Herzog Friedrich Carl von Württemberg-Winnental (1652–1698) gehört ohne Frage zu den weniger bekannten Personen des frühneuzeitlichen Hauses Württemberg. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass er selbst nie den württembergischen Herzogsthron bestieg und das Herzogtum von 1677 bis 1693 lediglich als Herzog-Administrator für den minderjährigen Herzog Eberhard Ludwig (1676–1733) regierte. Dieser Makel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er das Land durch die stürmischen Zeiten der Kriege Ludwigs XIV. führte, die nicht nur Württemberg, sondern das gesamte politische Gefüge Europas nachhaltig prägen sollten.

Darin liegt auch das Ziel des von Wolfgang Mährle herausgegebenen Buches »Im Bann des Sonnenkönigs. Herzog Friedrich Carl von Württemberg-Winnental (1652–1698)«, nämlich Schlaglichter auf verschiedene Aspekte des, von der historiografischen Forschung bisher marginalisierten, Herzogs und dessen Regierungszeit zu werfen. Die Beiträge gehen auf eine Tagung des Arbeitskreises für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine am 28. November 2019 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart zurück.

Den Auftakt des Bandes bildet eine Einführung von Wolfgang Mährle zur Biografie und zur Forschungslage. Hier werden nicht nur die wichtigsten Eckdaten des Lebens des Herzogs skizziert, sondern auch die bisherige Forschung diskutiert. Daran anschließend widmet sich Wolfgang Mährle quellennah zunächst der Erziehung und Ausbildung des Fürsten. Er analysiert die Ziele der Erziehung und die Route der Kavalierstour durch Mittel-/Nordeuropa und Italien. Die Kavalierstour bildete einen zentralen Bestandteil der Ausbildung junger württembergischer Prinzen. Frank Kleinhagenbrock nimmt daran anschließend die vormundschaftliche Regierung des Herzogs in den Blick. Anhand von Akten des Reichshofrats arbeitet er heraus, dass Friedrich Carl nach dem Tod seines Bruders Wilhelm Ludwig (1647–1677) nicht direkt die Macht übernahm, sondern sich erst gegenüber anderen Prätendenten durchsetzen musste. Die Übernahme der Herrschaft war das Resultat eines Aushandlungsprozesses mit anderen Mitgliedern des Hauses Württemberg. Im Beitrag Max Plassmanns steht das militärische Handeln Friedrich Carls im Zentrum und wie dessen Leistungen als General zu werten sind. Gerhard Fritz diskutiert das Krisenmanagement des Herzogs und unterscheidet dabei in Kriegs- und Friedenszeiten. Das Herzogtum musste während der Regierungszeit Friedrich Carls schwere Verwüstungen und auch demografische Einbrüche verkraften. Mit einem Fokus auf den »Soldatenhandel« bzw. den Subsidiengeschäften Friedrich Carls nimmt Holger Thomas Gräf den Herzog als militärischen Geschäftsmann in den Blick. Anhand eines Vergleichs mit hessischen Beispielen legt er dar, dass die Hochphase des Subsidienhandels nicht, wie häufig angenommen, im späten, sondern im frühen 18. Jahrhundert zu verorten ist. Rolf Bidlingmaier widmet sich Herzog Friedrich Carl aus baugeschichtlicher Perspektive und zeichnet die Bautätigkeiten des Regenten nach. Er kann nicht nur das Wirken an zahlreichen Gebäuden nachweisen, sondern auch darlegen, wie während seiner Regierungszeit der Barock verstärkt Einzug im Herzogtum erhielt. Daran anschließend folgt ein Beitrag von Sabine Holtz zur Bildungspolitik Friedrich Carls und wie dieser das Bildungssystem überarbeitete. Ein wesentlicher Baustein war hierbei die Gründung eines Gymnasiums. Dadurch sollten zugleich die schulischen Voraussetzungen für dringend benötigtes Verwaltungspersonal verbessert und der Einstieg in ein Jurastudium erleichtert werden. Ulrich Klein stellt in seinem numismatischen Aufsatz die Prägeaktivitäten Friedrich Carls dar. Der Herzog ließ nicht nur eigene Münzen, sondern auch prächtige Medaillen prägen. Im Beitrag von Eberhard Fritz steht nicht der Herzog, sondern die Gemahlin des Herzogs Eleonore Juliana von Brandenburg-Ansbach (1663–1724) im Mittelpunkt. Eberhard Fritz gelingt es anhand der schwachen Überlieferung nicht nur ihr Leben nachzuzeichnen, sondern auch einen Einblick in ihr poetisches Wirken zu gewähren. Mit der Frage nach dem Aufbau der Linie Württemberg-Winnental greift Joachim Brüser schließlich einen neuen dynastiegeschichtlichen Aspekt auf – wurde das Haus Württemberg bisher doch vornehmlich aus seiner »Hauptlinie« heraus gedacht. Um eine gewisse Eigenständigkeit zu erhalten, war es für Angehörige von Nebenlinien wichtig, an eigene landeshoheitliche Rechte zu gelangen, weshalb Friedrich Carl u. a. das reichsritterschaftliche Gut und Dorf Freudental erwarb. Abgerundet wird das Buch durch Personen- und Ortsindizes.

Es ist ein insgesamt lesenswerter, zusammenhängender und in sich schlüssiger Sammelband entstanden, der facettenreich verschiedene Aspekte der Persönlichkeit Friedrich Carls und seiner Regierungszeit in den Blick nimmt. Besonders hervorzuheben sind die Erkenntnisse zur Erziehung, zur Vormundschaftsregierung, zu den Subsidiengeschäften und zum Aufbau einer eigenen dynastischen Linie innerhalb des Hauses Württemberg. Sowohl die Herrschaftsform der vormundschaftlichen Regierung als auch die Bildung von Nebenlinien innerhalb von Dynastien stellen in einem breiteren, über Württemberg hinausragenden Kontext Forschungsdesiderate dar. Die Ergebnisse sind somit nicht nur für württembergische Landesgeschichte, sondern auch für das breitere Verständnis der Zeit von Interesse.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Louis-David Finkeldei, Rezension von/compte rendu de: Wolfgang Mährle, Im Bann des Sonnenkönigs. Herzog Friedrich Carl von Württemberg-Winnental (1652–1698), Stuttgart (Kohlhammer) 2022, 219 S. (Geschichte Württembergs. Impulse der Forschung, 7), ISBN 978-3-17-041308-5, EUR 28,00., in: Francia-Recensio 2023/4, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2023.4.101524