Wie kaum ein anderer bewaffneter Konflikt der neueren Geschichte war der Dreißigjährige Krieg durch das Agieren mehr oder weniger unabhängiger Kriegsunternehmer gekennzeichnet, die auf eigene Kosten Truppen für eine kriegführende Macht warben und diese meist auch selbst befehligten. Obwohl dieser Umstand seit langem bekannt ist und einen festen Platz in der Historiografie des Dreißigjährigen Krieges einnimmt, hat sich die deutschsprachige Geschichtswissenschaft doch über viele Jahrzehnte schwer damit getan, dem durch eine breitere Erforschung des Phänomens Rechnung zu tragen1 – im Vordergrund entsprechender Überlegungen und Darstellungen stand meist allein die Figur Wallensteins, der gewissermaßen Pars pro Toto das Geschäft mit dem Krieg verkörperte. Erst mit der zunehmenden »Privatisierung« der Kriegführung seit der Jahrtausendwende, die dem Dreißigjährigen Krieg zusätzliche Aufmerksamkeit als »Analyserahmen und Vergleichsfolie« (Herfried Münkler) der sogenannten »Neuen Kriege« des 21. Jahrhunderts verschaffte, und somit fast 50 Jahre nach Fritz Redlichs wegweisender Studie The German Military Enterpriser and His Work Force (1964/65), hat die herausragende Bedeutung des Kriegsunternehmertums im Dreißigjährigen Krieg (und darüber hinaus) endlich die verdiente Aufmerksamkeit der Forschung gefunden.

Bislang dominierten dabei allerdings Längs- und Querschnittstudien sowie prosopografische und strukturgeschichtliche Ansätze;2 hinsichtlich der Geschichte einzelner Akteure ist man dagegen nach wie vor fast durchweg auf ältere Darstellungen angewiesen.3 Demgegenüber wählt Astrid Ackermann in ihrer vorliegenden Studie bewusst einen biografischen Zugang und wendet sich mit Herzog Bernhard von Weimar einem der schillerndsten und zugleich wohl dem erfolgreichsten selbstständig und auf eigene Rechnung agierenden Kriegsunternehmer der protestantischen Seite zu. Die Entscheidung, sich Bernhards Wirken als Heerführer in einer biografischen Perspektive anzunehmen, findet ihre Begründung indes weniger in dessen Erfolg oder herausragender militärischer Bedeutung, sondern vor allem darin, dass es sich bei dem Weimarer – anders als bei Wallenstein und den meisten anderen auf allen Seiten aktiven Heerführern und Kriegsunternehmern – um den Spross eines der vornehmsten Fürstenhäuser des Heiligen Römischen Reiches handelte, nämlich der ernestinischen Linie des Hauses Wettin. Diese hatte 1547 bekanntlich die Kurwürde an den albertinischen Zweig abtreten müssen, was, wie Ackermann zeigt, eine, wenn nicht die Hauptantriebskraft hinter Bernhards Karriere als einer der erfolgreichsten und am längsten aktiven »large‑scale military enterpriser« (Redlich) des Dreißigjährigen Krieges war. Denn Bernhard, der 1604 als elfter Sohn des Weimarer Herzogs Johann III. und seiner Frau Dorothea Maria von Anhalt geboren wurde, folgte in seinem militärischen Engagement letztlich zunächst einmal nur dem Vorbild seiner älteren Brüder Johann Ernst, Friedrich und Wilhelm, die 1619 auf Seiten des zum böhmischen König gewählten Friedrich V. von der Pfalz in den Krieg gezogen waren.

