Besetzte Räume
Alltag und soziale Interaktionen unter luxemburgischer Besatzung in Bitburg (1945–1955)
Identifier (Artikel)
Abstract
Die Beteiligung luxemburgischer Truppen an der alliierten Besatzung Deutschlands bleibt eine Dunkelzone in der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts und wurde auch von der internationalen Forschung zu militärischen Besatzungen im Allgemeinen bisher völlig vernachlässigt. Der vorliegende Beitrag schließt diese historiografische Lücke, indem er eine erste archivgestützte Fallstudie zum Alltagsleben unter luxemburgischer Herrschaft in der Stadt Bitburg vorlegt. In Anlehnung an die »Alltagsgeschichte« und die Geschichte »von unten« stellt dieser Beitrag die alltäglichen Begegnungen und sozialen Interaktionen zwischen luxemburgischen Besatzern und deutschen Besetzten in den Mittelpunkt. Auf diese Weise wird die Handlungsfähigkeit (agency) der Besatzer und der Besetzten in ihrem alltäglichen Leben betont, anstatt sie nur als passive Adressaten der alliierten Politik von oben zu verstehen. Auf der Grundlage einer Analyse dreier verschiedener umkämpfter »Räume« – öffentlicher Raum, halböffentlicher Raum und privater Raum – legt dieser Beitrag nicht nur die komplexe Machtdynamik zwischen luxemburgischen Besatzern und deutschen Besetzten in ihrem Alltag frei, sondern ebnet auch den Weg für eine Neubewertung und Ergänzung der starren Dichotomie von »Besatzern« und »Besetzten«, indem er stärker nuancierte Kategorien der historischen Analyse vorschlägt, die für weitere Studien über militärische Besatzungen im Allgemeinen fruchtbar sein können.