Mit dem Band präsentieren die Herausgeber auf insgesamt 432 Seiten neben einem wissenschaftlichen Teil den Katalog zur Ausstellung »Zeitenwende 1400. Hildesheim als europäische Metropole«, die vom 1. Oktober 2019 bis zum 2. Februar 2020 im Dommuseum Hildesheim stattfand.

Der Druck wurde mit Unterstützung von Unternehmen und kulturellen Einrichtungen aus dem Hildesheimer Raum ermöglicht. An der Konzeption des Bandes waren zahlreiche, nicht nur lokale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Museumsbereich und angrenzenden historischen Fächern beteiligt. Neben dem Vorwort umfasst das Buch 21 wissenschaftliche themenbezogene Aufsätze, denen der umfangreiche Ausstellungskatalog sowie die Register folgen.

Die viermonatige Ausstellung präsentierte viele Kunstwerke, z. T. mit Leihgaben aus bekannten internationalen Museen, aus der Zeit um 1400 im kulturellen Kontext Hildesheims, Niedersachsens und Europas. Die Leiterin des Dommuseums Claudia Höhl begründet einleitend die Entscheidung zur Ausstellung sowie deren Konzeption. Zum einen erlebten Norddeutschland und Hildesheim um 1400 eine »wirtschaftliche und kulturelle Blüte«, zum anderen war trotz Pest und Kriegen diese Zeit von »geistigen Reformbewegungen und wirtschaftlich-sozialen Veränderungen« betroffen. In diesem Kontext und aufgrund der breiten europäischen Verflechtung der Stadt entstanden in Hildesheim selbst sowie in ganz Europa herausragende Kunstwerke (S. 15), sodass Claudia Höhl Hildesheim als »europäische Metropole« tituliert (S. 23).

Der umfangreiche Aufsatzteil (S. 15–228) beschäftigt sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten der Politik, Kunst und Kultur der Geschichte Hildesheims und Niedersachsens seit dem frühen Mittelalter, z. B. mit Formen der Frömmigkeit, Beispielen von Kunstwerken aus Hildesheim sowie mit gesellschaftlichen Einrichtungen der Stadt Hildesheim im Mittelalter. Hervorzuheben aus den vielen Beiträgen zur Geschichte Hildesheims ist z. B. der Beitrag von Martina Giese zur Verehrung der Bischöfe Bernward und Godehard im Hochmittelalter, der sich auf ein einschlägiges Quellenstudium (Urkundenbücher u. a.) stützt. So sind bereits aus dem 11. und 12. Jahrhundert bemerkenswerte Hildesheimer Kunstwerke, vor allem Handschriften, überliefert (S. 40).

Gerhard Lutz stellt in seinem gut recherchierten Beitrag ausführlich europäische Bildwerke des gekreuzigten Jesus zwischen 1350 und 1450 vor und gelangt zu der These, dass es um 1400 eine große Menge an Holzkruzifixen gegeben haben muss, von denen heute nur noch wenige bekannt sind (S. 76). Natalie Kruppa thematisiert am Beispiel des Gerhard von Schalksberg einen Hildesheimer Bischof kurz vor der Zeitenwende, dem zahlreiche Aufgaben in der Rosenstadt oblagen (S. 106).

Jörg Vogt stellt seinerseits dar, dass Hildesheim im Spätmittelalter auch ein Ort geistlicher Frauengemeinschaften war, zu denen z. B. der wichtige Orden der Magdalenerinnen zählt. Die Frauenorden prägten »das geistliche Leben in Hildesheim« spürbar (S. 137).

Einen beeindruckenden Rundgang durch die Sakralarchitektur der Kirchen Hildesheims macht Christan Scholl in seinem Beitrag. Dieser ist vor allem als Lektüre für Besucherinnen und Besucher dieser Stätten sowie Touristen geeignet. Die Sakralarchitektur sei, so Scholl, schon »im 13. und 14. Jahrhundert auf der Höhe der Zeit« gewesen (S. 177). Michael Schütz berichtet in seinem Beitrag von der Stadtgesellschaft Hildesheims um 1400, in der vor allem das Verhältnis von Rat und Bürgerschaft zum Klerus von Spannungen geprägt war (S. 204).

Der sich dem Aufsatzteil anschließende Katalog (S. 229–412) der Ausstellung stellt insgesamt 90 verschiedene Kunstwerke bzw. Exponate vor, die von dem gesamten Repertoire der Ausstellung zeugen. Von jedem Kunstwerk – Reliquiare, eucharistische Gefäße, Kruzifixe, Handschriften, Gemälde, Plastiken usw. – gibt es eine Abbildung, die Daten zur Provenienz, eine genaue Beschreibung sowie Verweise auf Literatur.

Die große Mühe, die sich alle wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Beteiligten an der Ausstellung im Dommuseum gemacht haben, spiegelt sich im gesamten Band wieder. Der Leserin bzw. dem Leser wird ein breiter historischer Rahmen zum Verständnis der »Zeitenwende um 1400« als auch zur Stadt Hildesheim – von damals bis heute – geboten. Die Aufsätze sind daher sowohl für wissenschaftlich Interessierte als auch für Personen einschlägig, die nach dem Besuch der Ausstellung noch weitergehende und ergänzende Informationen erhalten möchten.

Alle Beiträge weisen inhaltlich auf die Ausstellung und somit auf den sich anschließenden Katalogteil hin, der durch seine durchweg qualitativ hochwertigen Abbildungen der ausgewählten Kunstwerke und einschlägigen Erklärungen besticht. Auf diese Weise erhalten auch Leserinnen und Leser, die die Ausstellung nicht besuchen konnten, einen beeindruckenden Einblick in die Exponate. Inhalte und Konzeption der Ausstellung werden bestens vermittelt. Auch optisch ist der Band äußerst ansprechend gestaltet (guter Spaltendruck, Glanzpapier usw.).

Das Buch ist ein Muss für alle, die sich neben der Hildesheimer und niedersächsischen Geschichte auch für die allgemeine deutsche und europäische mittelalterliche Kunstgeschichte interessieren. Es gehört in jede Fachbibliothek.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Maik Schmerbauch, Rezension von/compte rendu de: Claudia Höhl, Gerhard Lutz (Hg.), Zeitenwende 1400. Hildesheim als europäische Metropole um 1400, Regensburg (Schnell & Steiner) 2019, 432 S., 306 farb., 13 s/w Abb., ISBN 978-3-7954-3462-5, EUR 35,00., in: Francia-Recensio 2020/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.3.75554