RIHA Journal 0004 | 21 June 2010
Zur Vorgeschichte des Dresdner Kupferstich-Kabinetts zwischen 1560 und 1738
Christien Melzer
Peer review and editing organized by:
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Munich
Reviewers:
Christian Rümelin, Hein-Th. Schulze Altcappenberg
Abstract
Though the Dresden Kupferstich-Kabinett was properly established only in 1720, the electoral Saxon Kunstkammer and library in Dresden included a collection of prints and drawings from their very beginnings in the mid-16th century. The article focuses on this early, and rarely discussed, history of the collection. From the Dresden holdings and hitherto unexamined sources, exemplary insights can be gained into scope, structure, aims, and accessibility of an early modern collection of art on paper. This throws light on issues in the history of science and of collecting art, on courtly representation, as well as on early modern discourses on art and order. In particular, it can be shown that the foundation of the Kupferstich-Kabinett in the early 18th century was the result of long and complex processes and developments, manifesting ever-evolving and constantly changing scientific taxonomies. Comparison of the Dresden collection with those in Munich, Ambras, Prag, and Paris, underscores the unparalleled continuity of its history.
Anfänge des Graphiksammelns im 16. Jahrhundert
Graphik in der kursächsischen Kunstkammer
Themen der Graphik in der Kunstkammer
Die Graphik als Bildarchiv – Funktionen der graphischen Sammlung
Der Ausbau der Sammlungen im 17. Jahrhundert
Theoretische Schriften als Modelle
Die Systematisierung des Kupferstich-Kabinetts im frühen 18. Jahrhundert
Einführung
Das Dresdner Kupferstich-Kabinett, neben den graphischen Sammlungen in Berlin und München eines der großen Kabinette in Deutschland, kehrte 2004 nach einer fast 60 Jahre währenden provisorischen Unterbringung in der Kunstgewerbeschule an den Ort zurück, an dem es ursprünglich entstanden war: ins Residenzschloss, wo es nun auch über eigene Ausstellungsräume und moderne Depots verfügt. Seine Frühgeschichte und seine Entstehung sind lange nicht systematisch untersucht worden und sollen hier in großen Zügen nachgezeichnet werden.1
Die Institution "Kupferstich-Kabinett" wurde um 1720 als eine von mehreren Spezialsammlungen auf Befehl Friedrich Augusts I., Kurfürst von Sachsen und König in Polen, gegründet. Sie gilt nach dem um 1667 eingerichteten französischen Kupferstichkabinett Ludwigs XIV. als das zweitälteste selbständige königliche Graphikkabinett in Europa. Der sächsische Kurfürst hatte sich schon länger mit dem Gedanken an eine Museumsinstitution getragen und ordnete an, aus den bereits bestehenden Kollektionen verschiedene Spezialsammlungen auszugliedern und durch neue Erwerbungen zu bereichern.2 In dieser Zeit entstanden auch die Gemälde- und die Skulpturengalerie sowie die Naturaliensammlung.3 Das Kupferstich-Kabinett wurde 1728 gemeinsam mit den übrigen naturwissenschaftlichen Sammlungen und der Bibliothek im Zwinger, dem sogenannten "Palais des Sciences", untergebracht, der ab 1710 durch Matthäus Daniel Pöppelmann und Balthasar Permoser als Orangerie und Festarchitektur erbaut worden war (Abb. 1).
1 Heinrich Christian Eilenburg, Grundriss des Zwingers, aus: Kurzer Entwurf der königlichen Naturalienkammer zu Dresden, Dresden: Walther, 1755, Kupferstich, Dresden, SLUB, H.Sax.G 260, erster Grundriss ausgeklappt, Abteilung E: Kupferstich-Saal (Foto © SLUB/Deutsche Fotothek, Digitalisierungszentrum, 2009)
Vermutlich stellten Kupferstiche bei der Gründung des Kabinetts tatsächlich den größten Anteil des Bestandes und rechtfertigten so die Bezeichnung "Kupferstich-Kabinett".4 Die historischen Quellen verwenden verschiedene Ausdrücke synonym, zum Beispiel "Estampes-Cabinet", "Kupferstich-Salon" und im späten 18. Jahrhundert "Kupferstich-Gallerie".5
Das Kabinett war schon 1720 außergewöhnlich vielseitig und enthielt graphische Werke verschiedener Länder und Epochen.6 Bei seiner Gründung waren 22 Schränke, sogenannte Bureaux, mit mehreren Tausend Blättern gefüllt. Für das Jahr 1764 ist bereits von einem Bestand von mehr als 130.000 graphischen Blättern und knapp 16.000 Zeichnungen auszugehen, wie ein Übergabeinventar nahelegt.7 Ohne eine lange währende Sammeltradition wäre dies kaum möglich gewesen. Meine Forschungen enden daher mit der institutionellen Gründung des Kupferstich-Kabinetts, wenngleich auch nicht mit seinem legendären Gründungsjahr, sondern mit einem etwas späteren Zeitpunkt: der Fertigstellung des ersten Inventars im Jahre 1738.8 Innerhalb dieser Zeitspanne legte der erste Direktor Johann Heinrich von Heucher (1677-1746) neue Ordnungskriterien fest und tätigte Ankäufe, die im Inventar erstmals schriftlich fixiert und somit eindeutig fassbar werden. Eine erste und grundlegende Etappe der Einrichtung des Kabinetts war damit beendet. Im Folgenden wird zunächst die Entwicklung der graphischen Sammlung vor ihrer eigentlichen Gründung dargestellt, bevor auf den mehrere Jahrzehnte dauernden Gründungs- und Systematisierungsprozess eingegangen wird.
Tatsächlich lässt sich die Sammlung graphischer Blätter in Dresden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen. Schon innerhalb der kurfürstlichen Kunstkammer und der Bibliothek, welche die wichtigsten, aber bei Weitem nicht die einzigen Quellen für die Ausgliederung des Kabinetts bildeten, entstand eine umfangreiche Kollektion von Kupferstichen, Holzschnitten, Zeichnungen und Büchern. Die Entwicklung und Zusammensetzung der frühen, in andere Institutionen integrierten graphischen Sammlung sowie ihre spezifischen Aufgaben im Kontext frühneuzeitlicher Repräsentation und Wissensorganisation sind zentrale Punkte, die eine sammlungshistorische Betrachtung berücksichtigen muss.
Aufgrund des erhaltenen Quellenmaterials lässt sich dieses Kapitel der Dresdner Sammlungsgeschichte im Vergleich zu aufgelösten oder mehrfach veräußerten Sammlungen umfassend analysieren. Die frühe Dresdner graphische Kollektion kann daher exemplarisch für ähnliche, nicht mehr vorhandene Sammlungsstrukturen wie etwa in München stehen.9 Für eine Rekonstruktion der Sammlung sind mehrere Arten von Quellen von Bedeutung: die erhaltenen Inventare der Kunstkammer und der Bibliothek, umfangreiche Aktenbestände des Kabinetts und sächsischer Archive, so z. B. Rechnungen der Kurfürsten, Bestallungsurkunden der Hofkupferstecher oder Quittungen über Ankäufe auf der Leipziger Messe, Nachlass- und Schenkungsurkunden, aber auch Reiseberichte und kunsttheoretische Traktate. Nicht zuletzt erlauben heute vorhandene, über die Jahrhunderte in ihrer Aufbewahrung und Systematisierung allerdings stark veränderte Kunstwerke wie Zeichnungs- und Klebebände, illustrierte Bücher und Druckgraphiken ebenfalls Rückschlüsse auf die Entwicklung des Kabinetts. Gerade diese Kunstwerke sind allerdings heute aus konservatorischen Gründen oftmals schwer zugänglich. Außerdem sind in Alben eingeklebte Blätter aufgrund zahlreicher Umdispositionen und früherer Verwahrungspraxis nicht immer mit einer eigenen Inventarnummer versehen und, sofern nicht publiziert, weder in Datenbanken noch in Inventaren verzeichnet und der wissenschaftlichen und interessierten Öffentlichkeit kaum zugänglich. Die hier vorgenommenen exemplarischen Identifikationen können daher nur der Anfang sehr viel weiter führender Studien sein, die anhand systematischer und vertiefter Untersuchungen beispielsweise von Einbänden und Notizen in Büchern, von Rückseiten zahlreicher Einzelblätter und von späteren Inventaren des Kabinetts umfassendere Erkenntnisse liefern können.
Anfänge des Graphiksammelns im 16. Jahrhundert
Schon Herzog Georg der Bärtige (1471-1539) und Kurfürst Moritz (1521-1553), der 1547 die Kurwürde von der ernestinischen Linie der Wettiner übernahm, legten eine Silber-, eine Rüst- und Harnischkammer sowie ein Münzkabinett an.10 Erste Ansätze einer Graphiksammlung finden sind ebenfalls in dieser Zeit. Ein Schlossinventar von Torgau von 1546 bezeugt, dass es üblich war, neben Gemälden und Tapisserien auch Graphik zur Dekoration der kurfürstlichen Gemächer zu verwenden, wenngleich hier noch nicht von Sammeln als einem systematischen und gerichteten Prozess ausgegangen werden kann.11
Als eigentlicher Gründer der heutigen Kunstsammlungen wird Kurfürst August angesehen, dessen über dreißigjährige Regierungszeit von 1553 bis 1586 durch Stabilität und Wohlstand geprägt war. 1556 entstand die kurfürstliche Bibliothek, in der Graphik zum ersten Mal als Sammlungsobjekt fassbar wird.12 Seit diesem Jahr lassen sich Ankäufe von Büchern und Aufträge des Kurfürsten an mehrere Buchbinder für repräsentative Einbände nachweisen. Das erste Inventar der "Librarey", wie die Bibliothek genannt wurde, verzeichnet im Jahr 1574 über 1.700 Bände, darunter "Kunstbuchlin", "Architecturn, Perspectiva" sowie Klebebände, Landkarten und einzelne Kupferstiche.13 Der Graphikbestand ist zunächst weder räumlich noch personell oder administrativ eigenständig, sondern in verschiedene Institutionen integriert. Sie übernahm jedoch spezifische Funktionen, wie im Folgenden zu erläutern sein wird.
Kurfürst August ist wohl der erste sächsische Kurfürst, bei dem man von systematischem Graphiksammeln sprechen kann. Er ist als Auftraggeber, Adressat von Geschenken und als Hersteller von Objekten belegt. Dies betrifft nicht nur gedrechselte Elfenbeine oder Pretiosen, sondern auch beispielsweise ein "Rot in Leder vorguldt Buch oder futtral, dorinnen ezliche kleine Mappen welche herzogk Augustus Churfürst zu Sachßen seligen selbsten gemachet" oder "Ein illuminirt turckenbuch, welches Churfürst Augustus [...] durch Zacharias Wehm nachmalen laßen".14 Das sogenannte Türkenbuch, das dem Kurfürsten vom kaiserlichen Gesandten in Istanbul David Ungnad Freiherr von Sonneck zum Erstellen einer Kopie überlassen wurde, diente als geheime und authentische Bilddokumentation zu politischen und diplomatischen Zwecken angesichts der türkischen Bedrohung. Teile der von Zacharias Wehme angefertigten Kopie sind noch heute im Kupferstich-Kabinett vorhanden (Abb. 2).15
2 Zacharias Wehme, Hagia Sophia mit der Sultansgrablege, in: Türkische Trachten, Gebräuche, Aufzüge, Bauwerke und Denksäulen, 1581/82, Kopie nach David Ungnad, Türkenbuch, Feder in Grau, Pinsel in Wasser- und Deckfarben auf Papier, mit Gold und Silber gehöht, 495 x 310 mm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 170, fol. 8 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Die Vergabe von Aufträgen durch Kurfürst August lässt sich anhand mehrerer Quellen verifizieren. 1575 gab er bei seinem Hofmaler und Kupferstecher Friedrich Bercht (gest. 1585) gedruckte Darstellungen von sächsischen Städten sowie Entwürfe für Inventionen und Ritterspiele in Auftrag. Bercht sandte August die Kupferstiche zu, der diese offenbar höchstpersönlich begutachtete, wie aus einem Brief an Bercht hervorgeht: "Wir haben die andern nachgeschickten Kupfferstich empfangen unnd haben uns dieselbig besser denn der ersten gehalten, begehren derhalben du wollest unns derselben Kupfferstich mehr druck[en]."16
Ein Beleg für die direkte Auftragsvergabe durch den Kurfürsten findet sich in der handschriftlichen Widmung eines Pflanzenbuches des Torgauer Stadtarztes Johannes Kentmann (1518-1574). Laut dieser wurde das Werk ausdrücklich "auf Ewer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit befehl undertheniglich" angefertigt.17 Das Buch enthält 600 naturgetreue Pflanzenillustrationen heimischer und ausländischer Gewächse und wurde 1563 fertiggestellt (Abb. 3).
