Ein ausführlicher Vorspann (S. V–XIII: »Contents, Acknowledgments, Abbreviations, Notes on Contributors«) führt ein in ein sympathisches Buch über einen englischen Zisterzienser der zweiten Generation, Aelred von Rievaulx (1110–1167). Im Übrigen umfast das Werk zwei Teile, denen die Herausgeberin eine Einleitung in drei Schritten vorangestellt hat. Der erste dieser drei Beiträge, aus ihrer eigenen Feder stammend, trägt den signifikanten Titel »Introduction« (S. 1–16) und umreißt die Forschungsgeschichte der letzten fünf Jahrzehnte zu Aelred; als maßgeblich für den erheblich vertieften und erweiterten Bekanntheitsgrad dieses Zisterziensers unterstreicht sie zurecht die im »Corpus Christianorum« erschienen kritischen Textausgaben. Ansonsten präsentiert sie die Autoren des vorliegenden Bandes im Spiegel ihrer Arbeiten zu Aelred sowie, allgemeiner, zur Geschichte des zisterziensischen Mönchtums.

Die beiden folgenden Abhandlungen aus der Feder der Herausgeberin (»Aelred of Rievaulx: Abbot, Teacher and Author«, S. 17–47) und derjenigen Daniel M. La Cortes (»Aelred on Abbatial Responsabilities«, S. 48–69) unterstehen keiner Überschrift, gehören deshalb formell zur Einleitung. Dutton benennt die verfügbaren mittelalterlichen Quellen, die Aelreds Biografie zu schreiben ermöglichen; neben der skizzierten Jugend des Protagonisten, seiner Bekehrung zum Mönchtum und seinem Leben als geistlicher Schriftsteller geht Dutton auf die in der Forschung seit geraumer Zeit formulierten Überlegungen zu Aelreds sexueller Orientierung ein, wobei sie methodologisch eine wohltuend zurückhaltende Position einnimmt. La Cortes Beitrag über die Abtspflichten arbeitet Aelreds Profil heraus anhand der Selbstcharakterisierungen Benedikts in der Regula Benedicti.

Die thematische Anordnung des Bandes ist übrigens denkbar einfach: »Aelred’s Works« (Part 1) und »Aelred’s Teaching« (Part 2). Der Abschnitt über die Werke besteht aus drei Kapiteln: Domenico Pezzini, »The Sermons of Aelred of Rievaulx« (S. 73–97) bietet eine interessante Studie von Aelreds »Sermones«. Zunächst erörtert er die Frage des Umfangs der Sammlung und stellt berechtigterweise die Bedeutung der Heiligen Schrift in den Vordergrund; seine Einschätzung auf S. 77 unten, die Auslegung gemäß einer Vielfalt von Schriftsinnen sei im Laufe der Zeit kanonisiert (»canonized«) worden, kann nicht anders als anachronistisch gewertet werden. Letztlich kann Pezzini seine These von einer ursprünglichen Zweiteiligkeit der »Sermones«, die später zugunsten einer Dreiteiligkeit gewichen sei, überzeugend begründen.

John R. Sommerfeldt, »Anthropology and Cosmology: The Foundational Principles of Aelred’s Spirituality« (S. 98–112) legt Aelreds Anthropologie dar ausgehend von dessen Schöpfungsverständnis, dessen Mittelpunkt die nicht überraschende Einsicht von der maßgeblichen Gottesliebe darstellt. Mit »Glückseligkeit« arbeitet Sommerfeldt den Zentralbegriff aelredischer Anthropologie heraus, welche Gott in Person von ihrem sündhaften Verfall mittels der Gabe der Gnade in Jesus Christus neu ordnet. Elizabeth Freeman, »Aelred as a Historian among Historians« (S. 113–146) schreitet das Panorama des Historikers Aelred ab, indem sie seine Werke, seine historische Methode und sein historiografisches Interesse darlegt. Diese Blickweise alterniert mit Skizzen zur älteren Forschungslage, zur neueren gegenwärtigen Fragestellung und zu zukünftigen Forschungsaufgaben. Insgesamt erscheint der Beitrag als recht narrativ, sodass nicht ganz einsichtig wird, wie Aelreds Engagement für die Geschichte mit seiner Spiritualität, ja sogar – vielleicht – mit seiner Theologie zusammenhängen könnte.

