Das höchst informative, reich bebilderte und aufwändig gestaltete Buch von Katrin Mess ist das gelungene Ergebnis jahrzehntelanger intensiver Forschung der Autorin. Es gelingt ihr vorbildlich dem sensiblen historischen Thema gerecht zu werden und ihre wissenschaftliche Perspektive mit einem emotionalen Blick auf die schwer darstellbaren Ereignisse zu verbinden. Der zentrale Gegenstand ihres Buches, die Luxemburger Frauen, die im Zweiten Weltkrieg Widerstand geleistet haben und deshalb verfolgt wurden, werden in ihrem Buch auf anschauliche Weise lebendig. Dies umso mehr, als Katrin Mess sie mit ihrem widerständigen Verhalten in ihrem Umfeld und im zeitgenössischen Kontext verortet.

In ihrer Einleitung skizziert sie zunächst den Forschungsstand und die für ihre Forschungen herangezogenen Quellen. Sehr zu Recht betont sie, dass mit der Verfolgung und Inhaftierung der Frauen keine einheitliche Erfahrung verbunden war: »Jede Frau brachte einen anderen sozialen Erfahrungshintergrund mit, der die Wahrnehmung der Lagerhaft, die Befreiung und die Rückkehr nach Luxemburg beeinflusste« (S. 22). Und insofern erheben die dargestellten Geschichten nicht den Anspruch auf Universalität. Das Buch behandelt den Widerstand der Frauen in insgesamt elf Kapiteln in einer chronologischen Perspektive. Sie lässt vor allem die Frauen selbst zu Wort kommen, indem sie ausführlich aus Tagebuchaufzeichnungen, autobiografischen Texten und Briefen zitiert. Die Auswertung von NS-Akten versteht sie lediglich als »Ergänzung der hier vorgestellten Biographien« (S. 22). Im Wechsel der Stimmen gelingt es Katrin Mess, das individuelle Schicksal in den größeren historischen Gesamtzusammenhang zu stellen, Strukturen aufzuzeigen und damit die Geschichte in ihrer Komplexität zu zeigen. Sie geht dabei durchaus auch auf Grauzonen und mögliche Leerstellen ein, »die wir vielleicht niemals füllen können« (S. 23). Sie scheut auch nicht davor zurück, Konflikte zu benennen, z. B. wenn sich Ungereimtheiten in den Zeugnissen der Frauen zeigen.

Im zweiten Kapitel charakterisiert sie den »Alltag unterm Hakenkreuz« nach der Besetzung Luxemburgs durch die Deutschen und die damit verbundene generelle Atmosphäre der Überwachung, Kontrolle und der Kriminalisierung einfacher, alltäglicher Handlungen. Durch harte Maßnahmen und Repression sollte jegliche Opposition gegen das Besatzungsregime im Keim erstickt werden. Und es genügte wenig, um ins Visier der Behörden zu geraten. Dadurch wurde ein allgemeines Klima der Angst und des Misstrauens geschürt. In diesem schwierigen Umfeld begannen die Frauen Formen des Widerstands zu entwickeln.

Im dritten Kapitel reflektiert Katrin Mess zunächst den Widerstandsbegriff und seine Wandlung ebenso wie seine Verwendung in der Forschung. Am Beispiel der Widerstandskämpferin Marie Brix zeigt sie, dass die Widerstandshandlungen aus verschiedenen aufeinander bezogenen Facetten bestanden, »die sich nur mithilfe eines umfangreichen überregionalen Netzwerks realisiere ließen« (S. 46). Für die Frauen galt, dass sie in einer für sie völlig neuen Situation handelten, für die es keine vorgefertigten Erfahrungen und Handlungsmuster gab. Die Motive der Frauen waren vielfältig und veränderten sich im Lauf der Zeit. Sie handelten aus Patriotismus, politischer Überzeugung oder um Menschen zu helfen, die in Not waren (S. 54f.). Andere handelten humanistisch, z. T. aus christlicher Grundhaltung. Ihre Aktivitäten bestanden zunächst in Propagandaarbeit, dem Erstellen und Verteilen von Flugblättern und dem Auskundschaften militärischer Ziele. Frauen waren häufig als Kuriere und bei der Informationsübermittlung tätig und organisierten Lebensmittel und Geld. Nach der Einführung des Reichsarbeitsdienstes (RAD) im Mai 1941 und der Wehrpflicht für die Luxemburger Männer (August 1942), bestand eine wichtige Tätigkeit der Frauen darin, Wehrpflichtige zu verstecken, ihnen zur Flucht zu verhelfen und sie ganz grundsätzlich zu versorgen. Mit Voranschreiten des Krieges und der sich abzeichnenden Niederlage erhöhte die Okkupationsmacht den Druck auf die Luxemburger Bevölkerung.

