Mit beachtlicher Geschwindigkeit legen Klaus Herbers und seine Mitarbeiter nach dem 2016 erschienenen ersten Band bereits den zweiten und dritten des neuen »Jaffé« vor, die den Zeitraum von 604 bis 1024 und damit die Pontifkate von Sabinianus (604–606), dem Nachfolger Gregors des Großen, bis zu Benedikt VIII. (1012–1024) erschließen. Während die zweite Aufage des »Jaffé« für diesen Zeitraum 2065 Nummern umfasste (Nr. 1995–4059), sind es nun mit 5669 mehr als doppelt so viele (Nr. *3165–*†8833). Auch wenn die aus Erwähnungen belegten Regesten in der früheren Aufage keine eigene Nummer erhielten und deshalb den 2065 Stücken noch hinzuzuzählen sind, bleibt die Anzahl der neuen Regesten in der dritten Aufage beeindruckend. Ein großer Teil von ihnen beruht auf Nachrichten des »Liber pontifcalis«.

Wie der erste Band, so konnte sich auch der zweite nicht auf moderne Regestenwerke stützen. Seine Bearbeiter standen deshalb vor ganz besonderen Herausforderungen. Band 2 reicht von Sabinianus bis zu Gregor IV. (827–844) (J3 *3165–*5271) und deckt damit die Jahrhunderte ab, in denen das Papsttum sich von Byzanz löste und dem Frankenreich zuwandte. Erwähnungen fnden der Bescheid Papst Zacharias’, ut melius sit illum regem vocari, qui potestatem habeat, quam illum, qui sine regali potestate maneat (J3 *3993), die Salbung Pippins, Bertradas, Karls und Karlmanns durch Stephan II. 754 in Saint-Denis (J3 *4081) und die Kaiserkrönung Karls des Großen (J3 *4709). Wichtig sind hier nicht nur die Angaben zu den Quellen, die nach den heute maßgeblichen Editionen zitiert werden, sondern auch der Verweis auf die einschlägige Literatur. Sie wurde umsichtig ausgewählt, richtet sich aber vor allem an ein deutschsprachiges Publikum: So wird zur Kaiserkrönung weder ein französischer noch ein englischer Titel zitiert. »Karl der Große, das Papsttum und Byzanz« von Peter Classen gilt in Deutschland als Standardwerk1 . Dem französischen Benutzer des »Jaffé« wäre mit einem Verweis auf »Le couronnement impérial de Charlemagne« von Robert Folz eher gedient gewesen2 . Die mangelnde Berücksichtigung der internationalen Sekundärliteratur kommt einer Rezeption des Regestenwerks im Ausland kaum entgegen.

Der dritte Band, der den Zeitraum von Sergius II. (844–847) bis zu Benedikt VIII. (J3 *5272–*†8833) erfasst, verzichtet sogar ganz auf die Erwähnung weiterführender Literatur; er begnügt sich mit Verweisen auf die im Rahmen der »Regesta Imperii« für diese Pontifkate erschienenen Papstregesten. Aus Gründen der Arbeitsökonomie ist dies nachvollziehbar. Berücksichtigt man jedoch, dass die zweite Aufage des Bandes von Harald Zimmermann bereits 1998, also vor fast 20 Jahren erschien3, so wird deutlich, dass einschlägige Arbeiten neueren Datums nicht erfasst wurden. Lücken, und dies gilt auch für den ersten Band, sind zudem bei den Editionen zu verzeichnen. Die wichtige Onlineressource »Chartes originales antérieures à 1121 conservées en France« wurde nicht ausgewertet, obwohl sie den Vorzug besitzt, nicht nur den Text der Urkunde, sondern für manche Stücke auch ein Foto zu bringen. Sie enthält immerhin 30 originale oder pseudo-originale Papsturkunden, von Johannes IV. (Nr. 2478 = J3 †3313) bis zu Benedikt VIII. (Nr. 2605 = J3 8708). Unberücksichtigt blieben zudem die digitalen »Chartae Galliae«, die ebenfalls ein umfangreiches Korpus an Papsturkunden verzeichnen. Mit leichtem Bedauern stellt der Rezensent fest, dass auch seine in Band 5 der »Studien und Dokumenten zur Gallia Pontifcia« erschienene Edition von J3 8542 und 8546 übersehen wurde.

So fällt das Gesamturteil zwiespältig aus: Bei allem Respekt vor der Leistung der Bearbeiterinnen und Bearbeiter, die enormes Material erschlossen haben, stellt sich die Frage, ob das Projekt nicht an seine Grenzen stößt. Wer den »Jaffé« in die Hand nimmt, darf erwarten, dass ihm der neueste Stand der internationalen Forschung geboten wird. Und die Anforderungen werden immer höher, je tiefer das Unternehmen ins hohe Mittelalter vorstößt. Die Webseite des Projekts kündigt derzeit keinen weiteren Band an. Die Verantwortlichen sollten das Konzept nochmals überdenken.

2 Robert Folz, Le couronnement impérial de Charlemagne (25 décembre 800), Paris 2008 (Les Journées qui ont fait la France) (Erstveröffentlichung 1964).
3 J. F. Böhmer, Regesta Imperii II. Sächsische Zeit. 5. Abt. Papstregesten 911–1024, bearb. von Harald Zimmermann, Wien, Köln, Weimar 2 1998.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Rolf Große, Rezension von/compte rendu de: Philippus Jaffé (ed.), Regesta pontifcum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionis tertiae emendatae et auctae iubente Academia Gottingensi sub auspiciis Nicolai Herbers tomum secundum (ab a. DCIV ad a. DCCCXLIV) curaverunt Waldemarus Könighaus, Thorstanus Schlauwitz cooperantibus Cornelia Scherer, Marco Schütz, Gottingae (Vandenhoeck & Ruprecht) 2017, 406 S., ISBN 978-3-525-31035-9, EUR 150,00; Philippus Jaffé (ed.), Regesta pontifcum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Editionis tertiae emendatae et auctae iubente Academia Gottingensi sub auspiciis Nicolai Herbers tomum tertium (ab a. DCCCXLIV usque ad a. MXXIV) curavit Iudith Werner cooperante Waldemaro Könighaus, Gottingae (Vandenhoeck & Ruprecht) 2017, 708 S., ISBN 978-3-525-31036-6, EUR 175,00., in: Francia-Recensio 2017/4, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2017.4.43418