Der dynastische Aspekt spielt in der Studie eine zentrale Rolle. Dies ist bis zu einem gewissen Grad sicher dem Entstehungskontext derselben – der Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der sie 2017 als Habilitationsschrift angenommen wurde, und dem dortigen langjährigen Forschungsinteresse an den Ernestinern – geschuldet, hat seine Berechtigung aber durchaus in der Sache selbst. Denn wie Ackermann bereits im Forschungsüberblick zeigt (der deswegen mit Goethe, Herder und Schiller beginnt), spielte Bernhard für die Memoria insbesondere der Weimarer Linie, aber auch des ernestinischen Gesamthauses gerade in der Zeit des Fürstenbundes 1785–1791 eine herausragende Rolle. So ließ Herzog Carl August, der »selbst als neuer Bernhard tituliert« (358) wurde, im Weimarer Schloss ein repräsentatives Bernhard‑Zimmer anlegen. Doch schon die Rückführung des Leichnams nach Weimar 1655 wurde dort sowie in Gotha, wo seit 1643 Bernhards Bruder Ernst regierte, mit großem Aufwand und landesweiten Trauergottesdiensten begangen. Darüber hinaus wurden die Taten des Herzogs sowie sein Kampf für den Protestantismus und das »Vaterland« in zahlreichen Druckschriften gewürdigt, nicht zuletzt aus dem Kreis der Fruchtbringenden Gesellschaft, in die Bernhard 1620 unter dem Namen »Der Austrucknende« aufgenommen worden war (55). Im 19. Jahrhundert entwickelte sich daraus die Deutung Bernhards als kleindeutsch-protestantisch-nationaler Held. Diese Lesart fand schließlich einen letzten Widerhall in der Weimarer Ausstellung zu seinem 300. Todestag im Jahr 1939.

Zwischen der Einleitung und dem letzten, der Memoria gewidmeten Kapitel entfaltet Ackermann das Leben des Herzogs, vom Aufwachsen im »festungsartigen« (33) Schloss Hornstein in Weimar, das zum Zeitpunkt von Bernhards Geburt eben erst zur Residenz der Ernestiner geworden war, bis zu seinem frühen Tod am 18. Juli 1639. Der eher kurzen Ausbildung des jungen Herzogs an der ernestinischen Landesuniversität Jena sowie am Coburger Hof seines Onkels Johann Casimir folgten die ersten militärischen Engagements im Dienst der protestantischen Heerführer Georg Friedrich von Baden-Durlach und Ernst von Mansfeld 1622 sowie bald darauf der Generalstaaten und des dänischen Königs Christian IV.; dazwischen hielt sich Bernhard immer wieder in Weimar auf und erfuhr eine höfische Sozialisation, u. a. als Mitglied der »Académie des parfaits amants«, einer Schäfergesellschaft. Die Hoffnung auf eine (in seinen Augen) angemessene Beteiligung an den Einkünften des elterlichen Herzogtums erfüllte sich jedoch nicht. Den Ausweg aus der wenig verlockenden Perspektive, ein Leben als nicht regierender jüngerer Bruder zu führen, eröffnete Bernhard der Eintritt in das Heer des Schwedenkönigs, dem er sich als einer der ersten deutschen Fürsten anschloss. Nach dem Tod Gustav Adolfs bei Lützen im November 1632 konnte er nicht nur die bislang von diesem besetzte »Stelle des protestantischen Helden« (68) einnehmen, sondern im Sommer 1633 auch die Landesherrschaft im (aus eroberten katholischen Territorien gebildeten) Herzogtum Franken, dessen Verwaltung er seinem knapp drei Jahre älteren Bruder Ernst übertrug. Nach der Niederlage der Schweden unter Führung Bernhards und Graf Gustav Horns bei Nördlingen im August 1634 nahmen die Kaiserlichen allerdings keine zwei Monate später Würzburg ein, und Anfang 1635 fand die Weimarische Herrschaft in Franken mit der Übergabe der Feste Marienberg ihr Ende.

