Der Sammelband, der sich dem Phänomen des Kriegseintritts in der Frühen Neuzeit widmet, ist von der jüngeren historischen Friedensforschung inspiriert, nämlich von den zahlreichen Untersuchungen des Übergangs vom Krieg zum Frieden, der bislang keine entsprechend breite Kriegseintrittsforschung gegenüber steht. Hier setzen die aus einer Tagung in Nantes 2017 hervorgegangenen acht Beiträge als Folgeprojekt eines Sammelbandes an, der die Frage des Kriegseintritts zuvor mit stärkerer Fokussierung auf das 20. Jahrhundert thematisiert hat1.

Untersucht wird zunächst, wie sich Kriegseintritte gestalten. Érik Schnakenbourg fragt, wann und womit ein Krieg überhaupt beginnt. Er konstatiert, dass Kriegserklärungen ein bei verschiedenen Völkern und in unterschiedlichen Epochen vorkommendes Phänomen seien, das im 16.–18. Jahrhundert verbreitet, aber nicht zwingend gewesen sei. Der Kriegszustand konnte sich etappenweise einstellen (»une réalité glissante«, S. 70), gegebenenfalls mit einer Kriegserklärung als erstem Schritt, spätestens aber mit dem Ausbruch von Feindseligkeiten.

Kriegserklärungen waren und sind allerdings ein Akt der Souveränität, also eben jenes Prinzips, das im frühneuzeitlichen Europa an staatstheoretischer Kontur gewann. Der Erklärende hat zunächst das Heft des Handelns in der Hand. Die im ersten Teil des Bandes zuvor untersuchten Fallbeispiele, der französische Krieg gegen die Irokesenkonföderation im 17. Jahrhundert (Yann Lignereux) sowie die sechs venezianisch-osmanischen Kriege zwischen 1499 und 1718 (Géraud Poumarède), zeigen bereits die Grenzen von völkerrechtlichen Paradigmen, die vor allem innereuropäisch respektive innerchristlich waren: Für die französischen Akteure war das im Bündnis mit anderen nordamerikanischen Stämmen 1609 begonnene Vorgehen gegen die Irokesen eine Erschließung des kolonialen Raumes ohne die in Europa üblichen Gepflogenheiten einer Kriegseröffnung.

Umgekehrt musste Venedig sich damit arrangieren, immer wieder vom Osmanischen Reich überfallen zu werden, und entwickelte eine entsprechende Doppelstrategie, die einerseits darauf zielte, den Übergang zum Krieg durch Friedensdiplomatie zu vermeiden, andererseits im Kriegsfall die christlich-europäische Gemeinschaft gegen das Osmanische Reich als postuliertem gemeinsamen Feind zu aktivieren. Der Übergang vom Frieden zum Krieg zeichnete sich also für die Serenissima fast schon ritualisiert durch den Übergang von der einen zur anderen Strategie aus. Dass es für Venedig weniger um eine grundlegende weltanschauliche Konfrontation ging als darum, die Übergänge zwischen Frieden und Krieg so gut wie möglich zu handhaben, zeigt sich nicht zuletzt an den verschiedenen Versuchen, auch Persien in eine umfassende anti-osmanische Koalition hinein zu holen.

Die beiden Beiträge des zweiten Teils des Bandes untersuchen exemplarisch das Verhältnis von Innenpolitik und Krieg: Matthieu Gellard betrachtet die Situation in Frankreich während der Religionskriege als ein Beispiel dafür, wie von innen heraus Druck zum auswärtigen Krieg – in diesem Fall gegen Spanien – aufgebaut wurde und der Übergang zum Krieg attraktiv erschien, um innere Konflikte zu überwinden. Unter Heinrich III. blieb dies eine Option, die aber nicht realisiert wurde. Fabrice Micallef zeigt, wie die lokalen Akteure in der Provence zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch Verhandlungen in den französischen Krieg gegen Savoyen hinein geholt wurden.

Der dritte Teil des Bandes analysiert schließlich anhand der Fallbeispiele der – streckenweise erstaunlich schlecht organisierten – Militärtopografie (Valeria Pansini) sowie des Arsenals von Toulon (David Plouviez) die französische Mobilisierung im 18. Jahrhundert sowie den Umgang mit dem Kriegszustand am Beispiel amerikanischer Handelsakteure während der durch die Französische Revolution ausgelösten Kriegsfolgen 1793–1815 (Silvia Marzagalli), die sich für den Handel gleichermaßen als Chance und Risiko erwiesen und auch so wahrgenommen wurden.

