Die Historiografie der Französischen Revolution hat, von Ausnahmen abgesehen, lange Zeit vor allem den neuartigen, in die Zukunft weisenden Charakter dieses revolutionären Aufbruchs in die Moderne in den Mittelpunkt gerückt. Seit einiger Zeit hat sich die Perspektive indes zu verschieben begonnen und die Revolution ist sehr viel stärker an Entwicklungen unter dem Ancien Régime angebunden worden. Diese Verschiebung der Perspektive kennzeichnet auch die hier zu besprechende Arbeit, die ihr Thema der revolutionären militärischen Rekrutierung nicht nur im Zeichen des iconographic turn aus kunstgeschichtlicher Perspektive betrachtet, sondern es zugleich auch in die prägende Tradition künstlerisch relevanter Genres, Motive und Ideologisierungen einordnet, die sich vor allem im Konzept der »gloire« verdichteten.

Die erste Hälfte des Buches ist dementsprechend den Rekrutierungsformen, ihrer Darstellung und ihrer symbolischen Deutung in der Frühen Neuzeit bis zur Revolution gewidmet. Ausgehend von einem grundsätzlich freiwilligen Charakter der frühneuzeitlichen Söldnerheere, werden im ersten Hauptkapitel bildnerische Darstellungen der Werbemaßnahmen, der Einschreibungsakte und der Übergänge aus der zivilen in die militärische Welt interpretiert und historisch eingeordnet. Besonders treten dabei die Bezahlung, die Perspektive militärischen Ruhms und der von Trauer der Frauen begleitete Abschied der Rekruten hervor, ein Spannungsverhältnis, das nicht zuletzt die antikisierenden Heldenbilder in der Historienmalerei von Jacques-Louis David und seiner Schule auszeichnete.

Das zweite Hauptkapitel behandelt die Prägungen und Transformationen des Konzeptes der »gloire« und seiner spezifisch militärischen Ausformungen auf dem Weg zu neuen, reformerischen Konzepten des »soldat citoyen«, eingebunden in Vorstellungen von staatsbürgerlichem Patriotismus und nationaler Pflichterfüllung, wie sie auch in die revolutionären Militär- und Kriegskonzepte einflossen. Nunmehr bei der Revolution angelangt, werden im dritten Hauptkapitel revolutionäre Rekrutierungsbilder in der »aufsteigenden« Phase der Revolution bis zum Sturz der Jakobinerherrschaft 1794 interpretiert und eingeordnet. Dabei geht es vor allem um den Eintritt in die Nationalgarde, die revolutionäre Massenmobilisierung für den Krieg, das militärische Engagement von Künstlern und die spezifische Bedeutung von militärischen Abschiedsszenen. Herausgearbeitet wird eine Entwicklung, die von der glorifizierenden Darstellung des freiwilligen patriotischen Engagements der Bürger für die Verteidigung der revolutionären Errungenschaften zur beschwörenden, oft propagandistischen Darstellung eines vermeintlich selbstverständlichen Befolgens des Rufes zu den Waffen durch gute Bürger. Anders als in den idealisierenden Gestaltungen des 19. Jahrhunderts waren diesen Darstellung jedoch auch noch die mit der Rekrutierung verbundenen Probleme eingeschrieben, vor allem durch den Einbezug der um die in eine fremde und bedrohliche Kriegswelt einrückenden Soldaten trauerden Familien, insbesondere der Frauen. Die eigentlichen Widersprüche auf dem Weg zur staatlich durchgesetzten Wehrpflicht blieben jedoch, so die gut begründete These der Autorin, ausgespart; nicht zuletzt deshalb, weil sich ihre Darstellungen noch nicht aus den Traditionen der überlieferten bildlichen Formensprache zu lösen vermochten.

