Handlungsfähigkeit und rechtliche Stellung der freien Frau im fränkischen Reich (6. –8. Jahrhundert)

  • Sebastian Scholz (Autor/in)

Identifier (Artikel)

Abstract

Die rechtliche Stellung der freien Frau im frühen Mittelalter wurde von der Forschung lange als stark eingeschränkt angesehen. Diese Sichtweise wird für die Zeit vom 6. Jahrhundert bis etwa zur Mitte des 8. Jahrhunderts überprüft. Die ältere Forschung nahm an, für die verheiratete Frau habe eine »Geschlechtsvormundschaft« bestanden, bei der ein männliches Mitglied der Familie über die Frau die Vormundschaft ausübte. Vielfach wurde für diese Sichtweise auf die Bestimmungen im langobardischen Recht verwiesen, obwohl die früheren germanischen Leges vergleichbare Vorschriften nicht enthalten. Zudem wurden für die Frage nach der Handlungsfähigkeit und rechtlichen Stellung der Frau nur die normativen Texte betrachtet, Formeln und Urkunden aber beiseitegelassen. Eine Auswertung der rechtspraktischen Formeln lässt es zu, die Handlungsfähigkeit und rechtliche Stellung der freien Frau im fränkischen Reich neu ein- zuordnen. Die dort greifbaren Gerichtsverfahren basieren auf germanischen Rechtsnormen und -traditionen, die es der Frau durchaus ermöglichen, selbst im Gericht aufzutreten und auch für sich zu handeln. Hingegen kennen weder die Formeln noch die fränkischen Leges Männer, die als Bevollmächtigte der Frau oder als Muntwalt auftreten. Da auch die Urkunden zeigen, dass Frauen eigenen Besitz hatten und diesen selbst verwalten konnten, muss die Stellung der Frau im frühen Mittelalter neu bewertet werden.

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Veröffentlicht
2025-01-15
Rubrik
Sprache
de