Die Arbeit wurde als Dissertation 2017 von der Universität Freiburg angenommen. Eine umfangreiche Einleitung führt in die Studie, vor allem in Forschungsstand und Quellenlage, ein. Obwohl diese für den Untersuchungszeitraum sehr gut ist, wurde das burgundische Erbe der Staufer von der deutschen Mediävistik wenig beachtet. Insbesondere das bisher gezeichnete Bild des Pfalzgrafen Otto I., Sohn Barbarossas, als aggressiver Territorialpolitiker wurde in der französischen und deutschen Forschung ohne weitere Untersuchungen übernommen.

Mit einer Darstellung der Vorgeschichte der Grafschaft Burgund wird die Studie eröffnet. In drei Unterabschnitten werden zuerst Entstehung und Entwicklung der Grafschaft vom 10. bis zum 12. Jahrhundert gezeigt, um anschließend die Heirat Friedrichs I. Barbarossas mit Beatrix von Burgund zu untersuchen, die die Grafschaft Burgund in die staufische Familien- und Herrschaftspolitik einbezog. Zuletzt wird die Stellung des Kaiserpaares in der als »rechtlich gesonderten Herrschaftskomplex« angesehenen Grafschaft bis 1180 behandelt, die zuletzt einem noch unbestimmten Nachfolger eine Grundlage für dessen künftige Herrschaft schaffen sollte.

Im ersten Hauptteil der Arbeit werden die »Akteure« in der Zeit nach Friedrich Barbarossa untersucht. Drei Einzelstudien behandeln Pfalzgraf Otto I. († 1200), dessen Ehefrau Margaretha von Blois († 1230) und deren Schwiegersohn Pfalzgraf Otto II. († 1234) aus der Familie Andechs. Dabei wird jeweils ihr familiärer Hintergrund mit Geschwistern, weiteren Eheschließungen, ihrer Rangstellung mit Titulaturen, Siegeln, ihrer Stellung in den herrschaftlichen Zeugenlisten, der Wahl ihrer Begräbnisorte und den Orten ihres Totengedenkens zusammengestellt.

Der zweite Hauptteil, »Anerkannte Macht und praktizierte Herrschaft«, geht auf die Akzeptanz der Staufer in der Grafschaft Burgund im Spiegel der Urkunden und deren Zeugenlisten mit dem wiederkehrenden Auftreten bestimmter Personen ein. Im Anschluss wird die Herrschaftspraxis mit ihren Mitteln und Methoden näher betrachtet. Im ersten Schritt werden hier die Orte der Herrschaft der Pfalzgrafen vorgestellt, die weniger flächenhaft strukturiert als auf einzelne Burgen und kleinere Siedlungen ausgerichtet war. Die Burgen waren dabei Verwaltungssitze. Ein gezielter Ausbau der burgi in Ausrichtung auf eine Stadtentwicklung kann im Untersuchungszeitraum nicht nachgewiesen werden.

In einem zweiten Schritt werden der Hof der Pfalzgrafen und sein Personal untersucht. Doch lassen sich Hofämter kaum feststellen: die Quellen erwähnen nur ein einziges Mal einen Kämmerer. Das burgundische Legatensystem und die Pröpste werden eingehend betrachtet. Die Legaten werden in einer detaillierten Prosopografie mit einer Analyse ihrer heterogenen Bezeichnungen und Siegel erfasst und samt den Legatenurkunden zusammengestellt. Es zeigt sich dabei, dass diese von Friedrich I. Barbarossa erstmalig in Burgund eingesetzten Amtsträger Veränderungen erfahren haben. Sie waren zwar weitgehend auf die Rechtsprechung beschränkt, konnten aber bei Bedarf auch auf anderen Gebieten eingesetzt werden.

