Als der schwedische König Gustav II. Adolf Ende Juni 1630 mit einem Heer von 12.000 Mann in Pommern landete, um auf der Seite der deutschen Protestanten in den Dreißigjährigen Krieg einzugreifen, bestanden rund 25 Prozent seiner Truppen aus schottischen Söldnern, die in drei Regimentern (Donald Mackay, James Spens und James Macdougall) organisiert waren. In den folgenden annähernd 20 Jahren, in denen Schweden neben Frankreich und dem Kaiser zum einflussreichsten Akteur dieses überwiegend in den Grenzen des Reiches ausgetragenen europäischen Konfliktes avancierte, waren schottische (und in geringerem Umfang auch englische) Soldaten an fast allen wichtigen Belagerungen und Schlachten der Schweden beteiligt oder trugen wie in Wittstock (1636) sogar entscheidenden Anteil daran. Aber auch im Dienste Frankreichs und der Vereinigten niederländischen Provinzen kämpften schottische Kontingente und nahmen an zentralen Ereignissen wie der Eroberung von Maastricht durch Prinz Friedrich Heinrich von Oranien (1632) und der Schlacht von Rocroi (1643) teil.

Warum aber suchten so viele Schotten fremde Kriegsdienste und spielten gerade im Dreißigjährigen Krieg eine so wichtige Rolle? Diese Frage will das vorliegende Buch beantworten, indem es den Karrieren von insgesamt »eighteen generals discussed in this book« (S. 6) nachgeht, von denen allein 15 in schwedischen Diensten standen. Steve Murdoch, Professor an der University of St Andrews und schon lange als Experte für die schottischen Truppen im Dienst anderer Mächte in der Frühen Neuzeit bekannt1, und seine ebenfalls in St Andrews lehrende Kollegin Alexia Grosjean können dabei an ihre langjährigen gemeinsamen Recherchen über die schottische Migration nach Skandinavien anschließen, die ihren Niederschlag in der »Scotland, Scandinavia and Northern European Biographical Database (SSNE)« gefunden haben. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Einleitung zufolge der Sozialisation dieser überwiegend aus eher bescheidenen Verhältnissen stammenden Männer und den Freundschafts- und Verwandtschaftsbeziehungen (»kith and kin relations«) des schottischen Hoch- und Küstenlandes zu, die u. a. durch das Aufwachsen der Kinder im Haushalt einflussreicherer Clanmitglieder gestärkt wurden: »We believe that there is far more to be gained by looking to where the Scottish soldiers came from as well as to where they ended up.« (S. 6)

Die folgenden Kapitel spiegeln diesen Ansatz jedoch nur bedingt wider bzw. können das Programm, das die Einleitung vorgibt, letztlich mangels Quellenbefunden nicht umsetzen. So beschreibt das erste Kapitel unter dem Titel »Scotland’s Indigenous Military Cultures« die Organisation des Verteidigungswesens und die damit verbundenen, von Clanfehden und Aufständen des (teilweise katholischen) Hochadels gegen den König geprägten Gewaltkulturen des Hochlandes und der nördlichen Küstenregionen. Inwieweit die späteren Generäle davon geprägt oder gar konkret darin involviert waren, bleibt aber infolge des Mangels an konkreten Belegen weitestgehend der Imagination des Lesers anheimgestellt. Selbst der Hauptprotagonist des Buches, der spätere Feldmarschall und 1st Earl of Leven Alexander Leslie, ist quellenmäßig nicht greifbar, so dass nur vermutet werden kann, dass er in der königlichen Armee gekämpft (S. 19) und an der Glenorchy-MacGregor-Fehde teilgenommen habe (S. 24). Ähnliches gilt für mögliche erste Solddienste in Irland oder Frankreich (S. 26) und auch für die in der älteren Literatur vielfach zu findende Angabe, Leslie habe zwischen 1605 und 1609 als Hauptmann unter Horace Lord Vere in den Niederlanden Dienst getan (S. 30). Somit beschreibt auch das zweite, der schottischen militärischen Diaspora gewidmete Kapitel diese letztlich eher allgemein und handelt mit Frankreich, den Niederlanden und schließlich Schweden, in dessen Dienst Leslie und andere schottische Obristen wie Patrick Ruthven oder David Drummond am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges quellenmäßig greifbar werden, nacheinander die wichtigsten »Arbeitgeber« der schottischen Truppen ab. Der letzte Abschnitt dieses Kapitels, »Scotland and the Thirty Years’ War«, gibt schließlich einen Überblick über den Einsatz schottischer Kontingente vor dem Eingreifen Schwedens 1630, wobei die meisten Schotten im Dienst Christians IV. von Dänemark standen.

