Schon der Titel des Buches weist darauf hin, dass in dem dicken Band im Großoktavformat nicht ein bestimmter Aspekt eines größeren Themas in einer wohlgefügten Zusammenstellung verschiedener Beiträge facettenreich vorgestellt werden soll, vielmehr wird eine klassische Festschrift für einen Jubelgeburtstag vorgelegt, ein »Bündel« von locker dem Geehrten naheliegenden Arbeiten – in den Niederlanden tituliert man Festschriften gerne als Bundel von Aufsätzen zu einem (weit gefassten) Thema, das dem Geehrten nahesteht. Auch hier also geht es genau darum: Es soll der 70. Geburtstag des Kirchenhistorikers Johannes Grohe gefeiert werden, der seit 1980 mit den konzilshistorischen Arbeiten Walter Brandmüllers verbunden war, zuerst als Student, dann nicht weniger als 16 Jahre lang (1981–1997) als Assistent am Augsburger Lehrstuhl, seit 1994 als Redakteur und später Schriftleiter der Zeitschrift Annuarium Historiae Conciliorum, für die er schließlich (seit 2008) als Herausgeber Verantwortung übernahm, die er (seit 2016) mit Thomas Prügl (Wien) geteilt hat (welcher jetzt auch als einer der drei Hrsg. der Festschrift fungiert). Dementsprechend beginnt der Reigen der Beiträge (deren Autoren sich sämtlich der Tabula gratulatoria eingereiht haben) mit einer kurzen Reminiszenz von Kardinal Brandmüller, in der dieser sich herzlich an die langjährige und vielfältige Unterstützung durch seinen Schüler erinnert. Danach werden – stärker abgekürzt – noch Erinnerungen eines ehemaligen Assistenten Grohes in Rom (Jerónimo Leal) angefügt sowie eine Würdigung der Verdienste des Jubilars allgemein um die Erforschung des spanischen Spätmittelalters durch einen weiteren Hrsg. Ansgar Frenken. Dann folgen noch 38 weitere Beiträge sowie drei zweispaltig gesetzte Register (Personen 735–751; Orte [u. Landschaften] 751–756; Konzilien [u. Synoden] 756–759). Aus verständlichen Gründen wurde auf eine gemeinsame Bibliographie verzichtet, was in den Beiträgen selbst einen häufigen Gebrauch von abgekürzten Siglen (zum Nachweis insbesondere für Textcorpora u. Zeitschriften) begünstigt. Das jedoch dürfte dann nicht durchwegs jedem Leser verständlich sein, wenn er in dem stattlichen Buch nirgendwo eine Liste mit einer Auflösung dieser Siglen findet.
Es dürfte klar sein, dass hier keinesfalls jeder Beitrag einzeln angemessen gewürdigt werden kann. Es müssen Hinweise genügen, die eine eigene Bemühung des Lesers nicht ersetzen können oder auch nur wollen. Die Beiträge treten zunächst chronologisch verteilt auf die drei klassischen Abschnitte der Kirchengeschichte auf (Alte Kirche 13, Mittelalter 12, Neuzeit 16 Titel), ohne dass dabei ein kohärentes Bild der gesamten Konziliengeschichte oder eine durchgängige gemeinsame Perspektive für jede dieser Epochen angestrebt würde: In ihren größeren und kleineren konziliaren Versammlungen folgten diese ja auch zum Teil verschiedenen Leitideen, die jedoch bei der Anordnung der Beiträge innerhalb der drei Großabschnitte nicht durchgängig berücksichtigt werden. Die Reihenfolge richtet sich auch nicht vorwiegend nach einer typologischen Unterscheidung (von großen Konzilien und kleineren Synoden), sondern wiederum grob nach der Chronologie der »großen« Konzilien, zwischen die dann Partikularsynoden mit oder ohne Bezug auf diese konziliaren Großereignisse teilweise zur Erhellung von deren Rezeptionsgeschichte eingefügt werden.
