Francia
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<p>Die Zeitschrift »<a href="https://www.dhi-paris.fr/publikationen/francia.html">Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte</a>« erscheint einmal jährlich in einem Band von ca. 500 Seiten in gedruckter Form und seit Band 39 (2012) auch als E-Book. Sie enthält Beiträge in deutscher, französischer oder englischer Sprache. Für den Aufsatzteil gibt es zudem dreisprachige Resümees. Über die Annahme der Beiträge entscheidet ein <a href="/index.php/fr/about/editorialPolicies#custom-0">internationales Gutachtergremium</a> im Peer-Review-Verfahren. Die Rezensionen werden seit Band 35 (2008) in vier Ausgaben pro Jahr online als <a href="/index.php/frrec/">Francia-Recensio</a> veröffentlicht.</p> <p>Die seit 1973 erschienenen Bände der »Francia« sind mit einer Moving Wall von einem Jahr retrodigitalisiert hier und über <a href="http://www.perspectivia.net/publikationen/francia/francia-retro">perspectivia.net</a> kostenfrei zugänglich. Weitere Informationen zur Geschichte der Zeitschrift finden Sie [<a href="http://www.perspectivia.net/publikationen/discussions/3-2010/grosse_francia" target="_blank" rel="noopener">hier</a>].</p>Deutsches Historisches Institut Parisde-DEFrancia0937-7743<p>Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online-Publikationsplattform der Max Weber Stiftung - Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, und der Universitätsbibliothek Heidelberg zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden.</p>Inhaltsverzeichnis
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Die Redaktion
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2024-01-312024-01-3149VVI10.11588/fr.2022.1.102249Royal Adultery, Biblical History and Political Conflict in Tenth Century Francia
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<p>Der Lothar-Kristall, zuweilen auch Susanna-Kristall genannt, ist eines der berühmtesten Kunstwerke, die im frühen Mittelalter in Westeuropa angefertigt wurden. Seine Herstellung und die Symbolik seines künstlerischen Konzepts, das den Vorwurf des Ehebruchs gegen die wohlhabende Susanna darstellt, der im 13. Kapitel des Buches Daniel in der Vulgata-Version der Bibel erzählt wird, sind Gegenstand zahlreicher Studien. Eine zentrale Inschrift verrät dem Betrachter, dass der Kristall auf Anweisung eines gewissen Lothar, König der Franken, angefertigt wurde. Dieser König wird seit Langem mit dem Karolinger Lothar II. (855–869) identifiziert, dessen turbulente Ehe und Scheidungsversuche in den 860er Jahren zu einer großen politischen Krise führten. Der Beitrag prüft die Argumente für diese Zuweisung und legt dar, dass es sich lohnt, einen alternativen Kontext für die Entstehung des Kristalls in Betracht zu ziehen: die Regierungszeit des westfränkischen Königs Lothar (954–986). Wenn man den Kristall als Produkt des späten 10. Jahrhunderts betrachtet, könnte er eine Anspielung auf den Vorwurf des Ehebruchs sein, der zu dieser Zeit gegen Königin Emma II. erhoben wurde, sowie auf die Auseinandersetzung um die Kontrolle des wichtigen Gebiets Lotharingien im Kontext der Krise nach dem Tod Kaiser Ottos II. (973–983).</p>Simon MacLean
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2024-01-312024-01-314912510.11588/fr.2022.1.102259Notger de Liège et Oliba de Vic
