Denkmäler sind ganz wesentliche Symbole der Aneignung und Deutung der Vergangenheit und nicht zufällig entzünden sich innergesellschaftliche Konflikte an der Legitimität ihrer Aussagen. Revolutionäre Umbrüche werden nicht selten von Denkmalstürzen begleitet, die realen oder vermeintlichen Repräsentanten der alten Ordnung von ihrem Sockel gestoßen und neue Bedeutungsträger oder Symbole an deren Stelle gesetzt. Denkmäler und die sie begleitenden Debatten spiegeln historische Prozesse – so auch die aktuelle Auseinandersetzung über die Rolle von Rassismus und Kolonialismus in den westlichen Gesellschaften, die teilweise in massiven Angriffen auf Denkmäler gipfelt.

Auch wenn die damit einhergehende Forderung nach ihrer Zerstörung kritisch zu hinterfragen ist, zeigt sich doch in der hochemotionalen Debatte die zentrale Rolle, die in einer Gesellschaft Denkmälern als Bedeutungsträgern und identitätsstiftendem Element zukommt. Dies gilt auch für eine spezifische Form der Totenehrung in Form von Kriegerdenkmälern, die sich seit der französischen Revolution und mit der Entstehung der Nationalstaaten entwickelt hat: die Ehrung derjenigen, die für das Vaterland starben.

Sie ist Gegenstand der beiden von Frank Jacob und Kenneth Pearl herausgegebenen Bände »War and Memorials«, in denen der Bogen von den preußischen Freiheitskriegen im ersten Band (»The Age of Nationalism and the Great War«) bis zum nationalen Unabhängigkeitskrieg in Simbabwe im zweiten Band (The Second World War and Beyond) gespannt wird. Die insgesamt sieben Beiträge des zweiten Bandes, der Gegenstand dieser Rezension ist, enthalten Fallbeispiele aus ganz unterschiedlichen Ländern und Kontexten die von den USA über Frankreich, Deutschland, Österreich und Jugoslawien bis nach Afrika (Simbabwe) und China reichen und die mit einer Ausnahme die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg zum Gegenstand haben.

In einem ländervergleichenden Beitrag analysiert Sarah Kleinmann die Darstellung von Tätern in Gedenkstätten in Deutschland und Österreich. Sie fragt danach, wie die Ideologie des Nationalsozialismus und seiner Akteure dort dargestellt wird. Wie sie positiv hervorhebt, werden in den Gedenkorten durchwegs allzu einfache Ursachenanalysen und Erklärungsmuster ebenso wie ein allzu inflationärer Gebrauch des Begriffs »Täter« vermieden. Auffällig ist, dass sich die Gedenkorte in Deutschland und Österreich in ihren Gestaltungsformaten ähneln, so dass man von transnationalen Standards in der Präsentation sprechen kann. Die Verfasserin schließt ihren Beitrag mit einem überzeugenden Plädoyer für eine transnationale, globale Analyse der Ursache von Rassismus, Terror und Gewalt. Gerade angesichts des Anstiegs von antidemokratischen, rechtsradikalen, sexistischen und rassistischen Tendenzen sei es wichtig, sich deren historische Vorbilder anzuschauen.

Mit dem zweiten Beitrag des Bandes wird die Frage nach der Erinnerung an die Täter in gewisser Weise weitergeführt. Christopher Michael Elias führt uns in die Normandie zu dem 1961 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) errichteten Soldatenfriedhof La Cambe in dem über 20 000 deutsche Soldaten begraben liegen. In der gewählten Gestaltung des Ortes – einer hybriden Mischung, die sich jeder Klassifizierung entzieht – sieht er den Versuch die eigene Identität neu zu definieren und das erfahrene Trauma zu überwinden.

Wie umstritten und emotional befrachtet die Erinnerung an die Wehrmacht und die deutschen Soldaten in Deutschland war (und teilweise auch noch ist) beschreibt Martina Metzger in dem sich anschließenden Beitrag. Sie fragt danach, welche Rolle der deutsche Widerstand und speziell die Attentäter des 20. Juli für die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und das Erbe der Bundesrepublik spielen. Im Zentrum ihrer Betrachtung steht dabei eine Ehrentafel für das Reiterregiment 17, die 1987 in der Kathedrale von Bamberg eingeweiht wurde.

