Das zu besprechende Werk befasst sich mit der Bestattung verschiedener Randgruppen in der Frühen Neuzeit. Die Kapitel konzentrieren sich auf französische Beispiele und den Zeitraum vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. Der Sammelband beginnt mit einer treffenden und wichtigen Feststellung: Auch wenn alle Menschen im Tod gleich sein sollten, war dies in der untersuchten Zeitspanne keineswegs der Fall. Es existierten zahlreiche Unterscheidungen aufgrund von sozialer Schicht, Geschlecht, Alter oder Wohlstand, die sich auf Bestattungen und vor allem auch auf die Positionierung von Leichen im Grab auswirkten. Trotz einiger Verweise auf andere Disziplinen ist das Werk eindeutig archäologisch ausgerichtet und fasst die Ergebnisse verschiedener neuerer Ausgrabungen zusammen. Auch hier macht Myriam Dohr-Combe, eine der Herausgeberinnen, in ihrer kurzen Einleitung eine wichtige Anmerkung, nämlich dass die Archäologie der Friedhöfe der Neuzeit erst seit den 2000er-Jahren im Fokus der Wissenschaft steht. Dieser Band ist umso willkommener, weil er sich dezidiert mit den Begräbnisstätten von Personengruppen auseinandersetzt, die nicht den (städtischen) Normalfall darstellten. Somit erweist er sich auch für Forschungen zu besser untersuchten und quellenmäßig besser erschlossenen wichtigen Begräbnisstätten als anschlussfähig.

Die ersten vier Beiträge sind der »Organisation von Friedhöfen« gewidmet. Cécile Buquet beschreibt den protestantischen Friedhof von Charenton-Saint-Maurice, eine Begräbnisstätte, die nur 80 Jahre lang genutzt wurde. Im folgenden Kapitel befasst sich Diane Caron mit Bestattungen am Wallfahrtsort Alise-Sainte-Reine. Caron argumentiert überzeugend, dass die Errichtung eines Krankenhauses Mitte des 17. Jahrhunderts dazu führte, dass die verstorbenen Pilger fortan an einem neuen Ort beigesetzt wurden. Anhand von drei städtischen Begräbnisstätten für Soldaten aus dem 18. Jahrhundert fragen Michel Signoli, Élodie Cabot, Myriam Dohr-Combe, Stéfan Tzortzis und Émeline Verna, welche Besonderheiten bei Bestattungen im militärischen Kontext festgestellt werden können. Sie zeigen, dass in allen drei Fällen das zentrale Anliegen darin bestand, die Toten so schnell wie möglich zu vergessen, was erklärt, warum die Bestattungen schnell durchgeführt und keine Gräbermarkierungen angebracht wurden. Éric Sergent setzt dieses Thema fort und befasst sich in seinem Kapitel mit den Hingerichteten von Paris, die ebenfalls ohne Grabzeichen bestattet wurden. Sergent zeigt, dass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein Umdenken hinsichtlich der zuvor zerstückelten und schnell »beseitigten« Leichen einsetzte. Seit dieser Zeit bemühte man sich, die Leichen der Hingerichteten ehrenvoller zu behandeln.

Die folgenden vier Beiträge widmen sich den Begräbnisstätten von Kindern. Der besonders gelungene Beitrag von Philippe Martin zeigt am Beispiel der ungetauften Kinder in Ostfrankreich, dass auf dem Friedhof drei unterschiedliche Logiken aufeinanderprallten: das kanonische Recht, die Logik der Gemeinschaft und schließlich die familiären Belange. Diese drei Elemente standen nicht unbedingt im Widerspruch zueinander, taten dies jedoch häufig im Fall der Bestattung ungetaufter Kinder. Die Situation änderte sich erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als sanitäre Bedenken hinsichtlich der Begräbnisstätten zunahmen. Aminte Thomann, Camille Coupeur und Olivier Dutour interessieren sich für eine andere »Sondergruppe« unter den Kindern, nämlich für die kranken Kinder von Caen, insbesondere denjenigen, die an Tuberkulose litten. Myriam Dohr-Combe beschäftigt sich dagegen mit dem jüdischen Bestattungskontext. Anhand der Bestattung von Kindern auf dem jüdischen Friedhof in Frauenberg zeigt sie, dass Kinder an der Mauer oder in der Nähe der Tore beigesetzt wurden. Anaïs Delliste befasst sich mit den Bestattungen von Kindern im Hôtel-Dieu in Lyon und zeigt besonders deutlich die Unterscheidungen auf, die innerhalb der »Sondergruppen« getroffen wurden, beispielsweise wenn es sich um Waisenkinder handelte.

