Das neue Werk von Klaus Gantert besteht neben dem Vorwort aus insgesamt sechs Abschnitten und den abschließenden umfangreichen Registern. Ziel des Buches ist es, die wichtigsten aktuellen Informationsressourcen für die wissenschaftliche Arbeit mit historischen Buchbeständen zusammenzufassen (S. 1). Die sich in den letzten Jahrzehnten dafür geänderten Rahmenbedingungen, namentlich durch die Digitalisierung, führten neben den traditionellen Findmitteln zur Entstehung zahlreicher digitaler Informationsressourcen mit unterschiedlichsten Inhalten und Funktionalitäten (S. 7).
Teil I, in dem es um analoge und digitale Kataloge sowie um Fachliteratur geht, beschäftigt sich mit allgemeinen Informationsressourcen zu historischen Beständen in Bibliotheken (S. 9). So stellt der Autor gängige Verbundkataloge wie den GBV (S 18f.) sowie virtuelle Kataloge wie den KVK vor (S. 20f.). Dann präsentiert er als ein Beispiel unter vielen zu Bibliografien und Datenbanken der Forschungsliteratur die Datenbank »Handschriftencensus«, in der fast 20 000 Titel zur Überlieferung deutscher Texte im Mittelalter erfasst sind (S. 29). Zu Vereinigungen und Fachgesellschaften zum Alten Buch zählt z. B. die Arbeitsgemeinschaft Alte Drucke (S. 42). Ein Exkurs erläutert die optische Texterkennung mittels OCR (S. 49).
Teil II ist dem Thema der Handschriften gewidmet. Hier geht der Autor zunächst auf Handschriftensammlungen in Bibliotheken ein und liefert dafür wichtige Beispiele, z. B. die Staatsbibliothek Berlin-Preußischer Kulturbesitz und die Bayerische Staatsbibliothek mit jeweils Tausenden von überlieferten Handschriften (S. 60f.). Schon im Mittelalter wurden Handschriftenverzeichnisse angelegt; sie wurden u. a. von Theodor Gottlieb herausgegeben (S. 70). Heute gibt es Richtlinien zur Handschriftenkatalogisierung, von denen der Autor einige vorstellt (S. 74f.). Er führt bedeutende digitale Repertorien zu Handschriften auf, darunter auch das Marburger Repertorium (S. 88). Im Anschluss werden bedeutende digitale Repositorien und Plattformen mit digitalisierten Urkunden vorgestellt, zu denen etwa Monasterium.net gehört (S. 111). In einem Exkurs werden die Begriffe der digitalen Forschungsumgebung, Viewer und Digital Humanities erklärt (S. 125f.).
In Teil III des Buches geht es um die Inkunabeln, die zunächst vom Autor als Begriff erklärt werden (S. 133f.). Die Staatsbibliothek München verfügt über eine besonders große Anzahl an Inkunabeln (S. 143). Der digitale Inkunabelkatalog INKA gilt als wichtiger Meilenstein (S. 146). Ebenso gibt es in Deutschland auch einen Gesamtkatalog der Wiegendrucke (S. 156f.). In einem Exkurs geht der Autor auf die Frage der Möglichkeiten der Bestandserhaltung von analogen und digitalisierten Inkunabeln ein (S. 184).
Teil IV behandelt die Historischen Drucke, deren Entstehungszeit etwa bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reicht (S. 193). Von ihnen besitzt die Staatsbibliothek Berlin eine große Sammlung (S. 207). Auch zu den Alten Drucken wurden analoge Verzeichnisse erstellt (S. 218). Zahlreiche Portale, wie z. B. das Portal Europeana, bieten Volltextangebote und Digitalisate an (S .239). In einem Exkurs informiert der Autor über Provenienzforschung, NS-Raubgut und Restitution (S. 266).
Teil V behandelt die Informationsressourcen zu speziellen Publikationsformen. Dabei werden z. B. digitale Zeitschriftenarchive (S. 281) oder auch karthografische Archive (S. 315) vorgestellt. Als spezielle Beispiele agieren Verzeichnisse des Typus der Flugschriften (S. 344). Der Exkurs dieses Teils informiert über den Prozess der Digitalisierung on Demand.
Im letzten Teil geht es um Informationsressourcen aus den Bereichen der historischen Hilfswissenschaften und der Philologien. So gibt es für den Beschreibstoff Papier sogar eine Wasserzeichendatenbank (S. 369), ebenso zu zahlreichen Werken zur mittelalterlichen Buchmalerei (S.396). Die Monumenta Germaniae Historica (MGH) bieten ein umfangreiches digitales Angebot zur Mittelalterforschung (S.416). Im letzten Exkurs werden Museen, die das Thema »Bücher« begleiten oder mit dem Buchwesen zusammenarbeiten, vorgestellt.
Der Autor Klaus Gantert legt mit seinem Buch ein epochales Werk zur aktuellen Bibliothekswissenschaft vor, dessen Inhalt Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, Historikerinnen und Historikern, Studierenden und Lehrenden von großem wissenschaftlichem Nutzen als Hilfsmittel im Umgang mit den entsprechenden Verzeichnissen und digitalen Datenbanken sein wird. Systematisch und gut verständlich behandelt das Werk die verschiedenen schriftlichen Buchtypen hinsichtlich ihrer vorhandenen Kataloge, Verzeichnisse und digitalen Ressourcen und schließt jeden Teil mit einem Exkurs zu Fachfragen des aktuellen Buchwesens ab. Leserinnen und Leser werden schon bei der Lektüre des Buchs dazu angeregt, die eine oder andere Datenbank aufzurufen und darin entsprechende Recherchen durchzuführen. Das Werk gehört in jede wissenschaftliche Fachbibliothek.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Maik Schmerbauch, Rezension von/compte rendu de: Klaus Gantert, Handschriften, Inkunabeln, Alte Drucke. Informationsressourcen zu historischen Bibliotheksbeständen, Berlin, Boston (De Gruyter Oldenbourg) 2019, VI–495 S., 77 Abb. (Bibliotheks- und Informationspraxis, 60), ISBN 978-3-11-054420-6, EUR 79,95., in: Francia-Recensio 2020/1, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.1.71472