3 Johannes Kentmann und David Redtel, Kreutterbuch Von Sechshundert Schonen [...] Gewechsen [...],1563, Pinsel, Eitempera über Vorzeichnungen in Graphit, 480 x 335 mm, Dresden, SLUB, Mscr.Dresd.B.71, Frontispiz und fol. 103 (Foto © SLUB/Deutsche Fotothek, Regine Richter)
Dieses umfangreiche Buch genoss von Anfang an eine hohe Wertschätzung. Es steht im ersten Bibliothekskatalog prominent an erster Stelle in der Abteilung "Kreuter vnnd Artzneibucher" und scheint bereits unter Kurfürst August im Schloss ausgestellt gewesen zu sein.18 Es mag sich hier nur um einen Einzelfall handeln. Gleichwohl zeigt dies August nicht nur als landeskundlich interessierten Herrscher, sondern auch als Bibliophilen und Zeichnungsfreund, der die farbigen Miniaturen schätzte. Wahrscheinlich kann von Seiten des Kurfürsten durchaus ein besonderes Interesse für Druckgraphik und Zeichnung angenommen werden, wenn nicht an den ästhetisch-künstlerischen, so doch an den mimetisch-dokumentarischen Qualitäten der Darstellungen.
Graphik in der kursächsischen Kunstkammer
Kurfürst August ließ zudem um 1560 eine Kunstkammer einrichten, eine jener mit enzyklopädischem Anspruch angelegten Sammlungen, wie sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem nördlich der Alpen entstanden, so auch in Wien (1558), München (1567), Ambras (1576) und Prag (um 1590).19 Im Vergleich mit diesen, unter ähnlichen Umständen entstandenen und auch in ihrer Bedeutung vergleichbaren Kunstkammern wird deutlich, dass sich ein allgemein gültiger Sammlungskanon in Bezug auf die Ikonographie der Graphik und die Künstler etabliert hatte, aber durchaus auch regionale Schwerpunkte in der Konzeption gesetzt wurden.
Die fürstlichen Kunstkammern, die alle Graphiken, Zeichnungen und Bücher enthielten, besaßen einen privaten Charakter, der ihre Nutzung und Zugänglichkeit für eine bestimmte repräsentative Öffentlichkeit jedoch nicht ausschloss.20 Die Kunstkammer in Dresden war Teil eines sehr viel größeren Sammlungskomplexes, des sogenannten Theatrum Artificialium, zu dem auch der Stall, die Rüstkammer, die Apotheke, Ball- und Löwenhaus sowie die Bibliothek gehörten und der bei Staatsbesuchen als regelrechter repräsentativer Parcours für Gäste genutzt wurde.21 Mit "Öffentlichkeit", die sich besonders an jenen Orten herstellte, an denen Repräsentation und herrschaftslegitimierende Rituale stattfanden, ist hier jedoch nicht "Offenheit" im Sinne von allgemein zugänglich gemeint.22 Im Gegenteil, Institutionen sind vielmehr durch Ausgrenzungsleistungen und Differenzsetzungen gekennzeichnet, durch das Isolieren von Innenräumen für herausgehobene Beteiligte. Gerade die Exklusivität, die für die Kunstkammer durch erschwerte Zugangsvoraussetzungen immer wieder reklamiert wird, ist eine Form der Geltungserhöhung durch Zulassung.
Im Gegenzug zur etablierten Meinung in der Forschung lässt sich festhalten, dass die Dresdner Sammlungen bereits Ende des 16. Jahrhunderts zugänglich waren, wenngleich die Kurfürsten den Zutritt bewusst zu regulieren versuchten. Schon 1590 hatten Pfalzgraf Johann Kasimir, kurz darauf Johannes Kepler die kurfürstlichen Kollektionen besichtigt.23 Doch dies sind nur einige sporadisch überlieferte Beispiele. Die ersten erhaltenen Besucherverzeichnisse stammen aus der Zeit nach 1640. Mehrere Beschwerden des Kämmerers, der seinen Adjunkten beschuldigte, ohne sein Wissen und in Abwesenheit des Hausmarschalls wiederholt Gäste herumzuführen, belegen, dass durchaus auch einfache Bürger die Kunstkammer betraten.24 Unter ihnen befanden sich zahlreiche Studenten sowie erstaunlich viele Frauen. Die Besucher kamen aus der näheren Umgebung Dresdens, aber auch aus Nürnberg, Hamburg, Königsberg, Prag und Straßburg. Die verordnete Restriktion des Zugangs vermochte offenbar nicht, eine relativ große Menge von Besuchern am Besichtigen der Kunstkammer zu hindern. Diese war demnach "öffentlicher" und bekannter, als vom Kurfürsten intendiert gewesen sein dürfte.
Die Räume der Kunstkammer befanden sich bis nach 1700 in sieben und später acht Räumen im Dachgeschoss des Westflügels des Residenzschlosses, interessanterweise in den heutigen, wenn auch vollkommen veränderten Räumen des Kupferstich-Kabinetts (Abb. 4).
4 Das Churfürstl. Sächs. Residentzhauß zu Dresden, in: Anton Weck, Der Chur-Fürstlichen Sächsischen Residentz Beschreibung [...], Nürnberg 1680, Kupferstich, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. B 1146,2, im 3. Obergeschoss des vorderen Flügels befand sich die Kunstkammer (Foto © SLUB/Deutsche Fotothek)
Die Kollektion existierte auch nach der Ausgliederung mehrerer Spezialsammlungen weiter, bis ihre Reste 1832 auf einer Auktion verkauft wurden. Es haben sich sieben Inventare der Kunstkammer erhalten, die zwischen 1587 und 1741 erstellt wurden.25 Das erste Inventar enthält knapp 9.600 einzelne Gegenstände.26 Mit 75% der aufgeführten Objekte überwiegen die Werkzeuge, mathematischen und mechanischen Instrumente, wobei es Hunderte einzelner Schrauben, Barbiermesser oder Lineale gab, die aufgrund ihrer geringen Größe und verborgenen Aufbewahrung in Schubladen nicht unbedingt das Gesamtbild dominiert haben müssen. Die 300 vorhandenen Bücher machten demzufolge nur rund 3% des Bestandes aus, die ausgestellten, teilweise großformatigen 130 Gemälde nur rund 1,4%. Diese Zahlen reichten bisher aus, um die Dresdner Kunstkammer in ihren Anfängen als ausschließlich technische Sammlung zu klassifizieren, wobei hin und wieder bemerkt wurde, dass sich in der Abteilung der Bücher eine "beträchtliche Menge" Graphik befunden habe.27
Es lässt sich jedoch belegen, dass innerhalb der Dresdner Kunstkammer und der kurfürstlichen Bibliothek bereits ab 1560 eine umfangreiche Kollektion graphischer Blätter und Zeichnungen entstand, wenngleich sie keine eigene Sammlung im heutigen Sinne eines nach nationalen Schulen und Künstlern geordneten graphischen Kabinetts bildete.28 Die genaue Anzahl der Druckgraphiken und Zeichnungen ist nicht zu ermitteln, da die Inventare oft nur summarische Angaben liefern, wie etwa "Allerlei Kupferstück" oder "etzliche Risse". Aber sie erlauben in vielen Fällen Angaben zu bevorzugten Techniken, beliebten Sujets, zu Künstlern und zur Art der Aufbewahrung. Das erste Inventar verzeichnet bereits knapp 500 Positionen Graphik, die meisten davon in Alben, Klebebänden oder als Serien gebunden. Je nach Größe konnten mehrere Hundert Graphiken in einem Klebeband montiert werden, sodass eine erheblich höhere Anzahl von Einzelblättern vorhanden gewesen sein muss.29 Die gebundenen Graphiken bewahrte man gemeinsam mit den Büchern in einem Regal unter der Rubrik "Ahn Astronomischen, Astrologischen, Geometrischen, Perspectivischen, Arithmethischen und andern Kunstbüchern [...]" auf.30 Einzelne Blätter verteilten sich über alle Räume. Sie hingen gerahmt an den Wänden und Schränken, lagen gerollt auf Tischen, gefaltet in Schubladen. Es gab sogar zwei Rollen, auf denen man lange Stammbäume auf- und abwinden konnte.31
Beim Auswerten der Inventare war Vorsicht geboten, kann doch der Begriff "Kupfer-Stücke" laut Zedlers Universallexikon (1733-1750) verschiedene Tiefdrucktechniken, darunter Stich-, Ätz- und später auch das Mezzotintoverfahren umfassen.32 Dass die Gattungsgrenzen in der Kunstkammer fließend waren, beweisen außerdem Begriffe wie "gemalet" oder "Gemälde", die durchaus nicht in jedem Fall Malerei meinen. Beispielsweise werden im Inventar von 1587 "Wunderbarliche köstliche Gemälde von mancherley schönen Gebäuden" genannt, die in einem späteren Inventar als Holzschnitte beschrieben werden.33 Abschließende Gewissheit bei der Identifikation von Inventareinträgen mit heute vorhandenen Werken ist aufgrund der in den Quellen selbst enthaltenen Ungenauigkeiten kaum zu erreichen, allenfalls Annäherungen sind möglich.
Themen der Graphik in der Kunstkammer
Die in der Kunstkammer vorhandene Graphik umfasste alle Themenbereiche, wobei Blätter und Bücher mit naturwissenschaftlichem Inhalt aus Vermessung, Geographie, Geometrie, Architektur, Perspektive, Tier- und Pflanzenkunde in Dresden dominierten.
5 Bartholomäus Scultetus, Landkarte der Markgrafschaft Meißen und Lausitz, 1568, kolorierter Holzschnitt vermutlich von Georg Scharfenberg, gedruckt bei Ambrosius Fritsch in Görlitz 1581, 263 x 270 mm, Maßstab 1:850.000, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. A 129218 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
6 Albrecht Dürer, Ein schön nützlich [Büchlin...] der kunst des messens [...], Nürnberg 1528, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. B 294,2, Titelblatt (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Topographische Ansichten und Landkarten bildeten die bekannte Welt ab und symbolisierten zugleich die Kontrolle des Fürsten darüber (Abb. 5). 1587 finden sich zahlreiche Schriften zu Vermessung, Astronomie und Architektur, beispielsweise auch Dürers Proportions- und Befestigungslehre und Die Kunst des Messens in mehreren Ausgaben in der Kunstkammer (Abb. 6).
