedenheit unterschiedlichste Funktionalitäten.

Dieses Open-Source-Bibliothekssystem, ursprünglich für öffentliche Büchereien konzipiert, hatte in Österreich über viele Jahre hindurch keine allzu große Bedeutung. Dies mag darin begründet sein, dass die öffentliche Hand hierzulande Förderungen und Support für bestimmte Systeme anbietet, nicht aber für Koha. Die meisten wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs legten sich schon vor vielen Jahren auf das kommerzielle System Aleph und dessen Betreuung durch den Österreichischen Bibliothekenverbund (OBVSG) fest. Ein gemeinsames System für fast alle Beteiligten bringt einige Vorteile, die Hemmschwelle für Alternativen im Alleingang ich nicht zu unterschätzen. Nicht alle sind jedoch mit der Konzentrierung auf einen kommerziellen Anbieter zufrieden und entdecken in Koha eine mögliche Alternative.

2 Koha am IST - Ausgangslage und Vorgeschichte

Das IST Austria ist im Umland von Wien angesiedelt und beschäftigt etwas mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Grundlagenforschung. Mit den großen Universitätsbibliotheken der österreichischen Hauptstadt ist die kleine Abteilung „Library“ schwer zu vergleichen: Der physische Bestand ist verschwindend gering, umso mehr wird dafür auf elektronische Medien gesetzt. Das liegt auch darin begründet, dass die Forschungsstätte – und somit auch ihre Bibliothek – erst 2009 eröffnet wurde. Ein historisch gewachsener Bestand war nicht vorhanden, man konzentrierte sich von Anfang an auf die neueren Entwicklungen des modernen wissenschaftlichen Bibliothekswesens. So wurden Zeitschriften von Beginn an nur digital angeboten. Gerne hätte die Bibliothek auch bei Büchern eine ähnliche Strategie verfolgt, was aber oft nicht möglich ist: Große Pakete, so wie sie von Verlagen oft angeboten werden, werden vom wissenschaftlichen Personal nicht nachgefragt. Wichtige Textbooks erscheinen nur in Print. Viele E-Books wiederum sind nicht als Einzeltitel für eine Campus-Lizenz zu erwerben. Dies ändert sich in kleinen Schritten. So gibt es mittlerweile neben einer überschaubaren, aber stetig wachsenden Sammlung an Print-Büchern ein verhältnismäßig viel umfangreicheres Angebot an E-Books.

3 Die Entscheidung für Koha

Die Frage nach einem passenden, integrierten Bibliothekssystem stellte sich erst nach ein paar Jahren, als Buchbestand, Ausleihe und Erwerbung eine kritische Größe erreichten und die unterschiedlichsten E-Book-Lizenzen nach einem übersichtlichen Nachweis verlangten. Eine der Optionen war es, sich dem Großteil der wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs anzuschließen und Verbundmitglied zu werden. Dazu hätte sich die Einrichtung für das Ex Libris-Produkt Aleph – und nach einer laufenden, österreichweiten Umstellung für den ebenfalls von Ex Libris entwickelten Nachfolger Alma – entscheiden müssen. Manches sprach dafür, vieles jedoch dagegen. Die Vorteile des Verbunds sind naheliegend: Es seien hier nur die arbeitsteilige Katalogisierung und der Nachweis des Bestands auf einer institutionsübergreifenden Plattform hervorzuheben. Diese Aspekte sind jedoch für das IST Austria von nachrangiger Bedeutung. Für den kleinen Buchbestand sind die Fremddaten aus den verfügbaren offenen Schnittstellen wie die des GBV (Gemeinsamer Bibliotheken Verbund) oder der Library of Congress ausreichend. Für E-Books, die im Paket erworben werden, stellen wiederum die Anbieter von sich aus brauchbare Daten zur Verfügung. Der Nachweis im Verbundkatalog hat für das IST Austria ebenfalls nur einen geringen Mehrwert, da der physische Bestand nicht groß ist. Nichtsdestotrotz ist die Bibliothek längerfristig an einer Beteiligung in einem österreichischen Verbund interessiert. Dazu müssten jedoch auch andere Bibliothekssysteme unterstützt werden.

Die Nachteile von Aleph, Alma oder anderen proprietären Systemen waren gewichtiger: Die Abhängigkeit von einem System, welches kaum auf spezielle Bedürfnisse anzupassen ist, war eine erste Schwachstelle. Hinzu kamen verhältnismäßig hohen Kosten. Außerdem zielen Produkte wie Alma in erster Linie auf große Einrichtungen ab. Also galt es sich nach Alternativen umzusehen.

