Der Zisterzienserorden war lange vor allem ein Thema der Kirchengeschichte. Mehr und mehr begreift die Forschung seine weit über ganz Europa verbreiteten Klöster auch als Objekt der Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte. Ihre wassertechnischen Realisationen wecken seit etwa drei Jahrzehnten ein besonderes Interesse und wachsendes Staunen. In Frankreich, dem Ursprungsland des Ordens, verdankt die Forschung vor allem Paul Benoît und seinen Mitarbeiterinnen die größten Fortschritte auf diesem Gebiet. Eine erste europaweite Zusammenschau erschien 1996 unter dem Titel »L’hydraulique monastique«1. Der neueste Stand findet sich in einem zeitgleich mit Knapps Werk, praktisch unter gleichem Titel erschienenen Sonderband der Zeitschrift »Cîteaux. Commentarii cistercienses 71 (2020): Les Cisterciens et l’eau«, gewidmet Paul Benoît. Dort findet man eine vollständige Bibliografie seiner Arbeiten. Hinzu kommt ein vor allem archäologisch aufschlussreicher Band über Morimond, das Mutterkloster von Maulbronn, und vielen anderen Abteien in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien2.

Es wurde Zeit, dass auch für die zahlreichen deutschen Zisterzienserklöster eine qualitätvolle Studie ihrer wasserbaulichen Maßnahmen erschien. Das ist in dem ansehnlichen Werk von Ulrich Knapp zumindest für die drei bedeutendsten Klöster des Landes Baden-Württemberg in jeder Weise gelungen. Der Autor beginnt mit einem weitgespannten Überblick über wassertechnische Anlagen von Klöstern allgemein und blickt dabei oftmals auch nach Frankreich wie weiter ins nördlichere Deutschland. Erst nach über 60 Seiten folgen die Fallbeispiele Salem am Bodensee, Maulbronn 30 km östlich von Karlsruhe und Bebenhausen nahe Tübingen. Die Geschichte dieser Klostergründungen steht jeweils am Anfang, dann folgen die Schwerpunkte Trinkwasser, Brauchwasser mit Mühlen sowie Latrinenbau und Teichwirtschaft mit Fischerei, letztlich der gesamte Bereich der älteren Wasserbautechnik.

Nach dem Fachglossar, Orts- und Personenregister, 1465 Anmerkungen sowie einer umfangreichen Bibliografie und einem aufschlussreichen Einblick in die Archivüberlieferung (S. 286f.) fehlt leider ein Sachindex. Ich gebe deshalb einige Seitenhinweise für die entsprechenden Themen in den Abschnitten Salem (S), Maulbronn (M) und Bebenhausen (B). So erscheinen die Leitungssysteme für das Trinkwasser und die Brunnen unter S 72‑89, M 148–163, B 225–234, für Brauchwasser und Mühlen unter S 72‑89, M 163–195, B 234–245 (die Hinweise am unteren Rand geben Orientierung). Beim Brauchwasser inbegriffen ist jeweils der Bau von Mühlkanälen, von Staudämmen und der unterschiedlich einsetzende Erwerb auswärtiger Mühlen (Salem Ende 12. Jahrhundert, Maulbronn und Bebenhausen erst Ende 13. Jahrhundert). Hinzu kommen die bedeutende Teichwirtschaft und Fischerei, die Position der Latrinen, die Ableitung des Regenwassers von den Dächern, der Hochwasserschutz und vieles andere.

Dieselbe Anordnung bestimmt auch den allgemeinen Einleitungsteil. Hier erscheinen eindrückliche Fallbeispiele aus anderen Regionen, so das mehrere hundert Meter lange Wehr durch die Saale nahe Kloster Pforta bei Naumburg (seit 1180), ferner das eindrucksvolle Wassersystem des Benediktinerklosters Weingarten (S. 20f.), die Leitungssysteme von Cluny II und Canterbury, die aufwendigen Latrinen des vornehmen Damenklosters Maubuisson etc. Damit sind wir bei der Illustration dieses aufwendig gestalteten Quartbandes. Sie bringt trotz hoher Qualität des Textes den wertvollsten Teil, zumal sämtliche Abbildungen gut kommentiert sind und die Pläne mit farbigen Angaben zum Alter der erhaltenen Bauteile besonders hervortreten.

Im Unterschied zu manchen französischen Abteien (Fontenay, Preuilly, Villers-Bettnach in den oben angezeigten neueren Bänden) erfährt man wenig über die Nutzung der Wasserkraft in den gewerblichen Werkstätten wie den Schmieden oder zum Einsatz wassergetriebener Gebläse für die Hüttenwerke. In den Bereich des Hüttenwesens sind die Zisterzienser des deutschen Südwestens offenbar nicht vorgestoßen. Was besonders beeindruckt, ist die weitgehende Uniformität der Bauplanung in einem so großen Klosterkonzern wie dem der Zisterzienser, europaweit. Fast überall in den ursprünglich zisterziensischen Gründungen (weniger in den 1147 und später übernommenen Häusern der Regularkanoniker wie Bebenhausen) herrscht dieselbe Rationalität, vielfach auch dasselbe fachliche Wissen. Man half sich mit Fachleuten aus. Zu den ausgeliehenen Konversen zählt wahrscheinlich auch der Erbauer des unmittelbar oberhalb der Klostergebäude liegenden Dammes für den »Tiefen See« von Maulbronn, denn unmittelbar vorher war oberhalb des Mutterklosters Morimond ein ähnlicher Staudamm entstanden. Ein Gottfried von Ainay soll in Frankreich, Flandern und England die Baupläne weiterer Klöster geliefert haben (Matthias Untermann, »Forma Ordinis«, 2001), umgekehrt sorgte ein englischer Benediktiner in Zisterzienserklöstern und Grangien der Diözese Cambrai für die Wasserversorgung und das Leitungssystem3. Dieser gesamteuropäische Bezug hat immer beeindruckt, im Einzelnen bleibt er weiter zu erforschen.

1 Léon Pressouyre, Paul Benoît (dir.), L’hydraulique monastique: milieux, réseaux, usages, Grâne 1996.
2 Benoît Rouzeau, Hubert Flammarion (dir.), Morimond 1117–2017. Approches pluridisciplinaires d’un réseau monastique, Nancy 2021 (Archéologie, espaces, patrimoines). Vgl. auch den soeben in Francia Recensio 2023/1 angezeigten Band über Bellevaux, die älteste Tochter von Morimond in der Franche-Comté, mit beigegebener Edition der Urkunden bis 1220 durch Gérard Moyse und René Locatelli im Band 2.
3 Vgl. meine Anthologie: Energieressourcen Westeuropas vor 1500. Eine Anthologie von Text- und Bildzeugnissen, Bd. 1, Aachen 2022, S. 475 (nach B.-M. Tock, Foulques de Cambrai).

Zitationsempfehlung/Pour citer cet article:

Dietrich Lohrmann, Rezension von/compte rendu de: Ulrich Knapp, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (Hg.), Die Zisterzienser und das Wasser unter besonderer Berücksichtigung der Abteien Bebenhausen, Maulbronn und Salem, Petersberg (Michael Imhof Verlag) 2020, 312 S., 259 Abb., ISBN 978-3-7319-0350-5, EUR 29,95., in: Francia-Recensio 2023/3, Mittelalter – Moyen Âge (500–1500), DOI: https://doi.org/10.11588/frrec.2023.3.99808