In den französischen Religionskriegen (1562–1598) waren Kinder unmittelbar an physischen und symbolischen Gewaltakten beteiligt, wie u. a. Denis Richet und Denis Crouzet herausgearbeitet haben. Diese Beteiligung von »unschuldigen Geschöpfen« (»innocentes créatures«) trug zur Rechtfertigung der Gewalt bei, die auch erwachsene Akteure ausübten. Zugleich übten die Kinder Verhaltensweisen ein, die sie als Teil einer bestimmten Gruppe auszeichneten, was zur Verfestigung der Lager in Frankreich beitrug (S. 9). Für die Mobilisierung der katholischen Jugend unter der Liga in Frankreich kam den Jesuiten eine gewisse Bedeutung zu, wie die Forschung bereits gezeigt hat (u. a. P. Henry Fouqueray). In der vorliegenden Monografie stellt Florence Buttay die Frage ins Zentrum, wie die Jesuiten in den 1590er Jahren den Unterricht am Pariser Collège de Clérmont nutzten, um junge Katholiken im Sinne der Liga so zu erziehen, dass sie als Erwachsene in religiösen Fragen eine intransigente Haltung vertraten (S. 10).

Hierbei steht die Hochphase der Katholischen Liga in Frankreich 1590 bis 1592 im Fokus. Ziel der Liga war es vor allem, die Katholizität Frankreichs zu wahren. Daher wandte sie sich gegen die Thronfolge des Protestanten Heinrich von Navarra, der von Protestanten und denjenigen Katholiken unterstützt wurde, die die Wahrung des politischen Gemeinwohls und ein Ende der Bürgerkriege als vordringlichste Aufgabe ansahen.

Buttays Studie zur militanten Erziehung junger Katholiken im Unterricht am Pariser Jesuitenkolleg basiert auf der Untersuchung von vier im Unterricht am Collège de Clérmont erarbeiteten Manuskriptbänden, die heute in der Bibliothèque nationale de France in Paris, der Bibliotheca Apostolica Vaticana und der Biblioteca Casanatense in Rom liegen. In diesen Manuskriptbänden wurden literarische und visuelle Rätsel zusammengestellt (bes. Embleme, Epigramme, Anagramme), die die Schüler des Kollegs in Zusammenarbeit mit ihren jesuitischen Lehrern und beauftragten Künstlern anfertigten.

Anlass für die Erstellung der Bände und eine öffentliche Ausstellung der Arbeiten war der Besuch der päpstlichen Legaten Enrico Caetano 1590 und Filippo Sega 1592 im Kolleg. Die Rätsel sollten den Schülern und ferner auch den Besuchern der Ausstellungen ihre Zugehörigkeit zu einer katholisch-militanten Gemeinschaft vermitteln – bzw. spezifischer ihre Zugehörigkeit zu den jesuitischen Ultramontanen im ligistischen Paris. Eine gemeinschaftliche Sprache wurde eingeübt, die das Denken der Schüler nachhaltig prägen sollte, wozu auch das Erkennen und Benennen der omnipräsenten und gleichwohl im Verborgenen agierenden Feinde zählte.

Buttays Arbeit steht also an der Schnittstelle mehrerer Forschungsfelder: Zunächst einmal lassen sich die Bände des Pariser Collège de Clérmont in der Forschungstradition von Emblembüchern der Jesuitenkollegien (Arbeiten von G. Richard Dimler) untersuchen. Zudem können die literarischen und visuellen Rätsel dem in jüngerer Zeit sehr beachteten Forschungsfeld der Polemik in den Französischen Religionskriegen (bes. Tatiana Debaggi Baranova) zugeschlagen werden, stellten sie doch offene Parteinahmen im Schlagabtausch von Ligisten und Royalisten dar. Buttay betrachtet polemische Texte und Bilder, in Anlehnung an Christian Jouhaud, nicht als Ausdruck politischer Ideen, sondern als Teil der Praktiken historischer Akteure, die rhetorische Mittel einsetzen, um in einer konkreten Situation zu überzeugen (S. 16–17).

