Die karolingische Chorschranke und die porta aurea der Klosterkirche St. Alban (787-805) bei Mainz
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Abstract
Auf Wunsch und mit Unterstützung Karls des Großen hat der Mainzer Erzbischof Richulf (787-813) die dreischiffige Basilika des Reichsklosters St. Alban errichten lassen. Dieser 805 eingeweihte Sakralbau im Süden
von Mainz, der zu den größten Kirchen seiner Zeit sowie bedeutendsten Versammlungsplätzen des Reiches zählte, wurde 1552 zerstört und 1632 vollständig abgerissen. Nach vorherrschender Meinung sollen bei
den Ausgrabungen (1907-1911) keine nennenswerten Spuren der karolingischen Innenausstattung entdeckt worden sein. Es gibt jedoch zwei herausragende archäologische Funde, die sogar heute noch die gezielte Bauförderung durch den Herrscher erkennen lassen. Im gotischen Chor vermauert war ein 114cm hoher Chorschrankenpfeiler aus hochwertigem Jurakalkstein, der fälschlich dem frühen 12. Jahrhundert zugeschrieben wird. Dieser Pfeiler, der auf seiner gekehlten, vorderen Oberkante ein flach eingemeißeltes »römisches Scherenkymation« trägt, ist offensichtlich aus einem römischen Gesimsstein gearbeitet worden, also eine Spolie. Auf seiner Schauseite findet sich das Flachrelief einer Wellenranke mit kreisförmig zusam - mengebogenen, gegenständigen Halbpalmetten, die sich als helle, glatte Fläche von der hellroten Hintergrund farbe in den kerbschnittartigen Vertiefungen abhebt. Es handelt sich dabei um ein typisches Ranken - ornament des 8. bis frühen 9. Jahrhunderts, das damals nur in Oberitalien sowie an der östlichen Adria - küste verbreitet war. Der außergewöhnliche Schrankenpfeiler wurde also von einem Steinmetz aus dem Süden geschaffen. Da die rechteckige Oberseite unbearbeitet blieb und demnach etwas getragen hatte, dürfte der Pfeiler Teil einer sehr aufwändigen, typisch mediterranen »Säulenschranke« mit einer horizontalen, verzierten Balkenauflage (Trabes) und mindestens einem Eingangbogen gewesen sein.
Die Mainzer Klosterkirche St. Alban besaß auch eine porta aurea, also eine der seltenen und überaus wertvollen Türen aus Bronzeguss. Diese dürfte mit der frührömischen, durchbrochenen Bronzetür identisch sein, die bis zur ihrer zufälligen Auffindung in der benachbarten Albansschanze (1845) vollständig erhalten geblieben war. Als Zubehör eines öffentlichen Bauwerks im römischen Mogontiacum wäre sie spätestens zur Völkerwanderungszeit wegen ihres hohen Materialwertes eingeschmolzen worden. Deshalb ist zu vermuten, dass diese in der Gegend von Brescia gegossene, dekorative Bronzetür zu jenen Antiquitäten gehörte, die Karl der Große aus Italien herbeischaffen ließ, um damit seine Neubauten zu schmücken. Wegen ihres ehrwürdigen Alters wird man sie Jahrhunderte später nicht einfach weggeworfen, sondern bei Gefahr – z. B. vor den anrückenden Truppen des Markgrafen Abrecht Alkibiades (1552) – absichtlich versteckt haben.