Die kaiserlichen Legaten hatten in dem Zeitraum zwischen dem Tod der Kaiserin Beatrix und dem Beginn der Herrschaft von Pfalzgraf Otto I. 1188/1189 eine größere Bedeutung. Der junge Pfalzgraf hat im Anschluss selbst Legaten eingesetzt. Konrad von Scharfenberg, der Legat in Burgund war und nach dem Tode Ottos I. als Bischof von Speyer und amtlicher Vertreter König Philipps von Schwaben zwischen 1202 und etwa 1205 zusammen mit der Pfalzgräfin Margarethe die Pfalzgrafschaft verwaltete, hat eine besondere Stellung eingenommen.

Dieses Instrument stellvertretender Herrschaft verschwand unter Pfalzgraf Otto II. Die Staufer haben im Unterschied zu den Legaten die Pröpste als burgundische Amtsträger übernommen und vielleicht in ihrer Zahl vergrößert. Die Pröpste entstammten überwiegend dem burgundischen Adel. Sie waren anscheinend als Inhaber der nicht erblichen Propstämter ein Ersatz für die in Burgund nicht vorhandene Ministerialität.

Ein letzter Schritt untersucht die Herrschaftspraxis der Pfalzgrafen im Rahmen von deren Urkundenwesen mit den Vergabungen und Privilegien, den Verträgen mit geistlichen Institutionen und den über die Lehnsbeziehungen ausgestellten Urkunden. Der dritte Hauptteil, »Aushandlungen«, fasst das politische Auftreten der Akteure gegenüber ihren Nachbarn und Kontrahenten in den Blick. Zuerst werden die Konflikte von Pfalzgraf Otto I. zwischen 1192 und 1200 besprochen und anschließend sein Bild in den zeitgenössischen »Marbacher Annalen«, der »Ebersheimer Chronik« und der »Kölner Königschronik« gezeigt, um dann die Beteiligten in den Konflikten zwischen 1195 und 1200 ausgehend vom Pfalzgrafen Otto I. über Graf Stephan III. von Burgund, die Grafen von Mömpelgard und Pfirt sowie zuletzt die Herren von Hüneburg vorzustellen.

Pfalzgraf Otto und seine beiden Brüder Heinrich und Philipp haben in ihrer Politik insgesamt gesehen eine gemeinsame Linie verfolgt. Dies ergibt sich aus der ungestörten Herrschaft Ottos in Burgund. Durch seine tödlichen Anschläge, insbesondere durch den Mord an Graf Ulrich von Pfirt, den Bruder des Straßburger Bischofs, hat Pfalzgraf Otto eine sich steigernde Krise der staufischen Herrschaft entstehen lassen, die sich zuletzt zum Thronstreit von 1198 ausweitete.

Über Ottos Witwe Margarethe wird die Untersuchung in gleicher Form zu Pfalzgraf Otto II. von Andechs-Meranien geführt. Dieser hatte mit dem von seinen übrigen Herrschaften weit entfernten Burgund Probleme, die eingehend betrachtet werden. Er verpfändete 1227 die Grafschaft Burgund an Graf Theobald IV. von der Champagne und zog sich auf seine übrigen Güter zurück. Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung und eindrücklichen Exkursen über das Urkundenwesen der Pfalzgrafen von Burgund und der höfischen Dichtung an ihrem Hof.

Das beeindruckende Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Urkundenanhang mit einem Siegelkatalog, verschiedene Stemmata und eine Reihe von Karten und Abbildungen runden das Werk ab. Die Arbeit reicht weit in den heutigen französischen Raum hinein und gibt zahlreiche Hinweise für die weitere Forschung in dieser Region. Sie schließt eine seit langer Zeit bestehende Lücke der mediävistischen Forschung und geht über den Rahmen einer üblichen Dissertation weit hinaus.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Immo Eberl, Rezension von/compte rendu de: Clemens Regenbogen, Das burgundische Erbe der Staufer (1180–1227). Zwischen Akzeptanz und Konflikt, Ostfildern (Jan Thorbecke Verlag) 2019, 622 S., 18 farb. Abb., 8 Kt., 3 Stemmata (Mittelalter-Forschungen, 61), ISBN 978-3-7995-4382-8, EUR 75,00., in: Francia-Recensio 2020/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.3.75568