Gleichheit und Ungleichheit in der Leberallokation. Aktuelle Fragen klinischer Praxis und ihre Reflexion aus medizinischer, ethischer und rechtlicher Sicht
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Abstract
Wenngleich die eigentliche Verteilung postmortal gespendeter Lebern ausschließlich dringlichkeitsbasiert erfolgt, ermöglichen es die Richtlinien der Bundesärztekammer und das Transplantationsgesetz den Zugang zur Warteliste von hohen Anforderungen an den Transplantationserfolg abhängig zu machen, wovon die medizinische Praxis aufgrund der gegebenen Knappheit an Spenderlebern auch Gebrauch macht. Die Vorgehensweise, bereits den Wartelistenzugang von hohen Erfolgsanforderungen abhängig zu machen, ist jedoch selbst dann verfassungswidrig, wenn man die vorherrschende Verfassungsinterpretation nicht teilt, wonach bei der Organallokation die Erfolgsaussichten jenseits einer Minimalnutzenschwelle außer Betracht bleiben müssen (Teil 1).
Trotz rechtlicher Vorgaben und beruflicher Regelungen haben Ärzte Beurteilungsspielräume, indem sie Patienten für die Warteliste anmelden, ggf. herunternehmen und bei Bereitstellung eines Organs über die „Transplantationsfähigkeit“ entscheiden. Implizit vorausgesetzte Erfolgsmaße wie z.B. die angestrebte Überlebenszeit des Patienten variieren jedoch zwischen wenigen Monaten oder mehreren Jahren. Zur Gleichbe-handlung gleicher Fälle und zur Erhöhung der Transparenz können begründete Erfolgskriterien, prognostische Scores und klinische Expertenrunden beitragen (Teil 2).