Bei dem hier zu besprechenden Sammelband handelt es sich um die Festschrift zu Ehren von Hans Mol aus Anlass seines Abschieds als Professor für friesische Geschichte des Mittelalters an der Universität Leiden. Der Band umfasst eine Würdigung von Mols wissenschaftlichem Wirken durch die drei Herausgeber Han Nijdam, Hildo van Engen und Kaj van Vliet sowie 39 Aufsätze, die in vier Themenblöcke geordnet sind. Der vorgesehene Umfang dieser Rezension erlaubt es, die Aufsätze leider nur kurz anzusprechen. Wie der Untertitel andeutet, liegt der geografische Schwerpunkt auf den nördlichen Niederlanden im Sinne des heutigen Staates Niederlande ohne Belgien, wobei einige Aufsätze auch andere Regionen in den Blick nehmen.

Der erste Themenblock umfasst 18 Aufsätze zu Macht und Herrschaft im weitesten Sinne, wobei die Zeit vom Frühmittelalter bis ca. 1600 abgedeckt wird. Die Aufsätze nehmen recht heterogene Aspekte in den Blick. So fragt Paul Noomen nach den Besitzverhältnissen in Rinsumageest und Bezügen zu Familien des Reichs. Ausgehend von der »Vita Willibrordi« des Theofried von Echternach, beschäftigt sich Peter Henderikx mit der Geschichte von Walcheren. Jeroen F. Benders untersucht das Itinerar der Utrechter Bischöfe von ca. 1150 bis 1528. Kaj van Vliet analysiert in einem prosopografischem Zugriff die Herkunft der Ritter des Utrechter Bischofs Otto von Lippe in der Schlacht bei Ane im Jahr 1227. Bart Wever und Theo Spek sowie Arie van Steensel und Bas Chamuleau beschäftigen sich in zwei Aufsätzen mit Landesausbau, Deichen und Entwässerung. Justine Smithuis untersucht die Mobilisierung von Anhängern durch führende Familien im spätmittelalterlichen Utrecht. David P. H. Napolitano beschäftigt sich mit dem Zutphener Ratsgedicht und dessen Rezeption auf verschiedenen Glocken des 15. Jahrhunderts. Peter Hoppenbrouwers präsentiert eine neue Sicht auf die durch den Mordanschlag auf Aleid van Poelgeest und Willem Kuser 1392 ausgelöste Fehde. Hanno Brand setzt sich mit dem Streben der Herzöge von Burgund nach der Königswürde und den Verhandlungen um eine friesische Königskrone im 15. Jahrhundert auseinander. Robert Stein analysiert holländische Stadtrechnungen des frühen 16. Jahrhunderts. Oebele Vries beschäftigt sich mit der Reise, die den Landrentmeister Henrick de Groiff im Auftrag Herzog Karls von Geldern im Jahr 1518 nach Friesland führte. Louis Sicking befasst sich mit der Integration Frieslands in das Habsburgerreich im 16. Jahrhundert. Peter van der Meer und Liuwe H. Westra besorgen eine Edition mit Übersetzung der Lebensbeschreibung des Viglius van Aytta (1507–1577). Paul Trio beleuchtet die Rolle und die Bestellung des Direktors der Lateinschule in Haarlem in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Redmer Alma beschäftigt sich mit der Geschichte zweier Burgen in Leer und ihren Eigentümerfamilien um 1600. Auch die Wissenschaftsgeschichte kommt nicht zu kurz, wenn Nico Lettinck der Kind-Metapher in Johan Huizingas Werken »Herbst des Mittelalters« und »Homo Ludens« nachgeht oder Paul Weßels die Bedeutung Fridrich Arends (1782–1861) für die Erforschung ostfriesischer Burgen und Adelssitze herausstreicht.

