»Résistantes« von Dominique Missika ist das letzte in einer wachsenden Reihe an Büchern, die sich mit den weiblichen Mitgliedern der Résistance beschäftigen (vgl. die im Titel fast identisch klingenden Werke von Laurence Thibault, Christiane Goldenstedt sowie den gemeinsamen Konferenzband der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und des Musée Jean-Moulin in Paris1). Das grafisch sehr aufwändig gestaltete Buch wurde vom französischen Verteidigungsministerium (mit)herausgegeben und erinnert mit seinen hunderten Fotos und Quellen an einen Ausstellungskatalog.

Nach einer kurzen Einleitung (S. 7–9) gliedert sich das Buch in fünf Hauptkapitel zu unterschiedlichen Arten des Widerstands, gefolgt von einem kurzen Kommentar über das »lange Schweigen« in der Erinnerungskultur (S. 258 f.). Innerhalb der Hauptkapitel wechseln sich allgemeine Beschreibungen mit grafisch hervorgehobenen Kurzbiografien zu einzelnen Résistantes ab.

Das erste Kapitel mit dem etwas nichtssagenden Titel »Faire quelque chose« (»Etwas machen«, S. 10–49) befasst sich mit Frauen, die ab 1940 abgestürzte Piloten oder geflohene alliierte Soldaten versteckten oder über die Pyrenäen schmuggelten. Ein zweiter Teil ist den in den 1940ern etwas abfällig als demoiselles de Gaulle bezeichneten Frauen gewidmet, die sich als Spioninnen oder auch in Uniform General de Gaulle angeschlossen hatten.

Am umfangreichsten ist das zweite Kapitel über Widerstand im Alltag (»Résister au quotidien«, S. 50–123). Von berühmten Résistantes wie der Sängerin Josephine Baker, die in der Gegenspionage arbeitete, über Verbindungsoffizierinnen und Autorinnen von Widerstandszeitungen bis zur jüdischen Chemikerin France Bloch-Sérazin, die Bomben für die Résistance herstellte, deckt das Kapitel eine große Bandbreite an Themen und Frauen ab, die entgegen dem Kapitelnamen oft auch militärisch aktiv waren.

Positiv hervorzuheben ist das Kapitel »Aider et sauver« (»Helfen und Retten«, S. 123–161). Es trägt einerseits der Tatsache Rechnung, dass Rettung eines der häufigsten Betätigungsfelder für Frauen im Widerstand war. Gleichzeitig ist es ein Zeichen für Missikas moderne Definition von Widerstand, die auch Rettungswiderstand umfasst. In der Erinnerungskultur der Résistance spielte Rettung lange Zeit keine Rolle, weil das Retten von – in der Regel – Juden und Jüdinnen als weniger wichtig oder wert angesehen wurde als das Töten von Wehrmachtssoldaten oder Sabotage gegen die Besatzer. Nicole Chatal erwähnt in ihrem 1972 erschienen Buch zu Frauen im Widerstand z. B. keine einzige Retterin2. Ein Umdenken setzte hier zeitgleich mit einer Aufwertung der Résistance juive ab den 1980ern ein, da jüdische Organisationen stets einen starken Fokus auf Rettung gelegt hatten3. Dies zeigt sich auch in Missikas Kapitel, die hier die jüdischen Grenzschmugglerinnen Marianne Cohn und Mila Racine sowie jüdisch-christliche Kooperationen bei der Rettung von Kindern vorstellt.

Im Kapitel zum Umgang mit Unterdrückung (»Faire face à la répression«, S. 162–209) behandelt Missika Widerstandskämpferinnen, die nach ihren Verhaftungen in Gefängnissen oder Konzentrationslagern aktiv wurden – angefangen mit Danielle Casanova, einer der bekanntesten Résistantes überhaupt. Im letzten Kapitel geht es um den Beitrag von Frauen an der Befreiung Frankreichs (»Libérer le pays«, S. 210–257), der besonders durch die hohe Anzahl an eindrucksvollen Fotos greifbar wird.

Abschließend stellt Dominique Missika die sechs Frauen vor, die nach Kriegsende mit dem Ordre de la Libération ausgezeichnet wurden (S. 258–263) – sechs Frauen im Vergleich zu 1.032 Männern!

Von der Zielgruppe her richtet sich das Buch an eine interessierte Öffentlichkeit, was durch den Einsatz einer Vielzahl von Bildern, Quellen und grafisch hervorgehobenen Zitaten äußerst gut gelingt. Das Fehlen von Anmerkungen ist vor diesem Hintergrund verständlich und vertretbar, allerdings hätte man zumindest die Bildnachweise der zahlreichen Quellen (S. 270 f.) leserfreundlicher gestalten können, um Anknüpfungspunkte für weitere Nachforschungen zu bieten. Auf formaler Ebene ist zu kritisieren, dass die Seitenzahlen des Inhaltsverzeichnisses auf die Unter- und nicht die Hauptkapitel verweisen, wodurch man bei einer gezielten Lektüre zu einzelnen Themen die Einführungstexte zu eben jenen Themen überblättert. Auch ein Personenverzeichnis wäre wünschenswert gewesen, da eine wesentlich höhere Zahl an Résistantes behandelt wird, als es auf den ersten Blick scheint. Immerhin ist es diese Fülle an sehr unterschiedlichen Frauen, die sich alle unter Einsatz größter Risiken in und für die Résistance engagierten, die das Herausstellungsmerkmal von Missikas Buch sind.

1 Laurence Thibault (Hg.), Les femmes et la Résistance, Paris 2016; Christiane Goldenstedt, Les femmes et la Résistance, Herbolzheim 2006; Stefan Martens, Mechtild Gilzmer, Christine Levisse-Touzé (Hg.), Les Femmes dans la Résistance en France, Paris 2003.
2 Nicole Chatel (Hg.), Des Femmes dans la Résistance, Paris 1972.
3 Anne Grynberg, Des femmes juives dans la Résistance, in: Martens, Gilzmer, Levisse-Touzé, Les Femmes dans la Résistance en France, S. 203–224.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Lilly Maier, Rezension von/compte rendu de: Dominique Missika, Résistantes. 1940–1944, Paris (Gallimard/Ministère des Armées) 2021, 272 S. (Albums Beaux Livres), ISBN 978-2-07-294029-3, EUR 29,00., in: Francia-Recensio 2022/4, 19.–21. Jahrhundert – Histoire contemporaine, DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2022.4.92304