Damien Carraz, seit 2020 Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Toulouse – Jean-Jaurès und Mitglied im Komitee der »Cahiers de Fanjeaux«, hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Publikationen zur hoch- und spätmittelalterlichen okzitanischen Gesellschaft sowie zu den im Languedoc ansässigen militärischen Ritterorden veröffentlicht. Der vorliegende achte Band der Schriftenreihe »Ecclesia Militans« stellt eine konsequente Fortführung seines Forschungsschwerpunktes dar, indem er sich nun dem Komtur des Johanniterordens Bérenger Monge (Berengarius Monachi) gewidmet hat, der im Zeitraum von ca. 1250 bis zu seinem Tod im Jahr 1300 die Hospitäler von Aix und Manosque verwaltete.

Anhand des umfangreichen Quellenmaterials von 250 Dokumenten aus neun Archivbeständen rekonstruiert Carraz den Werdegang einer Persönlichkeit, deren Biografie aus dem historischen Moment heraus beispielhaft für den sozialen und institutionellen Aufstieg in der mittelalterlichen okzitanischen Gesellschaft verstanden werden will (S 14). Ohne den Anspruch zu erheben, ein Werk zur Mentalitätsgeschichte vorzulegen, konzentriert er sich auf die soziale Vernetzung des Bérenger Monge, dessen Werdegang vom provenzalischen Klerus, der Aristokratie und den regionalen Besonderheiten des Lebensraums geprägt war (S. 15, 17). Die einleitenden Passagen verorten nicht nur die regionale Forschungsgeschichte der beiden Ordenshospitäler, sondern betten in diesen Zusammenhang auch die Rezeption der Person Bérenger Monge ein (S. 21–52). Ebenfalls erfolgt ein Überblick zur Dokumentationsgeschichte der ausgewerteten Quellen und ihrer Archive (S. 52–60). Hiervon ausgehend gliedert sich die Studie in drei Teile zu insgesamt acht Kapiteln, die die Leserinnen und Leser vom Individuum Bérenger Monge in die komplex rekonstruierte Welt eines überregional vernetzten Verwalters eintauchen lassen, der mit Handlungsgeschick und administrativer Weitsicht über Jahrzehnte hinweg agierte.

Der erste Teil konzentriert sich auf das soziale Umfeld Monges, wobei das erste Kapitel den Versuch unternimmt, die dunklen Flecken seiner Biografie zu erhellen, um herauszufinden, wie er 1246 zur führenden Persönlichkeit des Hospitals von Aix und drei Jahre später nach Manosque berufen wurde (S. 63–95). Daraufhin wendet sich im zweiten Kapitel der Blick hin zum damals bestehenden Sozialgefüge der Region und den Eigenarten der Hospitalsgemeinschaft. Der Text orientiert sich an den Bereichen von baillie, domus und familia (S. 99–117), deren Akzentuierung zum besseren Verständnis von Hierarchie, Administration und Spezialisierung innerhalb der Hospitäler des Militärordens beiträgt (S. 117–136).

Im dritten Kapitel folgt der Rückbezug auf Bérenger Monge, indem der Frage nachgegangen wird, welche Kriterien zu seiner Benennung als Vorsteher der Einrichtungen führten. Dies wird von Damien Carraz unter anderem mit dem eingebrachten Prestige oder Sozialkapital des Akteurs erklärt; hier wird bereits der ungewöhnliche Lebensweg Monges vorgezeichnet, der über die Karriere eines »commandeur ordinaire« hinausgeht (S. 153).

Im zweiten Teil des Buches steht das vierte Kapitel im Zeichen des von Kontinuität und Wandel geprägten administrativen Handelns des Komturs Bérenger Monge. Hier erscheint seine Person durch ihren weiten Erfahrungshorizont als stabilisierender Faktor, der durch die Auseinandersetzung mit fiskalischen und betriebswirtschaftlichen Themen (S. 183–210) die Folgen der Dynamik einer sich verändernden lokalen Gemeinschaftsstruktur ausglich (S. 241). Damit wird im Folgekapitel auf die unterschiedlichen sozialen Rollen Monges im Verhältnis zur Bevölkerung verwiesen, in der er sich als Herr über Untertanen, als Schlichter und Führungspersönlichkeit mit Vorbildfunktion zum Erhalt des sozialen Friedens betätigte (S. 262f.), was jedoch als Ausdruck einer zeitgenössischen herrschaftlichen Machtausübung von Finanzpolitik und Gerichtsbarkeit zu werten ist.

Neben der Untersuchung der permanenten Bautätigkeit und Umstrukturierung der Hospitalsangelegenheiten im sechsten Kapitel des dritten Buchteils leiten die beiden Folgekapitel zu globalen Aspekten der Tätigkeiten Monges über, dessen lokaler Verwaltungsapparat sich im Machtgefüge zwischen katholischer Kirche und weltlicher Territorialgewalt befand (S. 351–388) und darüber hinaus in die geopolitischen Entwicklungen der Ordensführung in der Levante verwickelt war (S. 406–418). Hier verbindet der Autor geschickt die Entwicklungen der Hospitäler durch externe Vorgaben mit dem Verlauf der Karriere Bérenger Monges im Orden, der als angesehener Kommandeur seine Karriere nie mit dem Aufstieg zum Amt des Priors krönte (S 425–431).

Der Epilog des Werkes folgt den biografischen Zügen eines geistlichen Verwaltungsgelehrten im Lebensherbst seines Wirkens. Die Zusammenfassung unterstreicht nochmals den gelungenen Spagat, Entwicklungstendenzen des Kollektivs einer Ordensgemeinschaft im lokalen Sozialgefüge anhand eines biografischen roten Fadens nachzuvollziehen, der sich jedoch an dem rein institutionellen Werdegang einer Person orientiert (S. 137, 442). Die Fallstudie zu den Ordenshospitälern gibt wertvolle Einblicke in die Funktionsweise eines Hospitals, indem interne und externe Handlungs- und Kommunikationsabläufe analysiert werden (S. 18). Komplettiert wird die Studie schließlich durch einen 93 Seiten umfassenden, digital frei zugänglichen Anhang, der zahlreiche Tabellen, Karten und Pläne sowie eine detaillierte Prosopografie zu Bérenger Monge und weiteren Persönlichkeiten des Ordens im Languedoc enthält.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Yannick Pouivet, Rezension von/compte rendu de: Damien Carraz, Un commandeur ordinaire? Bérenger Monge et le gouvernement des hospitaliers provençaux au XIIIe siècle, Turnhout (Brepols) 2020, 528 p., 1 ill., 21 tabl., en n/b, 1 tabl. en coul. (Ecclesia Militans, 8), ISBN 978-2-503-58978-7, Euro 85,00., in: Francia-Recensio 2021/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2021.3.83637