Waldwüstenwirtschaft

Produktion, Tausch und monastische Konkurrenz in den »Vitae Ebrulfi«

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Abstract

Auch mittelalterliche Eremiten brauchten ein Mindestmaß an materiellen Ressourcen. Wovon sie lebten und wie sie beschafften, wovon sie lebten, musste zwar nicht, konnte aber in über sie erzählenden Heiligenviten seinen Niederschlag finden. Eine Gruppe von fünf Viten des Ebrulfus, der Gründerfigur des ursprünglich merowingerzeitlichen, um 1050 neugegründeten normannischen Klosters Saint-Évroult, verfasst zwischen dem 8. und dem späten 12. Jahrhundert, befasst sich besonders intensiv mit den wirtschaftlichen Aspekten eremitischer und klösterlicher Existenz in einer nordwesteuropäischen Waldwüste. Ihnen wird in diesem Aufsatz auch im diachronen Vergleich nachgegangen. Im Medium der Lebensgeschichte des heiligen Ebrulfus zeigt sich, dass in Saint-Évroult eine bewusste, jeweils zeitgenössisch aktualisierte Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Existenzgrundlagen des Klosters stattfand. Dabei wurde »Wirtschaft« nicht nur als naturgegeben, sondern primär als sozial gestaltbar aufgefasst: In der Abwägung zwischen produktions- und tauschbasierter klösterlicher Wirtschaft zeichnen die »Vitae Ebrulfi« des 12. Jahrhunderts – als Zisterzienser und erneuerte Debatten um die Auslegung der Benediktsregel Agrarproduktion und Landesausbau als Signa guter Klosterwirtschaft propagierten – ein positives Bild einer Tauschwirtschaft, in der Saint-Évroult durch das Angebot seines charakteristischen spirituellen Gutes regionale Spillover-Effekte generiert.

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Veröffentlicht
2025-01-15
Rubrik
Sprache
de