Ähnliche Konzentrationen sind freilich auch anhand anderer graphischer Bestände in Kunstkammern zu beobachten, allerdings lassen sich doch feine Unterschiede herausstellen. So fallen in Prag wesentlich mehr Landschaftszeichnungen und Alben mit Tier- und Pflanzenabbildungen als in Dresden auf. Dafür gab es vergleichsweise wenige Landkarten, Architektur- und Geometrietraktate, sofern das bei zahlreichen fehlenden Titeln der Alben im Inventar (1607-1611) zu beurteilen ist. Für das Ambraser (1621) und das Münchner Inventar (1598) kann ebenfalls festgehalten werden, dass Werke der Architektur und vor allem der Geometrie weitaus seltener vertreten waren als in Dresden. Dafür finden sich in Ambras mehr Turnierbücher und Alben mit mythologischen oder römischen Historien, in München hingegen zahlreiche Stiche nach Antiken sowie wesentlich mehr Bände mit religiösem Inhalt und Vorlagenbücher.34
Einige Dresdner Beispiele, die im Folgenden vorgestellt werden, konnten mit großer Wahrscheinlichkeit im heutigen Bestand des Kupferstich-Kabinetts oder anderer Institutionen lokalisiert werden.
Immer wieder werden geometrische Risse und Landkarten der Kurfürsten selbst genannt.35 Die Inventarisierung der Kunstkammer begann bezeichnenderweise im sogenannten Reißgemach, zugleich Studienkabinett und Mittelpunkt der Kunstkammer. Dort standen mehrere Schreibtische mit Schubladen, in denen Zirkel, Lineale, Zeichenfedern und Tintenfässer aufbewahrt wurden. Als selbst Zeichnender, Sammelnder und Ordnender nahm der Kurfürst in diesem Raum eine zentrale Position ein.36 Er konstruierte sein Herrschaftsgebiet durch das Anfertigen einer Karte desselben und übte so seine Macht symbolisch von seiner "Welt in der Stube" her aus. Das bezeichnete oder bedruckte Papier eröffnete vollkommen neue Möglichkeiten der Raumvorstellung, indem jeder Raum in ein berechenbares, zentralperspektivisches Liniensystem transformiert und somit beherrschbar gemacht werden konnte.37 Die Handzeichnung war zugleich Instrument und Beweis der in der Kunstkammer gewonnenen Erkenntnisse.38 Hier ist anzufügen, dass die Kämmerer des frühen 17. Jahrhunderts eine mathematische Ausbildung genossen hatten und Schriften zur Geometrie publizierten. Lucas Brunn, Kämmerer bis 1628, betont, die "Wissenschafft der Proportionum [sei] eine hohe notwendige Kunst", sie schärfe den Verstand und könne dem Regenten einen "'wohlproportionierten' Sinn für die Regierungsgeschäfte" vermitteln.39
Von Augusts Sohn und Nachfolger, Christian I., der einer zeitgenössischen Lebensbeschreibung zufolge "etlicher maaßen, wie sein Herr Vater Lus[t] zur Geometrie, insonderheit zur Baukunst, daß er auch mit eigner Hand etl[iche] Form von Gebäuden gar artig undt künstlich abgerissen", hat sich ein Zeichnungsband aus der Kunstkammer erhalten.40 Der Pergamentband enthält 57 Blätter mit Feder-, Kohle- und Rötelzeichnungen, darunter Darstellungen geometrischer Körper und perspektivischer Gebäude (Abb. 7). Neben Werken der mathematischen Wissenschaften finden sich auch biblische Figuren, etwa von Virgil Solis und Jost Amman, die als lehrhafte Exempel dienten.
7 Kurprinz Christian I., Perspectief Buch [...], 1577, Feder, Kohle, Rötel auf Papier, 417 x 280 x 50 mm (Buchmaß), SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 61, fol. 27 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Die regelrechte Flut von Trachtenbüchern seit der Mitte des 16. Jahrhunderts schreibt sich hingegen in die Beobachtung der Natur, die Erkundung und enzyklopädische Erfassung des Fremden ein. Die Trachtenbücher stellen eine Form der visuellen Erschließung der 'Natur' dar und bilden gleichsam eine Wissensordnung in engem Zusammenhang mit der Naturgeschichte und der Geographie.41 Sie konnten als Vorlage für Ausstattungen etwa zu Festen herangezogen werden (Abb. 8).
8 Abraham de Bruyn, Omnium poene gentium imagines, Köln: Caspar Rutz, 1577, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. B 232,2, S. 50 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
9 Rhinozeros, in: Klebeband mit Aquarellen und lavierten Federzeichnungen, Feder, Pinsel, 315 x 230 x 50 mm (Buchmaß), SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 221, fol. 167r (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Kräuter- und Tierbücher, welche die einheimische Flora und Fauna, aber auch exotische Tiere reproduzieren, dienten als Illustration und Vergleich beim Studium der Natur (Abb. 9). Es kam darauf an, naturgetreue Abbildungen anzufertigen, "ad vivum" oder "nach dem Leben", schon allein, um eine Identifikation zu medizinischen Zwecken zu ermöglichen.42 Hinzuweisen ist hier auf Einflüsse von Künstlern wie Jacques de Gheyn, Joris Hoefnagel oder Hans Bol, deren naturgetreue Miniaturen mit perfekter Oberflächenbehandlung immer auch die Fähigkeit der inventio des Künstlers vor Augen führen.43 Von Hans Bol besitzen Kabinett und Gemäldegalerie Alte Meister noch heute einige Werke.
Zu Fragen des Zeremoniells in Festbelangen zog man nachweislich ältere Dokumentationen von am Dresdner Hof gehaltenen Maskeraden und Festen heran, die ein einmaliges Ereignis in Text und Bild fixierten.44 Man berief sich bewusst auf eigene Traditionen, die nur mit Hilfe graphischer Abbildungen rekonstruierbar waren. Die Illustrationen ermöglichten eine dauerhafte "Wiedervergegenwärtigung" einer kosmologisch fundierten Ordnung, die sich während des Festes dem Zeremoniell entsprechend manifestiert hatte.
10 Jobst Camerer, Kaiser Karl V. während der Belagerung Wittenbergs 1547, punzierte und vergoldete Kupferplatte (links), 175 x 125 mm, ehemals SKD, Kupferstich-Kabinett, 1915 eingeschmolzen, Abdruck (rechts), 1558, 175 x 118 mm (Foto © SLUB/Deutsche Fotothek, Roland Handrick)
Daneben erwarben die Kurfürsten auch zahlreiche Kupferplatten, sowohl Druckplatten für Tiefdruckverfahren als auch eigenständige, von Goldschmieden wie den Kellerthalern hergestellte Kunstwerke (Abb. 10). Viele der Platten gelangten im 19. Jahrhundert tatsächlich in das Kupferstich-Kabinett, wurden aber 1915 eingeschmolzen.45 Holzstöcke finden hingegen keine Erwähnung.
Graphische Porträts dienten dem Gedenken an nicht anwesende Personen, Stammtafeln, Ahnengalerien und Geschichtsbücher der Konstruktion dynastischer Kontinuität. Ein besonders interessantes Beispiel einer Porträtsammlung bilden drei im Kabinett erhaltene Bände mit je etwa 100 Federzeichnungen römischer Kaiser und Denker mit kurzen Lebensbeschreibungen (Abb. 11).46
11 Jacopo oder Octavio da Strada, Series continuata omnium Imperatorum [...], vor 1590, drei Bände in rote Seide gebunden mit Federzeichnungen römischer Kaiser, 430 x 290 x 30 mm (Buchmaß), SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 75, Ca 76, Ca 77, im Schuber (links, © Christien Melzer) und Bd. 1, Inv.Nr. Ca 76, fol. 1r (rechts, © Kupferstich-Kabinett Dresden)
Die Porträts ergeben eine kontinuierliche genealogische Reihe der römischen Kaiser bis ins 15. Jahrhundert. Ihre Erwerbung kann mit großer Wahrscheinlichkeit belegt werden, sie werden erstmals im Inventar der Kunstkammer von 1595 genannt und einem Johannes Strada, gemeint ist wohl Jacopo oder Octavio, zugeschrieben.47 Eine Beziehung der Familie Strada zum sächsischen Hof bestand bereits Mitte der 1570er Jahre. Jacopo (1507-1588) aus Mantua war Antiquar und Baumeister am Münchner und später am Wiener Hof unter Kaiser Maximilian II. In einem Schreiben von 1575 bot er dem sächsischen Kurfürsten seine private Kunstkammer samt Bibliothek als Geschenk an. Zu einer Übergabe ist es nicht gekommen, denn nach dem Tode Jacopos 1588 bemühte sich sein Sohn Octavio um einen Verkauf der Sammlungen an Ferdinando I. de Medici. Vermutlich wurden die besagten drei Bände von Octavio der Kunstkammer seines Vaters entnommen und nach Dresden gebracht, wie mehrere Briefe von 1589 nahelegen. Ein Jahr darauf erhielt Octavio von Kurfürst Christian I. eine Begnadigung in Höhe von 114 Gulden wegen "dreyer vorehrte[r] bücher", die sehr wahrscheinlich mit dem Eintrag im Inventar und den drei erhaltenen Zeichnungsbänden identisch sind.48 Mit letzter Gewissheit kann dies jedoch nicht gesagt werden, da in einem anderen Brief Stradas von drei weiteren Büchern mit Zeichnungen von Tieren und Inventionen die Rede ist, für die er gleichermaßen entlohnt worden sein könnte.49 Selbst bei guter Quellenlage können also Übereinstimmungen von schriftlichen Zeugnissen und heute erhaltenen Kunstwerken nur mit Vorsicht festgestellt werden. Die Stradas lieferten solche Zeichnungsbände an ausgewählte europäische Höfe, etwa den Prager, den Mantuaner und den Florentiner Hof. Neben den Kaiserserien wurden die Symbola Romanorum Imperatorum von Besuchern der Dresdner Sammlungen wahrgenommen und in Reiseberichten als Hauptwerke erwähnt.
Auch die Sammeltendenz, rare und kuriose Objekte in der Kunstkammer zusammenzutragen, spiegelt sich in der Druckgraphik und Zeichnung wider. So verwahrte man Abbildungen von Monstrositäten oder seltenen Tieren wie den Abriss eines weißen Raben.50 Zu den kuriosen Graphiken können sicherlich auch jene orientalischen und asiatischen Blätter gezählt werden, die in den Inventaren oftmals die Bezeichnung "indianisch" tragen.
Neben Mengenangaben, Techniken und Themen lassen sich den Inventaren weitere Informationen entnehmen. Dazu gehören Namen von Goldschmieden, Malern, Bildhauern, aber auch von zahlreichen bekannten Holzschneidern, Kupferstechern und Zeichnern, so etwa von Virgil Solis d. Ä., Hans Sebald Beham, Hieronymus Cock, Philipp Galle, Hans Bol, Jacques Androuet Ducerceau, Hans Vredeman de Vries, Maarten van Heemskerck, Hendrick Goltzius und Bartholomäus Spranger. Oftmals präzisieren spätere Inventare die Einträge aus dem ersten Verzeichnis. So sind "Viererley newe Inventionen von Antiquitetischen Sepulturen" im Inventar von 1587 in einem späteren Verzeichnis von 1640 um den Namen des Künstlers Cornelis Floris ergänzt, was wiederum eine Zuordnung im Bestand des Kupferstich-Kabinetts wahrscheinlich werden lässt (Abb. 12).51
12 Cornelis Floris, Veelderley Veranderinghe van grotissen ende compertimenten, [...] inventien van antycksche sepultueren, o. O. 1556, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. B 57h,2, Einbandspiegel und Titelblatt (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Ob z. B. als Dürer oder Mantegna inventarisierte Werke einer heutigen Zuschreibung standhalten würden, ist eine ganz andere Frage, die aufgrund der selten eindeutigen Identifikation im aktuellen Bestand offen bleibt. In jedem Fall sind die Namen der Künstler signifikant für die (ideale oder gewünschte) Zusammensetzung der Sammlung.