Die beiden nächsten Kapitel sind dann ganz dem schottischen Anteil an den schwedischen Feldzügen während des Dreißigjährigen Krieges gewidmet. Das dritte nimmt die wichtigsten Einsätze von der Belagerung Stralsunds 1628 – bei der schottische Truppen in dänischem wie in schwedischem Dienst die Stadt gegen Wallenstein verteidigten – bis zum Prager Frieden 1635 in den Blick, darunter die aus schwedisch-schottischer Sicht als Desaster zu bezeichnende Schlacht bei Nördlingen. Im Mittelpunkt des vierten Kapitels stehen die Kampagnen Leslies und seiner »Army of the Weser« in den Jahren 1636 bis 1639; breiten Raum nimmt dabei neben der Neuaufstellung der schwedisch-schottischen Truppen, die 1636 durch neue Werbungen verstärkt wurden, und der Karriere Leslies, der im selben Jahr zum Feldmarschall ernannt wurde, die Schilderung der Schlacht von Wittstock ein. Anders als es häufig dargestellt wird, hatten die schottischen Regimenter, die den Großteil der schwedischen Armee stellten, und insbesondere Leslie entscheidenden Anteil daran, dass die bereits nach Nordostdeutschland abgedrängten Schweden nach ihrem Sieg über die kaiserlich-sächsische Armee als ernstzunehmende Player auf den Plan zurückkehren und den weiteren Kriegsverlauf entscheidend beeinflussen konnten. Über das unmittelbare Vorgehen nach der Schlacht kam es allerdings zwischen Leslie und dem schwedischen Oberkommandierenden Johan Banér zu Meinungsverschiedenheiten, die mit dazu beigetragen haben mögen, dass Leslie im Sommer 1638 nach Schweden reiste, um seine Entlassung zu erwirken.

Den deutschen Kriegsschauplatz hatte Leslie allerdings bereits zu Jahresbeginn verlassen, um in England neue Truppen zu werben und wahrscheinlich auch, um unter den englischen Puritanern Verbündete für die schottischen Covenanters zu gewinnen, die sich in dieser Zeit gegen König Karl I. formierten und denen Leslie, wahrscheinlich aus Loyalität zu den Campbells of Glenorchy, bei und mit denen er aufgewachsen war, nun zu Hilfe eilte und das Kommando der Covenanters-Armee übernahm. Nachdem diese Armee Karl I. in den »Bishops‘ Wars« 1639/40 empfindliche Niederlagen beigebracht hatte, erhob dieser Leslie 1641 in den Peerstand. Was Leslie nicht daran hinderte, an der Spitze schottischer Armeen auf Seiten des Parlaments in die bald folgenden englischen Bürgerkriege einzugreifen, wo er – wie andere schottische Veteranen des Dreißigjährigen Krieges auf beiden Seiten, darunter Patrick Ruthven als Lord General of the Kings‘ Army – abermals entscheidenden Anteil am Ausgang wichtiger Schlachten (insbes. Marston Moor) hatte. Die Kapitel 5 und 6 zeichnen diese Ereignisse wiederum sehr detailliert nach; dabei gelingt es den Autoren, die enge Verflechtung zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und den schottisch-englischen Bürgerkriegen plausibel und die Bedeutung der vorwiegend in schwedischen Diensten erworbenen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen der schottischen Offiziere für den Ausgang der militärischen Operationen auf der Insel deutlich zu machen. Dies um so mehr, als das siebte und letzte Kapitel aufzeigt, dass die Rückkehr vieler schottischer Offiziere in ihre Heimat nach 1638 keineswegs bedeutete, dass die Schotten in der schwedischen Armee keine Rolle mehr gespielt hätten. Vielmehr setzte beispielsweise Leslie seine Werbungen für Schweden in den 1640er Jahren von seinem Hauptquartier in England aus fort – offensichtlich bestand also selbst während der englischen Bürgerkriege in Schottland ein hinreichender Überschuss an Rekruten für den europäischen Kriegsschauplatz. Die Offiziersstellen wurden dabei entsprechend dem »kith and kin«-System mit Verwandten und sonstigen Gefolgsleuten besetzt, was Murdoch/Grosjean in ihrer Zusammenfassung zu der These führt, dass die Gewaltkultur und das Clansystem des schottischen Hoch- und Küstenlandes eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg der Schotten in fremden Diensten gewesen seien.