Im vierten Kapitel werden geschlechtergeschichtliche Interpretationen weniger von Rekrutierungsbildern – in denen Frauen generell für die zurückbleibende Familie und Heimat standen – als von allgemeineren Darstellungen militärisch ausgerüsteter und kämpfender Frauen vorgestellt. Hier tendieren Bildanalyse und -interpretation allerdings sehr schnell dazu, die darin enthaltenen weiblichen Rollenklischees oder den ironisch abwertenden Charakter herauszustellen, während die Ambivalenzen der Darstellung kämpfender Frauen allzu schnell in den Hintergrund geraten. Im Folgenden rücken allegorische Frauengestalten der patrie und antikisierende Frauenbilder in den Vordergrund, die von den kämpfenden Männern heldenhaftes militärisches Engagement einfordern und damit zugleich dazu dienten, den revolutionär-soldatischen Kampfgeist männlicher Soldaten ebenso wie das herrschende Bild der Geschlechterrollen zu idealisieren. Künstlerisch stärker geprägt von der Neuheit der revolutionären Situation waren demgegenüber Bilder, die als Mix aus überkommenen und zeitgenössischen Elementen den Massencharakter revolutionärer Aufbruchsszenen oder aber, wie in den modernsten, erst Ende der 1790er Jahren feststellbaren Gestaltungsformen, die Verwundbarkeit kämpfender Männer darstellen.

»Fame’s Two Trumpets«, die zwei Trompeten des Ruhms, ist das letzte Kapitel überschrieben, in dem es vor allem um satirische Gegenperspektiven zur idealisierenden Propaganda geht. Wie bereits im vorhergehenden Kapitel, rückt dabei das Thema der Rekrutierung eher in den Hintergrund. Neben teilweise aus England stammenden Karikaturen der revolutionären Bürgersoldaten und vielschichtigen Darstellungen unterschiedlicher Haltungen zu Wehrpflicht und militärischem Ruhm treten erneut Darstellungen verwundeter und toter Soldaten in den Mittelpunkt der Betrachtung. Zur abschließenden Interpretation einer anonymen Darstellung des Grabes von General Hoche als ironische Karikatur auf einen zum Krieg aufrufenden General, der nicht im Kampf, sondern an Schwäche gestorben ist, möchte der Rezensent allerdings Zweifel anmelden. In jedem Fall hätte bei der Interpretation dieses Bildes der nur in einer Anmerkung angedeutete innenpolitische Zusammenhang mit dem aufkommenden Militarismus und dem die französische Politik tiefgehend prägenden Staatsstreich vom 4. Fructidor des Jahres V weit gründlicher einbezogen werden müssen. Denn nachdem zuerst Hoche als militärischer Protagonist dafür vorgesehen war, wurde dieser Staatsstreich nur wenig später von General Augereau durchgeführt, dessen Nachfolge auf dem Bild bereits von der Allegorie des Ruhms angekündigt wird.

Insgesamt bietet die Untersuchung interessante, differenziert entwickelte und nicht zuletzt anregende Einblicke in die Bildwelten der militärischen Rekrutierung und des Militärdienstes unter dem französischen Ancien Régime und in der Revolution. Die Autorin lässt sich dabei von der überzeugenden Perspektive leiten, in den bildlichen Darstellungen keine Abbilder der historischen Realität zu sehen, sondern sie immer als symbolischen Ausdruck von Sinnzusammenhängen und Sinnkonstruktionen zu begreifen. Geschichtswissenschaftlich betrachtet, bleibt der Erkenntniswert aber etwas begrenzt, weil die neuartige Qualität der revolutionären Orientierungen nur begrenzt in den Blick kommt: Wegen des kunstgeschichtlich überzeugend herausgearbeiteten Weiterlebens tradierter bildnerischer Gestaltungsmöglichkeiten, die anfangs weit weniger als die Sprache zur Innovation in der Lage waren; aber auch wegen dem der Arbeit zugrundeliegenden Interpretationsmuster, das mit der Orientierung am Übergang von den freiwilligen Rekrutierungsformen des Ancien Régime zur modernen Wehrpflicht für die Offenheit der revolutionären Konstruktion des Bürgersoldaten eher wenig Raum lässt.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Wolfgang Kruse: Valerie Mainz, Days of Glory? Imaging Military Recruitment and the French Revolution, Basingstoke, Hampshire (Palgrave Macmillan) 2016, XVII–298 p., 38 b/w, 8 col. ill. (War, Culture and Society, 1750–1850), ISBN 978-1-137-54293-9, EUR 85,59., in: Francia-Recensio 2018/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2018.1.45725