Schon bald fiel die Aufmerksamkeit auf das freie Bibliothekssystem Koha, welches die wesentlichen Bedürfnisse am IST Austria abzudecken schien. Mindestanforderungen waren ein zweckmäßiger Katalog, Unterstützung beim Bucherwerb und die reibungslose Abwicklung der Aus- und Fernleihe. Außerdem war ein webbasiertes System sowohl für die Benutzerinnen und Benutzer, als auch vom Bibliothekspersonal gewünscht. Wichtig war auch eine weite Verbreitung des Systems: Einerseits wird für eine Entscheidung gerne die Erfahrung anderer Einrichtungen herangezogen. Andererseits kann man von der Langlebigkeit des Systems ausgehen, wenn dieses von vielen Einrichtungen sehr aktiv genutzt wird. Wie so oft waren aber auch die veranschlagten Kosten bei der Entscheidung für Koha ein wesentlicher Faktor.

Koha erfüllt die Kriterien des IST Austria ohne größere Ausnahmen:

Die Weboberfläche ist übersichtlich, die Funktionalitäten für die Benutzerinnen und Benutzer meist selbsterklärend. Der OPAC lässt sich auch vom Bibliothekspersonal ohne umfangreiche Vorkenntnisse auf besondere Wünsche hin konfigurieren, wenn auch der Gestaltung des Layouts Grenzen gesetzt sind. Die Such- und Filtermöglichkeiten entsprechen dem aktuellen Stand der Technik, diverse Zusatzfunktionen machen die Oberfläche attraktiver: Nach Login sind persönliche Daten über ausgeliehene, zurückzugebende oder reservierte Bücher einzusehen. Öffentliche und private Listen können erstellt, Buchempfehlungen abgegeben werden. Ein responsives Webdesign ermöglicht zudem die nutzerfreundliche Bedienung auf mobilen Endgeräten.

Die webbasierte Administrations-Oberfläche und deren Funktionen entsprechen ebenfalls den Ansprüchen der Bibliothek.

Im Fall des IST Austria werden die angebotenen Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft. Katalogisierung, Beschaffung, Ausleihe funktionieren aber solide und leisten gute Dienste. Einige sehr umfangreiche Werkzeuge, wie zum Beispiel zur Generierung von Bibliotheksstatistiken werden am IST Austria nur sporadisch verwendet, waren soweit aber zweckmäßig und leicht zu bedienen.

Koha wird weltweit von tausenden Bibliotheken eingesetzt. Oft sind es kleine Büchereien, nicht selten aber öffentliche Bibliotheken mit einem breiten Netz an Zweigstellen. Auch wissenschaftliche Bibliotheken gehören in einer großen Zahl zu der Gemeinschaft, darunter auch einige große Universitätsbibliotheken. Vor allem im angelsächsischen Raum trifft man auf viele Anwender, aber in fast allen Ländern der Welt kann man auf eine Koha-Bibliothek stoßen. Auch wenn in Österreich selbst noch nicht so stark vertreten, so gibt die weltweite Verbreitung dieses Bibliothekssystems der Bibliothek des IST Austria eine gewisse Sicherheit. Eine breit aufgestellte Interessensgruppe sorgt laufend für neue Funktionalitäten, die Community ist bestens vernetzt. So haben bis April 2015 277 Entwicklerinnen und Entwickler Code beigetragen. Es werden jährlich Konferenzen und Hackathons organisiert, in vielen Ländern gibt es eigene Koha-Usergroups. Auch in Österreich hat sich 2015 auf Initiative des IST Austria eine solche Gruppe gebildet. In jüngster Zeit haben sich einige österreichische Einrichtungen für Koha entschieden, und weitere eine Implementierung in Betracht gezogen. Das IST Austria ist an einer Vernetzung sehr interessiert und erhofft sich durch die Zusammenarbeit mit anderen Bibliotheken und der Gemeinschaft hohe Synergieeffekte.

4 Implementierung am IST Austria

4.1 Das System zum Laufen bringen

Die Implementierung von Koha an der Bibliothek des IST Austria erfolgte schrittweise. Hervorzuheben ist, dass die Bibliothek gegenwärtig von drei Personen betrieben wird, und die Betreuung von Koha nur einen Bruchteil einer Vollzeitstelle in Anspruch nimmt. Demgegenüber soll aber auch erwähnt werden, dass die Bibliothek auf die externe Unterstützung einer Support-Firma nicht verzichten wollte.

