Dieser schmale französisch-amerikanische Sammelband geht auf eine Round Table am Pariser Campus der University of Chicago zurück, die im Jahr 2021 stattgefunden hat. Der Band weist einen klaren Fokus und eine große Kohärenz auf und vereint qualitätsvolle Studien, die sowohl von Spezialisten und Spezialistinnen als auch von Interessierten rezipiert werden können. Die Aufsätze sind unterschiedlicher Natur: ein Beitrag leistet einen historiografischen Überblick (Cécile Vidal), zwei fokussieren auf bestimmte Personen (Jennifer L. Palmer und Ian Coller), einer nimmt eine Region über Jahrzehnte in den Blick (Guillaume Aubert) und ein Aufsatz bietet eine Synthese der Erkenntnisse zur Französischen Revolution als imperiale Revolution (Manuel Covo).

Die Herausgeberin und der Herausgeber Karine Rance und Éric Saunier möchten zu den Diskussionen über den Stellenwert von »Rasse« in der französischen kolonialen und imperialen Geschichte der Frühen Neuzeit und insbesondere in der Französischen Revolution beitragen. Dieser ist in der Tat umstritten, da nicht wenige Spezialisten und Spezialistinnen auf beiden Seiten des Atlantiks (vor allem in Frankreich) die These ablehnen, die vormodernen französischen kolonialen Gesellschaften seien rassisiert gewesen. Namhafte Historiker und Historikerinnen wie Frédéric Régent und Dominique Rogers betonen die Fluidität der Identitäten und den Primas der Klasse über die Rasse selbst in den Plantagenkolonien der Karibik.

Die Herausgeber positionieren sich in diesen Debatten nicht wirklich, sondern lassen sozusagen Cécile Vidal den Vortritt. Sie liefert in ihrem Aufsatz eine eingehende Zusammenfassung der Forschungsdebatten und -ergebnisse der letzten Jahrzehnte, die für alle, die sich in diesem Feld orientieren möchten, von großem Nutzen ist. Vidal zeigt, wie Historiker und Historikerinnen auf beiden Seiten des Atlantiks zunächst gegenüber der Idee von rassisierten Gesellschaften skeptisch waren und wie sich dennoch die Relevanz des sozialen Konstrukts »Rasse« allmählich immer stärker zeigte, wobei manche Historiker und Historikerinnen, die in den USA arbeiten, eine Pionierrolle einnahmen. Denjenigen, die die Relevanz und Treffgenauigkeit des Konzepts »Rasse« im französischen Fall ablehnen und darin eine Projektion US‑amerikanischer Erfahrungen sehen, entgegnet Vidal, dass 1. der Begriff relevant sein kann, selbst wenn er von den Zeitgenossen so kaum benutzt wurde, 2. »Rasse« auch ohne Rassentheorie bestehen kann, 3. in einer rassisierten Gesellschaft »Rasse« nicht unbedingt gegenüber anderen Machtverhältnissen die Überhand gewinnt und 4. die Durchlässigkeit mancher rassischer Barrieren nicht bedeutet, dass »Rasse« keine Auswirkungen auf soziale Beziehungen hatte. Sie ruft nach einer besseren Berücksichtigung der imperialen Dimension und nach einer Bottom-up-Perspektive auf, die zum Beispiel auch die Rassisierungen durch Sklaven und Sklavinnen berücksichtigt.

