Die Studie stellt den einzigen deutschen Großmeister des Johanniter-/Malteserordens vor dem 19. Jahrhundert, Ferdinand von Hompesch, im persönlichen Umkreis und im politischen Wirken vor. Die Malteser umfassten am Vorabend der Französischen Revolution 2128 Ritter und damit 373 mehr als im Jahr 1631. Einleitend wird der Ordensstaat in Statuten und Organisation seit 1530 vorgestellt. Dabei zeigt sich, dass die Hauptbedrohung des Ordensstaates nicht die Muslime waren, sondern die politischen und geistigen Veränderungen Europas.
Das Mittelmeer wurde im 17./18. Jahrhundert zu einem Nebenschauplatz der politischen und ökonomischen Entwicklungen. Der Orden erlebte gleichzeitig trotz wachsender Ritterzahlen und zunehmender Bevölkerung Maltas einen Niedergang. Der spätere Großmeister wurde 1744 im heute abgebrochenen Schloss Bollheim (Stadt Zülpich) geboren. Er wurde 1748 Novize des Malteserordens und 1757 Page des Großmeisters Pinto. Nach kurzer Rückkehr in die Heimat residierte er seit 1762 ununterbrochen auf Malta und stieg in der Ordenshierarchie auf. Er wurde 1767 Ratsmitglied der Deutschen Zunge und 1775 deren Kandidat für die Wahl des Großmeisters sowie im gleichen Jahr chargé d’affaires des Alten Reiches im Ordensstaat.
Behauptungen über seine Mitgliedschaft in der Loge der Freimaurer auf Malta dürften ebenso abzulehnen sein, wie eine Mitgliedschaft bei den Illuminaten. »Die private Seite« des späteren Großmeisters ist nur spärlich, insbesondere aus dem Briefwechsel mit Mutter und Brüdern, zu erschließen. Mit einer Mätresse hatte er mehrere Kinder. Seine hohen Schulden werden immer wieder erwähnt. Der Eid der Professritter auf Armut, Keuschheit und Gehorsam wurde am Ende des 18. Jahrhunderts immer weniger befolgt, was die Aufklärung zu weiteren Angriffen auf den Orden bewog.
Die Zusammensetzung des Ordens aus dem Adel hatte diesen bis dahin in seiner bisherigen Substanz erhalten, wenn auch unter der absolutistischen Leitung von Großmeister Pinto de Fonseca (1741–1773) Probleme innerhalb des Ordens entstanden, die sich insbesondere um die Person des Großmeisters drehten, zumal als der Nachfolger Pintos Ximenes de Texada (1773–1775) Reformmaßnahmen nicht durchsetzen konnte. Die für den Orden gefährlichen Strömungen dieser Zeit haben Hompeschs Karriere mitbestimmt. Der Orden wurde durch die drei französischen Zungen mit ihren sechs Prioraten, vier Balleien und 219 Kommenden maßgeblich bestimmt. So wurde 1775 mit Emanuel Rohan de Polduc wieder ein französischer Ritter Großmeister.
Die Französische Revolution und die Enteignung der Kirchengüter in Frankreich stürzte den Orden in eine finanzielle Krise mit zahlreichen Sparmaßnahmen. Diese Situation ließ den Orden eine pragmatische Haltung zu den im Mittelmeer neu erscheinenden Mächten einnehmen, wie Handelsverträge mit England und den Vereinigten Staaten sowie das Verhältnis zu Russland beweisen.
Die Entwicklungen werden jeweils in ihren Verbindungen zur europäischen Politik gezeigt. Der Orden öffnete sich für die mediterranen und griechischen Ambitionen der russischen Politik, was nach der Thronbesteigung Zar Pauls I. 1796 weiter zunahm. Hompesch war in diese Entwicklungen bereits vor seiner Wahl zum Großmeister eingebunden. Nach dem Tode von Großmeister Rohan wurde die bislang schwache deutsche Zunge erheblich gestärkt, was im Juli 1797 zur Wahl Hompeschs zum Großmeister führte, obwohl er als hochverschuldeter Ritter eigentlich von der aktiven und passiven Wahl ausgeschlossen gewesen war.
