Der vorliegende Sammelband widmet sich einem Thema, das für die globalgeschichtliche Frühneuzeitforschung als essenziell gelten kann, nämlich den ökonomischen Aktivitäten von Missionaren und Missionsorden. Denn Missionsunternehmungen folgten den weltumspannenden Handelsrouten, Missionare und Händler interagierten und profitierten voneinander. Missionen konnten ohne eine Beteiligung am Handel in der Regel nicht über einen längeren Zeitraum existieren, gleichzeitig waren auch Händler auf die Dienste von Missionaren als Vermittler vor Ort angewiesen. Bislang sind ökonomische und missionarische Expansionen meist getrennt voneinander untersucht worden. Die gesammelten Beiträge bringen diese Bereiche auf fruchtbare Weise zueinander. Sie zeigen auf, dass trotz religiöser Vorbehalte und strenger Vorgaben, die eine Beteiligung von Geistlichen am Handel unterbinden sollten, wirtschaftliche Aktivitäten in keinem generellen Gegensatz zu missionarischen Zielen und Spiritualität standen, sondern zum Kern frühneuzeitlicher Missionspraxis zählten.

Die Herausgeberinnen bieten eine äußerst lesenswerte Einführung in das Thema und einen Forschungsüberblick, der die Relevanz der einzelnen Beiträge für übergreifende Fragen herausstellt. Ein Nachwort rundet den Band ab. Die Beiträge sind vier Sektionen zugeteilt. Den ersten Teil »Missionaries as Traders: The Case of the Society of Jesus« eröffnet Hélène Vu Than mit ihrem Beitrag zur Beteiligung von Jesuiten am Seidenhandel in Japan. Die Autorin zeigt, dass die Jesuiten in Nagasaki nicht nur als Vermittler zwischen japanischen und portugiesischen Händlern auftraten, sondern mit der Zeit selbst aktiv am Handel mit Seide teilnahmen. Claudio Ferlan widmet sich dem Anbau und Handel von Yerba Maté in den jesuitischen Reduktionen in Paraguay. Yerba Maté entwickelte sich zu einem beliebten Genussmittel und Statussymbol in den kolonialen Gesellschaften. Dies machte den Handel zu einem lukrativen Geschäft sowohl für die Missionen als auch für Encomenderos, trug aber auch signifikant zur Ausbeutung der Tupi-Guarani bei. Die zweite Sektion richtet den Blick auf die »Integration of Religious Orders into Global/Local Economic Networks«. Rômulo da Silva Ehalt untersucht die Jesuiten als Landbesitzer in Japan. Der Autor zeigt, dass es neben Nagasaki viele weitere, weniger bekannte Fälle gab, in denen Jesuiten von japanischen Autoritäten Land als Schenkung und damit auf lokaler Ebene auch erhebliche politisch-administrative Macht erhielten. Christian Windler wendet sich der Mission der Unbeschuhten Karmeliten in Persien zu. Deren finanzielle Unterstützung aus Rom reichte nicht aus, um missionarische Unternehmungen aufrecht zu erhalten. Die Missionare mussten trotz strenger Restriktionen wirtschaftlichen Aktivitäten vor Ort nachgehen, wozu insbesondere die Vermietung von Unterkünften an Händler gehörte. Ryan D. Crewes Beitrag lenkt den Blick auf das maritime Asien. Spanische Missionsunternehmungen waren abhängig von den Interessen lokaler Akteure und folgten den weitreichenden Handelsrouten zwischen verschiedenen Regionen Asiens. In den asiatischen Hafenstädten, die sich in besonderer Weise durch religiösen und kulturellen Pluralismus auszeichneten, fungierten Missionare als wichtige Vermittler.