Consonantia, der Zentralbegriff im Titel des Buches, kann als Klammer eine thematische Differenzierung naturgemäß nicht stellvertretend leisten: Das Wort wurde (so sagen es die Hrsg. S. X) aus Gratians Dekret bezogen, aus einer Äußerung des Patriarchen von Konstantinopel Tarasius auf dem VIII. ökumenischen Konzil (Nikaia II).1 Für die Alte Kirche wird zuerst (im Anschluss an die relativ gute spanische Überlieferung) an den liturgischen Rahmen spätantiker Synoden im Westen des Römerreiches erinnert (Andreas Weckwerth). Thomas Graumann behandelt sodann die graduelle Abstufung der Mitwirkung der Teilnehmer an Beratung und Beschlussfassung der Synode je nach Status, Rang und Rolle der Teilnehmer. Es folgt eine Betrachtung der Bedeutung konziliarer Definitionen für die Lehrentwicklung der gesamten Kirche (Richard Price). Die Epistemologie des Johannes Damaszenus auf dem VII. ökumenischen Konzil (Nikaia II) soll als »Schlüssel« für dessen Verständnis der vorangegangenen sieben ökumenischen Konzilien aufgezeigt werden (Giulio Maspero). Die Synode von Gangra (Ägypten) aus der Mitte des 4. Jhs. steht im Fokus von Überlegungen zu den Berichten des Eusebius von Caesarea (Manuel Mira Iborra). Überlegungen zu Priscillians »manichäischer« Theologie der Schöpfung folgen (Alberto Ferreiro). Eine Darstellung der »leadership« des Ortsbischofs Memnon auf dem III. ökumenischen Konzil von Ephesus (431) schließt an (Luise Marion Frenkel); die Synoden Galliens des 5. Jhs. sind dann durch den Abt von Lérins und späteren Bischof von Reji (bzw. Riez) Faustus als einem »autoritativen Zeugen« vertreten (Silvia Mas). Das Institut der servitus, damit auch das der der Kirche gehörigen Sklaven, wird eingehend wiederum nach den spanischen Synoden vorgeführt (Filippo Forlani). Spanische Synodalakten werden endlich, die Epoche der Alten Kirche abschließend, als Quellen der christlichen Archäologie ernstgenommen (Stefan Heid).
In der mittelalterlichen Abteilung stellt Thomas Woelki zuerst in chronologisch weitem Ausgriff die synodale Behandlung der (auch unabsichtlichen) Tötung von Säuglingen und Kleinkindern im elterlichen Bett vor, die auf chronologisch breiter Basis über die Versuche berichtet, diesem Notstand durch Strafe und Belehrung abzuhelfen. Die fiktive Vermehrung der Konzilsdekrete des I. ökumenischen Konzils von Nikaia (325) in und durch die karolingerzeitliche Großfälschung der sogenannten Pseudoisidorischen Dekretalen wird von Nicolás Álvarez de las Asturias bedacht. An eine »Vergessene Synode« aus der Zeit der Gregorianischen Reform (ca. 1180), die in Lucca einen Streit Anselms von Lucca mit seinem Kathedralkapitel lösen sollte, stellt Łukasz Żak vor. Die Behandlung einer armenischen Häresie im Nachgang zu Chalkedon auf einer griechischen Synode der Kreuzfahrerzeit durch Peter Bruns folgt. Eine unter einem Legaten Papst Innozenz’ III. in Bosnien 1203 tagende Synode, die eine kirchliche Neugliederung Bosniens vorbereitete, wird mit einem nützlichen Dokumentenanhang von Petar Vrankić vorgestellt. In die Epoche der großen Konzilien des 15. Jhs. führt dann Federica Germana Giordani mit der Vorstellung eines durch gegenwärtige Inventarisierungsarbeiten neu ins Bewusstsein getretenen eigenen Fondo im Vatikanischen Archiv (Bollario Benedetto XIII. [d.i. also des Papa Luna]) mit präziser Edition und kritischer Beschreibung zweier päpstlicher Litterae clausae (einmal einer Einladung an die Universität von Orléans zum Konzil von Perpignan [15.VI.1408] und einer weiteren [noch für 1416] an den General der Augustinereremiten zur Beschickung je eines von diesem Papst einberufenen »Konzils«, das anscheinend ebenfalls in Perpignan geplant war). Die Schwierigkeiten einer Entscheidungsfindung auf dem Konstanzer Konzil im oft erörterten Fall des Dominikaners Johannes Falkenberg, stellt Sebastián Provvidente anhand der Beratungen der natio Gallicana eingehend vor, um erneut die Schwierigkeiten der Entscheidungen auf dieser Großversammlung zu demonstrieren. Dem modus sedendi auf dem Basler Konzil gilt eine genaue und weiterführende rilettura von Alberto Cadili. Den Prozess zwischen Mönchen und Abt von Scheyern, der vor dasselbe Basler Konzil gebracht werden konnte, stellt Peter Segl aus lokalen archivalischen Quellen eindrücklich vor. Ein neu aufgefundener Traktat zur Autorität der Konzilien des Andreas von Escobar, ebenfalls vom Basler Konzil, findet eine präzise Präsentation durch Thomas Prügl. Die Irrtümer der Griechen behandelt Thomas M. Izbicki nach Schriften des Nicholas Eymeric und Francisco Peña auf dem Basler Konzil. Aus der Sicht der Ostkirche werden das spätmittelalterliche Unions-Debakel und die Verurteilung des Konzils von Florenz auf einer ostkirchlichen Synode von Konstantinopel (1484) im Gegenzug von Evangelos Chrysos vorgestellt.
