Die im französischen Jura gelegene Stadt Lons-le-Saunier war bereits in der Antike für ihre Solequelle berühmt, und noch heute ist der Ort ein renommiertes Thermalbad. Der zweite Teil ihres Namens, »Saunier«, leitet sich wahrscheinlich von salinarius, »aus Salz«, ab. Bei der Gewinnung von Kochsalz, die dort im 12. und 13. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, spielten die Zisterzienser die Hauptrolle. Ihnen übertrugen die Grafen von Burgund, vor allem ihre jüngere Linie (die Häuser Chalon und Vienne), einschlägige Rechte. Als wichtigste Akteure treten in den Quellen die Abteien Balerne, Bellevaux, La Charité (alle Diöz. Besançon), Cîteaux (Diöz. Chalon-sur-Saône) und Le Miroir (Diöz. Lyon) hervor. In Lons-le-Saunier errichteten sie Stadthöfe, die sich zu kleinen Stadtvierteln entwickelten.
Es vermag nicht zu überraschen, dass die Archive der Zisterzienser die umfangreichste Überlieferung zur Geschichte der Salzgewinnung in Lons-le-Saunier bergen. Sie ist über ca. 60 Fonds verteilt. Informationen zur materiellen Realität der Solequelle sucht man in ihnen allerdings vergeblich. Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass mit Benoît Chauvin der beste Kenner der französischen Zisterzienser diese Dokumentation ausgewertet hat1. Am Beispiel von Lons-le-Saunier erläutert er bis ins Detail die technische und wirtschaftliche Organisation der Salzgewinnung, einschließlich der zeitgenössischen Terminologie. Zugleich verdeutlicht seine Darstellung die wirtschaftliche Effizienz des Zisterzienserordens und seine wichtige Funktion in der Erschließung natürlicher Ressourcen.
Eine zentrale Funktion nahmen die Konversen ein. Sie waren in der Produktion tätig und erwirtschafteten schon bald Erträge, die den Bedarf der Mönche überschritten. Die Überschüsse ließen sich kommerzialisieren. Durch Zollprivilegien der Grafen begünstigt, wurden die Zisterzienser innerhalb des von den Städten Dijon, Beaune, Salins und Lons gebildeten Vierecks zu Händlern des »weißen Golds«. Vor allem das Herzogtum Burgund, das über keine eigenen Salzquellen verfügte, diente als Absatzmarkt. Der Höhepunkt zisterziensischen Wirkens erstreckte sich über etwas mehr als neun Jahrzehnte, von 1170 bis 1265. Das Verhältnis zu den Grafen war nicht immer ungetrübt. Vor allem das alexandrinische Schisma, in dem die Zisterzienser Alexander III. unterstützten, während die Freigrafschaft dem Gegenpapst anhing, setzte die Beziehungen einer Belastungsprobe aus.
Ab 1225 nahm die Zahl der in Lons-le-Saunier tätigen Konversen spürbar ab. Offenbar gingen den Zisterziensern die Arbeitskräfte aus. Sie mussten durch Arbeiter, die nicht dem Klosterverband angehörten, ersetzt werden. Nach 1265 zogen sich die Abteien aus der Produktion zurück. Kurz vor 1320 wurde die Salzgewinnung aufgegeben. Die führende Rolle ging nun an Salins-les-Bains über, das zum wirtschaftlichen Zentrum der Freigrafschaft wurde.
Die Untersuchung gewinnt zusätzlichen Wert durch ca. 300 Regesten und die Edition von 26 Dokumenten (»Regeste«, S. 105–138, »Documents«, S. 139–166). Mit diesem Anhang erschließt der Autor die reiche archivalische Überlieferung. Eigens erwähnt seien die Regesten von Urkunden Papst Alexanders III., Lucius’ III, Gregors VIII. und Coelestins III. sowie die Teiledition eines Privilegs Lucius’ III. für Acey (Diöz. Besançon) (Jaffé-Löwenfeld –; Gallia Pontificia, Bd. 1, S. 248 Nr. 5). Somit bietet die Arbeit auch einen wichtigen Baustein zum Projekt der Gallia Pontificia.
Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:
Rolf Große, Rezension von/compte rendu de: Benoît Chauvin, Le Puits salé et le sel de Lons-le-Saunier au Moyen Âge (v. 1150–v. 1320) à travers les archives cisterciennes, Devecey (L’Hermitage) 2020, 191 S., 12 ill., ISBN 978-2-904690-152, EUR 40,00., in: Francia-Recensio 2023/2, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2023.2.96748