In ihrem vierten Kapitel beschreibt die Autorin anschaulich, dass die zunehmenden Verhaftungen ein Klima der Angst und des Misstrauens unter den Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern schürten, die sich vor den zahlreichen Spitzeln in den eigenen Reihen fürchten mussten. Auch für den Luxemburger Kontext gilt, dass die Gestapo ohne die zahlreichen Denunziationen nicht so wirksam und effektiv gearbeitet hätte. Das fünfte Kapitel ist den verschiedenen Wegen der Frauen gewidmet. Nach ihrer Verhaftung kamen die Frauen zunächst in lokale Gestapo-Zentren in Luxemburg. Danach wurden sie an das Frauengefängnis Luxemburg übergeben und in weitere Haftanstalten überstellt (Trier, Flußbach, Ziegenhain und Allendorf). Für viele Frauen waren diese Orte Durchgangsstationen auf ihrem Weg in das »Schreckenslager« Ravensbrück. Insgesamt kamen 200 Frauen und zehn Männer aus Luxemburg in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück (Kapitel 6). Dank der Häftlingsdatei des Archivs in Ravensbrück sind 155 Frauen mit vollständigem Namen und einer Lagernummer nachgewiesen. Katrin Mess rekonstruiert die Bedingungen von Überleben und Sterben im Lager anhand zahlreicher Zitate ehemaliger Häftlinge, die noch im Lager – wie Yvonne Useldinger – oder unmittelbar nach der Befreiung ihre Erinnerungen notiert haben. Neben dem Schock der Ankunft, der unmenschlichen Behandlung, Hunger, Krankheit und Entbehrungen und Grausamkeiten kommen auch Aspekte wie die Situation mitinhaftierter, sogenannter »asozialer« Frauen zur Sprache, deren spezifisches Schicksal in der Forschung lange vernachlässigt wurde.

Von den Luxemburgerinnen wurden mehrere in einem der zahlreichen Außenlager zur Zwangsarbeit für die Rüstungsproduktion eingesetzt. Ihr Schicksal wird detailliert im siebten Kapitel dargestellt. Mehr als 80 Luxemburgerinnen wurden am 24. und 25. April 1945 aus Ravensbrück befreit. Sie gehörten zu den etwa 7500 Häftlingen, die aufgrund von Verhandlungen mit dem schwedischen Roten Kreuz und Graf Folke Bernadotte in den letzten Apriltagen nach Dänemark und Schweden evakuiert wurden (Kapitel 8). Bei Auflösung der Lager wurden die noch verbliebenen Frauen auf einen der sogenannten »Todesmärsche« gezwungen – so auch einige Luxemburgerinnen. Im allgemeinen Chaos der letzten Kriegstage schlugen sich schließlich andere Frauen auf abenteuerlichen Wegen und auf sich alleine gestellt in die Heimat durch. Die letzten drei Kapitel behandeln die Rückkehr der Frauen nach Luxemburg, ihr »Leben zwischen Ignoranz, Entfremdung und Sprachlosigkeit« (S. 194), ihren Kampf um Anerkennung und die mangelnde öffentliche Ehrung ihres Engagements.

Man hätte sich an mancher Stelle eine vertiefende Analyse der spezifischen Erfahrung und Behandlung von Frauen aus Genderperspektive gewünscht. Es ist bedauerlich, dass die entsprechende Forschung für die aus Frankreich deportierten Frauen, die einen Vergleich und auch eine europäische Perspektive auf das Thema ermöglicht hätte, nicht berücksichtigt wird1. Mir scheint auch, dass die beiden Häftlingskategorien »Asoziale« und »Zigeuner« differenzierter betrachtet werden müssten2. Es ist jedoch zu begrüßen, dass Katrin Mess die Häftlingsgruppe der »Asozialen« in den Blick nimmt. Gleichzeitig müssen die administrativen Etikettierungen der Frauen jedoch stets auch kritisch unter die Lupe genommen werden, da sie nicht immer einer Realität entsprechen, sondern dem Frauenbild der Zeit. So stellt die politische Aktivität von Frauen an sich schon eine Abweichung von der Norm dar und wird teilweise mit »leichtem Lebenswandel« in Verbindung gebracht.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist die verwirrende grafische Gestaltung des Bandes. Auch wenn die ausführliche Begründung am Ende des Bandes nachvollzogen werden kann, so erschwert die Gestaltung teilweise die Lektüre und dadurch das Verständnis. Aber das schmälert die Bedeutung des Bandes keineswegs.

1 Christine Bard, L’histoire des femmes au défi de la déportation, in: Histoire@Politique 2008/2 (n° 5), DOI: 10.3917/hp.005.0002; Philippe Mezzasalma, Anne Joly, Frédérique Joannic-Seta (Hg.), Femmes en déportation – Les déportées de répression dans les camps nazis 1940–1945, Paris 2021.
2 Vgl. dazu: Monique Heddebaut, Die Deportation der tsiganes aus Nordfrankreich und Belgien; Lucie Hébert, Frauen im Schatten. »Gewöhnliche« Straftäterinnen oder sogenannte Asoziale; Anne-Yvonne Savigneux-Lointier, Die »überhörten« Stimmen der aus Frankreich deportierten Prostituierten. Alle drei Beiträge finden sich in: Mechthild Gilzmer, Hannah Sprute (Hg.), Frauen aus Frankreich im KZ Ravensbrück (1942–1945). Deutsch-Französische Forschungsperspektiven. Berlin 2023.

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Mechthild Gilzmer, Rezension von/compte rendu de: Kathrin Mess, Hier kommst du nie mehr raus. Luxemburger Frauen im Zweiten Weltkrieg zwischen Widerstand, Verfolgung und Inhaftierung, Differdingen (Institut für Geschichte und Soziales) 2021, 304 S., ISBN 978-2-919784-03-5, EUR 45,00., in: Francia-Recensio 2023/2, 19.–21. Jahrhundert – Histoire contemporaine, DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2023.2.96996