Sechs Kapitel bilden dann den zweiten Teil des Buches: Marie Anne Mayeski, »At the Feet of His Dearest Mother: Aelred’s Teaching on Mary in the Sermons of the First Clairvaux Collection« (S. 149–166) erzählt zunächst die mariologischen Gedanken, die sie in Aelreds Werk wahrgenommen hat, sodass sie zum Abschluss ihrer Einleitung meint unterstreichen zu sollen, wie schwierig es sei, Aelreds Mariologie systematisch zu erfassen. Insbesondere argumentiert die Autorin, Aelred begreife Maria in seinen Schriften als Typus (deutlich ab S. 154), eine Deutung, die manche Fragen an Aelred aufkommen lässt; beispielsweise diejenige nach der heilsgeschichtlichen Rolle Christi, als unterschieden von der Sendung Mariens.

Damien Boquet, »Affectivity in the Spiritual Writings of Aelred of Rievaulx« (S. 167–196) geht einem aktuellen Lieblingsthema der Mediävistik in Aelreds Œuvre nach. Literarisch basiertes Methodenbewusstsein immer vorausgesetzt, könnte man auch hier zurückfragen nach Aelreds Konzeption von Schöpfung im Unterschied zur Erlösung: Wie denkt Aelred genau Ursprung und Ziel von affectus im Glaubensakt? Pierre-André Burton, »Aelred of Rievaulx: An Illiterate, or a True Master of Spiritual Teaching?« (S. 197–220) unterstreicht den benediktinisch-zisterziensischen Cantus firmus des nescienter nescius und sapienter indoctus, der weithin die literarische Hinterlassenschaft des mittelalterlichen Mönchtums, insbesondere aber auch Aelreds schriftliches Erbe kennzeichnet. Beispielhaft zeigt Burton Aelreds magistrale Begabung anhand der Auslegung dessen Sermo 32, in dem er als den einzigen und wahren Lehrer Jesus apostrophiert, den schon die Gottesmutter in ihrem Ja als solchen erkannt hatte.

Domenico Pezzini, »Aelred’s Doctrine of Charity and Friendship« (S. 221–245) analysiert zwei markante Werke Aelreds, das »Speculum caritatis« sowie »De spiritali amicitia«, und resümiert sein Ergebnis mit einem nicht weiter erläuterten Wort des englischen Dichters Gerard Manley Hopkins († 1889), Christus sei »the first, the fast and the last Friend«, das somit heilsgeschichtlich-theologisch präzise die aelredische Freundschaftslehre in der Spannung zwischen Schöpfung und Erlösung verwurzelt sieht.

Marsha L. Dutton trägt mit ihrem theologiegeschichtlich sehr anregenden Beitrag »The Sacramentality of Community in Aelred« (S. 246–267) zu einem tieferen Verständnis der vom Zweiten Vatikanischen Konzil erneuerten Lehre von der Kirche als Sakrament bei. Denn sie versteht es, indem Aelreds Schrift »De spiritali amicitia« im Licht ihrer biblischen Quellen erhellt wird, unter dem Begriff der Freundschaft eine eigene, monastische Note in unsere Wahrnehmung und Vorstellung von der Kirche im 12. Jahrhundert einzubringen. Katherine TePas Yohe, »Working Out One’s Salvation in the World: Aelred and Lay Spirituality« (S. 268–294) bietet einen originellen Zugang zu Aelreds Theologie dar, da sie offensichtlich bedeutsame semantische Felder in seinen Werken erschließt, denn labor und opus springen, zusammen mit ihren Ableitungen, in der Tat jedem Aelred-Leser unübersehbar ins Auge.

Dem Band sind abrundend die Ergänzungen zur internationalen Aelred-Bibliografie beigegeben, welche, von Anselme Hoste – Editor der ersten Stunde der Werke Aelreds – im Jahre 1962 angestoßen, inzwischen von Pierre-André Burton fortgeführt worden sind, zunächst im Jahre 1996, nun aber hier zur Kenntnis gegeben werden (S. 295–324: »Bibliotheca aelrediana secunda: Supplementa«). Eine weitere Bibliografie, vermutlich diejenige des hier zu besprechenden Bandes, schließt sich an (S. 325–344). Drei Register (vormoderne sowie zeitgenössische Autoren; Sachen und Namen) beenden das Werk (S. 345–364).

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Rainer Berndt, Rezension von/compte rendu de: Marsha L. Dutton (ed.), A Companion to Aelred of Rievaulx (1110–1167), Leiden (Brill Academic Publishers) 2017, XIII–364 p. (Brill’s Companions to the Christian Tradition, 76), ISBN 978-90-04-18355-1, EUR 179,00. , in: Francia-Recensio 2018/2, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2018.2.48303