Im Rahmen des Lutherjahres konzipierten das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz und das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin die Sonderausstellung »Kreuzwege. Die Hohenzollern und die Konfessionen, 1517–1740«, welche vom 7. April bis zum 9. Juli 2017 im Schloss Köpenick zu sehen war. Begleitend ist im Selbstverlag des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz ein umfangreicher Ausstellungskatalog erschienen. Anhand von neun Aufsätzen und rund zweihundert Objekten, welche wiederum nach drei Kategorien (1. Themen, 2. Orte, 3. Personen) gruppiert sind, beleuchtet der Katalog das Verhältnis zwischen der Hohenzollern-Dynastie und der Reformation samt der sich anschließenden Konfessionalisierung.

Die ersten beiden Aufsätze des Bandes diskutieren die dynastische Politik der Hohenzollern im 15. und im 16. Jahrhundert. Der erste Essay (Jürgen Herold) zeigt die engen familiären Verbindungen der Hohenzollern zu den Gonzaga und Mantua sowie der römischen Kurie auf, sowie deren bedeutende Rolle für die hohenzollernschen Kirchenregimente in den brandenburgischen Territorien. Der Aufsatz von Mathis Leibetseder folgt den Hohenzollern dann ins Jahrhundert der Reformation und zeigt, dass, mit der Entscheidung für die lutherischen Lehren, die internationalen (katholischen) Verbindungen der Hohenzollern weitgehend gekappt wurden.

Die Untersuchungen von Matthis Pohlig und Frank Göse, welche zwar erst später im Band kommen, bauen chronologisch und inhaltlich auf das Thema auf und widmen sich der brandenburgischen Kirchenpolitik im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Pohlig betrachtet die Konversion des brandenburgischen Kurfürsten Johann-Sigismund (1572–1620) vom lutherischen zum calvinistischen Glauben im Jahr 1613. Anstatt nach den Motiven und Konsequenzen der Konversion zu fragen, stellt Pohlig den Entscheidungsprozess in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz verändert das Bild zwar nicht grundsätzlich, hilft aber den Handlungshorizont der Akteure besser zu erhellen (S. 88). Als Resultat der »Wende« von 1613 kann festgehalten werden, dass den Hohenzollern mit der Konversion zum Calvinismus zwar der erneute Anschluss an die europäische Hocharistokratie gelang, dafür nahmen sie aber in Kauf, dass im heimatlichen Brandenburg Herrscherhaus und Untertanen dauerhaft unterschiedlichen Konfessionen angehörten. Frank Göses Aufsatz geht den aus dieser Konstellation resultierenden Spannungen zwischen Herrscherhaus, Geistlichkeit und Untertanen nach.

Die verbleibenden vier Aufsätze widmen sich schlaglichtartig einer Reihe unterschiedlicher Themen aus den Bereichen Wissens-, Kunst- und Sozialgeschichte. Franz Körndles Untersuchung zeigt auf, dass sich die Musikförderung und -pflege an den Hohenzollernhöfen im 16. Jahrhundert zunehmend von den kirchlichen Institutionen löste und die (religiöse) Hofmusik einen wichtigen Beitrag zum Siegeszug der bereits vor der Reformation aufgekommenen, aber heftig umstrittenen, mehrstimmigen Kirchenmusik leistete. Frank Ulrich Prietz‘ Aufsatz widmet sich Johannes Carion (1499–1537), dem einflussreichen Hofastrologen des Kurfürsten Joachim I., Markgraf von Brandenburg (1484–1535). Dass Carion trotz seiner Verbindungen zu Luther und Melanchthon am Hofe des katholischen Joachim I. zu großem Einfluss gelang, demonstriert, laut Prietz, welch große Stücke der Kurfürst auf den Astrologen hielt (S. 76).

Alexander Schunka geht schließlich dem modern anmutenden Phänomen der Migration nach. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei die Migrationsbewegung Salzburger Protestanten nach Preußen im Spannungsfeld von pietistischer Propaganda einerseits und der primär sozio-ökonomisch motivierten Aufnahmebereitschaft andererseits. Der einzige Beitrag einer Frau zum Sammelband stammt von der Kunsthistorikerin Stefanie Leibetseder. Sie stellt in ihrem Beitrag über die Köpenicker Schlosskirche die Bedeutung reformierter Architekten und Kupferstecher für die Vermittlung französischer und niederländischer barocker Formensprache am Berliner Hof heraus.

Im Anschluss an die neun Aufsätze enthält der Katalog viele großformatige Abbildungen der Ausstellungsexponate, darunter eine Vielzahl an Plänen, Schriftstücken, hochkarätigen Werken der Goldschmiede- und Buchkunst und natürlich auch der berühmte Thesendruck von 1517 samt umfangreich erklärenden Texten. Die Exponate sind in drei Rubriken geordnet: 1. Themen (Reformation, Drei Konfessionen, Kirchenordnungen, Musik, Astrologie), 2. Orte (Berlin, Halle, Minden, Potsdam, Köpenick) und 3. Personen (Georg, Herzog Albrecht, Kardinal Albrecht, Joachim I., Joachim II., Johann Sigismund, Friedrich Wilhelm, Friedrich I., Friedrich Wilhelm I.). Alles in Allem erlaubt der Ausstellungskatalog sowohl spannende Überblicke als auch schlaglichtartige, tiefere Einblicke in eine Reihe von Themen rund um die Reformation im hohenzollernschen Einflussgebiet. Die gut geschriebenen, fundierten und dennoch relativ kurzen Essays machen den Inhalt nicht nur einer historisch und thematisch interessierten Öffentlichkeit zugänglich sondern sie bieten sich auch als Lehrmaterial auf gymnasialer und universitärer Ebene an.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Annalena Müller, Rezension von/compte rendu de: Mathis Leibetseder (Hg.), Kreuzwege. Die Hohenzollern und die Konfessionen, 1517–1740, Berlin (Selbstverlag des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz) 2017, 480 S., ca. 200 farb. Abb., ISBN 978-3-923579-30-3, EUR 28,00., in: Francia-Recensio 2018/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2018.1.45722