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<p>Bischof Notger von Lüttich (930 ̶ 1008) und Oliba, Graf von Cerdanya, Abt von Ripoll und Cuxa sowie Bischof von Vic (971 ̶ 1046), waren fast Zeitgenossen. Bei beiden handelte es sich um bedeutende Persönlichkeiten sowohl in der Geschichte ihrer jeweiligen Region als auch der Westeuropas. Der Beitrag arbeitet die direkten Verbindungen zwischen dem Lütticher Raum und den katalanischen Grafschaften in jener Zeit heraus, für die sich, wenngleich wenig auffällig, Belege finden lassen. Das Ziel der Untersuchung liegt aber vor allem darin, die Biografien der beiden Prälaten sowie einige ihrer Initiativen miteinander zu vergleichen: die Regierung von Land und Leuten, den Ausbau der bischöflichen Macht, Gottesfrieden und Treuga Dei, das Verhältnis zu Rom, die Netzwerke internationaler Beziehungen sowie das Sammeln und die Verwendung von Reliquien. Das Ergebnis bildet einen aufschlussreichen Kontext im Norden wie im Süden ab und trägt zu einem besseren Verständnis des Wandels an der Jahrtausendwende bei.</p>Philippe GeorgeMarc Sureda i Jubany
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2024-01-312024-01-3149275110.11588/fr.2022.1.102260Sing unto the Lord a New Song
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<p>Der Beitrag analysiert die »Vita secunda Melanii« und fragt danach, wie sich die Verehrung des hl. Melanius im 11. Jahrhundert in Rennes entwickelte und aus welchen Gründen seine Vita neu verfasst wurde. Dabei fällt ein neues Licht auf die östliche Bretagne und ihre wenig erforschten gallo-römischen Heiligen, denen häufig zugunsten der stärker »keltischen« Heiligen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Zunächst wird für eine Datierung der »Vita secunda« ins frühe 11. Jahrhundert plädiert; sodann folgt ein Vergleich der Vita mit ihren karolingischen Quellen, die zum Verständnis der Änderungen, die der Verfasser der neuen Version vornahm. beitragen. Die Einordnung der »Vita secunda« in den Kontext der Geschichte der Abtei Saint-Melanie in Rennes erhellt die Umgestaltung der Melanius-Verehrung: Sie sollte den zeitgenössischen politischen Anforderungen gerecht werden und sich dem sich wandelnden Wettbewerb der Institutionen und Heiligen anpassen. Die Darstellung von Melanius als Mönch und als Bischof ist vor dem Hintergrund der bischöflichen Kontrolle von Saint-Melanie zu verstehen und seine Beschreibung als vermeintlicher Märtyrer als Reaktion auf die Verbreitung neuer Heiligenkulte. Dieser Beitrag zur Verehrung des hl. Melanius liefert ein Beispiel dafür, wie ein Kloster auf die sich öffnenden Horizonte der hochmittelalterlichen Bretagne reagierte. Er zeigt, wie nützlich es ist, neu bearbeitete Viten als historische Quellen zu analysieren, selbst wenn die Änderungen am Quellenmaterial, das dem Verfasser vorlag, auf den ersten Blick gering zu sein scheinen.</p>James Drysdale Miller
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2024-01-312024-01-3149537510.11588/fr.2022.1.102263Solitaires prospères ou membres d’un petit groupe influent? Les favoris et les factions à la cour royale
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<p>In der höfischen Gesellschaft Westeuropas im Mittelalter wurden Erfolg oder Misserfolg der Höflinge von Gruppen bestimmt. Eine Partei konnte allerdings nur dann entstehen und überdauern, wenn sie sich nicht nur auf Verwandtschaft, sondern auch auf Freundschaft, die auf Vertrauen basierte, sowie auf Patronage, die auf Gunst beruhte, stützte. Folglich entwickeln sich im Kampf um die Macht Strategien, um Position zu beziehen oder sich zu verteidigen, stets im Zusammenhang mit dem Einfluss, über den Gruppen verfügen. Höflinge, die in der ersten Reihe stehen – die Favoriten und die Führer der Opposition – dürfen deshalb nicht ohne ihre Netzwerke betrachtet werden. Darüber hinaus unterliegen die Parteien am Hof einem dynamischen Prozess. Sie sind nicht starr, da die persönlichen Interessen der einzelnen Mitglieder Vorrang vor den abstrakten politischen Zielen der Gruppe genießen. Diese Durchlässigkeit der Netzwerke ist nicht etwa eine Schwäche, vielmehr ist sie, dank ihrer Reform- und Anpassungsfähigkeit, maßgeblich für die Stabilität und die Stärke der Parteien am Hof.</p>Djro Bilestone Roméo Kouamenan