Der zweite Block zu Kirche und Memoria umfasst elf Aufsätze, die ebenfalls sehr facettenreiche Zugänge verfolgen. Gilles de Langen und Dennis Worst untersuchen das Verhältnis von Wasserläufen und Gemeindegrenzen in Nord-Ostergo. Han Nijdam präsentiert eine philologische Analyse des westerlauwerschen Sendrechts. Herman Lambooj nimmt mit dem Prämonstratenserkloster Mariëngaarde eine einzelne Einrichtung in den Blick; ebenso verfährt Gerrit Verhoeven mit dem Bruderhaus in Delft. Einen weiteren Fokus bildet die Devotio moderna. Koen Goudriaan beschäftigt sich mit Privilegien für die Terziarinnen von Aalsum und Oegeklooster; Tom Gaens mit der Reform des Kreuzherrenordens. Drei Beiträge befassen sich mit dem Tod und mit Testamenten, und zwar Rolf de Weijert mit dem Testament des Ritters Roelof de Rover van Montfoort aus dem Jahr 1342, Bram van den Hoven van Genderen mit der Intensität des religiösen Gefühls anhand ausgewählter Testamente und Dick de Boer mit der Ars Moriendi in Gedichten auf Wandtafeln in Alkmaar. Daneben behandelt in diesem Themenblock Remi van Schaïk die Buchproduktion in Groninger Klöstern und fragt Rombert Stapel nach den Gegenden, aus denen das Bistum Utrecht zu Beginn des 16. Jahrhunderts seine Priester rekrutierte.

Der dritte Themenblock bietet sechs Aufsätze zu geistlichen Ritterorden und Kreuzzügen. Jaap van Moolenbroek beschäftigt sich mit Friesen als Teilnehmern am Albigenserkreuzzug. Hildo van Engen widmet sich einem Tempel des Deutschen Ordens in Heusden. Jerem van Duijl verfolgt die intrigante Politik des Bruders Sweder Cobbing in internen Ordenskonflikten. Klaus Militzer untersucht die Rekrutierung deutschsprachiger Ritterbrüder für Preußen und die deutschen Balleien. Wim Blockmans schildert den Niedergang des Deutschen Ordens im Preußen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Renger E. de Bruin analysiert die Korrespondenz zwischen den Landkommandeuren der Ballei Utrecht und ihrem Personal von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.

Der vierte Themenblock umfasst vier Aufsätze zu »HisGis« (www.hisgis.nl), einem Projekt, um das sich Hans Mol sehr verdient gemacht und das er maßgeblich vorangetrieben hat. Johan Feikens berichtet die Projektgeschichte. Mit Hilfe des auf die napoleonische Besetzung zurückgehenden niederländischen Katasters von 1832 wurden alle Flurstücke beziehungsweise Parzellen digital erfasst. Zwei Drittel der ca. 3,6 Millionen Einträge sind bereits erstellt, die meisten niederländischen Provinzen bereits vollständig bearbeitet. Johanna Maria van Winter und Ad van Oostroom bieten eine Übersichtsstudie über vierhundert Jahre Grundbesitz in Oostveen und Herbertscop. Richard Paping begibt sich auf die Suche nach einem Steinhaus namens »Borgweer« im ehemaligen Dorf Klein Maarslag (Provinz Groningen). Roos van Oosten beschäftigt sich mit der Kartografierung von Cholera-Toten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Ein Schriftenverzeichnis Hans Mols und kurze Informationen zu allen Autoren runden den Sammelband ab. Auf ein Register wurde verzichtet. Etwas unglücklich sind zwei Abschnitte mit Farbtafeln zwischen je zwei Beiträgen versteckt, ohne dass ein Hinweis im Inhaltsverzeichnis steht oder eine Abbildungsübersicht geboten wird. Ansonsten kann die Quantität und Qualität der zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen nur gelobt werden. Der Sammelband ist vollständig auf Niederländisch verfasst, was seiner Rezeption sicher nicht zugutekommen dürfte. Die Klage Neerlandica non leguntur ist nicht neu, doch zeigt dieser interessante, facettenreiche und nicht nur regionalgeschichtlich relevante Sammelband einmal mehr, was diejenigen verpassen, die niederländischsprachige Forschung nicht zur Kenntnis nehmen.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Patrick Breternitz, Rezension von/compte rendu de: Hildo van Engen, Han Nijdam, Kaj van Vliet, Martha Kist (ed.), Macht, bezit en ruimte. Opstellen over de noordelijke Nederlanden in de middeleeuwen. Aangeboden aan Hans Mol bij zijn afscheid als bijzonder hoogleraar Geschiedenis van de Friese landen in de Middeleeuwen aan de Universiteit Leiden, Hilversum (Verloren) 2021, 640 p., num. b/w and col. ill., ISBN 978-90-8704-875-4, EUR 39,00., in: Francia-Recensio 2022/1, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2022.1.87478