Nach Band 17 der »Fasti« zur Diözese Toul liegt nun auch derjenige zum Bistum Le Mans, einem Suffragan von Tours, vor. Dem umfangreichen prosopografischen Teil (»Notices biographiques«, S. 171‒575) mit Artikeln zu 24 Bischöfen von Hamelin (1190‒1214) bis zu Philipp von Luxemburg († 1519) sowie Angaben zu den Domkanonikern und weiteren Amtsträgern der Diözese gehen Abschnitte zur Geschichte und Struktur der Diözese (»Notice institutionnelle«, S. 3‒30), der Historiografie (»Les actes des évêques du Mans«, S. 31‒40), dem Wohnviertel der Kanoniker (»Le quartier cathédral«, S. 41‒86), der Domkirche (»La cathédrale Saint-Julien«, S. 87‒107), den Fenstern der Kathedrale (»Les donateurs des vitraux de la cathédrale du Mans«, S. 109‒136) sowie ein Überblick über Quellen und Literatur (»Sources«, S. 137‒151, »Bibliographie«, S. 153‒169) voraus. Hervorzuheben sind die Fotos der Kanonikerhäuser sowie der Fenster der Kathedrale (leider nur schwarz-weiß).

Wenngleich die Bevölkerung der späteren Diözese, die sich über die Grafschaft Maine (und damit die heutigen Departements Mayenne und Sarthe) erstreckte, wohl bereits an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert christianisiert wurde, lässt sich erst mit dem 490 verstorbenen Viktor ein Bischof nachweisen. Der Episkopat Julians, des Titelheiligen der Kathedrale, in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts gehört hingegen in den Bereich der Legende. Mit einer Ausdehnung von ca. 12 000 km2 gehörte die Diözese zu den größten in Frankreich. Seit 1230 war sie in sechs Archidiakonate gegliedert. Im späten Mittelalter zählte sie 23 Abteien, elf Stifte und mehr als 660 Pfarreien.

Für die Zeit bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert verfügen wir mit den »Actus pontificum Cenomannis« über eine außergewöhnliche Quelle zur Geschichte der Bischöfe von Le Mans. Auf Betreiben Bischof Aldrichs (832‒857) begonnen und bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fortgeführt, enthalten sie (nach dem Vorbild des »Liber pontificalis«) Bischofsgesten, in die auch Urkundentexte inseriert wurden. Zu nennen ist ferner der »Liber albus«, das Chartular des Domkapitels mit 722 Urkunden der Jahre 936‒1287 und Nachträgen aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

Die früheste Erwähnung der Domkirche findet sich in der »Frankengeschichte« Gregors von Tours. Sie lag wohl im Nordosten des antiken castrum, etwa an der Stelle, wo sie sich auch heute noch befindet. In ihrem Süden entwickelte sich das Viertel der Kanoniker, in deren Häuser die Türme der antiken Mauer einbezogen wurden. Nach dem Brand der Kathedrale 1137 kam es zu einem Neubau, dessen gotischer Chor 1254 geweiht werden konnte. Er wurde mit Fenstern ausgestattet, die trotz der Plünderung der Kirche durch die Hugenotten 1562 zum großen Teil erhalten sind.

Im Kreis der Suffragane von Tours nahm der Bischof von Le Mans den ersten Rang ein, den ihm der Bischof von Dol vergeblich streitig zu machen suchte. Bei einer Vakanz verwaltete er die Metropolitankiche, ihm stand das Recht zu, den neuen Erzbischof zu weihen. Unter Bischof Guillaume de Passavent (1145‒1187) ist erstmals eine Kanzlei belegt; das Amt des Offizials gab es spätestens seit 1191. An der Spitze des Domkapitels stand der von diesem gewählte Dekan. Zu den Besonderheiten des Kapitels zählte, dass es (wie Saint-Martin de Tours, Saint-Aignan d’Orléans und Saint-Hilaire de Poitiers) eine Pfründe dem König reservierte, der sich als premier chanoine bezeichnen durfte. Das Königskanonikat ist erstmals 1372 in einer Urkunde Karls V. belegt, dürfte aber älteren Ursprungs sein. Noch Ludwig XIII. nahm es 1614 für sich in Anspruch.

Diese Bemerkungen mögen genügen, um den reichen Inhalt des vorl. Bandes aufzuzeigen. Er überzeugt durch seine Qualität. Wie der Herausgeber, Jean-Michel Matz, in der »Note liminaire« (S. VIIf.) ankündigt, werden in künftigen Bänden die Beiträge des ersten Teils durch Fußnoten ergänzt. Dies steigert ihren wissenschaftlichen Wert. Den Rezensenten würde es freuen, dann auch die einschlägigen Bände der »Papsturkunden in Frankreich« zitiert zu sehen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die »Fasti« inzwischen an dem von Thierry Pécout geleiteten Centre européen de recherche sur les communautés, les congrégations et les ordres religieux (CERCOR) der Universität Jean-Monnet-Saint-Étienne angesiedelt sind.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Rolf Große, Rezension von/compte rendu de: Jean-Michel Matz, avec la collaboration de Karine Boulanger, Nicolas Gautier, Florian Mazel, Hugo Meunier, Vincent Tabbagh, Laurent Vallière, Fasti Ecclesiae Gallicanae. Répertoire prosopographique des évêques, dignitaires et chanoines de France de 1200 à 1500. T. 18: Diocèse du Mans, Turnhout (Brepols), 2018, XV–682 p., ill. en n/b, ISBN 978-2-503-58155-2, 75,00 EUR., in: Francia-Recensio 2019/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.3.66343