Pascale Bourgain gehört zu den bekanntesten Mittellateinern und -lateinerinnen Frankreichs. Als Schülerin von André Vernet und Jacques Monfrin lehrte sie 37 Jahre lang an der École nationale des chartes, einer der für Frankreich typischen Elitehochschulen, die auf Urkundenforschung und Handschriftenkunde spezialisiert ist und Archivare, Konservatoren und Bibliothekare des höheren Dienstes ausbildet. Von 1978 bis zu ihrer Emeritierung im Jahre 2015 hatte sie dort den Lehrstuhl für Geschichte und Handschriftentradition der mittelalterlichen literarischen Texte inne und betreute etwa 100 Doktorarbeiten direkt oder begleitend. Ihr wissenschaftliches Interesse gilt vor allem der mittellateinischen Poesie und der Kunstprosa. Ein Teil ihrer Aufsätze ist 2014 in einem Sammelband erschienen, der auch ihr komplettes Werkverzeichnis einschließlich der bis 2014 erschienen Arbeiten enthält1.

Der hier vorgestellte Band umfasst 57 Aufsätze, die in französischer, englischer und italienischer Sprache geschrieben sind. 24 Autoren sind Pascale Bourgains direkte Schüler, praktisch alle an der Festschrift Mitwirkenden sind an französischen oder ausländischen Hochschulen oder Forschungsinstituten angestellt. Das Autorenverzeichnis liest sich deshalb wie ein europäisches »Who’s Who« all jener, die sich mit Handschriften und Textgeschichte beschäftigen. Hier ist nicht der Ort, 57 Studien einzeln vorzustellen oder eine Liste von Titeln und Namen abzudrucken. Das Inhaltsverzeichnis des Buches ist zudem auf der Internetseite des Verlags Brepols Publishers leicht und allgemein zugänglich. Wir beschränken uns deshalb darauf, auf den Reichtum der Beiträge hinzuweisen, die die Antike, das Mittelalter und die Neuzeit umfassen, die keine Literaturform vernachlässigen und die die Vielfalt der heute angewendeten Methoden repräsentieren. In grob chronologischer Anordnung finden sich Studien, die von Dares Phrygius (5. Jh.) bis Léopold Delisle (19. Jh.) reichen, die so unterschiedliche Textformen wie die der Poesie, der Liturgie, der Exegese und der Predigt berücksichtigen, die auch auf wissenschaftliche Abhandlungen wie zur Medizin oder zum Grammatikunterricht eingehen und die Statuten sowie Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht vernachlässigen. All jene, die sich für eines dieser Themen interessieren oder sich ganz allgemein methodisch von quellennahen Interpretationsansätzen inspirieren lassen wollen, sollten unbedingt zu diesem Buch greifen oder zumindest sein Inhaltsverzeichnis konsultieren. Es wäre erstaunlich, wenn sie nicht die eine oder andere Arbeit finden würden, die ihnen weiterhilft, und es wäre schade, wenn einige Studien ungelesen blieben, weil potenzielle Leser sie nicht in der Festschrift einer Mittellateinerin erwarten.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Klaus Krönert, Rezension von/compte rendu de: Cédric Giraud, Dominique Poirel (éd.), La rigueur et la passion. Mélanges en l’honneur de Pascale Bourgain, Turnhout (Brepols) 2016, 1024 p., 40 n/b ill. (Instrumenta Patristica et Mediaevalia. Research on the Inheritance of Early and Medieval Christianity, 71), ISBN 978-2-503-56887-4, EUR 140,00., in: Francia-Recensio 2018/1, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2018.1.45551