Laurent Macé ist seit 2016 Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Toulouse – Jean Jaurès und gilt als Experte der politischen Geschichte des Languedoc. Seine Forschungstätigkeit zum Hoch- und beginnenden Spätmittelalter konzentriert sich insbesondere auf die Grafen von Toulouse und die Ausbildung regionaler Eliten. Das erschienene Buch streift seinen Forschungsschwerpunkt, indem es den Verlauf des Albigenserkreuzzuges (1209–1229) nachzeichnet.

Die von Macé zusammengestellte Quellenedition mit 66 ins Französische übersetzten Dokumenten und einem Epilog folgt bereits bekannten Publikationen aus den 1960er- und 1970er-Jahren von Philippe Wolff und Monique Zerner, jedoch wurden die Texte neu übersetzt und um etwa ein Dutzend bisher unveröffentlichte Dokumente erweitert. Laurent Macé bezweckt damit einerseits, den brutalen Konflikt als zeitgenössisch wahrgenommene Zäsur im okzitanischen Gesellschaftsgefüge hervorzuheben, andererseits schlägt er die Brücke zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, um einem breiten, historisch interessierten Publikum den Blick auf die politisch‑gesellschaftlichen Umwälzungen im Languedoc des beginnenden 13. Jahrhunderts zu eröffnen. Das Vorwort von Jean-Louis Biget unterstreicht ebenfalls den Wert dieser Quellensammlung, die differenziert verschiedene Gruppen von Betroffenen in den Fokus nimmt und nicht nur ein Schlaglicht auf die bekannten Protagonisten des Albigenserkreuzzuges wirft.

Die Quellen sind in sechs Kapitel eingeteilt. Ihnen werden immer Kurztexte des Autors vorangestellt, welche die Dokumente in ihren historischen Kontext einordnen. Die Abschnitte greifen chronologisch-thematisch die Auseinandersetzung auf.

Das erste Kapitel schildert die Ausgangslage des von Papst Innozenz III. als Kreuzzug deklarierten Kriegs gegen die sogenannten »Albigenser«. Nach der Ermordung des päpstlichen Legaten Pierre de Castelnau im Januar 1208 wird Graf Raimond VI. als Hauptverantwortlicher beschuldigt, den häretischen Glauben zu schützen und zu fördern. Die Auswahl der Quellen zeigt hier gleich zu Beginn den vielschichtigen Konflikt auf, der nicht nur den Aufruf der »wahren Christen« gegen die Häretiker beinhaltet (15–16), sondern auch den weltlichen Herrschaftsanspruch der französischen Krone unter Philippe II. Auguste auf die Grafschaft Toulouse gegenüber jeglichen machtpolitischen Ambitionen der Kirche (16–17). Nachdem Raimond VI. von Toulouse versucht hatte, sich mit dem Papst zu versöhnen (19–20), konzentrierte sich die Kreuzzugsarmee zunächst auf die Vizegrafschaften von Raimond‑Roger Trencavel. Als im Winter 1210/11 der Konflikt durch den Kreuzzugsanführer Simon de Montfort nach Toulouse getragen wurde, geben Gesuche und Gesänge die Sorgen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten wieder (21–25). Während sich die Konsuln von Toulouse in einem Brief aus der bedrängten Stadt heraus an Peter II. von Aragon richten (27–28), zeigen Dokumente vom Dezember 1212 die Ansprüche von Simon de Montfort auf die bereits besetzten und noch zu erobernden Gebiete des Languedoc (39–41).

Die Entscheidungsschlacht bei Muret im September 1213 ist Thema des zweiten Kapitels und gibt einen kleinen Einblick in die Reichhaltigkeit der genutzten Quellen: Dem von Peter II. formulierten und im Buch abgedruckten Protektionsschreiben vom Februar 1213 gegenüber den Templern im Raum Toulouse (47–48) ist ein Foto des Siegels angehängt, eine weitere Abbildung zeigt das Epitaph einer Adligen mit heraldischem Bezug (52), und die Texte der Troubadoure hoffen auf das Eingreifen des aragonesischen Königs (53–55), der den Grafen von Toulouse schließlich unterstützt. Jedoch fällt Peter II. von Aragon in der Schlacht bei Muret, und mit ihm erfüllen sich Testamente der gefallenen Soldaten (61–62).

