Mit diesem umfangreichen Werk legt Jonathan I. Israel eine weitere grundlegende Untersuchung zur Geschichte der Ideen, Revolutionen und der demokratischen Bewegung im Zeitraum von 1748–1830 vor. Das Werk beginnt mit der radikalen Aufklärung und ihrem Verhältnis zur Moderne, die er als Konzept »Radical Enlightenment« genauer erklärt. In der Einleitung geht es ihm um die Festlegung von Definitionen und Kategorien, die in seinem Werk eine wichtige Rolle spielen.

Die folgenden Schwerpunkte des Buches befassen sich dann mit den Ursprüngen, dem Beginn und dem Aufstieg des »demokratischen Republikanismus«, mit den Menschenrechten und der Revolution 1774–1830, mit den revolutionären Ideologien 1798–1830 und mit der Reaktion und den Restaurationsversuchen zur Abwehr revolutionärer und demokratischer Ideen. In diesem Zusammenhang hätte der Begriff »demokratischer Republikanismus« noch etwas differenzierter betrachtet werden müssen. Am Schluss der Arbeit stehen Thesen und ihre Kritik gleichsam als Zusammenfassung des umfangreichen Werkes, das für die Erforschung der frühen Demokratie und des Republikanismus von großer Bedeutung sind. Der vorgegebene Zeitraum wurde von Reinhart Koselleck als »Sattelzeit« bezeichnet, worunter er den Übergang vom Ancien Régime zur Moderne und Demokratie verstand.

Das vorliegende Werk verdeutlicht im Detail, dass die Anfänge des frühneuzeitlichen Republikanismus und der Demokratie nicht starre Tradition waren, sondern als sich historisch wandelnde politische Bewegungen und Ideen sowie als politische Ordnungen gesehen werden müssen. Neben den italienischen Stadtstaaten der Frühen Neuzeit, die der Autor nicht erwähnt, bildeten der englische Parlamentarismus des 17. Jahrhunderts und die radikale Aufklärung des 18. Jahrhunderts wichtige Voraussetzungen für den modernen Republikanismus. Mit der Aufklärung des ausgehenden 17. und 18. Jahrhunderts bekam der noch relativ schwach ausgebildete demokratische Republikanismus besonderen Auftrieb, den der Autor im ersten Kapitel, »The Rise of Democratic Republicanism«, darstellt.

Vor allem die radikale Aufklärung, die als Bewegung von Denkern, Schriftstellern, Pamphletisten und Reformern verstanden wird, im späten 17. Jahrhundert aufkam und das ganze 18. Jahrhundert weiterbestand, verfolgte praktische Ziele und unterschied sich von der moderaten Aufklärung. Die Radikalaufklärung war für Israel entscheidend, um den Ursprung des demokratischen Republikanismus und der geistigen Wurzeln wie auch die Widersprüche der Moderne besser verstehen zu können. Die Radikalaufklärung befasste sich vor allem auch kritisch mit Problemen der gesellschaftlichen und politischen Ordnung sowie der Religion (Deismus). Israel bringt dafür einige französische Denker als Beispiel, wie Montesquieu, d’Holbach, Voltaire und Rousseau.

Die Französische Revolution hat dann mit ihren Ergebnissen, die nach 1789 als politische Ideen Teil der modernen politischen Praxis geworden sind, in Form geschriebener Verfassungen die demokratische Entwicklung stark vorangetrieben. Der Verfasser bringt für diese Entwicklung mehrere Revolutionsbeispiele verschiedener europäischer Staaten, wie Frankreich, Schweiz, Belgien, Spanien, Haiti, Deutschland, die USA und England (die Amerikanische Revolution und die englischen radikalen Denker).

Schon im 18. Jahrhundert entwickelte sich zur radikalen Aufklärung eine Gegenaufklärung, die dann in der Zeit der Restauration nach 1815 zunehmend stärker wurde und auch mit verschiedenen Verschwörungstheorien verbunden war. Israel beschreibt hier die Restauration in Frankreich von 1814–1830 und schließt dieses Kapitel mit einer Wiederkehr der Ideen der radikalen Aufklärung im Sozialismus und bei Karl Marx (1838–1848). Die Entwicklung zur Demokratie war zwar durch die Restauration unterbrochen worden, ging aber nach der Juli-Revolution 1830 in Frankreich und den europäischen Revolutionen 1848/1849 weiter. Alle diese Revolutionen haben sich trotz Unterschieden, wie Israel zeigt, an der großen Französischen Revolution von 1789 orientiert.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Helmut Reinalter, Rezension von/compte rendu de: Jonathan I. Israel, The Enlightenment that Failed. Ideas, Revolution, and Democratic Defeat, 1748–1830, Oxford (Oxford University Press) 2019, X–1070 p., ISBN 978-0-19-873840-4, EUR 39,63., in: Francia-Recensio 2020/2, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.2.73298