In einem ersten Teil (»Afficher«) von insgesamt vier werden die jesuitische Unterrichtspraxis, die Erstellung der Embleme, die von Gesangs- und Theateraufführungen begleiteten öffentlichen Ausstellungen und die Komposition der Manuskriptbände behandelt. Der zweite Teil (»Dévoiler«) widmet sich der Frage, wie die Schüler über die Verwendung einer spezifischen Bildsprache ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe intransigenter Katholiken herstellten und eine bestimmte Denkhaltung einübten. Dabei wurden als Gegenpol Heinrich von Navarra und seine Unterstützer als klares Feindbild entworfen. Sämtlicher Unterricht wurden auf eine mehrteilige Botschaft hin ausgerichtet: die Überlegenheit Roms und Bekräftigung der päpstlichen potestas sowie die erwartete Vernichtung von politiques und sonstigen Anhängern Heinrichs IV. durch den – 1590/1592 noch durchaus denkbaren – Sieg der intransigenten Katholiken.

Im dritten Teil (»Former ou déformer?«) werden die Bände des Pariser Collège de Clérmont in einem breiteren Kontext – u.a. polemische Schriften der Religionskriege und Mobilisierung der Pariser Bevölkerung – verortet. Das ligistische Paris wird als Laboratorium entfaltet, in dem nicht nur die Jesuiten eine nachhaltige Prägung des katholischen kulturellen Lebens anstrebten. Darüber hinaus wird – und dies gibt der Studie eine zusätzliche sozialhistorische Dimension – anhand der Lebensläufe der Schüler untersucht, inwieweit die militante Erziehung (»éducation militante«) einen nachhaltigen Einfluss entfaltete. Verfolgten einige Schüler den einmal eingeschlagenen Weg weiter, kehrten sich andere wie Nicolas Rigault bewusst von ihrer jesuitischen Erziehung ab. Bei aller individueller Aneignung und Anpassung wiesen die ehemaligen Schüler eine gemeinsame Prägung in ihrer Art des Denkens und Sehens in aenigmate auf (S. 194).

Der vierte, mit zahlreichen Farbabbildungen versehene Teil (»Topique des énigmes«) greift einige Motive wie u. a. Kreuz, Feuer, Pyramide, Kessel heraus, wobei die politische Situierung dieser Rätsel ebenso wie der klassischen und theologischen Referenzen entschlüsselt werden. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Querverbindungen zwischen den Motiven wäre ein Index zur Orientierung im Buch sehr hilfreich gewesen.

Buttay liefert in ihrer Monografie einige interessante Beobachtungen und Erkenntnisse, von denen hier nur zwei herausgehoben seien: Erstens: Verbindet man mit der Liga meist jene plakativen, emotional-affektiven Bildprogramme in zeitgenössischen Druckpublikationen wie beispielsweise die durchbohrten Körper der im Dezember 1588 ermordeten Guise-Brüder, so kann Buttay zeigen, dass auch eine gelehrte, komplexe Bildsprache mit klassischen und theologischen Referenzen, die Vernunft und kulturelle Bildung ansprachen, zum Repertoire der Liga zählte. Buttays Arbeit tritt also dem älteren Vorurteil entgegen, die Liga habe eine lediglich populäre Bildsprache bedient. Zweitens fügte die Wahl des Rätsels als Präsentationsform sich in die jesuitische Bildungstradition ein, in der die emblema triplex (Titel, Bild, erklärender Text) eine zentrale Rolle innehatten. Wurden die Ursprünge der jesuitischen Bilderrätsel bisher in den südlichen Niederlanden verortet, kann Buttay diese bereits in den 1590er Jahren in Paris nachweisen. Möglicherweise erfolgte ein Kulturtransfer mit den nach 1594 exilierten Pariser Jesuiten in die südlichen Niederlande (S. 332).

Mit ihrer mikrogeschichtlichen Studie »Peindre en leur âme des fantômes« hat Florence Buttay eine sehr lesenswerte Monografie vorgelegt, die stets die makrogeschichtliche Ebene im Blick hat und daher auch über die Erstellung von vier Manuskriptbänden im Unterricht des Pariser Jesuitenkollegs Anfang der 1590er Jahre hinaus neue Einsichten liefert, insbesondere zum militanten Katholizismus, der jesuitischen Erziehung und der Polemik der Religionskriege.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Alexandra Schäfer-Griebel, Rezension von/compte rendu de: Florence Buttay, Peindre en leur âme des fantômes. Image et éducation militante pendant les guerres de Religion, Rennes (Presses universitaires de Rennes) 2018, 328 p., 54 ill. en coul. (Histoire), ISBN 978-2-7535-6528-9, EUR 28,00., in: Francia-Recensio 2019/4, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.4.68443