Insgesamt zeichnet das Buch eine ebenso detailreiche wie umfassende Geschichte des schottischen Engagements im Dreißigjährigen Krieg, die man mit Gewinn liest. Die häufig noch zu findende – und von Murdoch/Grosjean zu Recht kritisierte – Einschätzung, die britischen Inseln seien am Dreißigjährigen Krieg nicht oder allenfalls peripher beteiligt gewesen, muss angesichts von insgesamt rund 50.000 schottischen Kriegsbeteiligten (und vermutlich ebenso vielen englischen) auf anti-habsburgischer Seite und des Umstandes, dass die meisten Werbungen mit Billigung der Stuart-Monarchen stattfanden, die sich davon ihrerseits wahrscheinlich Vorteile bei der Herstellung von Allianzen versprachen, zweifellos revidiert werden. Auch die Betonung der Bedeutung der von Gewalt und Clanbeziehungen geprägten schottischen Verhältnisse für die Erklärung des großen Anteils von Schotten an den fremden Truppen insbesondere Schwedens überzeugt im Großen und Ganzen, selbst wenn konkrete biographische Prägungen mangels Quellenbelegen nicht herausgearbeitet werden können. Aussagen hinsichtlich der Motive der Männer, in fremde Dienste zu treten, bleiben aber notwendigerweise Spekulation, auch wenn Murdoch/Grosjean sicher recht zu geben ist, dass diese vielfältig und keineswegs nur materieller Natur waren, womit die in den letzten Jahren bereits von verschiedenen Seiten geäußerte Kritik am Begriff des »Söldners« neue Nahrung erhält. Was genau viele Schotten in fremde Kriegsdienste trieb und sie für andere Mächte möglicherweise besonders wertvoll machte, wie es die Darstellung immer wieder nahelegt, muss daher – auch mangels des Vergleichs mit anderen »Söldnernationen« – offenbleiben; letztlich bleiben die Biographien selbst der Hauptprotagonisten des Buches abgesehen von ihrer Beteiligung an militärischen Kampagnen weitgehend im Dunkeln.

Einige dem Band beigegebene Namenslisten und ein Register geben angesichts der vielen erwähnten Namen, die weit über die 18 Generäle hinaus gehen und häufig derselben Familie angehörten, willkommene Orientierung. Hinsichtlich deutscher Personennamen dürfte dieses allerdings eher Verwirrung stiften, wenn es Fürstennamen wie »Anton Günther« (von Oldenburg und Delmenhorst) zu »Günther, Anton« auflöst oder den kaiserlichen General Graf Pappenheim unter »H« wie »Heinrich, Gottfried (Count Pappenheim)« einsortiert. Und auch deutsche Ortsnamen werden gelegentlich arg verballhornt, so Ueckermünde zu „Ükermünde“ (S. 55) und Lutter am Barenberge gar zu »Lütter am Bamberg« (S. 43, 285).

1 Steve Murdoch (ed.), Scotland and the Thirty Years' War, 1618-1648, Leiden 2001; Steve Murdoch, Andrew Mackillop (eds.), Fighting for Identity: Scottish Military Experience, c. 1550-1900, Leiden 2002.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Markus Meumann, Rezension von/compte rendu de: Steve Murdoch, Alexia Grosjean: Alexander Leslie and the Scottish Generals of the Thirty Years’ War, 1618–1648, London (Pickering & Chatto Publishers) 2014, XII–289 p. (Warfare, Society and Culture, 9), ISBN 978-1-84893-467-2, GBP 34,00., in: Francia-Recensio 2019/4, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2019.4.68459