Der Sammelband wirft einige wenige, sehr eindrückliche, allerdings disparate Schlaglichter auf den Übergang vom Frieden zum Krieg, der in der Tat mehr Aufmerksamkeit verdient. Die untersuchten Fallbeispiele kommen, ausgenommen Poumarèdes Analyse der venezianisch-osmanischen Kriege, durchweg aus einem französischen Kontext, richten sich aber auch auf globale Zusammenhänge. Die Fokussierung auf Frankreich ist grundsätzlich legitim, allerdings wird sie im konzeptionellen Rahmen, beginnend beim Titel des Bandes, nicht deutlich.

Vielmehr suggerieren Schnakenbourgs Einleitung sowie sein eigener grundsätzlicher Beitrag zum Übergang vom Frieden zum Krieg eine starke Verbindlichkeit der französischen Beispiele. Tatsächlich jedoch war die Kriegserklärung als souveräner Akt des Monarchen nur ein Teil der frühneuzeitlichen Realität. Die Kriegserklärung im zur Schau gestellten Konsens mit ständischen Repräsentanten war ein Gegenmodell, das sich langfristig hielt und attraktiv war, weil es innere Geschlossenheit demonstrierte. Hier seien nur die Kriegserklärungen von Kaiser und Immerwährendem Reichstag nach dem Westfälischen Frieden erwähnt, die in jüngster Zeit intensiver erforscht wurden2. Vor allem aber ist es ein Manko des konzeptionellen sowie generalisierenden Teils des Bandes, dass die insgesamt durchaus vorhandene deutsch- und englischsprachige Forschung zum Übergang vom Frieden zum Krieg kaum rezipiert wird. Gut erforschte Themen wie Kriegsfinanzierung oder Kriegsalltag hätten die Fragestellung erheblich abgerundet. Auch der Bereich der Kriegseröffnung ist keineswegs unerschlossen. Die entsprechende Forschungsliteratur wird zwar zum Teil erwähnt, nicht aber wirklich systematisch einbezogen. Deutlich wird das z. B. wenn Schnakenbourg die These, ein Manifest habe eine Kriegserklärung ersetzen können, mit dem Beispiel des schwedischen Manifests von 1630 belegt und dafür die Forschungen Pärtel Piirimäes zitiert (S. 58). Tatsächlich ist Piirimäes Analyse der Entstehung und des Inhalts des genannten Manifests durchaus komplexer, kommt er doch zu dem Ergebnis, dass die Kriegsgründe nicht mit der gängigen Völkerrechtstheorie und namentlich den Lehren des von Gustav II. Adolf intensiv rezipierten Hugo Grotius in Übereinklang zu bringen seien, weshalb der schwedische König eine Kriegserklärung vermieden und Kaiser und Reich die Möglichkeit gegeben habe, sein Vorgehen eben nicht als Krieg zu definieren. Zu differenzieren wäre auch zwischen dem in diesem Fall unangekündigten Angriff mit nachträglichem Manifest und der weitaus verbreiteteren Variante, ein Manifest tatsächlich als Kriegserklärung einzusetzen. Insgesamt ist der Band somit sicher nicht, wie vom Herausgeber postuliert, der erste Schritt zur Erforschung von Kriegseintritten, wohl aber eine interessante Auswahl relevanter Beiträge zu dem Thema.

1 Hélène Baty-Delalande, Carine Trévisan (Hg.), Entrer en guerre, Paris 2016.
2 Siehe zuletzt: Susanne Friedrich, The Moment(um) for a Declaration of Imperial War: The Imperial Diet and the Beginning of the War of the Spanish Succession, in: Matthias Pohlig, Michael Schaich (Hg.), The War of the Spanish Succession. New Perspectives, Oxford 2018, S. 159–186.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Anuschka Tischer, Rezension von/compte rendu de: Éric Schnakenbourg, Les entrées en guerre à l’époque moderne. XVIe–XVIIIe siècle, Rennes (Presses universitaires de Rennes) 2018, 178 p., ISBN 978-2-7535-7448-9, EUR 22,00., in: Francia-Recensio 2019/3, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.3.66391