Römische Helme aus einem mittelkaiserzeitlichen Siedlungskontext in Poitiers / Lemonum (dép. Vienne / F)

  • Anne-Marie Jouquand-Thomas (Autor/in)
  • Anne Larcelet (Autor/in)
  • Christian Miks (Autor/in)

Abstract

Wahrscheinlich während der 260er bis maximal frühen 270er Jahre (terminus post quem 257/258) wurden nahe dem vermuteten Forum von Poitiers / Lemonum Gebäude mit Werkstätten und Ladenlokalen auf einer Strecke von mind. 200 m entlang der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden städtischen  Hauptverkehrsachse bei einem Großbrand zerstört. Die Ursachen für die Katastrophe sind bisher unbekannt (Unfall, zivile Brandstiftung oder Kriegszerstörung?). Über den nicht abgeräumten Trümmern errichtete man gegen Ende des 3. Jahrhunderts die Mauer des spätrömischen castrum. Zu den Häusern, die beim Brand zerstört wurden, gehört auch das Gebäude Nr. 6, das möglicherweise als Sitz (schola) eines Handwerkervereins diente. In drei straßenseitig dem Haus angegliederten Ladenlokalen wurden in der letzten Nutzungsphase u. a. eine Metallwerkstatt mit Beinschnitzerei und ein Töpfer- / Glaswarenladen betrieben. Aus dem Werkstattbereich und zwei den Läden beigeordneten Hinterzimmern stammen, neben hier produzierten  Pferdegeschirrbeschlägen und diversen Zivilgerätschaften, auch mehrere Militaria, darunter Blankwaffenteile und drei Helmkalotten. Eine genaue Analyse der eisernen Kalotten legt den Schluss nahe, dass es sich um die Reste mittelkaiserzeitlicher Gladiatorenhelme handelt, deren Form für einen Gebrauch durch secutores spricht. Mehrere Details, die die Helme gegen einige frühkaiserzeitliche Vergleichsstücke abgrenzen, rechtfertigen ihre Einstufung als eigener »Typ Poitiers«. Der Zustand der Helme lässt darauf schließen, dass sie bereits als Altmetall für eine Wiederverwertung vorgesehen waren. Unter den übrigen Militaria, bei denen es sich teilweise um typologische Altstücke handelt, finden sich ebenso Indizien für einen laufenden Bearbeitungs-/
Umarbeitungsprozess. Auch für sie ist ein Gebrauch durch Gladiatoren oder zumindest durch Wach- / Ordnungskräfte in deren Umfeld vorstellbar. Zudem wäre hier eine alternative Nutzung durch lokale Polizeieinheiten oder sogar Zivilpersonen zu erwägen. Zwar ist auch eine Präsenz von Milizen oder regulären Soldaten natürlich nicht gänzlich auszuschließen, doch muss diese auf Basis der vorliegenden Funde nicht zwangsläufig postuliert werden.

Statistiken

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Veröffentlicht
2013-11-13
Sprache
de
Beitragende/r oder Sponsor
RGZM
Schlagworte
Römerzeit Ende 3. Jh. n.Chr., Frankreich, Vienne, Poitiers, Altmetalldepot, Helme, Gladiatorenhelme, Materialvorlage