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2024-01-312024-01-3149779410.11588/fr.2022.1.102264Antoniter in den ältest-überlieferten päpstlichen Supplikenregistern 1342– 1366
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<p>Der Beitrag bietet 200 Regesten zum Antoniterorden aus den ältest-überlieferten Supplikenregistern der römischen Kurie für die Jahre 1342 bis 1366. Die Religiosengemeinschaft mit ihrem Zentrum Saint-Antoine hatte wichtige Besitzungen, die nicht weit entfernt von Avignon lagen, dem damaligen Aufenthaltsort der Kurie. Insofern stellen die Antoniter ein gutes Beispiel dafür da, wie sehr die Kurie von Interessierten genutzt wurde, um sich Wünsche erfüllen zu lassen. Das betraf nicht nur geistliche Gnaden, sondern auch Exspektativen und Provisionen für Pfründen, und zwar nicht nur für Weltgeistliche im Dienste von Antonitern, sondern sogar für Stellen im Antoniterorden selbst. Andere Orden wie die Johanniter waren dabei wesentlich zurückhaltender. Doch gerade die Äbte von Saint-Antoine Guillaume (Mitte 1328–1342) und Pierre Lobet (1342–1369) selbst nutzten offenbar gerne die Chance, ihren Verwandten und Bediensteten an Statuten und Vorschriften ihres Ordens vorbei auf dem Umweg über die Päpste Clemens VI., Innocenz VI. und Urban V. Vorteile zu verschaffen. Über Frankreich hinaus kommen auch Präzeptoreien in anderen europäischen Gebieten vor, namentlich in Italien und Spanien, aber auch in Mitteleuropa.</p>Karl Borchardt
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2024-01-312024-01-31499516210.11588/fr.2022.1.102265Traduire le rire
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<p>Der Beitrag behandelt das kulturhistorische Aushandeln des Komischen im Rahmen des deutsch-französischen Sprachkontakts. Spätestens seit dem <em>emotional turn</em> sind Spielarten des Lachens vermehrt in den Fokus geisteswissenschaftlicher Forschung gerückt, insbesondere auch im Hinblick auf translatorische, pragmatische und linguistische Prozesse. Der Aufsatz richtet seinen Blick besonders auf literarische sowie kommunikative Spannungsfelder zwischen dem Deutschen und Französischen und geht der Frage nach sprachlich unterschiedlich artikulierten Kulturen des Lachens und des Komischen anhand von Übersetzungspraktiken im Mittelalter und der Frühen Neuzeit nach.</p>Claudine Moulin
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2024-01-312024-01-314916318010.11588/fr.2022.1.102266Im Schatten des Schwarzen Todes
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<p>Zum Ende der 1620er und Beginn der 1630er Jahre wurde Frankreich von der schwersten Pestepidemie heimgesucht, die das Land seit dem Schwarzen Tod des Mittelalters erlebte. Begünstigt wurde das Seuchengeschehen, dem insgesamt etwa eineinhalb bis zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen, durch eine weit verbreitete Lebensmittelknappheit und raumgreifende Truppenbewegungen. Manche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen reflektierten den dynamischen Wandel, der die damalige Situation vielerorts kennzeichnete, als ein Wirken der »Drei Geißeln der Menschheit«. Die Trias aus Pest, Hunger und Krieg, die damit angesprochen ist, spiegelt auf diese Weise neben den Ereignissen und Entwicklungen von 1628/30 als solche auch die seinerzeitigen Wahrnehmungen und Deutungen derselben wider. Der Beitrag nutzt