Der dritte Teil vereint unter dem Titel »Kranke und Krankenhäuser« fünf Beiträge, die sich mit Krankheit und Krankenhäusern befassen. Das Kapitel von Anaïs Delliste über das Hôtel-Dieu in Lyon hätte ebenso gut in diesem Teil Platz finden können. Avril Mefray und Yann Ardagna eröffnen diesen Abschnitt mit einem interdisziplinären Beitrag, der historische Schriftquellen und anthropobiologische Ansätze auf innovative Weise miteinander verbindet und damit zeigt, dass ein interdisziplinärer Ansatz für beide Disziplinen von Vorteil sein kann. Cécile Paresys und Cédric Roms konzentrieren sich auf den Friedhof Saint-Rémi in Reims, der angelegt wurde, weil die anderen Friedhöfe der Stadt vollständig belegt waren. Sie identifizieren systematisch die verschiedenen »Bevölkerungsgruppen« des Friedhofs und vergleichen sie mit archäologischen Funden. Das Kapitel von Stéphane Ardouin hebt insbesondere den Nutzen der archäologischen Grundlagenforschung hervor. Er zeigt, dass es nicht möglich ist, im katholischen Kontext eindeutige Ausgrenzungen in Bezug auf die vielgestaltigen Friedhöfe von Lyon festzustellen. Ungewöhnliche Positionen von Skeletten deuten jedoch darauf hin, dass die katholischen Betreiber des Hôtel-Dieu protestantische Gräber abwerteten. Das vorletzte Kapitel stammt von Vincent Hadot, der sich mit dem Soldatenfriedhof von Marsal befasste und in einem Anhang anhand historischer und archäologischer Quellen zahlreiche Verstorbene identifizieren kann. Carole Fossurier und Romuald Pinquet schließen den Band mit einer Analyse der Kranken, Kinder und Neugeborenen des Hôpital de Dijon. Sie zeigen, wie der Friedhof verschiedene marginalisierte Bevölkerungsgruppen zusammenführte. In einer kurzen Zusammenfassung zeigt Fossurier, dass der Friedhof als Spiegelbild einer gespaltenen Gesellschaft verstanden werden kann und dass religiöse Faktoren für die spezielle Behandlung der Toten besonders ausschlaggebend waren. Darüber hinaus weist sie auf die zentrale Rolle der sanitären Reformen des 18. und 19. Jahrhunderts hin. Diese in der Forschung bereits etablierten Thesen zur Bedeutung der Hygienediskurse des 18. und 19. Jahrhunderts werden damit im vorliegenden Fall ebenfalls bestätigt.

In seinen individuellen Schlussfolgerungen ist der Sammelband interessant zu lesen und bietet neue Perspektiven auf französische Friedhöfe, die bisher von der Forschung eher vernachlässigt wurden. Die Kapitel befassen sich mit den bereits im Titel erwähnten »populations particulières«. Diese nehmen in den verschiedenen Kapiteln unterschiedliche Formen an und umfassen sowohl religiöse Minderheiten als auch Kinder, Kranke und Soldaten. Tatsächlich erscheint es sinnvoll, verschiedene Personengruppen, die bisher getrennt behandelt wurden, unter den Begriff der »populations particulières« zusammenzufassen und so Vergleiche zu ermöglichen. Aufgrund der Bandbreite möglicher Bedeutungen und Definitionen wären dazu allerdings genauere konzeptionelle und theoretische Überlegungen zu diesem Begriff nötig gewesen.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Martin Christ, Rezension von/compte rendu de: Carole Fossurier, Myriam Dohr-Combe, Philippe Martin (dir.), Les populations particulières dans les cimetières à l’époque moderne, Paris (Les éditions du cerf) 2023, 288 p. (CERF Patrimoines), ISBN 978-2-204-15909-8, EUR 32,00., in: Francia-Recensio 2025/2, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.2.111328