An diesem Punkt hätte sich Bernhard von Schweden abwenden und wie sein Bruder Wilhelm IV. und die meisten anderen deutschen Protestanten dem Prager Frieden beitreten können, zumal ihm der Kaiser weitreichende territoriale und finanzielle Angebote machte. Bernhard zog es jedoch vor, sich mit seinem Heer in den Dienst der französischen Krone zu stellen, die 1635 selbst in den Krieg eintrat; am 26. Oktober d. J. erfolgte der Abschluss eines entsprechenden Bündnisvertrages, in dem der französische König dem Herzog als Gegenleistung für die Truppenstellung die Herrschaft über das Elsass in Aussicht stellte. Die Weimarische Armee agierte nunmehr als eine »Privatarmee« (152) im Dienste Frankreichs, zunächst allerdings mit militärisch durchaus überschaubarem Erfolg. Und auch Bernhard, der sich 1636/37 zweimal selbst an den französischen Hof begab, haderte mit seinem Dienst für Frankreich und lotete nebenher andere Bündnisse aus, u. a. mit England. In diesen Zusammenhang gehören auch diverse Heiratspläne u. a. mit dem Haus Rohan, Pfalz-Zweibrücken und der Tochter des 1632 verstorbenen »Winterkönigs« Friedrich V. von der Pfalz. 1638 allerdings gelang der Weimarischen Armee mit der Einnahme der Festung Breisach ein bedeutender Sieg für Frankreich, der Bernard dem Ziel der Errichtung einer Landesherrschaft im Elsass ein gutes Stück näherbrachte und dementsprechend breiten Raum in der Darstellung einnimmt (211–268). Sein Tod ein Jahr später machte diese Bemühungen jedoch zunichte; seine Armee – deren Unterhalt und Versorgung sich ein eigenes, die personellen Netzwerke und finanziellen Verbindungen v. a. in die Schweiz und nach Lyon beleuchtendes Kapitel widmet (269–307) – wurde nach längeren Verhandlungen und dem Erwägen alternativer Optionen schließlich von Frankreich übernommen.

Das selbstständige Agieren Bernhards nach 1634/35 und seine Weigerung, nach der Niederlage bei Nördlingen dem Prager Frieden beizutreten, hat, so Ackermanns Fazit, den Krieg zweifellos verlängert; insofern hat der Weimarer, der wohl als der letzte (weitgehend) autonom agierende Kriegsunternehmer des Dreißigjährigen Krieges gelten kann, an dessen Dauer nicht unerheblichen Anteil (364). Dafür wiederum war – neben den generellen strukturellen Bedingungen der Kriegführung, die ihrerseits zur Verlängerung des Krieges beitrugen – ganz wesentlich das dynastisch motivierte Streben Bernhards nach einer eigenen Territorialherrschaft verantwortlich, wobei sein Bezugsrahmen trotz seines Misstrauens und seiner Feindschaft gegenüber dem Kaiser bezeichnenderweise immer das Reich blieb. Der Weimarer stellt also gleich in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung unter den überwiegend dem niederen Adel entstammenden Kriegsunternehmern des Dreißigjährigen Krieges dar.4 Nicht zuletzt dies lässt die Entscheidung, sich ihm in einem biografischen Zugang zu nähern, gerechtfertigt erscheinen, obwohl es – worauf Ackermann im Verlauf der Arbeit wiederholt hinweist (15–16, 183, 370) – infolge der Quellenlage letztlich nicht möglich ist, dem Protagonisten gewissermaßen auch menschlich näher zu kommen und seine Beweggründe unmittelbar sichtbar zu machen. Ungeachtet dessen erlaubt es der durchgängige Blick auf Repräsentation und Memoria des Herzogs der Verfasserin, seinen mutmaßlichen Antrieb überzeugend und plausibel herauszuarbeiten.

1 Der britische Historiker Geoffrey Parker hat demgegenüber bereits in seiner 1987 auch auf Deutsch erschienen Darstellung The Thirty Years War (1984) auf die strukturelle und quantitative Bedeutung des Kriegsunternehmertums hingewiesen.
2 Vgl. zuletzt: Philippe Rogger, André Holenstein (Hg.), Officers, Entrepreneurs, Career Migrants, and Diplomats: Military Entrepreneurs in the Early Modern World, Leiden 2024.
3 Eine Ausnahme ist Walter Krüssmanns ebenfalls biografisch angelegte Studie über Ernst von Mansfeld (2010).
4 Zur Bedeutung niederadliger Netzwerke für das Kriegsunternehmertum des Dreißigjährigen Krieges siehe jetzt Andreas Flurschütz da Cruz, Der Krieg der Anderen. Venedig, die deutschen Reichsfürsten und die Anfänge internationaler Subsidienprojekte in der Frühen Neuzeit, Paderborn 2024.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Markus Meumann, Rezension von/compte rendu de: Astrid Ackermann, Herzog Bernhard von Weimar. Militärunternehmer und politischer Stratege im Dreißigjährigen Krieg, Berlin, Boston (De Gruyter Oldenbourg) 2023, 477 S., 4 farb. Abb. (Bibliothek Altes Reich, 34), ISBN 978-3-11-070191-3, DOI 10.1515/9783110701913, EUR 79,95., in: Francia-Recensio 2025/3, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.3.112980