Hompesch wandte sich nach seiner Wahl den russischen Wünschen weiter zu. Innenpolitisch begann er auch die maltesische Bevölkerung zu entlasten. Die Gefahren für den Ordensstaat stiegen weiter an. Das französische Direktorium beschloss bereits im September 1797 Malta zu besetzen. Dieser Beschluss wurde im Juni 1798 durchgeführt. Die französischen Ritter in Malta neigten vielfach Frankreich zu, zumal Hompesch entschlusslos war. Die zugesagte Unterstützung der englischen Flotte unter Nelson wurde nicht beachtet und Malta an die französische Armee unter Napoleon übergeben, wobei Verrat französischer Ritter diese Vorgänge zusätzlich unterstützt hat.
Die maltesische Bevölkerung hat die Vorgänge abgelehnt. Die trotz starker Befestigungen fast kampflose Übergabe Maltas an die Franzosen fand starken Widerhall bei Ordensrittern und Zeitgenossen, wobei das Trauma des Verrats den Verlust des Ordensstaats überdeckte. Der als inkompetent und überfordert dargestellte Großmeister wurde durch seine mit Napoleon geschlossene „Konvention“, die eine Kapitulation war, teilweise des Verrats beschuldigt. Er war der wachsenden Zahl von Jakobinern im Orden nicht entgegen getreten. Der Bankier und Bevollmächtigte des Großmeisters, Antonio Poussielgue, hatte enge Verbindungen zu Napoleon. Hompesch wurde von den Franzosen gezwungen, nach wenigen Tagen Malta zu verlassen.
Während Hompesch nach Triest ging, brach auf Malta ein Aufstand gegen die Franzosen aus, die die bisherige Verwaltung des Landes nach dessen Übernahme umgebaut hatten. Proteste Hompeschs aus seinem Exil gegen die Vertreibung des Ordens aus Malta blieben wirkungslos. Er wurde deshalb von Angehörigen der russischen Zunge des Ordens abgesetzt und Zar Paul I. im November 1798 zum neuen Großmeister gewählt. Da sich die Maßnahmen Hompeschs als nutzlos herausstellten, dankte er am 6. Juli 1799 als Großmeister ab und zog im September nach Laibach um. Die römische Kurie hat die Wahl von Zar Paul als Großmeister nicht anerkannt, sondern für eine kanonisch richtige Nachfolgeregelung gesorgt.
Hompesch selbst ist wegen finanzieller Ansprüche an Frankreich nach Montpellier gezogen und dort am 12. Mai 1805 in finanziell sehr bedrängter Lage gestorben und beigesetzt worden. Die Studie will die Leistungen und Taten des letzten Großmeisters des Ordens auf Malta nicht beurteilen, sondern die Quellen und Zeitgenossen sprechen lassen und es damit der Leserin bzw. dem Leser überlassen, sich ein Urteil zu bilden.
Der deutsche Großmeister hat weder innerhalb des Ordens noch als Landesherr Maltas Stärke gezeigt oder sich sonstige bleibende Verdienste errungen. Es ging ihm maßgeblich um sein eigenes Wohlleben und seine Ansprüche, dem er vieles unterordnete. Die Studie ist nicht nur für den Ordensstaat, sondern auch für den Adel am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert aufschlussreich. Die künftige Forschung zum Malteserorden muss diese treffliche Studie beachten. Sie dürfte auch für die Haltung des französischen Adels zur Politik des jungen Napoleon von Interesse sein.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Immo Eberl, Rezension von/compte rendu de: Thomas Freller, Großmeister – Fürst – Exilant. Ferdinand von Hompesch – eine politische Biographie, St. Ottilien (EOS Verlag) 2019, 483 S., zahlr. Abb. u. Pläne, ISBN 978-3-8306-7968-4, EUR 39,95., in: Francia-Recensio 2020/3, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.3.75509