Im zweiten Inventar der Kunstkammer von 1595 taucht außerdem der Name Albrecht Dürers in Verbindung mit über 200 erworbenen Holzschnitten und Kupferstichen auf, darunter die 15 Holzschnitte der Apokalypse (1498/1511) und die zwölf Holzschnitte der Großen Passion (1511). Aus einem Eintrag im Inventar der Kunstkammer von 1619 lässt sich ersehen, dass der Hausmarschall Georg Pflug die Druckgraphik Dürers in ein Buch geordnet, mithin eine Ordnung entworfen und realisiert hat.52
Es ist ganz offensichtlich, dass man darauf bedacht war, nicht nur Werke lokaler oder Dresdner Hofkünstler zu sammeln. Vielmehr besaß die graphische Kollektion innerhalb der Kunstkammer internationales Niveau. Bei fast allen genannten Namen bezüglich der Graphik handelt es sich um zeitgenössische oder zumindest Künstler des 16. Jahrhunderts mit Ursprung nördlich der Alpen. Es fehlen Stechernamen der altdeutschen und frühen italienischen Renaissancekunst, die mit wenigen Ausnahmen (Amerbach, Waldburg-Wolfegg) erst im 18. Jahrhundert zunehmend in den Blick der Sammler rückten.
Die Kunstkammer war freilich nicht der einzige Ort, an dem Graphik aufbewahrt wurde. Die Kurfürsten verwahrten illustrierte Bücher, darunter Turnierbücher mit goldgehöhten Illustrationen, in ihren privaten Gemächern, in den Inventionskammern und in der Geheimen Verwahrung der Schatzkammer. Die Bibliothek wurde bereits erwähnt.
Ebenso besaßen die Kurfürstinnen nachweislich Graphik und Bücher. Beispielsweise haben sich Rechnungen der Kurfürstinnen Sophie und Magdalena Sibylla erhalten, die Ausgaben für Buchbinder und für Käufe auf der Leipziger Messe bestätigen.53 Außerdem beschreibt der Reisende und Kunstagent Philipp Hainhofer bei seinem Besuch in Dresden 1629 die Kunstkammer der Kurfürstin, in der er Porträts "mit der Feder gerissen" gesehen habe.54
Die Graphik als Bildarchiv – Funktionen der graphischen Sammlung
Zwischen Bibliothek und Kunstkammer, die auch räumlich eng nebeneinander im dritten Obergeschoss des Schlosses untergebracht waren, fanden mehrfache Übergaben statt.55 Die Nähe einer graphischen Kollektion zu Büchern und Bibliotheken, den Inbegriffen des Wissens in der frühen Neuzeit, wurde in der zeitgenössischen Sammlungstheorie immer wieder betont. Bis ins 18. Jahrhundert empfahlen Architekturtheoretiker wie Johann Daniel Major, Friedrich Neickel oder Leonhard Christoph Sturm, bei der Einrichtung einer Sammlung Kupferstiche und Bücher gemeinsam aufzubewahren.56 Das räumliche Sammeln und Anordnen von Gegenständen in der Kunstkammer sowie das schriftliche Beschreiben und Klassifizieren in Büchern sind zwei "gleichberechtigte Verfahren zur Aneignung der [...] neuen Kenntnisse und Erfahrungen" im Zeitalter der Entdeckungen, Verfahren, die nach Einsicht, Erkenntnis und letztendlich nach Nutzbarmachung des Wissens strebten.57
Doch welche Qualitäten der Graphik waren dafür verantwortlich, dass sie in so großer Anzahl und Vielfalt in den Sammlungen vorhanden war? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, die zeitgenössische Sammlungstheorie einzubeziehen. Samuel Quiccheberg, Bibliothekar der Familie Fugger und Verwalter der Sammlung Herzog Albrechts V. von Bayern, verfasste 1565 die älteste bekannte museumstheoretische Schrift, die Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi.58 Das Traktat, das eine ideale Sammlung beschreibt, war trotz seiner angeblichen Seltenheit seit spätestens 1595 in der kursächsischen Bibliothek vorhanden.59 Quiccheberg definierte die Graphik als Bildarchiv und wies ihr eine Funktion als eigenständige Sammlung zu.60 Aufgrund ihres umfassenden Themenrepertoires und ihrer Anschaulichkeit, ihres kleinen Formats, ihrer Platz sparenden Aufbewahrung, ihrer weiten Verbreitung und preiswerten Anschaffung ist eine graphische Kollektion für eine solche Funktion als Archiv geradezu prädestiniert.61 Dieses Modell lässt sich auf die Dresdner Kollektion übertragen, die weniger aus künstlerisch-ästhetischen als vielmehr aus dokumentarischen Motiven angelegt wurde. Sie übernahm die spezifische Funktion des visuellen Gedächtnisses, das der Aneignung, Produktion, Verwahrung und Verwaltung von Wissen diente. Nahezu alle ikonographischen Kategorien, die Quiccheberg in seinen Klassen aufzählt, werden in der Dresdner Kunstkammer durch die Graphik bedient. Sie konzentrierte sich an einem Ort, dem Bücherregal, wie es Quiccheberg vorsah.
Der wohl berühmteste Graphiksammler Frankreichs, Michel de Marolles, der seine Graphiksammlung an den französischen König Ludwig XIV. verkaufte, bezeichnete seine Kollektion Mitte des 17. Jahrhunderts als "Bibliothèque Imaginaire", die alle nur denk- und vorstellbaren Dinge ("toutes les choses imaginables") enthalte.62 Zum einen verweist die Aussage auf das in Bildern ("images") gesammelte Wissen, zum anderen auf die Substitutfunktion der Graphik für Objekte, die nicht vorhanden waren oder nicht bzw. nur in der Einbildung existierten ("imaginaire"). Graphik und Zeichnung waren die einzigen Medien, die nicht vorhandene Objekte, nicht zugängliche Räume, ephemere Ereignisse, alle idealerweise in einer Kunstkammer versammelten Gegenstände abbilden und dadurch in sich vereinen konnten.
Wenige Jahre nach Quiccheberg gab Gabriel Kaltemarckt dem sächsischen Kurfürsten Empfehlungen, wie eine Kunstkammer einzurichten sei. Kaltemarckt wollte auf wissenschaftliche und mechanische Geräte zugunsten von Gemälden, Skulpturen und Münzen verzichten. Außerdem empfahl er, "allerlei reine abdrücke von kupfer und Holzschnid und sonderlich von den besten meistern" zusammen zu bringen – und verlangt damit erstmals ausdrücklich nach Graphik in einer Kollektion.63 Er stellte einen Kanon der Künstler von der Antike bis ins späte 16. Jahrhundert auf und nannte nicht zuletzt Namen von 43 Stechern, deren Werke sich zum Teil bereits in der Kunstkammer befanden. Auffälligerweise umfasst dieser frühe Kanon ausschließlich Kupferstecher, Holzschneider und Verleger des ausgehenden 15. und des 16. Jahrhunderts und damit vor allem Zeitgenossen des Autors. Er ist somit deutlicher Ausdruck der Blüte der manieristischen Druckgraphik. Besonders die wohl früheste Erwähnung des Hendrick Goltzius außerhalb von Archivalien und Briefen ist bemerkenswert, da sie zu einem Zeitpunkt stattfand, zu dem Goltzius begann, nach Sprangers Entwürfen zu arbeiten und einen neuen, herausragenden Stil zu entwickeln.64
Mit seinem Kanon legte Kaltemarckt die Grundlage für eine Theorie der Druckgraphik als historisches Medium und eigenständige Gattung in der Dresdner Sammlung.65 In der Forschung wurde das Traktat oft als kurzes Intermezzo ohne praktische Folgen angesehen, da Kurfürst Christian I., dem das Schreiben gewidmet war, schon 1591 starb. Mittlerweile etabliert sich jedoch eine Gegenmeinung, der zufolge die Ideen Kaltemarckts zwar langsam, aber doch deutlich sichtbar in die Sammlungspraxis eingingen.66 In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts kam es zu ersten Tendenzen einer Spezialisierung der Sammlungen, indem die Kämmerer die Objekte neu disponierten, nicht mehr der Sammlung entsprechende Gegenstände abgaben und Neues erwarben, wie Kaltemarckt es gefordert hatte. Dabei wird die Verwaltung des Bildwissens sehr flexibel gehandhabt: Der Kämmerer Lucas Brunn bediente sich beispielsweise eines vollkommen neuartigen, beweglichen Zettelkastens, um ein neues Inventar anzulegen.67
Bei den Umdispositionen der 1620er bis 1640er Jahre fällt die fortwährende Klage der Kämmerer über die Unordnung in den Sammlungen auf, selbst, wenn gerade ein neues Inventar verfasst worden war. Dieser Topos zieht sich bis ins 18. Jahrhundert, als sich der erste Direktor des Kupferstich-Kabinetts über die, wie er sagt, "Confusion" einer angekauften privaten Zeichnungssammlung beklagt.68 Die Ordnung der Sammlung stellt keinen Zustand, sondern einen kontinuierlichen Prozess dar; sie ist instabil, erweckt aber äußerlich den Anschein von Kontinuität. Die Ordnung diente der Wiederauffindbarkeit der Objekte, sie ermöglichte Assoziationen, Vergleiche und letztendlich den Fortgang der Wissenschaft. Ziel des ständigen Bewegens und Rangierens der Objekte war, wie die Kämmerer immer wieder betonten, eine bessere Ordnung "zur Memoria und gedechtnüß" herzustellen und zum Ruhme des Besitzers, zu "beßerer magnificenz", beizutragen.69
Damit sind die Hauptaufgaben der Ordnung und der Sammlung selbst benannt: zum einen ihr dokumentarischer, memorialer Charakter, das Wiederauffinden und Wiedererinnern. Zum anderen dienten nicht nur Kostbarkeit und Fülle der Sammlungsobjekte, sondern auch ihre Ordnung zur Erhöhung der Reputation des Fürsten und mithin als Repräsentationsmedium. Eine gut und nutzbringend disponierte Sammlung wurde zu einem ausgelagerten Gedächtnis, dessen Benutzung den besitzenden Fürsten in die Lage versetzte, wie in den zeitgenössischen Fürstenspiegeln gefordert, als Gelehrter und damit als guter Herrscher aufzutreten.70 Anhand dieses einsetzenden Diskurses über Ordnung (und Unordnung) lässt sich eine Parallele zu den sich neu definierenden Naturwissenschaften ziehen. Die Suche nach Taxonomien betraf Natur und Kunst gleichermaßen – ein Phänomen, das der französische Philosoph Michel Foucault als Wandel historischer Formationen und Diskurse, der sogenannten episteme, beschrieben hat.71
Der Ausbau der Sammlungen im 17. Jahrhundert
Bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurden die Sammlungen durch umfangreiche Ankäufe bei Künstlern und Händlern, durch Nachlässe und Geschenke ausgebaut, wie dies auch für andere höfische Sammlungen nachgewiesen wurde und hier an einigen Beispielen nochmals deutlich werden soll. 1588 erwarb man den Nachlass Lucas Cranachs d. J.72, wenige Jahre darauf mehrere Nachlässe von Hofkünstlern, so des aus Italien stammenden Hofarchitekten Giovanni Maria Nosseni, durch den nachweislich auch Graphik italienischer Meister in die Kunstkammer gelangte.73
In Dresden kam es um 1600 zu einer regelrechten Blüte der Zeichenkunst.74 Einige der Hofmaler waren nach Prag geschickt worden, wo sie eine Ausbildung bei Hans von Aachen oder Bartholomäus Spranger erhielten. Bei ihrer Rückkehr nach Dresden brachten sie zahlreiche Einflüsse mit, die sich in den Zeichnungen spiegeln und wiederum die Künstler am Hofe beeinflussten. Es ist davon auszugehen, dass sich die Sammlungen durch diesen Austausch um einige bedeutende Blätter aus Prag vermehrten. Prominentes Beispiel hierfür ist eine Serie von Zeichnungen, die heute der Werkstatt des Hans von Aachen zugeschrieben wird (Abb. 13).
