Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um den Aufsatzband zur gleichnamigen Tagung, die vom 26. bis 27. Oktober 2012 im ehemaligen Dominikanerkloster in Pirna veranstaltet wurde. Erweitert wird der Band durch vier Beiträge, die im Zusammenhang mit einer Tagung aus dem Jahr 2009 zu den Leipziger Dominikanern, ihrem Studium und die Universität im Mittelalter entstanden und die hier aktualisiert Aufnahme finden. Gleich zu Beginn sei angemerkt, dass trotz der Zeitspanne, die zwischen der Pirna-Tagung und der Veröffentlichung liegt, der Tagungsband nichts an seiner Relevanz eingebüßt hat. Die Beiträge stehen für das hohe Niveau des in Sachsen geführten Forschungsdiskurses zur regionalen Ordensgeschichte, der durch die Tätigkeiten zum Klosterbuch am Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde eine Vielzahl neuer Impulse erhalten hat.

So führen die Herausgeber und die Herausgeberin in der Einleitung aus, auf welchen bisherigen Forschungen die gegenwärtige Beschäftigung mit den geistlichen Gemeinschaften in Sachsen aufbauen kann. Diesem informativen Exkurs in die Wissenschaftsgeschichte folgt eine essayartig gehaltene Betrachtung zu den gegenwärtigen Klosterbuchpublikationen. Aufbauend auf dem in den 1990er Jahren entwickelten Handbuchschema des »Westfälischen Klosterbuchs«, übernehmen sie die dort erarbeiteten methodischen Impulse und modifizieren sie entsprechend den regionalen Besonderheiten. Die Klosterbücher bieten, so Heinz-Dieter Heimann, landeskulturgeschichtliche Grundlagenforschung, erläutern die Raumwirkung von geistlichen Gemeinschaften durch deren Besitzstrukturen, zeigen die sozialen und politischen Verflechtungen mit dem weltlichen Umfeld auf und legen die kulturhistorische Relevanz der Gemeinschaften durch ihr reiches dingliches Erbe auch weit über deren Bestehen hinaus dar.

Die folgenden Beiträge stehen für das große Spektrum an Forschungsausrichtungen im Vorfeld der Herausgabe des »Sächsischen Klosterbuchs«. Im Bereich der prosopografischen Untersuchungen erörtert Enno Bünz eine Reihe von neuen Details zum Leben des Dominikanermönchs und sogenannten Ablasspredigers Johann Tetzel aus Pirna, wobei er die bisherige Forschung kritisch sichtet. Hans-Peter Schmit geht am Beispiel von Martin von Lochau, Abt von Altzell, der Entwicklung des Klosterhumanismus nach, der im Zusammenspiel von geistlichem Wirken und geistigem Leben im Umfeld der Leipziger Universität in Sachsen eine weit über die Landesgrenzen hinausreichende Bedeutung erlangte. Im Bereich der Ordensforschung zeigt Peter Dänhardt die Ansiedlung des Servitenordens in Sachsen auf und erläutert u. a. am Beispiel des Klosters Mutzschen die engen Bande zwischen dem Orden und den lokalen politischen Eliten, in diesem Fall Heinrich III. von Starschedel, die Klostergründungen als Darstellung größter Frömmigkeitsbestrebungen nutzten.

Antje Janina Goring bringt anhand eines dezidierten Quellenstudiums und unter Heranziehung archäologischer Untersuchungen eine genaue Übersicht der in Mitteldeutschland gegründeten Antoniterniederlassungen. Dabei gelingt es ihr, drei in der älteren Forschung dem Orden zugeordnete Niederlassungen als falsche Zuschreibungen zu identifizieren. Jörg Voigt widmet sich in seinem Beitrag den Anfängen der Magdalenerinnenklöster in Freiberg und Großenhain. Er beschreibt den Fördererkreis, der sich aus der Person Markgraf Heinrichs von Meißen und der wettinischen Ministerialität zusammensetzt, und verifiziert deren Beweggründe für die Gründung der Konvente.

