Der vorliegende Band bildet den Abschluss des vom Centre de recherche du Château de Versailles und zahlreichen weiteren europäischen Kooperationspartnern getragen Projektes »Les Funérailles princières en Europe«, das auf Tagungen in Krakau, Madrid und Versailles/Saint-Denis zwischen 2007–2009 um eine komparatistische Analyse der Sepulkralkultur europäischer Eliten in der Frühen Neuzeit bemüht war. Die Ergebnisse dieser Treffen mündeten in einer dreibändigen Buchreihe, die in dem im Sommer 2015 erschienen Band mit dem Titel »Le deuil, la mémoire, la politique« schließlich ihren Abschluss fand. Dabei wurde nicht nur praktisch, wie ein Blick auf die Tagungsorte und Beitragenden erkenntlich werden lässt, ein geografisch weiter Bogen geschlagen, auch auf inhaltlicher Ebene ist dieser breite und ambitionierte Horizont merklich: Mit dem Erscheinen der Beiträge wird erstmals ein Europa umfassendes Panorama frühneuzeitlicher Sterbe-, Begräbnis- und Memorialkultur geboten, das synchrone wie diachrone Vergleiche ermöglicht und generelle Tendenzen wie signifikante Abweichungen offenlegt.

Ein Ausgangspunkt für das Vorhaben stellte die kritische Auseinandersetzung mit der von Ralph Giesey1 aufgestellten These, dass mit dem Ende der Renaissance von einem Verschwinden royaler bzw. fürstlicher Trauerfeierlichkeiten auszugehen ist, dar. Aufgezeigt werden konnte, dass anstelle eines Verschwindens vielmehr vielfältige Mutationen auftraten (vgl. S. 397). Während sich der 2012 erschienene erste Band den Ritualen der Begräbnis- und Begängnisakte verschiedener hochadeliger bzw. royaler Vertreterinnen und Vertreter widmete, legte der 2013 erschiene zweite Band den Fokus auf die Gestaltung der Grablegen und Grabmalensembles der Oberschichten. Wurde für die Schwerpunkte der beiden vorhergehenden Bände in den vergangenen Jahren bereits in verschiedenen Disziplinen intensive Forschungsarbeit geleistet2, die durch die einzelnen Beiträge der Bände weiter bereichert wird, so zeichnet sich der jüngst erschienene Band durch große inhaltlich-thematische wie methodische Innovativität aus: Ausgeleuchtet werden sollen die sich dem Versterben von Angehörigen europäischer Eliten anschließenden und von einer großen und oftmals über das eigene Territorium hinausragenden Öffentlichkeit rezipierten Inszenierung der Trauer sowie die öffentliche Kommunikation des Todesfalls in ihrer dynastischen, politischen und sozialen Bedingtheit und Tragweite. Gefragt wird dabei unter anderem nach den Methoden und Strategien der Überbringung der Todesnachricht wie reziprok der Kondolenzübermittlung. Ebenso Beachtung erfährt aber auch die Einbindung und Anteilnahme der Bevölkerung in die Trauer und längerfristig in das öffentliche Gedenken an die verstorbene Person.

Einer kurzen Einleitung der Herausgeber (S. 7–10) und einer knappen Einführung von Mark Hengerer und Gérard Sabatier in die Thematik des vorliegenden Bandes (S. 11–14) folgend, widmet sich die erste Sektion (S. 17–96) dem Herrschertod als Medienereignis und fragt nach den Strategien, Trägern und Ausdrucksformen der Kommunikation von royalen beziehungsweise fürstlichen Todesfällen und Trauerfeierlichkeiten außerhalb des Territoriums des Verstorbenen. Die fünf Beiträge bieten ein differenziertes, vom frühen 16. bis in das 18. Jahrhundert reichendes, geographisch breitgefächertes Bild und zeigen, dass die Kommunikation eines Todesfalls regional starken Variationen unterlag. Während anlässlich des Todes von Vertretern des Hauses Habsburg während der gesamten Frühen Neuzeit aufwändige Bildwerke, wie diese Friedrich Polleross aus kunsthistorischer Perspektive in seinem Beitrag »La gravure et la diffusion de la mort des Habsbourg« (S. 77–96) untersucht hat, angefertigt wurden, sind für Frankreich der Ausgang von schlichten Depeschen belegt, wie die Studie von Ricci (S. 17–27) zur Kommunikation der Todesfälle französischer Monarchen im Renaissanceitalien deutlich macht. Dass jedoch auch vergleichsweise neue Informationsträger wie die Zeitung im 18. Jahrhundert eine gewichtige Rolle in der Kommunikation von Todesfällen europäischer Eliten entwickelte, belegt die von Stéphane Haffemayer (S. 63–76) vorgelegte Auswertung von ausgewählten an europäischen Höfen populären Periodika.

Die folgende Sektion nimmt die Trauer um den verstorbenen Monarchen in dessen eigenem Territorium in den Blick. Die Beiträge von Leonardo Carvalho-Gonçalves (S. 99–118) und Luis Javier Cuesta-Hernández (S. 119–142) wagen dabei auch Ausblicke auf die überseeischen Besitzungen der portugiesischen Krone in Goa wie der spanischen Krone auf dem amerikanischen Kontinent im 16. Jahrhundert, die erst mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen von Monaten oder gar Jahren, die Kunde vom Tod des Souveräns, dessen Macht einzig durch einen Stellvertreter ausgeübt wurde, vernahmen.

