Der Name Thurn und Taxis ist aufs Engste mit der Entwicklung des Postwesens seit der Frühen Neuzeit verknüpft – und im öffentlichen Bewusstsein mit der Stadt Regensburg. Theresa Häusl wählt nun mit ihrer kunsthistorischen Arbeit eine andere Perspektive. Sie fokussiert auf die Mitglieder des Brüsseler Zweiges der Familie und »fragt nach Medien, Topografien und Strategien der (Kunst-)Patronage und der visuellen Selbstdarstellung« (299). Damit knüpft Häusl an Forschungen zur höfischen Repräsentation und Patronage an. Der Untersuchungszeitraum wird durch die Etablierung der Taxis als Generalpostmeister in Brüssel an der Wende zum 16. Jahrhundert und Franz von Taxis (1459–1517) sowie die Verleihung des Reichspostmeisteramtes als Erblehen an Lamoral von Taxis (1557–1624) im Jahre 1615 eingegrenzt.
Häusls Arbeit ist chronologisch angelegt und in drei inhaltliche Kapitel gegliedert, die von einer Einleitung und einer kurzen Zusammenfassung eingerahmt werden. Ergänzt wird der Untersuchungsteil von einem Anhang, der mit 162 Seiten gut ein Drittel des Gesamtumfanges des vorliegenden Bandes ausmacht. Er enthält neben Literatur-, Quellen- und Abkürzungsverzeichnis auch ein Orts- und Personenregister sowie Abbildungsnachweise und ein fremdsprachiges Glossar zu den in Quellentexten erwähnten Kunstgegenständen. Weiterhin umfasst der Anhang eine Stammtafel der Brüsseler Taxis (leider ohne Lebensdaten der dort aufgeführten Personen) und eine chronologische Übersicht über die in die Untersuchung einbezogenen Kunstaufträge. Den umfangreichsten Teil des Anhanges machen Quellentranskriptionen aus: ein Exzerpt aus dem Nachlassinventar Franz von Taxis, die Korrespondenz zwischen Ferdinando und Lamoral von Taxis zwischen 1610 und 1621 sowie das Nachlassinventar von Lamoral Claudius von Thurn und Taxis (1676). Diese ergänzenden Materialien zeugen von intensiver Recherchearbeit, sind mitunter aber nur schwer mit den eigentlichen Inhalten der Arbeit in Verbindung zu bringen.
Als thematische Schwerpunkte der vorliegenden Untersuchung lassen sich Kunstpatronage, Kunst- und Objektvermittlung sowie Ahnenforschung ausmachen. Inhaltlich präsentiert Theresa Häusl diese in Form einer dichten kunsthistorischen Beschreibung und Diskussion der Kunstgegenstände im Umfeld der Brüsseler Taxis mit einem Fokus auf die Herrschaftszeit Karls V. und die ersten Jahrzehnte des Achtzigjährigen Krieges. Im ersten inhaltlichen Kapitel untersucht die Autorin neben den Postmeisterporträts und dem Stundenbuch Franz von Taxis vor allem dessen kirchliche Stiftungen unter dem Aspekt familiärer Memoria und Jenseitsvorsorge. Besondere Berücksichtigung finden die Kunststiftungen für die Kirche Notre-Dame du Sablon, durch die, so Häusl, Franz von Taxis einerseits seine Nähe zum Herrscherhaus der Habsburger demonstrieren wollte, da die Statthalterin Margarete von Österreich diese Kirche häufig nutzte. Andererseits wollte er sich als Teil der sozialen Elite etablieren (Kapitel 2). Das dritte und zugleich mit gut 100 Seiten umfangreichste Kapitel der Arbeit besitzt keinen so eindeutigen Fokus wie das vorausgehende. Die vier Unterkapitel greifen ganz unterschiedliche Aspekte der Aktivitäten der Taxis auf: Im ersten Unterkapitel werden der Ausbau und die Bedeutung des Brüsseler Hauses der Taxis diskutiert. Das zweite Unterkapitel beleuchtet deren Netzwerke und, wie diese zur Kunst- und Objektvermittlung genutzt wurden, während die nachfolgenden zwei Unterkapitel wieder stärker auf Memoria und Kirchenstiftungen fokussieren. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Kunstvermittlung und Ahnenforschung durch Lamoral von Taxis Anfang des 17. Jahrhunderts.
