Das hochwertig ausgestattete Buch vereint elf der im Jahre 2017 in Goslar gehaltenen Vorträge zum Jubiläum der tausendsten Wiederkehr des Geburtstages Heinrichs III. Der Rezensent beteiligte sich in dieser Reihe mit einem Beitrag, der wegen seiner umfangreichen Thematik (»Das salische Reich und Europa zur Zeit Kaiser Heinrichs III.«) nicht in eine Kurzfassung gegossen werden konnte, was hier der Fairness halber bemerkt werden muss.
Eröffnet wird der Band durch den Beitrag des Organisators der Reihe, Jan Habermann, mit einer Überblicksdarstellung zur Königsherrschaft in der Zeit Heinrichs III. (S. 9–20), der sowohl biographisch als auch reichshistorisch angelegt ist und mit Itinerarkarten die Reisewege des Saliers anschaulich illustriert.
Der Ansatz von Gerhard Lubich verfolgt die Bewertung Heinrichs III. in Geschichtsschreibung und historischer Forschung (S. 21–32). Er handelt über den Begriff der »historischen Größe« und die Möglichkeiten, einer Persönlichkeit in ihrer Biographie gerecht zu werden. Lubich stellt zurecht fest, dass dies nur vor dem Hintergrund der lebensbegleitenden »Generation Heinrich III.« gelingen kann. Abschließend trägt er seine schon an anderer Stelle geäußerte, nicht unplausible Vermutung vor, das Geburtsjahr Heinrichs sei 1016 gewesen, was das Jubeljahr 2017 trübte, aber letztlich nicht zur Absage der Veranstaltungen geführt hat, wie der zu besprechende Band seinerseits belegt. In eine ähnliche Richtung, die Frage nach historischer Bedeutung, geht die Studie von Oliver Auge, »Der vergessene Kaiser? Heinrich III. und die Frage nach historischer Größe« (S. 33–44). Letzteren Begriff ordnet Auge diachron ein, nicht zuletzt sei es das Bild, das die Nachwelt zeichne. Der Verfasser selbst tut dies unter anderem, indem er die Vorwürfe der Zeitgenossen an den Salier akribisch untersucht und zu erklären versucht.
Auch Gerd Althoff, »Kaiser Heinrich III. und die Sachsen: Konflikte und Konfliktlösungen« (S. 45–56), betont, dass es nicht zulässig sei, Heinrich »nach unseren Maßstäben zu bewerten« (S. 47). Er weist auf die Normenvielfalt hin, in der sich mittelalterliche Königsherrschaft bewegt und Spielräume erlaubt habe. Das geschickte Agieren in diesen sei der Schlüssel zu Erfolg, auch zu dem Heinrichs III.
Der Gemahlin Heinrichs III., Agnes von Poitou, ist das Lebensbild aus der Feder von Christina Wötzel gewidmet (S. 57–82). Auch sie reflektiert über die methodischen Anforderungen an eine Biografie, die sie vom Tod ihrer Protagonistin aus betrachtet angelegt hat und fragt, wie die Lebensleistung der Kaiserin zustande kam, die in ihrem Epitaph im römischen Petersdom (»die Seele fruchtbar in guten Werken«) gewürdigt wurde.
Cord Meckseper, ein ausgewiesener Kenner der Goslarer Baugeschichte, beleuchtet »Pfalz und Stiftskirche in Goslar als räumliches Gegenüber von weltlicher und kirchlicher Macht?« (S. 83–98). Er hat diesen Titel bewusst als Frage formuliert, da diese Dualität womöglich nicht zeitgenössischem Verständnis entspricht, aber andererseits sei die »Ganzheitlichkeit« beider Komponenten – Pfalz und Kirche – für Goslar nicht in den Quellen überliefert (S. 86). Auch wenn sich bauliche Vergleiche zu romanischen Kathedralen im frühsalischen Reich ziehen lassen, so bleibt doch, mag man einwenden, das klassische Ensemble einer Königspfalz (Aula, Wohngebäude, Kirche) als die beiden Sphären von Welt und Kirche vereinender Architekturform bestehen.