das besondere hierin liegende erkenntnisstiftende Potenzial, um, wenn auch nicht eine neue, dann doch immerhin eine andere Geschichte dieser Jahre zu erzählen, als es bisher häufig geschehen ist. Die historische Forschung hat insgesamt nämlich ein in Teilen widersprüchliches Bild vom damaligen Ancien Régime gezeichnet, das sie wahlweise mit einer tiefen sozioökonomischen Krise oder mit einem weitreichenden politisch-konstitutionellen Wandel assoziiert. Indem er die Trias aus Pest, Hunger und Krieg als analytische Klammer nutzt, kann der Beitrag die methodischen und inhaltlichen Spannungen und Diskrepanzen, die zwischen diesen Geschichtsbildern bestehen, teilweise überwinden bzw. auflösen. Vor allem aber kann der Beitrag auf diesem Wege die komplexen Beziehungen zwischen der französischen Krone und dem <em>pays d’État</em> der Provence durchdringen. Denn es ist just das Beispiel der Provence, das unter Auswertung von Archivalien aus Marseille, Aix-en-Provence, aber auch Paris, die Dialektik zwischen Pest und Politik, Krankheit und Krieg, Tod und Triumph transparent macht, die den Jahren 1628/30 ihre prägenden Züge verlieh.</p>Thorsten Busch
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2024-01-312024-01-314918121010.11588/fr.2022.1.102267Das Lustspiel »Die Aristokraten in Deutschland«
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<p>In Folge der Französischen Revolution von 1789 entstand im Heiligen Römischen Reich eine breitgefächerte Revolutionsliteratur, die in unterschiedlichen Textgattungen und Formen die Ereignisse in Frankreich sowie die Auswirkungen auf die Nachbarländer in teils informativer, teils agitatorischer Weise aufgriff. In diesem Kontext ist auch das Lustspiel<em> Die Aristokraten in Deutschland </em>zu betrachten, das 1792 erstmals in Straßburg und 1796 in Mainz und Koblenz von einem anonymen Autor veröffentlicht wurde. Auf humorvoll plakative Weise werden darin adlige Emigranten, die im Zuge der Französischen Revolution ins benachbarte Deutschland geflohen waren, karikiert. Die Zuschauer und Zuschauerinnen, Leser und Leserinnen sollten durch die Darstellung der überheblichen Emigranten von den Vorzügen der Französischen Revolution überzeugt werden, um sie für einen Politikwechsel im Linksrheinischen zu gewinnen. Mittels eines kontrastierenden Szenenaufbaus, einer pathetischen Figurenreden und einer stereotypen Figurengestaltung schuf der Autor ein geeignetes Propaganda-Werkzeug. Wie vielfältig der Umgang mit und die Reaktion auf die Umbrüche der französischen Zeit durch die linksrheinischen Revolutionsanhänger war, kann daher durch eine stärkere Verzahnung historischer und literaturwissenschaftlicher Fragestellungen noch besser in den Blick genommen werden.</p>Anna Kallabis
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2024-01-312024-01-314921122810.11588/fr.2022.1.102369Medien gegen den Sklavenhandel
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<p>Dieser Beitrag untersucht die publizistische Aktivität des frühen französischen Abolitionismus im Umfeld der Société des Amis des Noirs (1788–1792). Jacques Pierre Brissot und andere Antisklavereiaktivisten prägten einen neuen Stil druckmedialer Kommunikation, dem im Übergang von der Sklavereikritik vorheriger Jahrzehnte zu einer proaktiven abolitionistischen Mobilisierung eine wichtige Funktion zukam. Aufgeklärte Veröffentlichungen zum Thema waren formal innovativ und inhaltlich radikal, blieben aber letztlich einem deliberativen Publikationsmodus verpflichtet, der auch politische Entscheidungsträger mit einbeziehen wollte. Für die Abolitionisten um Brissot wurde die Abschaffung des Sklavenhandels dagegen