Eine Rechnung über 100 Taler von 1604 legt nahe, dass der Künstler selbst mehrere Bildwerke an Kurfürst Christian II. lieferte, darunter "ein Buch etliche gerißene Invention Ungerische Schlachten".75 Dieser Band ist in den folgenden Kunstkammerinventaren eingetragen und befindet sich heute im Kupferstich-Kabinett.76
13 Werkstatt des Hans von Aachen, Allegorie auf die Schlacht von Kronstadt/Brasov, Feder in Braun, Pinsel in Wasserfarben über Graphit auf Papier, 390 x 462 mm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 172, fol. 11 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Die Zeichnungen entstanden anlässlich der Türkenkriege Kaiser Rudolfs II. von 1593 bis 1606. Die allegorische Folge stellte ein Mittel dar, "imperiale Ansprüche zu legitimieren und sich selbst zum christlichen Türkenbezwinger zu stilisieren".77 Die kleinformatigen Darstellungen dienten der privaten Selbstversicherung des Kaisers vor dem Hintergrund realer Machtverluste und wurden nur an verbündete und persönlich vertraute Fürsten weitergegeben. Der sächsische Kurfürst hatte dem Kaiser seit Kriegsbeginn Hilfe geleistet und im Gegenzug das Versprechen zum Religionsfrieden erhalten. Die Zeichnungen sind somit Teil einer komplexen "Geschenkdiplomatie".
Am 29. August 1628 reichte der Hausmarschall Georg Pflug "16 Stück [...] der Riesen [...], so auf den alten Riesensaal groß gewesen klein abgerißen und mit Rötel geduscht gleich der Miniatur uf Pappir" in die Kunstkammer ein.78 Es handelt sich dabei um Zeichnungen von Valentin Wagner, die noch heute im Kabinett vorhanden sind (Abb. 14). Sie entstanden nach den Wandgemälden der Gebrüder Benedikt und Gabriel Thola in den Fensterlaibungen des Riesensaales im Dresdner Residenzschloss. Die Zeichnungen halten Details des Raumzustands vor dem Umbau in den 1620er Jahren fest. Damit demonstrieren sie die Aufgabe der Graphiksammlung als Archiv und konkretes Mittel, eine sich in der Realität ständig wandelnde Situation auf Dauer zu stellen und somit eine imaginäre dynastische Kontinuität zu etablieren.79
14 Valentin Wagner, Krieger, Rötel, schwarze Kreide auf Papier, 470 x 320 x 10 mm (Buchmaß), SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 82, fol. 9 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Während des Dreißigjährigen Krieges gab es nur wenige Erwerbungen, dafür immer wieder Beschwerden über nicht gezahlte Rechnungen, mangelnde Besoldung und fortwährende Unordnung in den Sammlungen. Für die Jahre nach 1648 sind aufgrund umfangreicher Funde im Archiv der sächsischen Landesbibliothek einige Ankäufe rekonstruierbar geworden: So sind zahlreiche in den 1650er und 1660er Jahren erschienene Bücher in die Kunstkammer gelangt und wurden bereits 1717 an die Bibliothek wieder abgegeben, weshalb sie in keinem Kunstkammerinventar verzeichnet sind.80
Nach 1658 wurden erneut mehrere Erwerbungen aktenkundig, darunter zahlreiche Kupferstiche, Zeichnungen und Bücher, etwa Kupferstiche von Lucas van Leyden (Abb. 15), Traktate von Andreas Vogel mit perspektivischen Buchstaben, ein Zeichnungsband mit Bildnissen indischer Kaiser (Abb. 16) oder Bildnisse in Kreide von Wallerant Vaillant, die anlässlich der Kaiserwahl 1657/58 in Frankfurt entstanden.81 1679 wurde eine Abbildung der Stadt Wien mit der Feder auf Papier von Daniel Suttinger in die Kunstkammer aufgenommen.82
15 Lucas van Leyden, David vor Saul die Harfe spielend, 1508, Kupferstich, 252 x 182 mm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. A 37796 (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
16 Band mit asiatischen Miniaturen, 17. Jahrhundert, 340 x 210 x 30 mm (Buchmaß), SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 112, Einband und fol. 9r (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Für diese Zeit lässt sich eine Ausweitung der Sammlungsinteressen im Bereich der Graphik feststellen, eine Tendenz, die sich in den späteren Jahrzehnten eindeutig fortsetzte. Ab dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts erwarb man in größerem Maße Werke italienischer Künstler und die Antike rezipierende Darstellungen, aber auch weiterhin geometrische, architektonische Risse und mathematische Traktate sowie Kuriosa. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts scheinen außerdem verstärkt französische Werke in die Sammlung zu gelangen. Hier, so ist anzunehmen, beginnen auch gesteigertes Interesse und Wertschätzung der Graphik als künstlerisches Medium, denn Namen von Künstlern spielen eine zunehmende Rolle. So rühmte man sich beispielsweise, einen Handriss von Mantegna oder Porträts von Dürer zu besitzen.83
Aufschlüsse über Zugänge geben zudem umfangreiche Aufträge an Kupferstecher, die Ende des 17. Jahrhunderts vergeben wurden, um Festlichkeiten bei Hofe zu dokumentieren. Außerdem beschäftigten die Kurfürsten mehr und mehr ausländische Graphiker, Zeichner und Maler, so die Niederländer Anselm Hulle (1659), Jan Ruischer (1656-75) und den Rembrandtschüler Christoph Paudiß (1650).84
Theoretische Schriften als Modelle
Die Dresdner Sammlungen fanden zunehmend Beachtung in der Reiseliteratur, etwa in den Relations historiques (1674) von Charles Patin.85 Nachdem er den Wein und das Bier sowie die beschauliche Umgebung Dresdens gelobt hat, beschreibt er seinen Rundgang durch die Kunstkammer, in der er neben Gemälden, Kleinodien und Kristallarbeiten auch Werke von Dürer sah, auf dessen Holzschnitte er explizit verweist. Für die Kunstkammer erschien 1671 sogar ein gedruckter "Führer durch die Sammlungen" in Latein und deutsch.86 Druckgraphik und Zeichnung wurden auch in der allgemeinen Sammlungsliteratur zu einem festen Bestandteil. Gerade in Architektur- und Museumstraktaten, die sich zum Ziel setzen, möglichst viele der bekannten Kollektionen zu illustrieren und Anleitungen für die Einrichtung einer Sammlung zu geben, wird die Graphik als wichtiges Element erwähnt.
Für die spätere Gründung des Kupferstich-Kabinetts sind mehrere solcher museumstheoretischen Schriften von Bedeutung, u. a. von Friedrich Neickel, Leonhard Christoph Sturm, Florent Le Comte und Antoine Joseph Dézallier d'Argenville. Sie formulieren unterschiedlichste Vorschläge, wie eine Kollektion und speziell die Graphik zu disponieren sei. Diese reichen vom Integrieren der Graphik in andere Sammlungen bis hin zu detaillierten Aufzählungen und Systematisierungsvorschlägen einzelner Bände in einem eigenen Kabinett. Auch kennerschaftliche Publikationen und Schriften zu graphischen Techniken etwa von dem Stecher Abraham Bosse, von André Félibien und Roger de Piles sowie nach Malerschulen geordnete Tafelwerke, beginnend mit David Teniers Theatrum Pictorium (1660) bis hin zu Pierre Crozats Recueil der königlichen Zeichnungen (1729), trugen zu einer zunehmenden Wertschätzung der graphischen Künste bei.87 Vor diesem Hintergrund ist die Gründung des Kupferstich-Kabinetts zu sehen, auf dessen Systematisierungsprozess im Folgenden einzugehen ist.
Die Systematisierung des Kupferstich-Kabinetts im frühen 18. Jahrhundert
Das Jahr 1720 wird in Dresden als Gründungsjahr der Sammlungen angesehen, jedoch lässt sich belegen, dass bereits ab 1691 Ausgliederungen aus der Kunstkammer stattfanden.88 Erste gezielte Ankäufe von Graphik sind um 1700 zu verzeichnen. Zwischen 1710 und 1715 setzten in größerem Maßstab Entnahmen aus Kunstkammer und Bibliothek ein. Eine Phase massiver Erwerbungen folgte um 1719 und hielt bis in die 1740er Jahre an. Die Zugänge dieser Zeit, darunter Schenkungen mit teilweise umfangreichen Konvoluten aus privatem Besitz, beinhalteten vorwiegend zeitgenössische französische und niederländische Druckgraphik, aber auch mehrere Hundert Zeichnungen. Ankäufe wurden vor allem auf der Leipziger Messe, auf den Märkten in Amsterdam und Paris getätigt. Der Amsterdamer Kupferstecher, Gemäldehändler und Verleger Pieter Schenk (1693-1775), dessen Vater seit 1700 eine Niederlassung auf der Leipziger Messe betreute, lieferte beispielsweise 1710-1713 jedes Jahr Kupferstiche, Landkarten, Porträts und illustrierte Bücher für insgesamt über 500 Taler nach Dresden.89
Die formale, administrative Gründung besteht im Erlass eines Dekretes durch Kurfürst Friedrich August I. im Jahr 1720, indem er dem Kabinettsminister Graf von Manteuffel die Direktion über "die königl. Bibliothequen, Kunst- und Anatomie-Cammer, Curiositäten-, Antiquitäten-, Mineralien-, Müntz- und andere Cabineter" übertrug und somit eine Aufspaltung der Sammlungen vollzog.90 Damit wurde der Graphik ein materiell und theoretisch abgegrenzter Bereich zugewiesen, sie erhielt eigene Räume, eine eigene Systematik, eigene Verwalter. Trotzdem blieben die Sammlungen durch ihre räumliche Nähe und das Amt des Generaldirektors aufeinander bezogen. Die Organisation der neu entstehenden Sammlungen sah vor, Graphik aus der Bibliothek, der Kunstkammer, aus dem Grünen Gewölbe, dem Oberhofmarschallamt und anderen Institutionen abzufordern, im Kabinett einzusortieren und schließlich zu inventarisieren.91 Die Entstehung der Spezialsammlungen war ein äußerst komplexer Prozess, der mehrere Jahrzehnte in Anspruch nahm. Nicht jede Graphik, nicht jedes illustrierte Buch wurde abgegeben, vieles verblieb beispielsweise in der Bibliothek, die noch heute über eine Sammlung von Architekturzeichnungen, über Trachten- und Turnierbücher verfügt.