Nachdem die Entscheidung für Koha gefallen war, wurden diverse solcher Support-Firmen kontaktiert. Die meisten dieser Unternehmen sind auch in der Community aktiv und arbeiten an der Weiterentwicklung von Koha mit.

Weltweit gibt es einige größere und zahlreiche kleine Firmen, die Support anbieten. Auch im deutschsprachigen Raum finden sich kommerzielle Anbieter für die Betreuung des Bibliothekssystems. Mit etwas IT-Know-How kann theoretisch auf eine solche Unterstützung verzichtet werden, die Koha-Community bietet auch so sehr viel Unterstützung. Einfacher ist es natürlich mit professioneller Rückendeckung.

Ein erheblicher Startvorteil bei der Implementierung einer neuen Bibliothekssoftware war das Fehlen einer alten. Das IST Austria war zum Zeitpunkt der Entscheidung für Koha noch ohne ein integriertes Bibliothekssystem ausgekommen. Für den Katalog reichte der Nachweis in LibraryThing, einer einfachen Webanwendung zur Verwaltung von Medienlisten. Einen größeren Bestand an E-Books gab es anfänglich kaum. Die Buchbeschaffung war nicht im System integriert, die Aus- und Fernleihe wurde handschriftlich protokolliert. Durch die wachsende Zahl an Institutsangehörigen, sowie dem größer werdenden Medienbestand waren diese Instrumente aber mit der Zeit nicht mehr ausreichend. Für den Aufbau des neuen Systems war es jedoch nicht notwendig, historische Strukturen wie Sammlungen, Sonderbestände etc. zu berücksichtigen.

Koha wurde mit Unterstützung der Supportfirma und der IT-Abteilung des IST Austria auf einem lokalen Server installiert. Zunächst erhielt die Bibliothek Zugang zu einer Testversion, um sich mit dem System vertraut zu machen und Fragen für spätere Besprechungen mit dem Support zu sammeln. Basisdaten wie „Collections“, „Funds“ etc. wurden entworfen und eingerichtet, um die Struktur des Buchbestands und der Kostenstellen sinnvoll abzubilden. Änderungen sind im Nachhinein zwar möglich, aber unter Umständen kompliziert. Beim Einspielen der Bestandsdaten war die Supportfirma ebenfalls behilflich. Da das frühere System Exemplardatensätze nicht darstellen konnte, wurden erst mit der Einführung von Koha die Bücher mit Barcodes versehen und Sammlungen zugeordnet. Dieser Prozess konnte auch für eine Inventur genutzt werden. Grundeinstellungen am System wurden – nach Vorgaben der Bibliothek – zum Teil von der Supportfirma vorgenommen (z.B. Masken für die Katalogisierung, Einrichten von Schnittstellen etc.), zum Teil aber auch vom Bibliothekspersonal selbst durchgeführt (Vergabe von Rechten, Anpassung des OPAC, etc.). Zuerst erhielt die Bibliothek Online-Schulungen von der Supportfirma und produzierte im Anschluss maßgeschneidertes Schulungsmaterial für die Benutzerinnen und Benutzer. Bücher der Bibliothek wurden schon vor der Systemeinführung von den Leserinnen und Lesern selbst ausgeliehen. Aus der Bibliothek mitgenommene Bücher mussten in eine Liste eingetragen, zurückgebrachte wieder ausgestrichen werden. Damit konnte der Lesesaal rund um die Uhr geöffnet sein. Diese Politik der Selbstausleihe und permanenten Öffnung wollte die Bibliothek beibehalten. Die Implementierung einer Online-Selbstausleihe in Koha war ohne Probleme zu lösen: Im Lesesaal wurde ein Terminal mit Barcode-Scanner eingerichtet und im Modul die notwendigen Systemeinstellungen aktiviert. Dies nahmen Forscherinnen und Forscher gut an und der Prozess läuft von Beginn an ohne Schwierigkeiten. Bei einer Frequenz von einigen wenigen Ausleihen pro Tag konnte die Bibliothek sofort auf anfängliche Fehler reagieren und größere Probleme vermeiden. Die Beschaffung und Katalogisierung von neuem Bestand erfolgten ohne Übergangsphase im neuen System.

Seit dieser ersten Periode, in der die Grundfunktionen für die Katalogisierung, die Ausleihe und die Buchbeschaffung zum Laufen gebracht wurden, aktiviert die Bibliothek laufend für sinnvoll erachtete Zusatzdienste.