zu einer politisch-moralischen <em>Cause</em>. Damit ging ein veränderter Stil der politischen Kommunikation einher: Man strebte die affektive Einbindung eines breiten Lesepublikums an, um den Sklavenhandel gegenüber den politischen Autoritäten zu einem drängenden Problem zu machen. Ein mediengeschichtlicher Blick auf diese druckmediale Programmatik der Société des Amis des Noirs soll auf einer ersten Ebene dazu beitragen, ein differenzierteres Bild der frühen französischen Abolitionsbewegung zu gewinnen, die gerade in der transnational vergleichenden Forschung oft als mobilisierungsunwillig oder mobilisierungsschwach gilt. Auf einer zweiten Ebene wird das Engagement für die abolitionistische <em>Cause</em> zum Fallbeispiel für größere Entwicklungen der politischen Kommunikation im späten 18. Jahrhundert. Hier möchte dieser Beitrag ein Diskussionsangebot dafür machen, wie man das Verhältnis der radikalen Publizistik der 1780er und 1790er zu aufgeklärten Prinzipien und Praktiken des Schreibens und Publizierens sinnvoll bestimmen kann. Brissots Medienpolitik ist weder als Fortführung noch als Ablehnung der Aufklärung überzeugend beschrieben: Sie erscheint als Erweiterung bei permanenter Strapazierung ihrer Grenzen.</p>Christoph Streb
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2024-01-312024-01-314922924910.11588/fr.2022.1.102372Der »Gérant« zwischen Herrn und Sklaven
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<p>Der <em>Gérant</em>, der den Herrn auf der Plantage vertritt und die Finanzen sowie das Leben aller Arbeiter auf der Sklavenplantage verwaltet, ist eine Figur, die in der Sklavereiforschung nur am Rande vorkommt. Dennoch stellt William Scarborough bereits 1966 <em>the overseer</em>, den amerikanischen <em>Gérant</em>, in den Mittelpunkt der Arbeitsorganisation auf der Plantage. Der Widerspruch zwischen der tatsächlichen Position des <em>Gérant</em> der Plantage und dem Raum, der ihm in der Forschung zugewiesen wird, ist Ausgangspunkt der Überlegungen dieses Artikels. Das Fehlen von Studien über die Rolle des <em>Gérant</em> lässt sich durch die klassische Handhabung der Herr-Knecht-Beziehung erklären, bei der der Herr als Eigentümer und der Knecht oder Sklave, als Objekt des Besitzes verstanden wird. Indem der Verwalter im Mittelpunkt dieser Forschung gestellt wird, möchte dieser Artikel diese Dualität auflösen, um die Beziehung zwischen Herrn und Sklave nicht mehr als dyadische, sondern als triadische Beziehung zu begreifen wie etwa Georg Simmel sie entwarf. Deswegen ist der <em>Gérant</em> nach Simmel eine Zwischeninstanz zwischen Herrn und Sklaven. So war es möglich, den <em>Gérant</em> als »Figur des Dritten« zu identifizieren, da er in der Praxis weder Herr noch Sklave ist. Die Beziehungen werden nun aus der Perspektive des Geschäftsführers betrachtet, der nicht mehr nur Zuschauer der Beziehung ist, sondern zu einem der Hauptakteure wird.</p>Mathilde Ackermann
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2024-01-312024-01-314925127410.11588/fr.2022.1.102401Hommes d’État français travestis en magiciens
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<p>Unterstützt von Vorarbeiten des Sammlers Georges Naudet, verfolgt der Beitrag erstmals die Rolle und die Metamorphosen der Figur des politischen Hütchenspielers in der französischen Druckgrafik. Das Spektakel des umherziehenden Magiers, der auf Straßen, Plätzen und Märkten seinen Tisch aufklappte, vor den Augen der Zuschauer seine Bälle oder Muskaten von einem Becher zum andern wandern ließ und am Schluss z.B. einen Hasen hervorzauberte, erreichte im 19. Jahrhundert seine größte Popularität. Karikaturisten