Die Ursachen für die Ausgründung der Spezialsammlungen sind vielfältig und keineswegs auf den Willen des Kurfürsten zu beschränken. Zum einen wurde die im frühen 17. Jahrhundert beginnende Ausdifferenzierung der Sammlungen bereits angesprochen. Zum anderen spielten praktische Gründe wie Platzmangel und konservatorische Probleme sowie repräsentative Anlässe eine Rolle.92 Der Erwerb der polnischen Königskrone und die Hochzeit des Kurprinzen mit der Kaisertochter Maria Josepha verlangten einen höheren Aufwand der Zurschaustellung, der sich nicht nur in Festen und Gemäldekäufen äußerte93, sondern eben auch in der Beförderung der Wissenschaften und ihrer Taxonomien. Der Kurfürst verfügte, dass die Sammlungen dem "Publico" zur Verfügung stehen und auf die Entwicklung der Künste und Wissenschaften ausgerichtet sein sollten. Ihre Neudisposition sollte "der gelehrten und curieusen Welt so nützlich als angenehm" sein und dem königlichen "höchst-gloriosen Vornehmen desto mehr Gewicht und Ansehen" geben.94 Damit sind wiederum die beiden wichtigsten Anforderungen an die Sammlungen benannt: Neben dem praktischen und didaktischen Nutzen stand die Distinktion des Herrschers durch Geschmack und Kennerschaft im Vordergrund. Freilich sind auch das persönliche "divertissement"95 des Kurfürsten und ein wirtschaftlicher Nutzen, wenn etwa graphische Vorlagen an Porzellanmaler oder Bildhauer verliehen wurden, nicht zu unterschätzen.96
Dabei bildet die Entstehung einer "Museumslandschaft" in Dresden kein singuläres Phänomen. Wie angedeutet, ist von allgemeineren Entwicklungen auszugehen, die beispielsweise durch Entdeckungen und veränderte Machtverhältnisse ausgelöst wurden und nur langfristig Wirkung entfalteten. So setzten sich im Bereich der Historia neue Erkenntnisordnungen durch, welche die Bedingungen und die Möglichkeiten des Wissens veränderten.97 Das Bewahren, Archivieren, Neuorganisieren und Einrichten von Katalogen, Repertorien und Inventaren waren Zeichen einer neuen Sensibilität gegenüber der Zeit, der Vergangenheit und der Geschichte. Die Definition beschreibender Variablen und die Konstituierung von speziellen Räumen hatten die Möglichkeit einer empirisch beschreibbaren und konstanten Ordnung zur Folge, die sich eben auch in einem Kunstkabinett offenbaren konnte.
Nun war das Kupferstich-Kabinett sowohl den Künsten als auch den Naturwissenschaften verpflichtet; es unterstand dem Botaniker und Mediziner Johann Heinrich von Heucher (1677-1746), der zugleich für die Naturaliengalerie verantwortlich war.98 Über deren Ordnung, die Heucher zuerst vornahm, korrespondierte er mit dem Züricher Stadtarzt und Verwalter der dortigen Kunstkammer Johann Jakob Scheuchzer.99 Dieser legte mit seinen berühmten Schriften über die Alpen und über Fossilien den Grundstein für die moderne Geologie.100 Aufgrund seiner Fähigkeiten zur Taxonomie dürfte Heucher Parallelen zwischen der Ordnung der "Natur-" und der "Kunstgeschichte" hergestellt haben. Seine Systematisierung wird somit zum Ausdruck einer neuen Wissenschaftspraxis. Analog zur Botanik und Mineralogie bestehen die vergleichbaren, unterscheidenden Merkmale bei der Betrachtung von Graphik in äußeren Charakteristika. Dazu gehören technische Aspekte wie Druckzustand, Technik oder Zeichenmittel, der Zeichenstil des Künstlers, seine Linien- und Schraffursysteme. Diese Kriterien sind bis heute ausschlaggebend für eine kennerschaftliche Beurteilung. Äußere Ähnlichkeiten verweisen demzufolge auf ähnliche Umstände der Entstehung, was wiederum in eine Gliederung nach Schulen mündete, die seit Vasari lange angelegt war, nun aber auch ihre (natur)wissenschaftliche Rechtfertigung erfuhr.
Johann Heinrich von Heucher stammte aus Wien, er wurde Professor für Anatomie und Botanik in Wittenberg, wo er u. a. den botanischen Garten klassifizierte. 1713 berief ihn der Kurfürst zum Leibarzt. Noch vor 1720 beauftragte er ihn mit der "Reglirung dero Estampen-Cabinets".101 Heucher besaß eine private Bibliothek, deren Inventar erhalten ist.102 Es zählt zahlreiche Bücher der Medizin, aber auch historische Sammlungsbeschreibungen, zeitgenössische Werke der Museumskunde und der Architektur auf, unter anderem von Major, Sturm, Valentini, Neickel, sowie das Radierbüchlein von Abraham Bosses.
Heucher nahm massiven Einfluss auf die Gestaltung der Sammlungen.103 Er unterbreitete dem Kurfürsten Vorschläge und tätigte relativ eigenmächtige Erwerbungen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, Heucher habe sofort nach der Gründung der einzelnen Kabinette begonnen, Objekte, die seinem Tätigkeitsbereich zufielen, aus anderen Sammlungen abzufordern. Er scheint mit großem Eifer gehandelt und von den instabilen Sammlungsgrenzen mehr profitiert zu haben als die übrigen Verwalter. Besonders oft besuchte er die Bibliothek und überprüfte sie systematisch auf Druckgraphik und Zeichnung.
17 Quittung über die Abgabe von 1.099 Zeichnungen aus der Bibliothek an das Kupferstich-Kabinett, 1725, SKD, Kupferstich-Kabinett, Kat. 139, Vorgänge und Abgaben, 1723-1764, fol. 8r (© Kupferstich-Kabinett Dresden)
Eine solche Praxis der Übernahme anderer Sammlungsbestände ist für München beispielsweise erst 100 Jahre später überliefert, als der Leiter der Graphischen Sammlung, Franz Brulliot, 1834 den Antrag stellte, alle in der "Hof- und Staatsbibliothek befindlichen alten Holzschnitte und Kupferstiche ohne Text an die Kupferstichsammlung abzugeben".104 In Dresden quittieren mehrere Listen von 1721 und 1723 die Abgabe zahlreicher Konvolute aus der Bibliothek (Abb. 17), darunter Stiche von Bloemaert, Callot, Hollar, Audran, Nanteuil und Akademiezeichnungen nach Le Brun.105 Eines der bedeutendsten Ereignisse für das Kupferstich-Kabinett war der Eingang der Privatsammlung des Baumeisters Gottfried Wagner aus Leipzig mit 10.202 Blättern im Jahr 1728, die von Heucher neu geordnet und gebunden wurde.106
Das von Heucher handschriftlich angefertigte, heute noch zentrale Inventar von 1738 ermöglicht uns mehrere Momentaufnahmen der Einrichtung der graphischen Sammlung.107 Es wurde nicht entsprechend der Reihenfolge der Erwerbungen verfasst, wie das heute üblich ist, sondern nach räumlichen Prinzipien. Seine grobe Strukturierung entspricht den 22 Schränken oder Bureaux, die mit Graphik gefüllt waren. Heucher konnte nicht völlig frei über den Aufbau der Sammlung entscheiden, sondern hatte Neuerwerbungen und Altbestand sinnvoll zu vereinen. Er unternahm eine Einteilung nach Themen (zehn Bureaux mit minutiöser Binnengliederung), nach Reproduktionsgraphik (sieben Bureaux) und Künstlergraphik (zwei Bureaux) sowie nach graphischen Techniken (drei Bureaux), darunter Zeichnungen als eigenständige Kategorie. Die thematischen Ordnungskriterien der Kunstkammer und die kennerschaftlich motivierte Systematik der Kunstsammlung bestanden parallel nebeneinander. Da es keine verbindlichen Regeln für das Einrichten einer graphischen Sammlung gab, konnte Heucher unter verschiedenen Konzepten wählen und diese miteinander kombinieren. Hier lässt sich eine Parallele zu André Félibien ziehen, der 1707 in seiner Idée du Peintre parfait kritisch bemerkt hatte: "Einige stellen ihre Stiche nach Stechern zusammen, ohne die Maler zu berücksichtigen, andere nach Themen [...] es ist richtig, jedem seine Freiheit darin zu lassen, je nachdem, was ihm am nützlichsten und am angenehmsten erscheinen wird."108 Dézallier d'Argenville hatte in seiner Lettre sur le choix (1727) angemerkt, dass letztendlich die Gliederungssysteme nach Schulen und nach Themen nebeneinander zu bestehen hätten, um die Entwicklung eines Meisters, aber auch gleiche Themen in unterschiedlicher Bearbeitung vergleichen zu können.109 Heucher legte mit seiner Systematik die Grundlage für seinen Nachfolger Carl Heinrich von Heinecken, der diese auf zwölf "Classen" reduzierte, straffte und neu bezeichnete, jedoch nicht zu ergänzen brauchte.
Die Bezeichnung und Nummerierung der Schränke folgt zunächst keiner inneren Ordnung, Naturgeschichte findet sich direkt neben der italienischen Malerschule, Zeichnungen neben der niederländischen Malerschule. Innerhalb eines jeden Bureaux wurden systematische Untergliederungen angelegt. Dass Heucher sich der Unterschiede zwischen den einzelnen Kategorien sehr wohl bewusst war, zeigen außerdem seine Œuvre- und Schulkataloge.110
Die Reproduktionsgraphik ordnete er entsprechend der Hierarchie der Malerschulen und legte eigene Inventare dazu an: die florentinische, lombardische, venezianische Schule standen am Anfang; die italienische Kunst erhielt nun auch in der Graphik den Vorrang, der ihr in der Malerei schon im 16. Jahrhundert zugebilligt worden war. Bei den Zeichnungen nahm er Zuschreibungen vor bzw. übertrug frühere Zuschreibungen in das Inventar. Außerdem gab es einen Schrank mit Stichen ohne Signaturen und mit unbekannten Monogrammen, die noch nicht bestimmt waren. Diese Abteilung korrespondierte in gewisser Weise mit dem Cabinet d'Ignorance im Zwinger, in dem unbekannte und unbestimmte Objekte und Substanzen aufbewahrt und mithilfe von gelehrten Besuchern identifiziert werden sollten.111
Heuchers Ansatz lässt im Vergleich zur Kunstkammer einen qualitativen Fortschritt erkennen, in dem er über eine rein thematische Zuordnung hinausging. Er integrierte außerdem technische Merkmale in sein System und legte eine eigene Kategorie der "Geschichte der Druckgraphik" an, also eine historisierende, die Graphik als eigenständiges Medium anerkennende Kategorie. Diese Wertschätzung der Geschichte der "Gravure" war bereits in den theoretischen Schriften Florent Le Comtes und Dézallier d'Argenvilles vorgeprägt. Ersterer hatte die Kategorie des "Progrès", des Fortschritts der Künste, eingeführt und die Geschichte der Stecherkunst berücksichtigt.112 D'Argenville wiederum hatte die Alten, "gotischen" Meister von den neueren Künstlern unterschieden und der Geschichte der Graphik mit drei separaten Portefeuilles einen eigenen Sammlungsbereich zugewiesen.113
Heuchers Disposition orientierte sich an zeitgenössischen Sammlungsidealen, stellte jedoch eine eigenständige, an lokalen Erfordernissen entwickelte Lösung dar. Sie ermöglichte es ihm, einer Menge von mehreren Tausend Werken Herr zu werden, eine wissenschaftliche Klassifizierung einzuführen und damit die Grundlage für vergleichendes Sehen und kennerschaftliche Bestimmung zu schaffen.
Vorbild Paris?
Abschließend sei auf die oft wiederholte These eingegangen, die Pariser Kabinette Ludwigs XIV. seien für die Dresdner Sammlungspraxis maßgebend gewesen. Zwei bedeutende Ankäufe, die Sammlungen Marolles (1667) und Jabach (1671-76), bildeten den monumentalen Grundstock des Pariser Cabinet des Estampes in der heutigen Bibliothèque Nationale und des Cabinet des Dessins im Louvre.114 Die Sammlung Marolles wurde bei ihrer Übergabe in den Besitz des Königs neu geordnet; großzügige Erwerbungen, administrative Bearbeitung, öffentliche Nutzung und Wahrnehmung erfuhr das Cabinet des Estampes als Einrichtung jedoch erst 40 bis 50 Jahre später. Eine veritable Institutionalisierung des Kabinetts fand demzufolge erst zeitgleich mit dem Dresdner statt. Die Einrichtung des Zeichnungskabinetts erfolgte in den 1670er Jahren, in der Folgezeit wurde es um Nachlässe der Hofmaler, etwa Le Brun und Mignard, erweitert.115 Mit einer weitergehenden Systematisierung und konservatorischen Betreuung begann allerdings erst Antoine Coypel um 1710. Davor fehlte es, anders als in Dresden, an einer festen Bleibe ebenso wie an Personal und – wenn man von den neugeordneten Bänden Marolles' absieht – an einer stringenten Ordnung. Und auch Coypels Bemühungen waren bei seinem Tod 1722 bei Weitem noch nicht abgeschlossen. Angesichts dieser Umstände ist daher den französischen Einrichtungen ein dezidierter Vorbildcharakter für Dresden abzusprechen.