Einen wichtigen Bereich innerhalb der Bettelordensforschung beleuchtet Jens Klinger mit seinen Ausführungen zum Terminierwesen in Sachsen. Er analysiert anhand des Quellenbestands die ökonomische Bedeutung dieses Bereichs klösterlichen Lebens, zeigt aber auch auf, welche organisatorischen und rechtlichen Schwierigkeiten sich ergaben, als die Bettelorden sich in observante und konventuale Zweige teilten und beide Richtungen nun die Ressourcen teilen mussten.

Dem Aufbau und Leben innerhalb ausgewählter Niederlassungen widmen sich weitere Autoren und zeigen auf, welche wichtigen Erkenntnisse gerade die interdisziplinären Ansätze liefern. Die Ausführungen von Fabian Gall zu den archäologischen Untersuchungen am Zisterzienserkloster Buch bei Leising machen dies deutlich. So deckten die Grabungen neben den aus der schriftlichen Überlieferung bekannten Räumlichkeiten auch weitere Gebäudestrukturen auf, deren Nutzung noch nicht vollständig rekonstruiert werden konnte. Anhand einer neuen und genaueren Quellendurchsicht vermochte Klaus Fröhlich den bisher falsch datierten Umzug des Kollegiatstifts St. Georg von Großenhain nach Zscheila in den Zeitraum 1241/1242 zu legen. Neben dem Schriftgut ist es auch die um 1300 oder bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts datierte Ausmalung der Stiftskirche, die mit ihrem ikonografischen Programm die neue, herausgehobene Funktion des Kirchenbaus unterstreicht.

Aus rechtshistorischer Sicht nähert sich Alexander Sembdner dem Untersuchungsbereich der Klostervogtei und den sich immer wieder zwischen dem Konvent und dem weltlichen Vogt entwickelnden Konfliktpotenzial, da dieser teils wie ein Eigenkirchenherr einen weitreichenden Eingriff in die innerklösterlichen Belange vornahm. Anhand zweier Beiträge, der Aufhebung der Johanniterkommenden im Zittauer Land und der Aufhebung des Benediktinerinnenklosters Gringswalde, erläutern die Autoren Petr Hrachovec und Michael Wetzel die vielfältigen Formen reformatorischen Vorgehens, die schließlich zur Aufhebung der geistlichen Gemeinschaften führten. Die Beispiele machen deutlich, dass sich der Aufhebungsprozess über ein bis zwei Generationen zog, je nachdem wie konsequent ein Konvent sich gegen die Maßnahmen stellte und wieviel Toleranz von Seiten der Landesherren diesem Handeln entgegengebracht wurde.

Den Abschluss bilden die oben erwähnten vier Beiträge der Autoren Hartmut Mai, Rudolf Hiller von Gaertringen, Jörg Voigt und Christoph Volkmar zu den Leipziger Dominikanern. Ihre Untersuchungen zur Bau- und Kunstgeschichte, zur Selbstwahrnehmung des Leipziger Konvents, der Interaktion des Konvents mit weiteren geistlichen Einrichtungen in der Stadt und schließlich den Beziehungen der Mönche zu den Landesherrn spiegeln die Bandbreite der zu erwartenden Artikel im »Sächsischen Klosterbuch« gut wider. Es ist das bereits in den anderen Klosterbüchern praktizierte interdisziplinäre Vorgehen, das auch hier einen großen Erkenntniszuwachs zu den geistlichen Einrichtungen in Sachsen erwarten lässt.

Der vorliegende Tagungsband macht neugierig auf das kommende Klosterbuch. Die durchgehend fundierten und sorgfältig recherchierten Beiträge, die detailreichen Karteninhalte, aber auch die gute redaktionelle Arbeit inklusive des Personen- und Ortsregisters lassen bereits erahnen, dass die in das Klosterbuch gesetzten Erwartungen im besten Sinne erfüllt werden.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Katja Hillebrand, Rezension von/compte rendu de: Enno Bünz, Dirk Martin Mütze, Sabine Zinsmeyer (Hg.), Neue Forschungen zu sächsischen Klöstern. Ergebnisse und Perspektiven der Arbeit am Sächsischen Klosterbuch, Leipzig (Leipziger Universitätsverlag) 2020, 620 S., 81 teilw. farb. Abb., 4 Klapp-, 3 Besitzkt. (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, 62), ISBN 978-3-96023-306-0, EUR 80,00., in: Francia-Recensio 2021/1, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2021.1.79545