Die drei Hauptkapitel zeichnen sich durch eine hohe Detaildichte und großen Kenntnisreichtum bezüglich der beschriebenen Objekte aus. Dadurch erweitert Häusl unstreitig das kunsthistorische Wissen um Beauftragung, Entstehung, Urheberschaft und Erwerb einzelner Objekte. Diese kunsthistorische Beschreibung und Verortung ist die herausragende Stärke der vorliegenden Arbeit.
Schwächen offenbaren sich hingegen dann, wenn die Autorin die kunsthistorische Ebene verlässt. Zwar stützt sich Häusl auf eine Vielzahl historischer Arbeiten, um ihre Untersuchungsobjekte zu kontextualisieren, doch bleibt der Umgang mit diesen meist oberflächlich. Dies schlägt sich einerseits in zu allgemeinen Hinweisen auf geschichtliche Entwicklungen und Ereignisse nieder, auf die als Teil eines gemeinsamen Referenzrahmens verwiesen wird (»wie bekannt«, »bekannterweise«), anderseits in begrifflicher und konzeptueller Unschärfe, wenn Häusl etwa wiederholt auf die »Republique des Lettres« sowie die Kontakte der Taxis zu dieser verweist, ohne die humanistische Gelehrtengesellschaft zu definieren oder zumindest charakterisieren oder auch die Einbindung der Taxis in diese zu reflektieren. Die »Republique des Lettres« wird dadurch zu einer Art Sammelbegriff für Kunst- und Kulturinteressierte.
Die größte Kritik an der Arbeit besteht jedoch darin, dass es Häusl leider nur eingeschränkt gelingt, die empirischen Befunde mit der Fragestellung der Arbeit und dem gewählten theoretischen Rahmenwerk in Einklang zu bringen. Als Ziel der Arbeit wird formuliert, »das soziale Differenzierungspotential des Spannungsfeldes von Repräsentationskultur und Patronagestrategien« für die Taxis zu untersuchen (14). Es bleibt bis zum Schluss unklar, was die Autorin unter dem Begriff Differenzierungspotential versteht. Tatsächlich beschreibt sie die Selbstdarstellung der Taxis durch Kunst oder, wie sie es selbst formuliert, »Medien, Topografien und Strategien der (Kunst-) Patronage und der visuellen Selbstdarstellung« (299) – das ist etwas anderes als das gesteckte Ziel der Untersuchung. Zwar deutet die Autorin immer wieder an, dass die Taxis Kunst als Werkzeug im Prozess sozialer Differenzierung nutzen, den sie im 16. Jahrhundert durchlaufen. Leider bleiben solche analytischen Beobachtungen die Ausnahme. Als theoretischen Erklärungsansatz für die Beschreibung und Analyse des zu untersuchenden Differenzierungspotentials hat die Autorin Bourdieus Kapitalbegriff gewählt (35–36), der durchaus geeignet für eine solche Studie wäre, jedoch im Rahmen dieser Untersuchung nicht operationalisiert wird. In der empirischen Beschreibung finden sich kaum Referenzen auf Bourdieu. Auch die Zusammenfassung, in der eine analytische Einordnung der empirischen Befunde zumindest angedeutet wird, kommt ohne Bezugnahme auf den theoretischen Rahmen der Untersuchung aus.
Bei aller Kritik leistet Häusls Arbeit einen wichtigen Beitrag, um das Wissen um den Aufstieg der Thurn und Taxis mit Erkenntnissen zur Frühphase ihres Wirkens in Brüssel, das bislang in der Forschung weniger beachtet wurde, zu vervollständigen, und erweitert die Thurn und Taxis-Forschung zugleich um eine kunsthistorische Dimension.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Dorothée Goetze, Rezension von/compte rendu de: Theresa Häusl (Hg.), Kuriere, Kunstagenten und Mäzene. Repräsentationskultur und Patronagestrategien der habsburgischen Generalpostmeister Thurn und Taxis (16./17. Jh.), Regensburg (Verlag Friedrich Pustet) 2024, XLVIII–472 S., Illustrationen, Porträts, genealogische Tafeln (Thurn und Taxis Studien – Neue Folge, 17), ISBN 978-3-7917-3475-0, EUR 49,95., in: Francia-Recensio 2025/4, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.4.114145