Im dritten Teil »Funding the Missions: Finances and Evangelization« widmet sich zunächst Ariane Boltanski der Finanzierung jesuitischer Kollegien und Volksmissionen durch adlige Familien in Frankreich und Italien und zeigt auf, dass jesuitische Niederlassungen fest in lokale ökonomische Netzwerke integriert waren. Finanzielle Unterstützung musste auf Dauer gewährleistet sein, weshalb sie nach Möglichkeit von Familien generationsübergreifend geleistet werden sollte. In seiner Studie zum aufsehenerregenden Bankrott des Jesuitenkollegs San Hermenegildo in Sevilla legt Sébastien Malaprade anschließend dar, wie das Kolleg durch umfangreichen Agrarbesitz und zunehmende Partizipation am Atlantikhandel zu einem wirtschaftlichen Zentrum der Region aufstieg, das von der lokalen Bevölkerung als Handelshaus und Privatbank wahrgenommen bzw. genutzt wurde. Den Niedergang des Kollegs interpretiert er vor dem Hintergrund übergreifender politischer und ökonomischer Krisen in Spanien und deren globalen Wechselwirkungen. Den letzten Teil »Moralizing the Economy: Religious Controversies and Debates« eröffnet Tara Alberts mit einem Beitrag zu religiösen Kontroversen über die Beteiligung von MEP Missionaren am Handel in Südostasien. Die Autorin argumentiert, dass Mission und Spiritualität nicht nur moralische Konzepte im Hinblick auf den Handel beeinflussten, sondern dass auch umgekehrt eine spezifische Rhetorik, welche die ökonomischen Verhältnisse in den Missionen ins Zentrum rückte, missionarische Spiritualität herausbildete und formte. Besonders erhellend ist, dass Alberts zeigt, wie die Missionare ihre Spiritualität im Austausch mit buddhistischen Lehren entwickelten. Den Abschluss der Fallstudien bildet Fabian Fechners Analyse zu den administrativen Praktiken, die Jesuiten der Ordensprovinz Paraguay anwandten, um die Durchführung verbotener ökonomischer Aktivitäten auf lokaler Ebene zu ermöglichen. Fechners Beitrag legt dar, dass die Gesellschaft Jesu nicht als streng zentralistische Organisation zu verstehen ist, sondern dass es einer Untersuchung lokaler Prozesse der Entscheidungsfindung bedarf, um missionarisches Alltagshandeln analytisch zu greifen.

Die große thematische Bandbreite der Beiträge, die sehr unterschiedliche lokale Kontexte und Fallbeispiele zu mehreren Missionsorden umfasst – was in Anbetracht der Dominanz jesuitischer Forschung ein Desiderat darstellt –, ist eine Stärke des Sammelbandes. Nicht immer ganz nachvollziehbar ist die Zuteilung der Beiträge zu den jeweiligen Sektionen, zumal diese verschiedene analytische Ebenen betreffen. Ein Abgleich der Beiträge lässt allerdings vier wiederkehrende Kernthemen erkennen, die sich teilweise mit den Sektionen überschneiden: Erstens wird immer wieder nach den Zusammenhängen von ökonomischen Aktivitäten und der Anpassung an lokale Gesellschaften gefragt. Dabei spielen auch Akkommodationsstrategien eine Rolle, die in der Forschung eher selten im Zusammenhang mit ökonomischen Aktivitäten diskutiert werden. Zweitens steht die Verflechtung von Mission und transregionalen und/oder globalen Netzwerken in nahezu allen Beiträgen im Mittelpunkt. Hier sind insbesondere solche Studien hervorzuheben, die nicht nur Verbindungen zwischen Missionen und europäischen Zentren aufzeigen, wie beispielsweise die von Christian Windler untersuchten Verbindungen zwischen Missionaren in Persien und Goa. Europa wird gewissermaßen zur Peripherie und tritt zugunsten anderer geografischer Regionen in den Hintergrund. Drittens kommt in allen Beispielen das besondere Konfliktpotenzial zum Vorschein, das mit wirtschaftlichen Aktivitäten von Geistlichen verbunden war. Dies macht die Heterogenität der Akteurinnen und Akteure sowohl innerhalb als auch außerhalb der Missionsorden sichtbar. Viertens betonen die Autorinnen und Autoren, dass sie nicht nur »offizielle« normative Regulierungen berücksichtigen, sondern einen Fokus auf lokale Praktiken und Aushandlungsprozesse legen. Damit trägt der Sammelband signifikant zu einer kritischen Reflektion über vormoderne Formen der Distanzherrschaft bei. Diese Kernthemen verdeutlichen, wie anknüpfungsfähig das Thema im Allgemeinen und der Sammelband im Besonderen für verschiedene Forschungsfelder und -fragen ist. Die Lektüre ist unbedingt zu empfehlen.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Irina Saladin, Rezension von/compte rendu de: Hélène Vu Thanh, Ines G. Županov (ed.), Trade and Finance in Global Missions (16th–18th Centuries), Leiden (Brill Academic Publishers) 2020, XVIII–314 p. (Studies in Christian Mission, 57), ISBN 978-90-04-44417-1, EUR 138,00., in: Francia-Recensio 2023/1, Frühe Neuzeit – Revolution – Empire (1500–1815), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2023.1.94398