Neben dieser Architektur, deren Bauauftrag auf Heinrich III. zurückgeht, ist der »Codex Caesareus Upsaliensis« ein weiteres Geschenk an Goslar, dem Tillmann Lohse nachgeht (S. 99–112) und als dessen Forderung an den Empfänger, das Goslarer Stiftskapitel, Lohse überzeugend das Gebetsgedenken ausmacht (S. 106). Dieses Evangeliar steht im Mittelpunkt der komparativ angelegten Studie von Christian Heitzmann, »Kaiserliche Pracht und sakrale Herrschaft. Das Evangeliar Heinrichs III. aus Goslar in der Tradition mittelalterlicher Buchmalerei« (S. 113–130), der es in den Kontext der etwa 30 Evangeliarstiftungen der ostfränkisch-deutschen Herrscher inklusive Heinrichs des Löwen einordnet.
Bieten solcherart Buchmalereien Aufschlüsse über die Frömmigkeit der Herrscher, so sind die von ihnen geprägten Münzen Quellen zum weltlichen Herrschaftsverständnis. Sebastian Steinbach, »Heinrich III. Ein Münzreformer auf dem Kaiserthron? Goslar und die Geldwirtschaft im ostfränkisch-deutschen Reich des 11. Jahrhunderts« (S. 131–152), geht Heinrichs III. Bedeutung auf diesem Feld nach, da sie in der Numismatik weit hinter der Geschichtswissenschaft zurückzubleiben scheint. Auch wenn es meist schwierig ist, jede auf einen Heinrich geprägte Münze einem der vielen Namensträgern allein im 11. Jahrhundert zuzuweisen, so kann Verfasser doch anhand der Münzprivilegien Heinrichs III. (Tabelle S. 136) die hohe, und bisher unterschätzte, Bedeutung der Münzen für den Salier vorführen.
Den regionalen Bezug stellt Jan Habermann her, »Reich und Region: Die Königslandschaft Harz unter Heinrich III. bis zum Burgenbau der späten Salier« (S. 153–172). Gerade für den Harzraum, eine traditionell ottonische Zentrallandschaft, bedeutete die Initiative Heinrichs III. eine Wiedererweckung, die allerdings unter seinem Sohn, Heinrich IV., enormes Konfliktpotenzial hervorrufen sollte. Vor allem die beigegebenen Itinerarkarten in Verbindung mit der salischen Burgenbaupolitik in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zeigen die Dynamik dieses Konfliktes zwischen dem salischen Königtum und den Ostsachsen.
Besonders verdienstvoll ist der abschließende Beitrag von Ulrich Albers, »Das Urkundenwesen unter Heinrich III. am Beispiel der für Goslar ausgestellten Originalurkunden zwischen 1047 und 1055« (S. 173–196), der sich auf die äußeren und inneren Merkmale konzentriert und Übersetzungen bietet, die in einer Zeit abnehmender Lateinkenntnisse ihre Rezeption sichert.
Dass eine Gesamtbibliografie (S. 197–213) die Forschungslage weitestgehend dokumentiert, ist ebenfalls hervorzuheben, auch wenn manche Beiträge nicht den aktuellen Stand erfasst haben. Das aber schmälert nicht den Wert dieses Bandes, der vor allem dem interessierten Publikum empfohlen sei, das sich auch in den Auditorien der jeweiligen Vortragsabende in der Goslarer Königspfalz eingefunden haben könnte, wenn ihr Itinerar durch Deutschland nicht so weit gewesen wäre.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Caspar Ehlers, Rezension von/compte rendu de: Jan Habermann (Hg.), Kaiser Heinrich III. Regierung, Reich und Rezeption, Gütersloh (Verlag für Regionalgeschichte) 2018, 216 S., 66 s/w u. farb. Abb. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar. Goslarer Fundus, 59), ISBN 978-3-7395-1159-7, EUR 19,00., in: Francia-Recensio 2019/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.3.66332