Eine Kollektivbiografie gleich drei französischer Könige legt Christelle Balouzat-Loubet vor, die sich mit ihrer Dissertation über die Herrschaft der Mahaut von Artois bereits als Spezialistin für die dynastischen Krisen und politischen Transformationen in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgezeichnet hat. Ludwig X., Philipp V., Karl IV. – diese drei Herrscher werden nicht selten in einem Atemzug genannt, da sie als Söhne Philipps IV. nach dessen Tod 1314 jeweils nur für kurze Zeit das Szepter führten.

Philipp IV. selbst herrschte lange, und seine Regierungszeit gilt als wichtige Formierungsphase des monarchischen Staates in Frankreich, die gleichermaßen das Interesse von Forschung und Öffentlichkeit gefunden hat. Demgegenüber liegen für die Zeit der Söhne Philipps zwar verdienstvolle Studien etwa von Élisabeth Lalou, Elizabeth A. R. Brown und Olivier Canteaut vor, aber eine Überblicksdarstellung blieb Desiderat, und Christelle Balouzat-Loubet möchte ausdrücklich eine Synthese der jüngeren Forschung bieten (S. 15). Als zweite Aufgabe verfolgt sie die Revision des vorherrschenden Bilds der drei Söhne Philipps IV., deren politische Biografien zumeist auf die kapetingische Sukzessionskrise und den Beginn des Hundertjährigen Krieges reduziert wurden.

Nach einer knappen Einleitung mit kursorischer Sichtung von Geschichtsbildern, Forschungslage und Quellenüberlieferung (S. 11–17) finden sich gut platziert ein Stammbaum der Kapetinger und jeweils eine Karte des Königreichs Frankreich sowie des Palais de la Cité, die das Verständnis der folgenden Lektüre erleichtern. Der Hauptteil des Buchs gliedert sich in vier chronologische und etwa gleichlange Kapitel, die sich stringent aneinanderreihen. Während sich das erste Kapitel der gemeinsamen Jugend »im väterlichen Schatten« widmet, behandeln die drei darauffolgenden Kapitel jeweils die Regierungszeit eines der drei Brüder.

Im ersten Kapitel (S. 23–63) überblickt Balouzat-Loubet die Jugend und Ausbildung der drei Söhne Philipps IV. und bietet relevante Kontextinformationen. Der väterliche Hof als Ort fürstlicher Erziehung wird ebenso beleuchtet wie die politische Kultur der Monarchie unter Philipp IV., die prägend gewesen sei für die drei späteren Könige. Dabei changiert Balouzat-Loubet zwischen individuellen Punkten in den Biografien der Prinzen (beispielsweise ihren ersten Kriegsübungen) und allgemeinen Ausführungen, etwa zu Regierungsinstitutionen, der Fürstenspiegelliteratur oder auch dem Herrscher auf Reisen. Am Ende des ersten Kapitels steht mit Schwertleite und Hochzeit die Schwelle zum Erwachsenenalter, wobei Balouzat-Loubet (wie für das ganze Buch festzustellen) biografische mit dynastischen Perspektiven verbindet.

Das zweite Kapitel (S. 65–106) behandelt Ludwig X. (1314–1316) als einen »König des Übergangs«. Obwohl ihm die kürzeste der drei Regierungszeiten beschieden war, fällt dieser Abschnitt des Buchs sogar seitenstärker aus als die folgenden Kapitel zu seinen Brüdern. Balouzat-Loubet skizziert, wie sich der ehemalige Regierungszirkel um Philipp IV. unter seinem Sohn Ludwig transformierte, sodass sich zum einen neue Ratgeber etablierten, aber auch Karl von Valois als Bruder des verstorbenen Philipp IV. und damit Onkel Ludwigs wie seiner Brüder zu neuem Einfluss gelangte. Die eigene Regierungstätigkeit Ludwigs wird dann zum einen mit Blick auf die Adelsligen analysiert, die sich gegen die Steuerpolitik Philipps IV. formiert hatten und durch Zugeständnisse besänftigt werden mussten, sowie zum anderen anhand der Einflussnahme der französischen Krone während der zweijährigen Sedisvakanz nach dem Tod von Papst Clemens V.