Dass »Rasse« im Laufe des 18. Jahrhunderts eine immer größere Rolle in der Karibik eingenommen hat, ist in der Forschung Konsens, wie Cécile Vidal zeigt. Jennifer Palmer und Ian Coller wählen einen mikrohistorischen Zugang, um die wachsende Diskriminierung von farbigen Menschen im 18. Jahrhundert in den Antillen und in Frankreich offenzulegen. Palmer untersucht anhand von Notariatsakten die Familie Berne, eine Familie von »freien Farbigen« aus Martinique mit einigem Vermögen. Sie zeigt, dass rassische Zuschreibungen um 1700 kaum über den Zugang zu Privilegien entschieden, steuerliche Privilegien aber bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur noch für »Weiße« galten. Coller erforscht den Fall Zamors, den die Marquise du Barry als Haussklaven hielt. Während der Autor treffend analysiert, wie Pamphletautoren rassistische und sexuelle Fantasien in Bezug auf Zamor entwickelten, um »die Dubarry« zu diskreditieren, ist seine These, wonach die kurzfristige Verhaftung Zamors in der Revolution rassistischen Motiven folgte, eher mit Vorsicht zu genießen. Coller weist daraufhin, dass Zamor bei seiner Verhaftung als »nègre de la Dubarry« und nicht als »noir« bezeichnet wurde. Er scheint dabei zu übersehen, dass hiermit vielmehr auf seinen ehemaligen Sklavenstatus, als auf rassische Merkmale hingewiesen wurde. Er war offensichtlich manchen als ehemaliger Lieblingsdiener der verhassten Königsmätresse verdächtig, sodass sie ihn festhielten, bis andere seinen »Patriotismus« bezeugten.

Während die vorigen Aufsätze die wachsenden Diskriminierungen gegenüber »Farbigen« in den Blick nehmen, malt Guillaume Aubert anhand seiner Analyse der »habitants« von Gorée und Saint-Louis im Senegal, von denen die meisten als dunkelhäutig galten, ein anderes Bild. Aubert zeigt, wie diese ihre Interessen über Jahrzehnte zu verteidigen wussten: Im Revolutionszeitalter kämpften sie teils erfolgreich gegen Handelsmonopole, die Akteure und Akteurinnen aus Frankreich schufen, sowie auch für den Erhalt der Haussklaverei und des transatlantischen Sklavenhandels. Sie grenzten sich auch stark von den Soldaten aus der Karibik ab, die sie als »Afrikaner« bezeichneten, während sie selbst ihre französische Identität betonten. Aubert arbeitet somit den stark situativen und oft widersprüchlichen Charakter von rassischen Zuschreibungen heraus.

Der letzte Beitrag antwortet auf die Kritik von David Bell, der manchen amerikanischen Revolutionshistorikern und Revolutionshistorikerinnen eine Überbetonung des Stellenwerts kolonialer Fragen und insbesondere der Haitianischen Revolution für die Französische Revolution vorgeworfen hat. Manuel Covo verteidigt dagegen die These, die Französische Revolution müsse als eine imperiale Revolution verstanden werden, da koloniale Angelegenheiten einen enormen Impakt auf die Lagerbildung und die politischen Dynamiken gehabt hätten. Er kann überzeugen, wenn es um Jacques-Pierre Brissot und seine Freunde geht. Brissots Société des amis des noirs spielte in der Tat eine wichtige Rolle bei der Schaffung von »patriotischen Netzwerken« und es ist unbestritten, dass Brissots Feindschaft mit Barnave mit seiner Ablehnung von Sklavenhandel und Sklaverei zu tun hatte. Dennoch vermag Covo kaum auf Bells Kritik zu antworten, da Letzterer niemals behauptet hat, dass kolonialpolitische Fragen unwichtig, sondern vielmehr, dass sie nur ein Set von Fragen unter anderen gewesen seien. Um die These von der imperialen Revolution zu verteidigen, hätte Covo also nachweisen müssen, dass die Sklavereifrage heftigere Konflikte in Frankreich – oder zumindest in den französischen Eliten – als etwa die Frage nach religiösen Reformen verursachte. Hier sind in der Tat Zweifel angebracht. Vor allem muss betont werden, dass der Kampf der Montagne gegen unterschiedliche Gruppierungen (und somit der Große Terror) so gut wie nichts mit kolonialen Angelegenheiten zu tun hatte, wie auch Covo selbst bemerkt. Wie dieser Sammelband zeigt, hat die starke Fokussierung der Forschung auf »Rasse« überaus wichtige Erkenntnisse hervorgebracht, ohne jedoch für sich beanspruchen zu können, ein umfassendes Paradigma zur Erforschung der Politik in der Französischen Revolution zu liefern.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Damien Tricoire, Rezension von/compte rendu de: Karine Rance, Éric Saunier (dir.), Race et Révolution française, Paris (Hémisphères Éditions) 2024, 176 p., 16 planches, ISBN 978-2-3770-1196-4, EUR 20,00., in: Francia-Recensio 2025/2, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.2.111346