Mit der vorliegenden Monografie intendiert Marie Claire Boscq, umfassend über die Drucker und Buchhändler während der Restauration und der Julimonarchie in Paris, der europäischen Metropole des Buches, zu informieren. Die Arbeit basiert auf minutiösen Quellenanalysen des Archivmaterials aus dem Innen- und Justizministerium, von Polizei- und Präfekturakten. Herrschte während der Französischen Revolution vorübergehend Pressefreiheit, so wurde diese von Napoleon wieder massiv eingeschränkt. Mit einem Dekret vom 5. Februar 1810 regelte der Kaiser das Druck- und Buchhandelswesen im Empire. Dieses Dekret blieb mit wenigen Änderungen bis zum Jahr 1888 in Kraft und bestimmte die stark reduzierte Anzahl von Druckern, deren Produktionsbedingungen und die Geschäftsgrundlagen für die Buchhändler.

Es wurden im gesamten Untersuchungszeitraum nie mehr als 80 Patente (brevets) vergeben, die erforderlich waren, um eine Druckerei zu betreiben. Obwohl das Bevölkerungswachstum in Paris geradezu stürmisch verlief (1800 – 500 000, 1850 – 1 Million Menschen) und die Zahl der Leser und Leserinnen rasch wuchs, blieb diese Zahl konstant. Vier Druckerpressen mussten jeweils mindestens betrieben werden, nach oben gab es keine Grenzen. Die größten waren mit Anstand die Druckereien Fain und Firmin Didot (S. 246), die jeweils mehr als hundert Arbeiter beschäftigten, dazu kamen noch Korrektoren, Mechaniker und kaufmännische Angestellte.

Bei der Beantragung eines Patents wurde der Drucker auf seine politische und moralische Zuverlässigkeit eingehend geprüft. Zu den 80 Druckern zählten im Übrigen nicht jene, die Lithografien und Kupferstiche produzierten. Nicht zu klären wird sein, wie viele Drucker »schwarz« produzierten, von mindestens 50 Druckereien ist aber auszugehen. Beliebt war es zudem, in die Umgebung von Paris auszuweichen, weil dort die Kontrolle weniger streng war.

Bezüglich der Herkunft der Drucker fällt auf, dass nur 35 % von ihnen in Paris geboren waren, die anderen kamen – wie bei anderen Berufsgruppen auch – bevorzugt aus einer Region, hier handelte es sich um die Normandie, mit einem eindeutigen Schwerpunkt im Arrondissement Coutances. Ausländer befanden sich nicht unter ihnen, da Drucker beim Patenterwerb auf den König schwören mussten. Naturalisierungen waren aber möglich und einige deutsche, belgische und niederländische Drucker waren, als ihre Herkunftsorte zum napoleonischen Empire gehörten, nach Paris gezogen. Sie durften auch nach 1814 weiter ihre Druckereien betreiben.

Die Buchhändler wiederum brauchten ebenfalls eine Erlaubnis der Präfektur, egal, ob sie einen Laden besaßen, ein Lesekabinett führten oder als Bouquinisten oder Kolporteure arbeiteten. Auffallend ist bei ihnen der hohe Anteil von Frauen. Insgesamt gingen 343 Patente an Frauen, von denen ein Drittel das Geschäft von ihrem Mann geerbt hatte, ein Drittel verheiratet und ein Drittel ledig war. Insgesamt unterhielten 200 Buchhändler und Buchhändlerinnen ein Lesekabinett. Da Bücher und Zeitungen immer noch sehr teuer waren, erfreuten sich diese Einrichtungen, wo man Bücher lesen oder ausleihen konnte, größter Beliebtheit.

Unter Bewachung und Zensurdruck standen alle Akteure gleichermaßen. Da es keine Vorzensur mehr gab, musste der Drucker oder Verleger entscheiden, welches Risiko er einging. Sie erstellten Listen der Werke, die sie drucken wollten, die von der Zensurbehörde zu bestätigen waren. Die Strafen bei Zuwiderhandlung gegen die Zensurvorschriften waren hart und zielten darauf ab, den Drucker oder Buchhändler zu ruinieren. Wer heimlich oder ohne Patent druckte, musste 10.000 Francs zahlen und ein halbes Jahr Gefängnishaft verbüßen. Das gleiche galt, wenn man während der Restauration republikanisches oder bonapartistisches Gedankengut druckte oder verkaufte. In der Julimonarchie drohte dies nun auch den Legitimisten, die den Bourbonen publizistisch nachtrauerten. Die Zensur erststreckte sich auch auf unmoralische oder kirchenkritische Sujets, wobei der Abstand zwischen Thron und Altar während der Julimonarchie wuchs. Wurden bei einem Buchhändler Bücher ohne Angabe des Druckers und des Druckorts gefunden, wurden diese kassiert und es war eine Strafe von 2.000 Francs zu zahlen.

Doch nicht nur die Sozialprofile der Drucker und Buchhändler analysiert Boscq, sondern auch die der Zensoren und Inspekteure. Seit 1811 gab es 20 Zensoren und zwei Überwachungsbataillone, eine gut funktionierende Maschinerie, die Ludwig XVIII. übernahm. Auffallend sind große Kontinuitäten in den Spitzenpositionen über die Regimewechsel hinweg. Wie effizient die als Librairie bezeichnete Zensurbehörde gearbeitet hat, lässt sich natürlich nicht beantworten. Erleichtert wurde ihre Arbeit auf jeden Fall durch Denunziation und Bespitzelung. Im letzten Teil des Buches werden alle 40 Drucker aufgeführt, denen das Patent entzogen wurde, weil sie Schriften gegen die bestehende politische Ordnung oder unmoralische oder kirchenkritische Texte publiziert hatten. Partiell waren sie Herausgeber und Autoren zugleich. Diese Maßnahme traf vor allem oppositionelle Drucker während der Restauration.

Die Arbeit ist sehr reich an (langen) Quellenzitaten, abgerundet wird sie durch den Abdruck von Dekreten und Petitionen sowie tabellarischen Auswertungen des Quellenmaterials. Alles in allem bietet das Buch spannende Einblicke in die Welt der Drucker und Buchhändler im Paris der ersten Jahrhunderthälfte. Dabei zeigt es deutlich, wie gefährlich es war, subversives Gedankengut zu publizieren. Nicht wenige der hier vorgestellten Protagonisten landeten im Gefängnis und mussten hohe Geldstrafen bezahlen, andere wiederum eckten nie an und machten hervorragende Geschäfte mit der begehrten Ware Buch.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Gabriele B. Clemens, Rezension von/compte rendu de: Marie-Claire Boscq, Imprimeurs et libraires parisiens sous surveillance (1814–1848), Paris (Classiques Garnier) 2018, 464 p., num. fig. (Littérature et censure, 4), ISBN 978-2-406-07310-9, EUR 48,00., in: Francia-Recensio 2019/3, 19./20. Jahrhundert – Histoire contemporaine, DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.3.66576