In ihrer mit einem eindrucksvollen Portrait des Admirals Edward Russel, 1st Earl of Orford (1653–1727) geschmückten Monografie befasst sich Julia Banister in beeindruckender und überzeugender Weise mit dem Zusammenhang von Militarismus und Männlichkeit im (langen) 18. Jahrhundert speziell in England, was dem Buchtitel so nicht auf Anhieb zu entnehmen ist, was aber von der Sache her durchaus Sinn macht. Es handelt sich dabei um eine Studie, die Ansätze der intellectual history und der history of political thought mit solchen der Literatur-, der Medien- und der Kulturgeschichte des Politischen zu verbinden sucht, ein Unterfangen also, das methodisch anspruchsvoll über eine reine Betrachtung von »Repräsentationen« und »Diskursen« hinausgehen will, um den Zusammenhang von Männlichkeitskonzepten und Debatten über Kriegsführung und Militärgeschichte im langen 18. Jahrhundert offenzulegen. Konkret geht es in den insgesamt sieben Kapiteln um die Britische Navy, die ja im Laufe des 18. Jahrhunderts zur stärksten europäischen Seemacht aufstieg, und hier insbesondere um sechs Seeoffiziere und deren Niederlagen, die sich in Kriegsgerichtsprozessen verantworten mussten, deren Verlauf und Ergebnisse von einer kritischen britischen Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt und kommentiert wurden: Die Prozesse gegen die Admiräle Thomas Mathews und Richard Lestock 1744–1746, gegen Admiral John Byng 1756–1757 und schließlich gegen die Admiräle Augustus Keppel und Hugh Palliser 1778–1779.
In einem einleitenden (Kap. 3) und einem ausblickenden Kapitel (Kap. 7) werden diese Prozesse und die dort (bzw. in den kommentierenden Medien) genutzten Argumentationsweisen kontextualisiert und insbesondere auf die Frage hin untersucht, wie hier militärische Männlichkeit jeweils definiert, begründet und bewertet wurde. Nachgezeichnet wird hier eine Debatte über Militär und (Bürger-)Gesellschaft, die noch stark von älteren Vorstellungen, wie etwa Macchiavellis republikanischem Bürgermiliz-Konzept geprägt war, das J. G. A. Pocock so beeindruckend aufgezeigt hat (vgl. Kap. 1), die sich aber auch zunehmend den Forderungen derjenigen zu stellen hatten, die für eine Modernisierung und Professionalisierung von Armee und Flotte (»stehendes Heer«) eintraten.
Dabei wurde sehr unterschiedlich auf die Frage der spezifisch körperlichen und geschlechtlichen Begründung von militärischer Männlichkeit rekurriert; hier standen nicht nur unterschiedliche Vorstellungen von der guten (militärischen und politischen) Ordnung zur Debatte, sondern auch solche von der Bedeutung von Männlichkeit und (der Herstellung) eines wahrhaft männlichen Körpers für die maximale militärische Haltung und Leistung, wie Banister an so unterschiedlichen, aber ebenso bekannten wie vielgelesenen Autoren der Zeit, so etwa James Boswell, Daniel Defoe, Adam Ferguson, David Hume, Adam Smith oder Horace Walpole, zeigen kann. Banister resümiert das wichtigste Ergebnis ihrer Arbeit folgendermaßen: »At the heart of this [civic and republican] model is a concern with the ›reality‹ or ›truth‹ of masculinity. […] the alternative to this – the modern military man – serves as a vehicle for proto-constructionist ideas about masculinity. Though not yet conceptualizing the body as a reality fabricated by th[e] specific technology of power that [Foucault] called ›discipline‹, defences of the modern military man are defences of the trained professional who is paid for acquiring a range of skills and depth of skills and deploying those skills as instructed. […] If this body is not yet an illusion, it is at least a present absence« (S. 220f.)
Das Werk ist, trotz seiner kaum 230 Seiten Umfang, eine beeindruckende Beweisführung für die Modernisierung von Geschlechter- und Körperkonzepten im Laufe des 18. Jahrhunderts. Dass dabei männliche militärische Köper im Mittelpunkt stehen, ist nicht allein dem Bezug auf ähnliche – allerdings geschlechtlich nicht differenzierte Überlegungen – Michel Foucaults zu verdanken, sondern auch der seit etwa zwei Jahrzehnten intensivierten Forschung über Männlichkeit(en) und der Bedeutung männlicher Körperlichkeit für die Geschlechterforschung, wie Banister einleitend deutlich macht. Tatsächlich ist daher die Kernthese des Buches weit weniger originell als die Beweisführung, die methodisch ebenso komplex wie interdisziplinär anschlussfähig ist. Es wäre zu wünschen, dass es ähnliche Forschungen über den Zusammenhang von Militär, Militarisierung und Männlichkeit(en) auch vermehrt für den französischen und den deutschen Raum und hier vor allem auch für die Zeit vor 1900 gäbe.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Claudia Opitz-Belakhal, Rezension von/compte rendu de: Julia Banister, Masculinity, Militarism and Eighteenth-Century Culture, 1689–1815, Cambridge (Cambridge University Press) 2018, VIII–258 p., ISBN 978-1-107-19519-6, GBP 75,00., in: Francia-Recensio 2019/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.1.59796