Aus diesem Reiterregiment rekrutierte sich eine große Zahl an Offizieren, die am Attentat beteiligt waren. Neben Graf von Stauffenberg waren dies noch weitere fünf Offiziere, die zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Für Metzger bedeutet die Ehrung des Reiterregiments eine Veränderung in der Bewertung des Attentats vom 20. Juli 1944, das inzwischen einen Platz in der deutschen Erinnerungskultur gefunden hat.

Ähnliche Prozesse von Verdrängung und Aneignung finden sich auch im nächsten Beitrag von Monika Stromberger. Sie vergleicht die nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1962) errichteten Denkmäler in Slowenien (Jugoslawien) und in der Steiermark (Österreich). Sie kommt zu dem Ergebnis, dass sich trotz aller Unterschiede dabei auch einige Gemeinsamkeiten feststellen lassen. In beiden Ländern wurde die Erinnerungspolitik zunächst dazu benutzt, von innenpolitischen Konflikten der Vorkriegszeit und politischen Versäumnissen abzulenken. Während die Denkmalerrichtung in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Jugoslawien vor allem dazu diente, das Narrativ eines heldenhaften Widerstandskampfes zu propagieren, wurde in Österreich der Opfermythos gepflegt.

Erst nach und nach konnten sich in der Grenzregion Initiativen für ein gemeinsames Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und die gefallenen Soldaten durchsetzen. An diesem Beispiel zeigt sich, welche Bedeutung dezentrale und nichtstaatliche Initiativen bei der Herausbildung der Erinnerungskultur haben können und dass diese keineswegs so einheitlich ist, wie der Begriff dies häufig suggeriert.

Dass jeder Einzelne seine eigene, unverwechselbare Erinnerung an die Vergangenheit mit sich trägt, zeigt der Beitrag von Mark D. Van Ells der sich mit den Kriegstrophäen und Souvenirs beschäftigt, die amerikanische GIs während des Zweiten Weltkriegs (nicht nur) in Europa sammelten. Die Andenken hatten die Funktion, bestimmte Situationen und Erfahrungen wachzurufen. Der Militärdienst bot den GIs eine Begegnung mit der Fremde und wurde somit quasi zu einer Reise, die man durch Mitbringsel verewigte. Viele Soldaten fertigten während ihrer Einsätze aus Munition oder anderem militärischem Material Gegenstände an. Großer Beliebtheit erfreuten sich Kriegstrophäen, die beim Truppenvormarsch erbeutet werden konnten. Eine nicht unerhebliche Zahl der Trophäen verdankt sich nicht zuletzt den zahlreichen Plünderungen, zu denen es dabei kam.

Im nächsten Beitrag von Linh D. Vu geht es um die Herausbildung eines institutionalisieren Totenkults in der Volksrepublik China in den Jahren 1912 bis 1949 durch die Umwidmung von Märtyrerschreinen. In den zahlreichen Kämpfen um Vorherrschaft und politische Macht zwischen dem Ende des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts ließen zwischen 20 bis 30 Millionen Chinesen ihr Leben. Um der zahlreichen Toten zu gedenken und damit gleichzeitig die eigene politische Legitimität zu behaupten, beschloss die nationalistische Regierung die zahlreichen, traditionell dem Ahnenkult geweihten Schreine zur allgemeinen Totenehrung umzuwidmen.

Während diese Strategie in einer ersten Phase in den 1930er-Jahren zumindest teilweise ihren Zweck erzielte, konnte sich ein dauerhafter staatlicher Totenkult allerdings nicht durchsetzen. Dieser Befund ist auf verschiedene historische Ursachen zurückzuführen. Eine wesentliche Rolle spielte dabei das Verbot gegenüber Veteranen, Witwen und Soldatenfamilien, sich zu organisieren und die eigenen Interessen zu vertreten. So konnte sich kein eigenständiger Kult um die gefallenen Soldaten entwickeln. Außerdem dominierte in China der Kult um sozialistische Märtyrer, welcher die Grenze zwischen Militär und zivilem Bereich nivellierte1.