Das von Simon de Montfort besetzte Toulouse steht wiederum im Mittelpunkt des dritten Abschnitts. Erwähnenswert sind hierbei die Quellenzeugnisse zum Wirken des Bischofs Foulques, der den Dominikanerorden in der Grafschaft etablieren will (85–88) und von Papst Honorius III. darin unterstützt wird (109–114). Foulques’ Leben wird im Buch durch eine weitere Zusammenstellung von Dokumenten prägnant nachempfunden (89–91). Ebenfalls zu Wort kommen die Quellen hinsichtlich des Aufstands der Stadt gegen Montfort im September 1216 (97–103), dessen Auswirkungen auch in außergewöhnlichen okzitanischen Schriften von Bewohnern Widerhall finden (105–107). Neben zwei Rückblicken auf die Zeit der Herrschaft Montforts aus den 1270er-Jahren (115–117, 129–130) wirft auch eine numismatische Quelle (123–124) einen Blick auf das Bestreben von Simon de Montfort, seine Macht in Form einer neuen Münzprägestätte zu etablieren.

Jenem Kapitel schließt sich das vierte als Gegenstück an, wenn die Dokumente nun auf die Belagerung von Toulouse durch Raimond VI. im Winter 1217/18 eingehen (133–151). Dem Höhepunkt der Kämpfe im Frühjahr 1218 wird durch ein zeitgenössisches, scherzhaftes Lied, dem sog. tenson als Jeu parti zwischen den Belagerungsgeräten Katze und Tribok, Ausdruck verliehen (153‑155). Ebenfalls wird nach einer Gegenüberstellung von positiven und negativen Stimmen zum Tod von Simon de Montfort im Juni 1218 (157–159) ein rückblickendes Echo von jener Phase des Albigenserkriegs eingefangen. Die Untersuchungen zur Aufhebung der Exkommunikation Raimonds VI. aus dem Jahr 1247 lassen durch die Aussagen der Geistlichen und Einwohner von Toulouse die Ereignisse ansatzweise wiederaufleben (177–181).

Der vorletzte Abschnitt widmet sich der häretischen Dissidenz. Ob es sich um eine gezielte katholische Konstruktion der Häresie zur Aufnahme von Kriegshandlungen im Jahr 1209 handelt, wird immer wieder wissenschaftlich diskutiert. In den Inquisitionsaussagen zur Mitte des 13. Jahrhunderts werden die Grafen von Toulouse indes bezichtigt, eng mit Häretikern verbunden gewesen zu sein (191–194, 199–204, 209–216). Die Gegenseite im Umfeld Raimonds VI. versucht hingegen 1211, gegenüber Peter II. von Aragon den Häresievorwurf zu entkräften (195–197). Die betreffenden Kapitel des Friedens von Paris im April 1229 (221), die den Nachfolger Raimond VII. dazu zwingen, rigoros gegen die Häresie vorzugehen, beschließen den Themenkomplex.

Eine damit einhergehende brutale Endphase der Kampfhandlungen ist im letzten Abschnitt durch Quellenzeugnisse dokumentiert. Die Kreuzfahrer unter der Führung von Humbert de Beaujeu verwüsten die Landstriche um Toulouse und nehmen damit den alten Eliten der Grafschaft endgültig ihre wirtschaftliche Grundlage (243). Der Sieg der katholischen Kirche durch den aus okzitanischer Sicht schmachvollen Frieden von Paris 1229 findet bei Troubadouren wie bei Adligen Eingang in die poetische Verarbeitung des Krieges (249–256) und hallt bei den Chronisten nach, die im Epilog kurz zu Wort kommen (257–259).

Die Quellenauswahl der französischen Edition von Laurent Macé trägt facettenreich zusammen, was die unmittelbaren Folgen eines 20 Jahre andauernden Konflikts im Languedoc bewirkten. Anhand einer Vielzahl von Quellengattungen werden nicht nur die großen Handlungsstränge geistlicher und weltlicher Hauptakteure veranschaulicht, sondern es zeigen sich auch bei Geistlichen, vornehmen Damen und dem einfachen Bürger, der in den Krieg zieht, ein Bruch im Sozialgefüge und ein zeitgenössisches Gefühl, in Zeiten vor oder nach dem Kreuzzug zu leben.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Yannick Pouivet, Rezension von/compte rendu de: Laurent Macé, »Hérétiques«! Les Toulousains dans la croisade (1209–1229), Morlaàs (Éditions Cairn) 2024, 277 p., ISBN 979-10-7006-383-5, EUR 18,00., in: Francia-Recensio 2024/4, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2024.4.108145