4.2 Über die Grundfunktionen hinaus

Nachdem die Bibliothek in den ersten paar Monaten mit diesen Grundfunktionen gearbeitet hatte, wurden neue Features konfiguriert. So bot das System zwar von Beginn an die Möglichkeit, Buchempfehlungen direkt über das Benutzerkonto abzuwickeln, dies wurde aber erst in einem späteren Schritt auch beworben und angewendet. Nach wie vor werden Anschaffungswünsche auch über andere Kanäle angenommen, das „Suggestion Tool“ von Koha hat sich in der Zwischenzeit aber größtenteils durchgesetzt und erleichtert den Prozess.

In einem weiteren Schritt spielte die Bibliothek bestehende und hinzugekommene E-Book-Sammlungen als Pakete in den Katalog ein. Anleitungen aus der Community waren bei der Datenanreicherung, der Strukturierung der MARC-files und des Uploadprozesses sehr hilfreich. Vieles konnte in Eigenregie durchgeführt werden, nur in wenigen Fällen war die Unterstützung der Supportfirma nötig. Auch wurden untypische Daten aus einfachen Listen in katalogtaugliche Metadaten umgewandelt, um so zum Beispiel lizenzierte Online-Videoressourcen abbilden zu können. Große Hilfe leistete dabei das Open-Source-Werkzeug MarcEdit. Eine Herausforderung ist die ständige Aktualisierung des sich permanent ändernden E-Book-Bestands geblieben. Technisch ist dieser Prozess zwar nicht besonders aufwendig, leider findet sich dafür aber oft nicht die notwendige Zeit.

Nach etwa einem Jahr Koha-Anwendung wurde mit dem Benachrichtigungstool eine neue Funktionalität eingeführt. Aufgabe dieses Werkzeugs ist es, den Leserinnen und Lesern automatisch verschiedene Informationen zukommen zu lassen. Darunter fallen nicht nur die Überschreitung der Leihfrist, sondern auch die Annahme und die Verfügbarkeit von Anschaffungsvorschlägen. Koha bietet dafür vorgefertigte Vorlagen, die beliebig konfiguriert werden können. Zunächst wurde dafür eine Testgruppe eingerichtet und die gewünschten Abläufe simuliert. Nach Beseitigung von Fehlern informierte die Bibliothek ihre Benutzerinnen und Benutzer über die bevorstehenden Änderungen und aktivierte das Tool. Mit dieser Neuerung wurde auch eine Leihfrist eingeführt, deren Überschreitung jedoch nicht sanktioniert wird. Bei Bedarf bietet Koha auch eine Gebührenverwaltung an. Diese Automatisierung von Benachrichtigungen erwies sich als sehr nützlich, Prozesse konnten dadurch erheblich optimiert werden.

4.3 Was wird sonst noch geplant…?

Verschiedene Werkzeuge, die Koha noch zusätzlich anbietet, konnten von der Bibliothek nur rudimentär getestet werden. In Zukunft werden aber weitere Funktionen von Koha in die Prozesse der IST Austria Library integriert werden.

Eines davon ist das Statistik-Tool: Es bietet einige vorgefertigte Reports und eine Fülle an statistischen Abfragen, die maßgeschneidert für die eigene Bibliothek einzurichten sind. Anleitungen dazu finden sich auf Community-Plattformen und die Umsetzung ist auch für unerfahrenes Bibliothekspersonal durchführbar. An der Bibliothek des IST Austria werden solche Abfragen in erster Linie zur Inventur verwendet. Außerdem nutzt die Bibliothek solche Reports zur Gegenüberstellung des vorhandenen Bestands mit E-Book-Angeboten diverser Verlage. Da aber so gut wie alle gespeicherten Daten abgefragt und kombiniert werden können, wäre das Statistik-Tool viel umfangreicher einsetzbar.

Mit dem Einrichten einer EDIFACT-Schnittstelle zu Buchhändlern befindet sich die Bibliothek des IST Austria in der Umsetzungsphase eines weiteren Werkzeugs. Dies soll der Bibliothek erlauben, Bestellungen nicht wie bisher über Email-Verkehr abzuwickeln, sondern direkt über eine Schnittstelle zum Buchhändler laufen zu lassen. Erste Versuche zeigten bereits Erfolge, auch wenn die Umsetzung durch andere Prioritäten verschoben werden musste.

