Mit der vorliegenden Biografie Abraham Faberts legt der französische Militärhistoriker Fadi El Hage das erste moderne Lebensbild des maréchal de France vor. Die auf etwa 150 Seiten chronologisch erzählte Biografie des französischen Militärführers des 17. Jahrhunderts in sechs Kapiteln und einem Kapitel zu dessen Nachleben überzeugt vor allem in seiner Darstellung der Herkunft und Analyse der Ausgangslage der steilen Karriere Faberts.

Abraham Fabert, der in die höchsten militärischen Ränge des ludovizianischen Frankreichs aufstieg, entstammte einer ursprünglich bürgerlichen Familie aus Lothringen. Seine Vorfahren erhielten im 16. Jahrhundert mehrere Standeserhöhungen und El Hage situiert die lothringische Familiengeschichte überzeugend in zunehmender französischer Abhängigkeit und in Abgrenzung von habsburgischen Herrschaftseinflüssen. Nach pro-bourbonischer Parteinahme wurde Faberts Vater 1603 geadelt – ein Beispiel von regionaler Elitenbindung in Unruhezeiten. Faberts Vater, eigentlich im Buchdruckgeschäft aktiv, wurde so zu einem Klienten des Herzogs von Épernon (de la Valette), in dessen Dienst auch der Sohn Abraham trat.

Von dieser Startbedingung Faberts ausgehend relativiert El Hage den (in der älteren Literatur) häufig zugeschriebenen »Plebejer-Status« Faberts in der Riege der maréchaux de France (v. a. S. 24–27). Fabert sei kein Aufsteiger oder »maréchal roturier« gewesen, sondern von Kindesbeinen an Mitglied des lothringisch-französischen Adels und habe damit die geeignete Ausgangslage für seine folgende Karriere gehabt.

Dieser Analyse folgt die Darstellung einer militärischen Biografie im Dienste des Hauses de la Valette und des französischen Königs in den Hugenottenkriegen der 1620er Jahre, der Belagerung von La Rochelle und den Konflikten Frankreichs mit den Habsburgerreichen vor dem Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg (Mantuakrieg, Lothringen-Besatzung). Mit Frankreichs Kriegseintritt 1635 verlagerte sich Faberts militärisches Aktionsfeld zunächst an den Oberrhein mit Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, wo er als Schnittstelle der französischen Politik zum umworbenen Sachsenherzog fungierte. Nach dem Tod seines Dienstherrn, des Kardinals de la Valette, und Bernhards 1639 trat der damals schon bewährte Militär(ingenieur) Fabert in direkte königliche Dienste ein. Von dort wurde ihm in Folge der Vakanz nach der Cinq-Mars-Verschwörung 1642 der Gouverneursposten von Sedan im heimatlichen Lothringen zugesprochen.

Auch als Gouverneur beteiligte er sich weiter im französisch-spanischen Krieg in Katalonien und Italien und hielt in den Auseinandersetzungen der Fronde die Treue zu seinem Förderer Mazarin. 1650 brachte ihm seine Loyalität die Standeserhöhung zum Marquis ein, nachdem er zuvor schon zum lieutenant général des armées du roi erhoben worden war. Von diesem Zeitpunkt an stand er auf der Favoritenliste für das Marschallamt, die Auszeichnung erfolgte aber erst 1658 nach weiteren militärischen Erfolgen in Flandern. 1662 verstarb Fabert in Sedan.

El Hage erzählt das Leben eines aufstrebenden Adeligen zwischen militärischen Erfolgen und erfolgreichem Klientelismus. Seine Darstellung bleibt aber zumeist deskriptiv, bisweilen anekdotisch, nur abschließend erfolgt eine nicht weiter begründete Einordnung Faberts in »l’établissment [de] ›l’absolutisme louis-quatorzien‹« (S. 164). So bleibt das Buch von dem Hauptergebnis geprägt, dass Fabert im Adelsstand fester verwurzelt war, als bislang dargestellt.

Abseits seines positivistischen Darstellungswerts als erste moderne Fabert-Biografie verfügt das Buch leider über eine geringe wissenschaftliche Überprüfbarkeit: Der Autor verzichtet fast vollständig auf Anmerkungen. Auf den über 150 Seiten finden sich lediglich 17 Fußnoten. Worauf die Entscheidung begründet, bleibt unklar. Gravierend ist dabei, dass auch die häufigen (und langen) Zitate aus älteren Werken nicht nachgewiesen oder ordnungsgemäß zitiert werden. Mit populärwissenschaftlicher Gestaltung legitimiert sich diese Nachlässigkeit nicht, da weder Aufbau noch Sprachführung allzu sehr zur Lektüre für Fachfremde einladen. Das Fehlen wissenschaftlicher Anmerkungen und Nachweise erschwert leider auch, den aus den archivalischen Quellen (BnF) gewonnene Mehrwert gegenüber den publizistischen – und wie der Autor ja zeigt: verfälschenden – Werken abzugrenzen.

Mit dem wenig wissenschaftlichen Stil korrespondieren einige inhaltliche Fehler in der Darstellung des historischen Kontextes. So seien – laut der Darstellung auf Seite 69 – die niederländischen Generalstaaten am Dreißigjährigen Krieg beteiligt gewesen, weil sie den deutschen Protestanten helfen wollten. Zudem werden zwar die frühneuzeitlichen Biografien über Fabert häufig und ausgiebig zitiert, jedoch in ihrem eigenen Entstehungskontext und Verfasserabsicht kaum quellenkritisch eingeordnet. Entsprechend knapp bleiben auch die Ausführungen in Kapitel 7 zum historiografischen Fremdbild über Fabert, das gerade für die Vereinnahmung seit der Französischen Revolution mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Diesen Eindruck ergänzen ungenügende oder undeutliche Abbildungsnachweise und ein Literaturverzeichnis mit nur wenigen Titeln nach 1900. Wer aber nach rein biografischen Informationen zu Fabert sucht, wird in diesem Buch sicherlich fündig.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Jonas Bechtold, Rezension von/compte rendu de: Fadi El Hage, Abraham Fabert. Du clientélisme au maréchalat, 1599–1662, Paris (L’Harmattan) 2016, 177 p., 12 ill. (Chemins de la mémoire. Série XVIIe siècle), ISBN 978-2-343-09028-3, EUR 19,00., in: Francia-Recensio 2019/2, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.2.63019