Auch hier zeigt sich wieder die Bedeutung der Zivilgesellschaft als Akteur der Erinnerungskultur. Mit dem letzten Beitrag von Lorna Lueker Zukas über die nationale Gedenkstätte (»National Heroes Acre«) für die Opfer des Unabhängigkeitskriegs in Simbabwe (1980), wird der Gegenstandsbereich nicht nur geografisch sondern auch historisch erweitert. Die Autorin geht darin der Frage nach, ob und in welcher Form die Teilnahme von Frauen am Unabhängigkeitskrieg im Denkmal Eingang gefunden hat. In ihrer detailreichen Beschreibung des Denkmals, seiner Topografie und den verwendeten Skulpturen kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Anteil von Frauen im Kampf um die Unabhängigkeit in angemessener Weise im Denkmal eingeschrieben ist.

Unter den drei Kriegshelden in Uniform, einer zentralen Figurengruppe, die sich über dem Grab des unbekannten Soldaten erhebt, ist eine Frau. Daneben erscheinen weitere Frauen als Handelnde in den sechs Bronzereliefs, in denen die Geschichte des Unabhängigkeitskampfes erzählt wird. An der Art ihrer Darstellung, die sich an klassischen Frauenbildern orientiert, gibt es jedoch durchaus auch Kritik.2 Zahlreiche neuere Publikationen betonen, dass von Gleichberechtigung der Frauen nach der Unabhängigkeit entgegen allen Lippenbekenntnissen keine Rede sein kann3.

Einer Studie von Nhongo-Simbanegavi zufolge4 verstärkte der Krieg die Dominanz der Männer sogar noch. Es fragt sich also, ob der emanzipatorische Impetus des postkolonialen Denkmals nicht wohl vor allem der politischen Legitimation der Befreiungsbewegung dienen und diese damit propagandistisch untermauern sollte.

Auch wenn es insgesamt schwerfällt, den roten Faden in den jeweils für sich genommen durchaus aufschlussreichen Einzelbeiträgen zu erkennen, so hält der Band doch manche Entdeckung bereit. Ein methodisches Problem liegt allerdings darin, dass die Herausgeber der Sammlung ein weites Verständnis von »memorial« zugrunde legen und darunter das reine Kriegerdenkmal ebenso wie die Gedenkstätte oder das Museum und schließlich auch Erinnerungsobjekte fassen und somit verschiedene Medien der Erinnerungskultur angesprochen werden. Diese erfordern jedoch jeweils ganz unterschiedliche theoretische Bezugsrahmen und Analysemethoden.

Die sieben Beiträge, die auf den ersten Blick recht disparat erscheinen, verbindet allerdings eine Erkenntnis: Erinnerung und Gedenken sind stets interessegeleitet. Sie sollten deshalb immer unter einem kritischen Vorbehalt stehen und offen für Revisionen sein. Das gilt auch für Denkmäler und nicht zuletzt für solche, die eine unverblümte Hommage an den Kolonialismus oder seine Befürworter enthalten.

1 Vgl. dazu auch: Neil J. Diamant, Der gescheiterte Kult. Veteranen und Soldatenfamilien in der Volksrepublik, in: Manfred Hettling, Jörg Echternkamp (Hg.), Gefallenengedenken im globalen Vergleich. Nationale Tradition, politische Legitimation und Individualisierung der Erinnerung, München 2013, S. 93 ff.
2 Ngonidzashe Marongwe, Blessed Magadzike, The Challenges of Honouring Female Liberation War Icons in Zimbabwe: Some Discourses about The National Heroes Acre, in: Munyaradzi Mawere, Tapuwa R. Mubaya (Hg.), Colonial Heritage, Memory and Sustainability in Africa: Challenges, Opportunities and Prospects, Bamenda 2016, S. 143.
3 Vgl. Dazu: Tanya Lyons, Guns and Guerilla Girls. Women in the Zimbabwean Liberation Struggle. Trenton, NJ 2004.
4 Josephine Nhongo-Simbanegavi, For Better or Worse? Women and ZANLA in Zimbabwe’s Liberation Struggle, Harare 2000.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Mechthild Gilzmer, Rezension von/compte rendu de: Frank Jacob, Kenneth Pearl (ed.), War and Memorials. The Second World War and Beyond, Paderborn, München, Wien, Zürich (Ferdinand Schöningh) 2018, 220 p. (War (Hi) Stories, 4), ISBN 978-3-506-78823-8, EUR 98,00., in: Francia-Recensio 2020/3, 19.–21. Jahrhundert – Histoire contemporaine, DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2020.3.75676