politisierten dieses Bildschema, um eine Reihe von Regierenden öffentlich der Täuschung und des Betrugs zu bezichtigen. Dabei symbolisieren die Muskaten und Becher politische Prinzipien, Versprechen oder Personen, welche der Bühnenmagier durch fingerfertige Manipulationen verschwinden oder auftauchen lässt. Die Reihe der so angeprangerten Politzauberer reicht von Finanzminister Necker über Napoleon, Karl X. und Louis-Philippe bis zu den Parlamentariern Adolphe Thiers und Léon Gambetta. Der eine manipuliert die Staatsfinanzen, der andere ersetzt die Republik durch das <em>Empire</em>, die anderen eskamotieren nacheinander die Revolution, die Pressefreiheit sowie das Programm einer demokratischen und sozialen Republik. Aber – so die Argumentation der Bildsatiren – die Tricks funktionieren keineswegs immer: Kommen Napoleon und Louis-Philippe durch Manipulationen zur Macht, aber durch misslungene Auftritte zu Fall, so stürzt Karl X., bevor er sein »Kunststück« überhaupt vorführen kann. Durch ihre sinnfälligen Darstellungen, ihre gut informierte Treffsicherheit und ihren Hintersinn erweisen sich die untersuchten Karikaturen als suggestive Sinnbilder der politischen Kultur Frankreichs.</p>Rolf Reichardt
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2024-01-312024-01-314927529710.11588/fr.2022.1.102413Transnational Soldiering, Burial and Commemoration across Borders
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<p>Wem gehören die Toten? Die französische Fremdenlegion verdeutlicht ein modernes militärisches Dilemma: Wie lassen sich Loyalität und Patriotismus mit Söldnertum oder, neutral ausgedrückt, mit Militärarbeit vereinbaren? Dieser Beitrag untersucht die Begräbniskultur von Soldaten im langen 19. Jahrhundert, wobei der Schwerpunkt auf der Verflechtungsgeschichte (<em>entangled history</em>) Luxemburgs und Frankreichs liegt. Die internationale Rekrutierungspraxis der Fremdenlegion macht diese Streitkräfte zu einer einzigartigen Fallstudie für die Untersuchung des militärischen Gedenkens über Staatsgrenzen hinweg, bei dem die Toten und die Lebenden gleichermaßen geehrt werden. Seit ihrer Gründung mit der Bestimmung, außerhalb Frankreichs zu kämpfen, im Kontext der Eroberung Algeriens (1830–1857), ist die Legion der einzige Zweig des französischen Militärs, dessen Mitglieder nicht Frankreich, sondern dem Korps selbst die Treue schwören: ihr Motto lautet <em>Legio Patria Nostra</em> (»Die Legion ist unser Vaterland«). Als militärische Parallelgesellschaft und »Ersatznation« hat die Legion einen spezifischen Totenkult entwickelt, der sowohl eine korporeale (körperzentrierte, individuelle) als auch eine sur-reale, im Sinn von über-reale (transzendente, gemeinschaftliche) Dimension hat. Beide Dimensionen lassen sich nicht starr voneinander abgrenzen: Sie überschneiden sich offensichtlich und können sich mit jenen anderer Nationen überlappen, wie der Fall Luxemburgs zeigt.</p>Thomas KolnbergerSonja Kmec
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2024-01-312024-01-314929932710.11588/fr.2022.1.102418Le spectacle de la ligne de frontière
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<p>Ende des 19. Jahrhunderts erhielten Überschreitungen der deutsch-französischen Grenze, die 1871 durch Annexion des Elsass und von Teilen Lothringens entstanden war, große Aufmerksamkeit. Der Beitrag fragt danach, wie diesen Grenzüberschreitungen zunehmend nationale Relevanz zukam. Ausgehend von der südelsässischen Grenzpolizeistelle Altmünsterol kommen nicht nur die Konzeption und Symbolik der Grenze in den Blick, sondern die Praktiken vor Ort sowie deren weitreichende Resonanz in Diplomatie und Presse. Deutsche