Ein weiterer gravierender Unterschied zwischen der Pariser und der Dresdner Sammlung bestand in der Erweiterungspolitik: in der sporadischen, aber punktuell umfangreichen Vergrößerung der einen und im kontinuierlichen Wachstum der anderen. Das französische Kabinett war weitaus stärker durch die Zusammensetzung der eingehenden Sammlungen geprägt als das Dresdner, das sich aus einer 160 Jahre währenden Sammeltradition speiste. Durch die verschiedenen Bezugsquellen kamen unterschiedliche Schwerpunkte in der Zusammensetzung der Kabinette zustande. In Paris wurden die Ordnungsmodelle der eingehenden Privatsammlungen größtenteils übernommen und modifiziert, während Heucher in Dresden vor der Aufgabe einer vollständigen Neusystematisierung stand. Das Ergebnis ist in beiden Fällen ähnlich: Nach ikonographischen und technischen Gesichtspunkten geordnete Gruppen stehen neben chronologisch und stilistisch unterschiedenen Maler- bzw. Stecherschulen.
Die Sammeltradition in Dresden währte auch im Vergleich zu anderen Häusern ungewöhnlich lange. Sie fand ohne gravierende Unterbrechungen und Veräußerungen statt und ist durch eine besondere Kontinuität gekennzeichnet, die jedoch keine exakte Rekonstruktion eines Zustandes zu einem bestimmten Zeitpunkt erlaubt. Durch die Erweiterung und vielfache Umformung der Sammlung über die Jahrhunderte entstand ein komplexes Gebilde mit unterschiedlichen, interferierenden "Zeitebenen".
Dagegen wurde beispielsweise die Kunstkammer in München 1632 geplündert. Die Geschichte des heutigen Münchner Kabinetts setzt erst mit der Übernahme der 1758 in Mannheim gegründeten Sammlung Carl Theodors ein (1793/94).116 Die Kunstkammer in Ambras wiederum samt ihrer Graphiksammlung wurde 1605 von Kaiser Rudolf II. erworben. Er beließ die Sammlung dort, ohne sie jedoch zu erweitern. Später brachte man Teile nach Wien, wo sich die Graphikalben noch befinden und den Zustand des 16. Jahrhunderts dokumentieren.117
Die Geschichte des Dresdner Kabinetts stellt insofern eine Besonderheit dar, als sie tatsächlich von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum heutigen Tag andauert. Das Kupferstich-Kabinett ist eines der wenigen, das sich ohne große Unterbrechungen und Besitzerwechsel entwickelte, das fortwährend erweitert wurde und sich noch immer an dem Standort befindet, an dem es gegründet wurde. Seine Sammlungsstrukturen wurden mehrfach modifiziert, ohne aber die Ursprünge der Kollektion unkenntlich werden zu lassen.
1 Der Text beruht auf einem Vortrag, der am 20.01.2010 im Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München gehalten wurde. Für eine ausführliche Darlegung der hier vorgestellten Forschungsergebnisse siehe Christien Melzer, Von der Kunstkammer zum Kupferstich-Kabinett. Zur Frühgeschichte des Graphiksammelns in Dresden (1560-1738), Hildesheim, Zürich, New York 2010 (im Erscheinen). – Einführend zur Geschichte der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) vgl. Gerald Heres, Dresdener Kunstsammlungen im 18. Jahrhundert, Leipzig 2006. Zur Geschichte des Kupferstich-Kabinetts, deren Erforschung sich bisher meist auf das 18. Jahrhundert beschränkte, vgl. auch Christian Dittrich, "Johann Heinrich von Heucher, der erste Direktor des 'Cabinets'. Der Beitrag Heuchers zur Gründung des Kupferstich-Kabinetts Dresden und der weitere Ausbau als selbständiges Museum," in: Dresdener Kunstblätter 40, Heft 1 (1996), 8-14; Stephan Brakensiek, Vom "Theatrum mundi" zum "Cabinet des Estampes". Das Sammeln von Druckgraphik in Deutschland 1565-1821, Hildesheim, Zürich, New York 2003, 329-346; Claudia Schnitzer, "Das Dresdner Kupferstich-Kabinett im 18. Jahrhundert. Von der höfischen Vorlagen- und Dokumentationssammlung zum öffentlichen Kunstmuseum," in: Museen und fürstliche Sammlungen im 18. Jahrhundert (Kolloquiumsbände des Herzog Anton Ulrich-Museums 3), Braunschweig 2007, 110-117.
2 Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden (HStAD), 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 379/4, Die dem Cabinet-Ministre Grafen von Manteuffel aufgetragene Direction über die königl. Bibliothequen, Kunst- und Anatomie-Cammer, Curiositäten-Antiquitäten-Mineralien-Müntz- und andere Cabineter [...] 1720. Der Kurfürst bestimmt darin einen Generaldirektor über die "noch bester einzurichtende Curiositeten-Cabineter und Bibliothequen", fol. 9r-9v, 12r. Außerdem geht aus der Akte hervor, dass zu diesem Zeitpunkt mehrere Kabinette bereits bestanden. Zu Grundrissen und Plänen vgl. Heres, Kunstsammlungen, 33-40.
3 Zur Gemäldegalerie vgl. Virginie Spenlé, Die Dresdner Gemäldegalerie und Frankreich. Der "bon goût" im Sachsen des 18. Jahrhunderts, Beucha 2008. Zur Naturaliensammlung vgl. Walther Fischer, Mineralogie in Sachsen von Agricola bis Werner. Die ältere Geschichte des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden (1560-1820), Dresden 1939.
4 Dies vermutete schon Christian Dittrich, "Niederländische Zeichnungen im Kupferstich-Kabinett Dresden," in: Van Eyck, Bruegel, Rembrandt. Niederländische Zeichnungen des 15. bis 17. Jahrhunderts aus dem Kupferstich-Kabinett Dresden, Ausst.kat. Kupferstich-Kabinett Dresden, Kunstforum Wien, Eurasburg 1997, 12-17, hier 12-13.
5 Claudia Schnitzer, "'in angenehmster Ordnung'. Die Gründung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts als höfische Vorlagen- und Dokumentationssammlung," in: Eine gute Figur machen. Kostüm und Fest am Dresdner Hof, hg. von Petra Hölscher und Claudia Schnitzer, Ausst.kat. Kupferstich-Kabinett, Dresden 2000, 13-29, hier 13, Anm. 1, sowie Karteikarten zur Sammlungsgeschichte im Kupferstich-Kabinett von Christian Dittrich, auf die mich Thomas Ketelsen aufmerksam machte.
6 Erstmals gewürdigt wurde dies in Schnitzer, "'in angenehmster Ordnung'", 13.
7 Christian Dittrich nahm eine Zählung vor, die sich stützt auf: SKD, Kupferstich-Kabinett, Kat. 12, [Carl Heinrich von Heinecken,] Concept der Übergabe des Churfürstl. Kupferstich-Cabinets von dem Herrn Geheimen Cammer-Rath von Heineken an den Herrn Geheimen Legation-Rath von Hagedorn, Dresden, den 17ten Febr. 1764 sequ. Vgl. auch Weltsichten. Meisterwerke der Zeichnung, Graphik und Photographie, hg. von Wolfgang Holler und Claudia Schnitzer, Ausst.kat. Kupferstich-Kabinett Dresden, München, Berlin 2004, 201.
8 SKD, Kupferstich-Kabinett, Kat. 1, Consignation en détail de tous les Tomes d'Estampes qui se trouvent dans les Bureaux du Salon d'Estampes de Sa Maj[esté] le Roi de Pol[ogne] Elec[teur] de Saxe, 1738, fait par Johann Heinrich von Heucher. Claudia Schnitzer bereitet eine Edition des Inventars vor.
9 Zur Geschichte der Graphischen Sammlung in München vgl. Künstler zeichnen, Sammler stiften. 250 Jahre Staatliche Graphische Sammlung, hg. von Michael Semff und Kurt Zeitler, 3 Bde., Ausst.kat. Pinakothek der Moderne München, Ostfildern/Ruit 2008, darin besonders Peter Diemer, "Der Vorläufer. Eine Annäherung an die Bestände der verschollenen Altmünchner Graphiksammlung," Bd. 2, 13-25, sowie ders., "Verloren – verstreut – bewahrt. Graphik und Bücher der Kunstkammer," in: Die Münchner Kunstkammer (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse N.F. 129), bearb. von Dorothea und Peter Diemer, Lorenz Seelig u. a., vorgelegt von Willibald Sauerländer, 3 Bde., München 2008, Bd. 3, 225-252.
10 Dirk Syndram, "Über den Ursprung der kursächsischen Kunstkammer," in: Dresdner Hefte – Beiträge zur Kulturgeschichte (Sonderausgabe 2004), 3-13, hier 3-4; Jutta Bäumel, Rüstkammer. Führer durch die ständige Ausstellung im Semperbau, München, Berlin 2004, 9-11; Paul Arnold, "Das Münzkabinett Dresden," in: Numismatische Hefte 44 (1988), 5-12.
11 Barbara Marx und Jochen Vötsch, "Ein albertinisches Schlossinventar der Residenz Torgau von 1546 (mit Edition)," in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte 76 (2005), 253-273, hier 268. Das Original befindet sich im HStAD, 10024 Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 9140/3, Inventarium castri Torgensis 1546, hier fol. 57r. Zum Sammeln vgl. Karl-Siegbert Rehberg, "Schatzhaus, Wissensverkörperung und 'Ewigkeitsort'. Eigenwelten des Sammelns aus institutionenanalytischer Perspektive," in: Barbara Marx und ders. (Hg.), Sammeln als Institution. Von der fürstlichen Wunderkammer zum Mäzenatentum des Staates, München, Berlin 2006, XI-XXXI; Krzysztof Pomian, Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln, Berlin 1988 sowie Justin Stagl, "Homo Collector: Zur Anthropologie und Soziologie des Sammelns," in: Aleida Assmann, Monika Gomille und Gabriele Rippl (Hg.), Sammler – Bibliophile – Exzentriker (Literatur und Anthropologie 1), Tübingen 1998, 37-54.
12 Vgl. Frank Aurich, "Von der Büchersammlung zur Bibliothek," in: Geschichte der Stadt Dresden, 3 Bde., Stuttgart 2005-2006, Bd. 1 (2005), hg. von Karlheinz Blaschke, 559-561; Constantin Karl Falkenstein, Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Dresden 1839, 10.
13 Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden, Bibl.-Arch. I Ba 20, Registratur der bucher in des Churfursten zu Saxen liberey zur Annaburg, 1574. Eine Online-Version ist einsehbar unter http://fotothek.slub-dresden.de/katalog1574/cd/index.htm (Zugriff am 14.06.2010).