Anlässlich des von Leonardo Carvalho-Gonçalves untersuchten Todes Manuels I. stand der königliche Gouverneur Duarte de Menzes in der portugiesischen Besitzung Goa vor der schwierigen Aufgabe, Trauerfeierlichkeiten anzusetzen für die auf keinerlei Vorbilder zurückgegriffen werden konnte und die einem Monarchen galten, von dem fernab des europäischen Kontinents lediglich eine abstrakte Vorstellung herrschte. In aufwändigen und prunkvollen Trauerzeremoniellen wurde dabei die Integration der in ihrer Gesamtheit äußerst heterogenen goanischen Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion und sozialem Status (vgl. S. 112) angestrebt und der königliche Machtanspruch visualisiert.

Welche Möglichkeiten der Visualisierung und Kommunikation von Trauer den abseits der Regierungszentren ansässigen Untertanen auf dem europäischen Festland offenstanden, zeigen hingegen Ulrich Niggemann (S. 143–160) anlässlich des Todes Wilhelms III. von England im Jahre 1702 sowie Bernard Hours (S. 161–175) für die Todesfälle von Angehörigen der französischen Königsfamilie im 18. Jahrhundert. Im Kontext der zunehmenden Privatisierung royaler Begräbnisse (vgl. S. 143), wurden so in England die Aufgabe von addresses in Zeitungen populär, die es den Gemeinden erlaubten zu kondolieren und ihrer Trauer um den verstorbenen Monarchen Ausdruck zu verleihen.

Die dritte Sektion (S. 227–395) geht auf die anlässlich des Todes ausländischer Monarchen verfolgten Memorialstrategien ein und macht insbesondere auf deren innenpolitische Tragweite aufmerksam. In acht Einzelbeiträgen werden ausgehend vom 16. Jahrhundert und bis in das 19. Jahrhundert reichend unterschiedliche europäische Territorien näher betrachtet. So geht Jean-Marie Le Gall (S. 367–395) in seinem Beitrag »Une stratégie d’impérialisme dynastique : les pompes funèbres des souverains étrangers à Notre-Dame de Paris« auf die zwischen 1519 (Kaiser Maximilian I.) und 1781 (Kaiserin Maria-Theresia) in der Kathedrale Notre-Dame de Paris abgehaltenen Trauerakte für katholische Vertreterinnen und Vertreter verschiedener europäischer Herrscherhäuser ein. Die vorgenommene Analyse der für die Funeralakte in äußerster Exklusivität ausgewählten Verstorbenen ließ jedoch keinen Spiegel politischer wie dynastischer Beziehungen zu Tage treten, wie diese an den europäischen Höfen wechselseitig zelebriert wurden. Vielmehr illustrierten diese in der Betonung von Frieden und katholischer Einigkeit einen dynastischen Imperialismus, hinter welchem das Selbstverständnis des französischen Königshauses als Bürgen einer stabilisierenden Vormachtstellung im frühneuzeitlichen Europa sichtbar wird.

Kritisch angemerkt sei allenfalls, dass sich das den Einzelbeiträgen anschließende und das Projekt in seiner Gesamtheit würdigende Schlusswort (S. 397–402) von Gérard Sabatier und Mark Hengerer gemessen an Umfang und Inhalt der drei Bände recht knapp ausfällt. Personen- (S. 403–419) und Ortsregister (S. 420–425), eine Auflistung der Autorinnen und Autoren (S. 427), Bildnachweise (S. 429–435) sowie ein Inhaltsverzeichnis (S. 437–439) schließen sich den Darstellungen an und erleichtern den Interessierten die Handhabung des Bandes. Positiv zu erwähnen sind auch die teilweise auf Glanzpapier beigefügte Abbildungen, die ein genaues Studium des beigefügten Bildmaterials erlauben.

Eindrucksvoll und äußerst differenziert hat der vorliegende Band ausgeleuchtet, wie sich die Inszenierung und Bewältigung von Todesfällen der Eliten im Europa der Frühen Neuzeit zeitlich wie geographisch in großer Varietät gestalteten. Gleichfalls tritt jedoch auch zu Tage, dass eine zunehmende Bürokratisierung, die Indienstnahme für diplomatische Anliegen wie auch der Einsatz neuer medialer Techniken die Publikmachung wie auch die Trauer um die Monarchen und Angehörigen hoher Adelsdynastien im Europa der Frühen Neuzeit ganz entscheidend prägten. Der vorliegende Band ist in seiner Konzeption wie auch die vielseitigen und sich durchweg auf hohem Niveau bewegenden Einzelbeiträge sehr zu loben und leistet vielfältige Impulse für weitere Forschungen.

1 Ralph Giesey, The Royal Funeral Ceremony in Renaissance France, Genf 1960.
2 Hinsichtlich der Gestaltung von Begräbnissen und Grablegen europäischer Eliten sei hier exemplarisch verwiesen auf: Mark Hengerer (Hg.), Macht und Memoria. Begräbniskultur europäischer Oberschichten in der frühen Neuzeit, Köln,Weimar,Wien 2005; Inga Brinkmann, Grabdenkmäler, Grablegen und Begräbniswesen des lutherischen Adels. Adelige Funeralrepräsentation im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel im 16 und beginnenden 17. Jahrhundert, Berlin 2010.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Schmidt Saskia , Rezension von/compte rendu de: Julius A. Chrościcki, Mark Hengerer, Gérard Sabatier (dir.), Les Funérailles princières en Europe, XVIe–XVIIIe siècle. T. 3: Le deuil, la mémoire, la politique, Rennes (Presses universitaires de Rennes) 2015, 440 p., nombr. ill. en coul. et en n/b (Histoire), ISBN 978-2-7535-4075-0, EUR 22,00., in: Francia-Recensio 2018/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2018.1.45710