Grenzpolizeikommissare beobachteten seit 1888 nach französischem Vorbild die Grenze, wiesen Grenzgänger zurück und berichteten stetig über Grenzverletzungen an die oberen Behörden. Besonders brisant waren militärische Grenzüberschreitungen: So überschritten etwa am Rande der großen Manöver beider Armeen einzelne Soldaten aus unterschiedlichen, teils eigensinnigen Gründen die Grenze. Die Grenzpolizei dokumentierte dies mit großer Präzision anhand von Grenzsteinen und -zeichen, ging in Berichten und Skizzen von einer linearen Grenze aus und schuf damit ein polizierbares Grenzverletzungsproblem, das diplomatisch verhandelt werden musste. Auch die entstehende Massenpresse interessierte sich zunehmend für Grenzüberschreitungen, vermittelte auf spektakuläre Weise, dass sie von nationaler Relevanz waren, und forderte außenpolitische Konsequenzen. Die deutsch-französische Grenze wurde so zu einer bedeutsamen nationalen Größe und ihre Überschreitung zu einer messbaren politischen Aggression.</p>Sarah Frenking
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2024-01-312024-01-314932935410.11588/fr.2022.1.102419De la révolte de l’esprit au matérialisme dialectique
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<p>Schon lange bevor die Frühschriften Karl Marx’ durch die Neue Linke in den 1960er Jahren einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden, formulierte der Philosoph Henri Lefebvre ausgehend vom Begriff der Entfremdung eine Kritik des Stalinismus. Dieser Artikel zeichnet die Entstehung einer heterodoxen Marx-Lesart in Frankreich ab den 1920er Jahren nach, die eng mit dem Werk Henri Lefebvres verbunden ist. Indem seine Marx-Interpretation, sein Engagement in der Avantgarde-Gruppierung »Philosophies« und seine konflikthafte Beziehung zur kommunistischen Partei in Bezug gesetzt werden, wird das Frühwerk des Philosophen in seinen spezifischen ideologischen und politischen Kontext eingebettet. Dabei wird untersucht, wie sich die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges, der Rifkrieg und das Erstarken des Faschismus auf Lefebvres Marx-Interpretation auswirkten. So geht der vorliegende Aufsatz von der These aus, dass diese Krisen Lefebvre nicht nur zu einer Abkehr vom Neo-Kantismus Henri Bergsons veranlassten, der damals den universitären Diskurs beherrschte, sondern auch maßgeblich zu seiner Abneigung gegenüber einer evolutionistischen Interpretation des Marxismus beitrugen, wie sie von der Parteiorthodoxie der PCF propagiert wurde. Für Lefebvre stellte der Marxismus keine Wissenschaft dar. Vielmehr betrachtete er ihn als eine Art erneuerte Philosophie, die sich wieder stärker von der Erfahrung und dem echten Leben leiten ließ. Ausgehend vom hegelschen Begriff der Entfremdung entwickelte Lefebvre eine Kritik des modernen Progressivismus, die auch seine theoretischen Überlegungen zum Aufstieg des Faschismus in den 1930er Jahren stark prägte.</p>Sebastian Jutisz
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2024-01-312024-01-314935537910.11588/fr.2022.1.102423Besetzte Räume
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<p>Die Beteiligung luxemburgischer Truppen an der alliierten Besatzung Deutschlands bleibt eine Dunkelzone in der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts und wurde auch von der internationalen Forschung zu militärischen Besatzungen im Allgemeinen bisher völlig vernachlässigt. Der vorliegende Beitrag schließt diese historiografische Lücke, indem er eine erste archivgestützte Fallstudie zum Alltagsleben unter luxemburgischer Herrschaft in der Stadt Bitburg vorlegt. In Anlehnung an die »Alltagsgeschichte« und die Geschichte »von