Zwischen 1350 und 1550 standen die Städte der Westschweiz immer wieder vor der Herausforderung, sich in lokalen Konflikten und Rivalitäten mit benachbarten Städten sowie gegen die Eingriffe externer Mächte zu verteidigen. Zu diesem Zweck wurden Bürgerwehren aufgestellt, das heißt, Stadtbewohner wurden mobilisiert, die im Ernstfall kämpfend oder unterstützend tätig wurden. Eine effektive Bürgerwehr benötigte eine entsprechende materielle Ausstattung, zu der Rüstungen, Waffen, Pferde und Proviant gehörten. Diese mussten regelmäßig beschafft, gelagert und verteilt werden. Die städtischen Institutionen waren eng in die Organisation der militärischen Infrastruktur eingebunden. Die nun als Monographie vorliegende Promotionsarbeit von Mathijs Roelofsen Chevaucher en bonne compagnie entstand im Rahmen des Projekts »Martial Culture in Medieval Towns« an der Universität Bern und zielt darauf ab, diese Strukturen erstmals am Beispiel der Stadt Freiburg (Fribourg) im Detail aufzuarbeiten. Hierbei fragt er nicht nur nach der Rolle der Bürger und städtischen Institutionen, sondern wagt auch den Vergleich mit anderen Städten der Westschweiz, um ein umfassenderes Bild städtischer Kriegsorganisation im späten Mittelalter zu zeichnen. Grundlage der vorliegenden quantitativen und seriellen Analyse bilden umfangreiche Militärdokumente aus dem Staatsarchiv Freiburg, ergänzt durch Verwaltungs- und Rechnungsquellen.

Das Werk gliedert sich in eine einleitende Diskussion der städtischen Kriegsführung und zentraler Konzepte (11‑15), gefolgt von einer ausführlichen Darstellung der Quellen, die aus Archiven der Westschweiz stammen, ihrer Erfassung und methodischen Aufarbeitung. Besonderes Augenmerk wird auf die materielle Gestaltung der Dokumente, ihre quantitative Auswertung und Entstehungskontexte sowie die genannten Akteure gelegt (19‑35). Das Herzstück der Arbeit widmet sich Freiburg selbst. Untersucht werden die städtischen Institutionen, die Organisation und militärische Mobilisierung der Bürgerschaft, die Bereitstellung von Ausrüstung, Pferden und Proviant – wobei auch nach der Rolle von Frauen und Geistlichen gefragt wird – sowie die Organisation von Artillerie und Befestigungen (39‑125). Im Zentrum des dritten Kapitels steht der Vergleich der politischen und militärischen Strukturen Freiburgs mit jenen der anderen Städte der Westschweiz – Lausanne, Genf und Neuenburg (Neuchâtel) – sowie mit den Verhältnissen im Waadtland (Pays de Vaud), die allein Gegenstand eines (einzelnen!) Unterkapitels sind (129‑150). Abgeschlossen wird der Band durch eine zusammenfassende Schlussbetrachtung (163‑167), umfangreiche Anhänge mit Transkriptionen von Archivmaterial (169‑193) sowie eine Bibliographie mit einer beeindruckenden Liste an Archivquellen, mehrheitlich aus dem Freiburger Militärarchiv (195‑202), aber einem vergleichsweise kurzen Literaturteil (204‑210) und einem Index (215‑217). Die Darlegungen im Haupttext werden durch Karten, Grafiken und Tabellen ergänzt, welche die militärischen Strukturen, die Verteilung von Truppen und Ausrüstung sowie die finanziellen und sozialen Aspekte der Mobilisierung veranschaulichen.