Die zwölf neuzeitlichen Beiträge oszillieren zwischen den päpstlich geleiteten Konzilien Lateran V, Trient und dem (zweimaligen) Vatikanum und behandeln intermittierend die Bischofssynoden und allgemein die Rezeption der großen päpstlich geleiteten Versammlungen. Die Behandlung der lateinischen missiones auf dem V. Laterankonzil (Nelson H. Minnich) findet ebenso Beachtung wie die Frage der Kirchenreform im Zeitalter der Reformation auf einer deutschen Diözesansynode (Bernward Schmidt) wie auf einer Provinzialsynode für Compostella in Salamanca (Jaime Justo Fernándes). Kunstgeschichtlich wird die Ikonographie der Trierer Domkanzel (von 1570–1572) auf die Rezeption von Trient bezogen (Ralf van Bühren), während die Untersuchung Christina Traxlers der Verbreitung der Tridentinischen Dekrete in Österreich im 16. Jh. deutlicher im Rahmen der Textrezeption bleibt. Ein zeitlicher Hiat trennt die dann folgenden Darlegungen von Matteo Al Kalak zu dem Neuansatz der Überlegungen eines Giuseppe Alberigo und Paolo Prodi zur Überwindung eben des Tridentinums und seiner Folgen in der Kirche, denen dann aber unmittelbar die Untersuchung einer Consultationsanfrage (von 1622) bei der päpstlich kurialen Kongregation für Konzilien folgt (Luis Martínez Ferrer). Péter Tusor bleibt in seiner Darstellung ungarischer Synoden in frühmoderner Zeit am Thema der Folgen von Trient, während Carlo Pioppi mit der Darstellung der Provinzialsynode von Pisa (1850) bereits in die Situation und die Voraussetzungen des I. Vatikanischen Konzils einführt. Einen Abschluss der Tridentiner Nachgeschichte zugleich mit der einzigen ausdrücklichen Behandlung von Vatikanum I bringt dann Klaus Schatz mit seiner Untersuchung des »Tridentinum in Praxis und Diskussionen des I. Vatikanums«. Nach einem Zwischenspiel, in dem Ansgar Frenken die Folgen der fruchtbaren wissenschaftlichen Kontakte Heinrich Finkes nach Spanien detailreich würdigt, kommt, verbunden mit einer genauen Zusammenstellung der Finanzierung der Konzilsteilnahme auch hochgestellter kirchlicher Würdenträger an beiden vatikanischen Konzilien durch die Kurie (und damit letztlich durch den Papst), ein Zitat aus der Fecunda ratis (von ca. 1123!), der Sammlung von Spruchweisheiten des Schulmeisters Egbert von Lüttich. »Cuius panem manduco, carmina canto« im Titel des Beitrags von Alexandra von Teuffenbach spricht zugleich die kräftige Zentrierung der Konzilsdekrete in Würde und Prärogativen des päpstlichen Amtes an, was von der Autorin hinwiederum mit den neuesten Diskussionen um den »synodalen Weg« verbunden wird. In die Zeit zwischen Vatikanum I und II wird von Mónica Fuster Cancio ausdrücklich die Synodalität im Afrika der Kolonialen Epoche durch eine genauere Analyse und Wiedergabe der Akten der Konferenz von Dar-es-Salaam vom August 1928 vorgestellt. Agostino Cardinale Marchetto sucht hochgestimmt weiter den innerkirchlich-katholischen Dialog über das Vatikanum I, der insbesondere durch eine Öffnung des Archivs vorangebracht werden könne. Den Aspekten einer religionspolitischen Rezeption des II. Vatikanischen Konzils im Spanien nach dem kirchlichen und vor allem politischen Wandel spürt Mariano Delgado nach. Schließlich fragt Thomas Wünsch nach dem Entwurf einer kirchlichen Ostpolitik durch Karol Wojtyla/Papst Johannes Paul II. und wie diese aus den konziliaren Erfahrungen ihres Urhebers im II. Vatikanischen Konzil zu verstehen sei.
Es ist wohl deutlich geworden, dass sämtliche Beiträge nicht über denselben Leisten geschlagen sind, doch gleichwohl von der gegenwärtigen Unruhe in der katholischen Kirche um einen »Synodalen Weg« aus gegenwärtigen Anfechtungen zumindest berührt erscheinen. Verschiedenen (!) historischen Forschungen nach vergangenen Krisen kann das als eine zusätzliche Schubkraft nur eine Unterstützung sein. Die Festschrift für Johannes Grohe leistet dafür eine aktuelle Erinnerung, die künftig auch manch neuen Blick auf die Geschichte der synodalen Bemühungen um einen gemeinsamen Weg aus der Krise eröffnen kann, nicht ausschließlich in der Katholischen Kirche.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Jürgen Miethke, Rezension von/compte rendu de: Filippo Forlani, Ansgar Frenken, Thomas Prügl (Hg.), Synodalis consonantia. Konziliengeschichte als Spiegelbild kirchlicher Diskussionskultur und Identitätsfindung, Münster (Aschendorff) 2024, XIV–759 S., ISBN 978-3-402-25035-8, EUR 88,00., in: Francia-Recensio 2024/4, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2024.4.108142