unten« stellt dieser Beitrag die alltäglichen Begegnungen und sozialen Interaktionen zwischen luxemburgischen Besatzern und deutschen Besetzten in den Mittelpunkt. Auf diese Weise wird die Handlungsfähigkeit (<em>agency</em>) der Besatzer und der Besetzten in ihrem alltäglichen Leben betont, anstatt sie nur als passive Adressaten der alliierten Politik von oben zu verstehen. Auf der Grundlage einer Analyse dreier verschiedener umkämpfter »Räume« – öffentlicher Raum, halböffentlicher Raum und privater Raum – legt dieser Beitrag nicht nur die komplexe Machtdynamik zwischen luxemburgischen Besatzern und deutschen Besetzten in ihrem Alltag frei, sondern ebnet auch den Weg für eine Neubewertung und Ergänzung der starren Dichotomie von »Besatzern« und »Besetzten«, indem er stärker nuancierte Kategorien der historischen Analyse vorschlägt, die für weitere Studien über militärische Besatzungen im Allgemeinen fruchtbar sein können.</p>Félix Streicher
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2024-01-312024-01-314938140310.11588/fr.2022.1.102426Jacques Chirac et l’Allemagne
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<p>Bei seiner Wahl zum französischen Staatspräsidenten im Mai 1995 konnte Jacques Chirac zwar auf langjährige Erfahrung in den deutsch-französischen Beziehungen und der europäischen Zusammenarbeit zurückblicken, er war aber nicht als Deutschlandfreund bekannt. In den 1970er Jahren, als Landwirtschaftsminister, Premierminister von Valéry Giscard d’Estaing und schließlich Anführer der Gaullisten, war seine Beziehung zu Deutschland von teilweise heftigen Konflikten und grundsätzlichen Differenzen über die Gemeinsame Agrarpolitik, die europäische Wirtschafts- und Industriepolitik sowie den institutionellen Aufbau Europas geprägt. Wenngleich sich die Haltung Jacques Chiracs zu Deutschland ab dem Beginn der 1980er Jahre allmählich weiterentwickelte, blieb sie doch kompliziert. In den ersten Jahren seiner Präsidentschaft tat sich das deutsch-französische Paar schwer damit, seine Rolle als Motor der europäischen Integration auszufüllen. Bei seinem Kampf um die Aufrechterhaltung des politischen Gewichts und des Einflusses Frankreichs in Europa stand Jacques Chirac einem Deutschland gegenüber, das entschlossen war, seine nationalen Interessen offensiver als bisher zu verteidigen. Angesichts der Vermehrung und Verschärfung der bilateralen Konflikte entschieden sich Jacques Chirac und Deutschlands Kanzler Gerhard Schröder dafür, Initiativen zur Wiederbelebung des deutsch-französischen Tandems zu ergreifen. Die Irakkrise ließ ihre Zusammenarbeit noch intensiver werden, sodass Deutschland für Jacques Chirac vom schwierigen zum privilegierten Partner wurde.</p>Jean-Samuel Marx
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2024-01-312024-01-314940542710.11588/fr.2022.1.102431Titelei
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2024-01-312024-01-3149IIV10.11588/fr.2022.1.102247Resümees/Résumés/Abstracts
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2024-01-312024-01-314952153810.11588/fr.2022.1.102485Im Jahr 2021 eingegangene Rezensionsexemplare/Livres reçus pour recension en 2021
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2024-01-312024-01-314953956310.11588/fr.2022.1.102486Bernard Vogler
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2024-01-312024-01-314950350510.11588/fr.2022.1.102442Josef Becker
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Werner Paravicini
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Jens Schneider
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Claire Gantet
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