Das besondere Interesse an Freiburg begründet der Autor mit der Entwicklung seiner Militärorganisation von einem geographisch orientierten zu einem hybriden Rekrutierungssystem, in dem Zünfte, Pfarreien und periphere Gebiete eine Rolle spielten und das eng mit den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen der Stadt verbunden war. Die Lage Freiburgs im Schweizer Mittelland ermögliche außerdem den bereits angesprochenen Vergleich seiner militärischen Praktiken mit jenen benachbarter Städte. Die Untersuchung zeigt eindrücklich, wie sehr das Freiburger Militärwesen mit den städtischen Institutionen und sozialen Strukturen verknüpft war. Die Stadt dokumentierte und regulierte systematisch die Mobilisierung und das Verhalten der Kämpfer, organisierte die Kavallerie- und Artillerieeinheiten und passte ihre militärischen Kapazitäten kontinuierlich an konkrete Situationen an. Das gilt insbesondere für die 1440er- bis 1470er-Jahre im Kontext der Bedrohung durch die Écorcheurs (marodierende Söldnerhaufen) und der Burgunderkriege – eine Zeit, die in der Arbeit immer wieder als Wendepunkt für die untersuchten Entwicklungen dargestellt wird. Freiburg unterschied sich durch seine frühe militärische Autonomie von anderen Städten der Westschweiz wie Lausanne oder Genf insofern, als dass die städtischen Behörden Truppen rekrutieren, Kriege erklären und militärische Ordonnanzen erlassen konnten, wohingegen der Einfluss des Landesherrn begrenzt war. Die sogenannten compagnies de chevauchée bildeten zugleich soziale und militärische Netzwerke, die eine effiziente Rekrutierung und territoriale Expansion ermöglichten. Quantitative Auswertungen der Archivinventare zeigen außerdem auf, inwiefern Besitz und wirtschaftliche Mittel die militärische Ausrüstung bestimmten, wobei Besitzerwechsel im Rahmen von Heirat oder Erbschaft auch eine Rolle spielten. Die Mobilisierung selbst erfolgte oft in Abstimmung mit territorialen Allianzen. Der Vergleich mit Städten im Waadtland und Neuchâtel zeigt außerdem, dass militärische Verantwortung städtische Selbstverwaltung förderte. Die Untersuchung bietet damit einen umfassenden Einblick in die Verknüpfung städtischer Politik, sozialer Strukturen, wirtschaftlicher Ressourcen und militärischer Organisation.

Die von Mathijs Roelofsen vorgelegte Monographie ist eine für eine Promotionsarbeit recht kurze, aber sorgfältig konzipierte Studie auf solider archivalischer Basis, die einen wichtigen Beitrag zur spätmittelalterlichen Schweiz leistet. Die Darstellung selbst ist für Nicht-Spezialisten recht dicht und stark erzählend angelegt, was die Nachvollziehbarkeit mitunter erschwert. Die wichtigsten Ergebnisse werden aber jeweils am Ende der Kapitel nochmals aufgegriffen. Auf der Grundlage bislang wenig berücksichtigter Quellen aus dem Freiburger Staatsarchiv gelingt es dem Autor, die Militärstrukturen der Stadt Freiburg nicht nur in administrativer und organisatorischer, sondern auch in sozialer und politischer Hinsicht präzise zu erfassen. Die Untersuchung zeigt, dass militärische Verantwortung in engem Zusammenhang mit städtischer Selbstverwaltung stand und die Organisation von Wehrpflicht, Ausrüstung und Artillerie weit über den rein technischen Bereich hinausreichte. Besonders hervorzuheben ist die Erkenntnis, dass die Organisation der Verteidigung der Stadt als ein wesentliches Element städtischer Autonomie fungierte und somit auch für das politische Selbstverständnis der Schweizer Städte von zentraler Bedeutung war. Roelofsens Ergebnisse zeigen, dass selbst dezidiert militärhistorische Themen vor einem kulturhistorischen Hintergrund fruchtbar behandelt werden können. Die Arbeit veranschaulicht, wie eng militärische, soziale und institutionelle Prozesse in spätmittelalterlichen Städten miteinander verflochten sein konnten, und eröffnet zugleich neue Perspektiven für die Erforschung urbaner Strukturen im schweizerischen Kontext.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Laury Sarti, Rezension von/compte rendu de: Mathijs Roelofsen, Chevaucher en bonne compagnie. L’organisation militaire de Fribourg au Moyen Âge (1350–1550), Basel (Schwabe Verlag) 2025, 240 p., 34 ill. en coul., ISBN 978-3-7965-5162-8, DOI 10.24894/978-3-7965-5163-5, CHF 38,00., in: Francia-Recensio 2025/4, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2025.4.114402