Eine größere Veränderung der Koha-Anwendung steht durch die Implementierung eines Discovery Systems bevor. Der Informationsdienstleister EBSCO und die Bibliothek des IST Austria arbeiten seit einiger Zeit an der Integration des EBSCO Discovery Service (EDS) in die OPAC-Funktion von Koha. Somit soll eine Vielzahl an externen Datenbanken über den bisherigen Katalog durchsuchbar sein und Updates von manchen E-Book-Paketen überflüssig werden.

Ein weiteres mittelfristiges Projekt der Bibliothek ist der Betrieb von Koha in Kombination mit Coral. Coral ist ein Open Source ERM-System (Electonic Resource Management-System) zur Verwaltung von lizenzierten E-Journals. Die Bibliothek des IST Austria wartet momentan noch auf Coral 2.0 und erhofft sich dadurch neben einer Prozessoptimierung bei Lizenzverwaltungen auch eine bessere Integration des elektronischen Zeitschriftenbestandes in den Katalog.

5 Fazit

Die Entscheidung für ein Open Source Bibliothekssystems war nicht selbstverständlich, aus der Perspektive der letzten zwei Jahre betrachtet aber durchaus sinnvoll. In erster Linie galt es Mindestanforderungen wie Katalog, Ausleihe oder die Unterstützung bei der Buchbeschaffung zu erfüllen. Außerdem ist Koha webbasiert und weltweit verbreitet. Aspekte, die eine Entscheidung erleichterten. Viele dieser Kriterien erfüllen zwar auch kommerzielle Anbieter. Ausschlaggebend waren schlussendlich die große Flexibilität, permanente Weiterentwicklung und nicht zuletzt die vergleichsweise geringen Kosten.

Das Bibliothekspersonal konnte sich – zum Teil mit kommerzieller Unterstützung aber auch mithilfe der Community – gut in Koha einarbeiten. Benutzerinnen und Benutzer dürften mit dem neuen Bibliothekssystem ebenfalls zufrieden sein, Beschwerden konnten durch Einführungen und Anleitungen abgefangen werden. Die wachsende Zahl von wissenschaftlichen Bibliotheken, die sich – auch im deutschsprachigen Raum – für Koha entscheiden, bestätigt den Weg der Bibliothek. Eine weitere Vernetzung und der Erfahrungsaustausch wird am IST Austria sehr begrüßt.

6 Dank

Ich möchte Magdalena Andrae, Franz Halas und Andrea Torggler für Ratschläge, Hinweise und Korrekturen beim Verfassen dieses Textes danken. Dasselbe gilt für meine Kollegen Patrick Danowski und Barbara Petritsch. Die Support-Firma Interleaf hat uns in den letzten zwei Jahren verlässlich unterstützt. Ein besonderer Dank gilt außerdem der gesamten Koha-Community.

Literatur

Die Webseite des Koha-Community, [online]. https://koha-community.org/ [Zugriff am: 26.01.2017]

Die Webseite von MarcEdit, einer Open-Source-Software zum editieren von MARC-Daten, [online]. http://marcedit.reeset.net/ [Zugriff am: 26.01.2017]

Villányi, Márton 2015: Open Source Bibliothekssysteme als Alternative? Erfahrungen am IST Austria mit Koha, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/2153 [Zugriff am 26.01.2017]

Fischer, Katrin und Meißner, Holger 2015: Open Source All Inclusive - Betriebs- und Entwicklungsmodelle für das Bibliothekssystem Koha, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1943 [Zugriff am 26.01.2017]

Effinger, Maria und Fischer, Katrin 2014: "PalatinaSearch" - Koha macht's möglich, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1450 [Zugriff am 26.01.2017]

Fischer, Katrin 2013: Das Open-Source-Bibliothekssystem Koha - ein Update, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1314 [Zugriff am 26.01.2017]

Fischer, Katrin 2012: Koha - ein Open-Source-Bibliothekssystem, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1242 [Zugriff am 26.01.2017]

Fischer, Katrin 2011: Open-Source-Bibliothekssysteme am Beispiel Koha, [online]. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1027 [Zugriff am 26.01.2017]

Autor

Márton VILLÁNYI

studierte Geschichte an der Universität Wien und absolvierte die bibliothekarische Grundausbildung an der Österreichischen Nationalbibliothek. Seit 2015 ist er ebendort Studierender des Masterstudiums Library and Information Studies. In den Jahren 2014-15 war er Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Kooperation E-Medien Österreich (KEMÖ), seit 2013 arbeitet er am Institute of Science and Technology (IST Austria) als Bibliothekar, wo er neben diversen anderen Tätigkeiten auch mit dem Bibliothekssystem Koha betraut ist.


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