Die Bedeutung der Freimaurerei für die kulturelle Entwicklung unserer Gesellschaft ist heute weitgehend unbestritten. Kultur aus masonischer Perspektive bedeutet die Entfaltung jener menschlichen Fähigkeiten, wie die Vervollkommnung der Persönlichkeit. Die Freimaurerei kennt auch den wichtigen Begriff der »Königlichen Kunst«, eine Bezeichnung für edle und vornehme Kunst. Dass auch masonische Themen in Theaterstücken aufgenommen wurden, zeigen viele Beispiele aus der Literatur. Dabei spielte auch die Verbreitung der Bruderkette im deutschen Sprachraum zur Zeit der Aufklärung eine wichtige Rolle.

Zu diesem Thema, das bisher in der Forschung nur auf relativ geringes Interesse gestoßen ist, liegt nun ein wichtiges neues Buch mit deutsch- und französischsprachigen Beiträgen vor. Der Sammelband ist aus einer internationalen Tagung des Forschungszentrums CEGIL (Centre d’Etudes Germaniques Interculturelles de Lorraine) der Université de Lorraine in Zusammenarbeit mit dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien und der Société Goethe de France hervorgegangen, die im November 2022 stattfand. Die Beiträge beziehen sich auf den deutschsprachigen Raum und sind in drei inhaltliche Schwerpunkte gegliedert.

Im ersten Teil geht es bei den untersuchten Werken (Ritterdrama, Ludwig Ferdinand Huber Das geheime Gericht sowie Kotzebues »peruvianische« Stücke Die Sonnenjungfrau und Die Spanier in Peru) um eine »historische und/oder exotische Einkleidung«, die neben einer ästhetischen Funktion auch die Ursprünge und Anfänge der Freimaurerei metaphorisch darstellen, ihre Ideale aufzeigen und politische Fragen diskutieren. Der zweite Teil ist den Wechselwirkungen zwischen Theater, Freimaurerei und öffentlichem Leben gewidmet und zeigt die Zusammenhänge zwischen Theateraktivitäten, Popularisierung freimaurerischer Werte und den Kampf gegen Vorurteile auf. Im dritten Abschnitt befassen sich die Studien mit kritischen Stimmen und Polemiken, die in der dramatischen Produktion geäußert werden, wobei ihre Rezeption bis ins 20. Jahrhundert reicht. Die einzelnen Beiträge wurden von Germanisten und Germanistinnen aus fünf europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Schweiz) verfasst. Sie behandeln im Rahmen der erwähnten Wechselwirkungen zwischen Dramenproduktion, Theaterleben und Freimaurerei vor allem die Wertvorstellungen der Bruderkette, wie deren Symbolik und Ritualistik, Toleranz und ihr Wirken im Sinne einer praktischen Humanität.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Helmut Reinalter, Rezension von/compte rendu de: Raymond Heitz, Anne Feler, Stefan Hulfeld, Matthias Mansky (Hg.), Theater und Freimaurerei im deutschen Sprachraum im 18. und frühen 19. Jahrhundert/Théâtre et Franc-maçonnerie dans l’espace germanophone au XVIIIe et au début du XIXe siècle, Würzburg (Königshausen & Neumann) 2023, 303 S., ISBN 978-3-8260-7789-0, EUR 50,00., in: Francia-Recensio 2025/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.1.109498