Im dritten Kapitel (S. 107–138) wird die Regierungszeit Philipps V. (1316–1322) untersucht, deren Anfänge durch die unsichere Herrschaftsnachfolge geprägt waren: Philipp agierte zunächst als Regent und konnte den Thron erst besteigen, als Ludwigs posthumer Sohn Johann I. wenige Tage nach der Geburt starb. Die Signatur der Herrschaft Philipps V. sieht Balouzat-Loubet vor allem in einer Rationalisierung der königlichen Verwaltung, wobei Philipp klug zwischen Tradition und Innovation abgewogen und sich aktiv um die Regierungsgeschäfte gekümmert habe. Am Ende des Kapitels stehen verschiedene Krisen der Regierungszeit Philipps, angefangen bei der strittigen Erbfolge im Artois und Unruhen in Flandern über eine Kometensichtung bis hin zu den Pogromen gegen Juden und Leprosen, die Philipp jeweils eine Gelegenheit geboten hätten, seine »politische Intelligenz« zu beweisen.

Das letzte Kapitel (S. 139–166) befasst sich mit Karl IV., unter dessen Herrschaft die verschiedenen Krisen schließlich kulminiert seien. Dynastisch war zunächst die erste Ehe Karls mit der als Ehebrecherin diffamierten Blanca zu lösen und im Anschluss eine neue Gattin zu suchen, was Balouzat-Loubet vor allem als dynastisch-politische Entscheidung verständlich macht. In Regierungsgeschäften habe sich Karl weniger eifrig als sein Bruder Philipp gezeigt, aber auch Karl habe sich ein Umfeld von Beratern und Vertrauten geschaffen, die seine Herrschaft stützten. Die wirtschaftliche Krise habe schließlich zu neuen Ansätzen in der Steuerpolitik und Finanzverwaltung geführt. Eine besondere Herrschaftsstrategie Karls IV. sei ferner das Reisen gewesen.

Ein knappes Fazit (S. 167–169) bilanziert die Neubewertung der drei Herrscherpersönlichkeiten und stellt die Verdienste der drei Könige heraus, mit denen sie einen Beitrag zu den Fundamenten der späteren Nation Frankreich geleistet hätten.

Insgesamt informiert Christelle Balouzat-Loubet ihr Publikum in gut lesbarer Fachprosa mit zahlreichen Kontextinformationen. Neben der klassischen Herrschaftsgeschichte nutzt sie nicht zuletzt Ansätze einer Kulturgeschichte des Politischen. Insbesondere die wiederkehrenden Rituale spielen in ihrem Buch eine prominente Rolle und das auch zu Recht. Allerdings fragt sich der Rezensent gerade hier, ob eine andere Gliederung nicht zielführender gewesen wäre, die es beispielsweise erlaubt hätte, die Rituale in einem eigenen Kapitel zu behandeln. Da dem Werk lediglich ein Personenindex beigegeben ist, lassen sich relevante Passagen etwa zu Taufen und Begräbnissen nicht gezielt ansteuern.

Wer sich erstmals mit den drei Königen befasst, dem bietet Balouzat-Loubet fundierte Einblicke. Der Endnotenapparat bietet zusätzliche Erklärungen als Verständnishilfen und Hinweise zur Literatur, seltener auch zu Quellen, während der farbige Abbildungsteil sowohl Herrschaftsinsignien, Funeralkultur und nicht zuletzt die Personendarstellungen der zeitgenössischen Buchmalerei illustriert. Bei der Breite des bearbeiteten Feldes bleibt es nicht aus, dass zu Einzelaspekten nicht alle maßgeblichen Studien genannt werden, etwa betreffend die Verfolgung von Juden und Leprosen unter Philipp V., wo auf die Publikationen von Malcolm Barber, David Nirenberg und anderen zu verweisen wäre.

Insgesamt bietet die Bibliografie einen guten Überblick über die einschlägige französischsprachige, teilweise auch die anglofone Forschung. Grundlegende Quellencorpora werden ebenso aufgeführt wie ältere Publikationen, wovon besonders Studierende profitieren können. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den drei Königen und der Herrschaftsgeschichte des 14. Jahrhunderts macht allerdings weiterhin die Nutzung der Studien nötig, deren Ergebnisse Christelle Balouzat-Loubet für ein breites Publikum anschaulich bündelt.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Willem Fiene, Rezension von/compte rendu de: Christelle Balouzat-Loubet, Louis X, Philippe V, Charles IV. Les derniers Capétiens, Paris (Passés composés/Humensis) 2019, 208 p., 4 p. de pl., cartes, tabl. généal., ISBN 978-2-3793-3161-9, EUR 19,00., in: Francia-Recensio 2021/1, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2021.1.79488