Das Werk von Yvonne Bergerfurth beruht auf ihrer Dissertation, die sie im Wintersemester 2011/2012 an der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn eingereicht hat. Die Recherchen der Autorin wurden auch durch den Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 und die daraus resultierenden Aktenverluste erkennbar beeinträchtigt. Das umfangreiche Werk umfasst 438 Seiten und besteht aus Vorwort, Einleitung, fünf Kapiteln mit Resümee sowie einem Anhang mit Verzeichnissen und Registern. Y. Bergerfurths Forschung will zu neuen Erkenntnissen über das Kölner Jesuitenkolleg in der Frühen Neuzeit als auch zu den religiösen Bruderschaften der Stadt beitragen (S. 19f.).

Im ersten Kapitel geht sie auf die Geschichte der Bruderschaften (sodalitas) der Kölner Jesuiten ein. Schon bald nach der erfolgten Ordensgründung durch Ignatius von Loyola bildeten sich nach 1563 die ersten Ordensstandorte Rom und Köln heraus (S. 30). In Köln bildeten sich jesuitische Bruderschaften im 16. Jahrhundert mit den marianischen Sodalitäten heraus (S. 33). Später, im 17. Jahrhundert, folgten dann z. B. auch die Todesangstbruderschaften (S. 40). Die Autorin bewertet die relativ ungebundene Mitgliedschaft in diesen gegenüber den marianischen Sodalitäten sogar als eine Besonderheit im Bruderschaftswesen des Jesuitenordens (S. 44).

Im zweiten Kapitel geht es um die Anfänge der ersten marianischen Sodalität der Jesuiten in Köln 1576 bis 1586. Die Sodalität differenzierte sich schon zu Beginn in unterschiedliche Typen an Sodalen (S. 52). Ein wichtiges Ziel dieser Gemeinschaft war vor allem die Rückgewinnung protestantischer Gebiete (S. 59). Sie wurde von innen heraus sehr straff geführt (S. 69).

Das relativ kurze dritte Kapitel handelt von den rechtlichen Rahmenbedingungen der marianischen Sodalitäten nach 1584. Die Jurisprudenz in allen Fragen lag nach ihrer Gründung der Sodalität bei dem Papst und beim Generaloberen der Jesuiten (S. 77f.).

Yvonne Bergerfurth diskutiert im vierten Kapitel die Kölner Bürger- und Junggesellensodalität, die 1608 gegründet wurde. Sie beschäftigt sich dabei intensiv mit der Erhebung der Eintrittszahlen (S. 89) und der Verteilung ihrer Quartiere in der gesamten Stadt Köln (S. 100). Die Bürger- und Junggesellensodalität hatte eine streng organisierte Struktur, gekennzeichnet von zahlreichen verschiedenen Aufgaben der Mitglieder und ganz bestimmten Ämtern, deren Vergabe in äußerst komplizierten Wahlmodi geregelt wurde (S. 140f.). Es gab sogar noch innerbruderschaftliche Gemeinschaften (S. 165). Den Mitgliedern wurden neben ihren Rechten aber auch strenge Regeln auferlegt (S. 174), denn Fehlverhalten sollte sanktioniert werden (S. 181), Strafen wurden ausgesprochen und verhängt (S. 186f.).

Es gab auch von anderen in Köln ansässigen religiösen Orden und Gebetsgemeinschaften gegründete Bruderschaften, die in »Konkurrenzverhältnissen« zu den Jesuiten standen (S. 207f.), so dass es auch im vermeintlich katholischen Lager durchaus zu Konflikten kommen konnte. Die Autorin konstatiert, dass ein eher harmonisches Miteinander der Sodalen innerhalb der Bürgersodalität die ersten Jahrzehnte nach 1608 kennzeichnete, später aber ernstere Konflikte aufbrachen, besonders was die Durchführung von Wahlen sowie die Ausübung von Ämtern betraf (S. 228f.). Mit den Dominikanern standen laut der Autorin den Jesuiten in Köln zudem ernstzunehmende Gegner gegenüber (S. 240).

Dennoch leistete die Bürgersodalität einen wichtigen seelsorglichen sakramentalen Dienst und eine tiefe religiös-spirituelle Begleitung für die katholische Stadtgesellschaft Kölns (S. 264f.). Erst für das 18. Jahrhundert sind die bekannten ignatianischen Exerzitien bezeugt, die von Mitgliedern des Ordens dann auch Katholiken der Stadt angeboten wurden (S. 284). Übliche Liebesdienste der Jesuiten wie Besuche von Gefangenen als auch das Almosengeben wurden auch in Köln eifrig praktiziert (S. 304f.).

Im fünften und letzten Kapitel vergleicht Y. Bergerfurth die Kölner Ursulagesellschaft mit der Bürger- und Junggesellensodalität. Die Ursulagesellschaft wurde von Frauen 1606 gegründet (S. 326). Sie nahm Aufgaben ähnlich der marianischen Sodalität der Jesuiten wahr und war hierarchisch streng organisiert (S. 333). Wenn die Jesuiten die Kölner Ursulagesellschaft durchaus als eine glaubensgerechte religiöse Gemeinschaft achteten, kamen trotzdem immer wieder Vorbehalte dieses Männerordens gegenüber einer Frauengemeinschaft zum Ausdruck (S. 359f.).

Die Autorin zieht in ihrem Resümee u. a. den Schluss, dass die Bürger- und Junggesellensodalitäten der Frühen Neuzeit nicht grundlegend verschieden von den mittelalterlichen Bruderschaften (S. 369) und wie diese eher lokal verortet waren (S. 372). Die Bedeutung der Kölner Jesuitenbruderschaften im Rahmen der Konfessionalisierungsprozesse bleibt für Y. Bergerfurth eher ambivalent (S. 378).

Die Autorin legt mit ihrem Werk eine Regionalstudie zum Ordenskatholizismus der Jesuiten während der Frühen Neuzeit in der Stadt Köln vor. Sie liefert einen qualitativen Einblick in den Aufbau und in die Organisation der Bruderschaften des Ordens und analysiert und bewertet deren Ämter- und Sozialstruktur entsprechend. Allerdings kommt sie nur sehr schwer aus der innerkatholischen bzw. ordensinneren Perspektive heraus, geht wenig auf die Herausforderungen der Konfessionalisierung in der Frühen Neuzeit ein und wagt sich auch kaum über das Kölner Gebiet hinaus.

Im Interesse einer breiteren Debatte hätten zusätzlich weitere staatliche und kirchliche Archive eingesehen werden können als nur die beiden benutzten Kölner Archive. Darüber hinaus hätten auch Gegenüberlieferungen in die Arbeit einbezogen werden können. Der Schreibstil der Verfasserin ist bisweilen narrativ-deskriptiv. Selbst wenn inhaltlich und methodisch für die Kirchenhistorikerin bzw. den Kirchenhistoriker noch offene Fragen bleiben, hat Yvonne Bergerfurth der Katholizismusforschung Kölns als auch der allgemeinen Ordensgeschichte aber durchaus neue Erkenntnisse geliefert.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Maik Schmerbauch, Rezension von/compte rendu de: Yvonne Bergerfurth, Die Bruderschaften der Kölner Jesuiten 1576 bis 1773, Siegburg (Verlag Franz Schmitt) 2018, 438 S., 5 Tab., 15 Graf., 4 Kt. (Studien zur Kölner Kirchengeschichte, 45), ISBN 978-3-87710-461-3, EUR 34,90., in: Francia-Recensio 2019/4, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.4.68441