14 HStAD, 10009 Kabinette und Galerien, Nr. 1, Inventarium über des Churfürsten zu Sachsen und Burggraven zu Magdeburgks meines gnedigsten hern Kunst-Cammern in Ihrn Churf. Gnaden Schloß und Fehstunge zu Dresden [...] 1587, fols. 73v; 169r, Nr. 32. Der erste Eintrag ist identifizierbar mit SLUB, Handschriftensammlung, Mscr. Dresd. K 339, Sechzehen Stück kleine Land-Täfflein der Churf. Sächss. und angrenzenden Länder von ChurFürst Augusto [eigenhändig] aufgetragen, 16. Jahrhundert. Vgl. dazu Ludwig Schmidt, Kurfürst August von Sachsen als Geograph. Ein Beitrag zur Geschichte der Erdkunde, Dresden 1898, 15-16. Teile des kopierten Türkenbuchs haben sich erhalten in: SLUB, Handschriftensammlung, Mscr. Dresd. J 2a, Zacharias Wehme, Ain Turggische Hochzeit [...], 1582, und SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 170, Klebeband mit Aquarellen von türkischen Trachten, Gebräuchen, Aufzügen, Bauwerken u. a. Vgl. dazu Im Lichte des Halbmonds. Das Abendland und der türkische Orient, hg. von Werner Schmidt und Wenzel Jacob, Ausst.kat. SKD, Kunst- und Ausstellungshalle der BRD Bonn, Leipzig 1995, 103-105, Kat. 81, 82.
15 Das originale Türkenbuch ist heute verschollen. Vgl. auch Claudia Schnitzer, "Ein 'Spionagebericht in Bildern' aus Istanbul. Das Ungnadsche Türkenbuch und seine Kopie von Zacharias Wehme," in: Dresdener Kunstblätter 29, Heft 4 (1995), 98-105, hier 99.
16 HStAD, Kopiale, Cop. 404, [ohne Titel], fol. 241r-v. Vgl. auch Theodor Distel, "Einiges über den kursächsischen Hofmaler Friedrich Bercht (1575 f[olgende])," in: Zeitschrift für Museologie und Antiquitätenkunde VII, Nr. 5 (1884), 34-35 sowie Werner Schade, Dresdener Zeichnungen 1550-1650. Inventionen sächsischer Künstler in europäischen Sammlungen, Dresden 1969, 50, Anm. 31.
17 Zit. nach Johannes Helm, "David Redtel, der bisher unbekannte Künstler des handgemalten Kreutterbuches von Johannes Kentmann aus dem Jahre 1563. Hinweise und Belege", in: Sudhoffs Archiv, Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte 53, Heft 2 (Oktober 1969), 153-159, hier 153; Thomas Bürger (Hg.), Das Kräuterbuch des Johannes Kentmann von 1563, München, Berlin 2004. Das Kräuterbuch befindet sich in der SLUB, Handschriftensammlung, Mscr.Dresd.B.71.
18 SLUB Dresden, Bibl.-Arch. I Ba 20, Registratur, fol. 69r.
19 Zu München vgl. Lorenz Seelig, "Die Münchner Kunstkammer," in: Münchner Kunstkammer, Bd. 3, 1-114, sowie v. a. die entsprechenden Katalognummern in Bd. 1, 1-44, 52-63, Kat. 1-121, 135-145, 147-171. Zu Ambras vgl. Wendelin Boeheim (Hg.), "Urkunden und Regesten aus der k.k. Hofbibliothek," in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses VII, II. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des allerdurchlauchtigsten Erzhauses (1888), S. XCI-CCCXIII; Alfred Auer, "Das Inventarium der Ambraser Sammlungen aus dem Jahre 1621, 2. Teil: Bibliothek," in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien 2 (2001), 281-345, 352, sowie zu Prag Rotraud Bauer, "Die Kunstkammer Kaiser Rudolfs II. in Prag. Ein Inventar aus den Jahren 1607-1611," in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien 72 (1976), XI-XXXVIII. Zu den einzelnen Vergleichspunkten sowie zu italienischen Graphiksammlungen und weiterer Literatur siehe Melzer, Kupferstich-Kabinett, 24-35. Ein Vergleich mit privaten, anders gelagerten Sammlungen, etwa des Basilius Amerbach, des Paulus Praun oder des Ferdinand Columbus wäre gleichfalls möglich, würde hier aber zu weit führen.
20 Grundlegend zum Begriff der Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit sind u. a. Andreas Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 103), Göttingen 1994; Karl-Siegbert Rehberg, "Die 'Öffentlichkeit' der Institutionen. Grundbegriffe im Rahmen der Theorie und Analyse institutioneller Mechanismen," in: Gerhard Göhler (Hg.), Macht der Öffentlichkeit – Öffentlichkeit der Macht, Baden-Baden 1995, 181-211; Gert Melville und Peter von Moos, Das Öffentliche und Private in der Vormoderne (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit 10), Köln, Weimar, Wien 1998; Susanne Rau und Gerd Schwerhoff (Hg.), Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln, Weimar, Wien 2004. Zum 'öffentlichen' Charakter einer Kunstkammer vgl. Thomas DaCosta Kaufmann, Variations on the Imperial Theme in the Age of Maximilian II and Rudolf II, New York, London 1978, besonders 103-123. Speziell zur Zugänglichkeit der Dresdner Sammlungen siehe Dirk Syndram, "Von fürstlicher Lustbarkeit und höfischer Repräsentation. Die Kunstkammer und die Dresdner Sammlungen der Renaissance," in: In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600, hg. von dems. und Antje Scherner, Ausst.kat. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Metropolitan Museum of Art New York, Fondazione Memmo Palazzo Ruspoli Rom, Dresden, Mailand 2004, 54-69, sowie Konrad Heyn, "Aus den Fremdenbüchern der Dresdner Kunstkammer," in: Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen 6 (1915), 72-83.
21 Tobias Beutel, Chur-Fürstlicher Sächsischer stets grünender hoher Cedern-Wald auf dem grünen Rauten-Grunde Oder Kurze Vorstellung Der Chur-Fürstl. Sächs. hohen Regal-Wercke Nehmlich: Der Fürtrefflichen Kunst-Kammer und anderer Seiner Chur-Fürstl. Durchl. hochschätzbaren unvergleichlich wichtigen Dinge [...] durchreisenden hohen Personen zu Dienst [...], Dresden 1671, Reprint Leipzig 1975 [unpaginiert].
22 Hier und im Folgenden Rehberg, "Öffentlichkeit," 183-184.
23 HStAD, Kopiale, Cop. 573, Registratur uber des Churfürsten zu Sachssen Unsers gnedigsten Herrn Copial Anno 1591, fol. 87v-89r, publiziert bei Syndram, "Lustbarkeit," 64, Anm. 52. Vgl. zu Kepler Sven Dupré und Michael Korey, "The Use and Re-Use of Optical Instruments: Creating Knowledge in the Dresden Kunstkammer," in: Bart Grob und Hans Hooijmaijers (Hg.), Who Needs Scientific Instruments? Conference on Scientific Instruments and their Users, Leiden 2006, 75-80, hier 76.
24 Vgl. zum Beispiel die Beschwerden des Kunstkämmerers Theodosius Häsel über seinen Adjunkten Mildner von 1655 in: HStAD, 10024, Loc. 8693/21, Theodosius Häsel [...] die Kunst Kammer betr. 1655, fols. 1r-v, 16r-17v.
25 Es handelt sich um das bereits zitierte Inventar von 1587, das im HStAD verwahrt wird, sowie um sechs weitere aus den Jahren 1595, 1610, 1619, 1640, 1732 und 1741, die sich im Grünen Gewölbe befinden.
26 Joachim Menzhausen, "Kurfürst Augusts Kunstkammer. Eine Analyse des Inventars von 1587," in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte 66 (1995), 147-156, hier 148. Anlässlich des 450. Jubiläums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Jahr 2010 erscheint eine Edition mehrerer Kunstkammerinventare von Dirk Syndram und Martina Minning.
27 Menzhausen, Kunstkammer, 148.
28 Melzer, Kupferstich-Kabinett.
29 Zu Praktiken der Montierung vgl. Anthony Griffiths, "The Archeology of the Print," in: Christopher Baker, Caroline Elam und Genevieve Warwick (Hg.), Collecting Prints and Drawings in Europe, c. 1500-1750, Aldershot 2003, 9-27.
30 HStAD, 10009, Nr. 1, Inventarium 1587, fol. 165r-196v.
31 SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium Uber Churfürstliche Sächsische Kunst-Cammern im Schloss und Vestung Dressden. Verneuert und aufgericht den 4. Augusti Anno 1640, fol. 336v.
32 Vgl. den Eintrag "Kupfer-Stücke", französisch "Tailles douces", in Johann Heinrich Zedler, Großes Universal-Lexikon aller Wissenschafften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden worden, 64 Bde., Halle und Leipzig 1733-1750, Bd. 15 (1737), 1076-1077, Sp. 2160-2162, http://www.zedler-lexikon.de (Zugriff am 14.06.2010).
33 HStAD, 10009, Nr. 1, Inventarium 1587, fol. 168r, Nr. 24, sowie SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1640, fol. 202r, Nr. 15.
34 Vgl. die Editionen der Inventare in Bauer, Kunstkammer, Boeheim, "Urkunden," und Münchner Kunstkammer, Bd. 1.
35 Z. B. HStAD, 10009, Nr. 1, Inventarium 1587, fol. 73r (Kurfürst August), 166v, Nr. 11 (Kurprinz Christian); SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1640, fol. 245r (Kurfürst Johann Georg I.).
36 Barbara Marx verbindet das Zeichnen mit dem ausgeübten Handwerk und dem tätigen Fürsten: "Künstlermigration und Kulturkonsum. Florentiner Kulturpolitik im 16. Jahrhundert und die Formierung Dresdens als Elbflorenz," in: Bodo Guthmüller (Hg.), Deutschland und Italien in ihren wechselseitigen Beziehungen in der Renaissance, Wiesbaden 2000, 211-297, hier 218.
37 Helmar Schramm, "Kunstkammer – Laboratorium – Bühne im Theatrum Europæum. Zum Wandel des performativen Raums im 17. Jahrhundert," in: ders., Ludger Schwarte und Jan Lazardzig (Hg.), Kunstkammer, Laboratorium, Bühne. Schauplätze des Wissens im 17. Jahrhundert (Theatrum Scientiarium 1), Berlin 2003, 10-34, hier 20, 22.
38 Vgl. weiterführend Horst Bredekamp, "Die Erkenntniskraft der Linie bei Galilei, Hobbes und Hooke," in: Barbara und Richard Hüttel und Jeannette Kohl (Hg.), RE-VISIONEN. Zur Aktualität von Kunstgeschichte, Berlin 2001, 145-160, hier 151-152, 155.
39 Vorwort zu Euclidis Elementa Practica, das sich 1640 in der Kunstkammer befand (SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1640, fol. 219v, Nr. 219), hier zit. nach Die Geometrie der Macht. Die Macht der Geometrie. Mathematische Instrumente und fürstliche Mechanik um 1600, bearb. von Michael Korey, Ausst.kat. Mathematisch-Physikalischer Salon Dresden, München, Berlin 2007, 44-45. Vgl. dazu auch Maß, Zahl und Gewicht. Mathematik als Schlüssel zu Weltverständnis und Weltbeherrschung, bearb. von Menso Folkerts, Eberhard Knobloch und Karin Reich, Ausst.kat. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Weinheim 1989, 69, Kat. 3.2.
40 HStAD, 10024, Loc. 9603/7, Historischer Extract des Lebens und Todes Christiani I. Churf. zu Sachßen, fol. 3r-v, undatiert. Zum "Perspectief Buch" (heute in SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. Ca 61) vgl. Schade, Zeichnungen, 31, Kat. 6, sowie Dresden. Spiegel der Welt. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Japan, 3 Bde., Ausst.kat. Prefectural Museum of Art Hyogo, The National Museum of Western Art Tokio, Tokio 2005, hier Bd. 1, 58, Kat. 28.
41 Michael Thimann, "'Idea' und 'Conterfei'. Künstlerisches und wissenschaftliches Zeichnen in der Frühen Neuzeit," in: Disegno. Der Zeichner im Bild der Frühen Neuzeit, hg. von Hein-Th. Schulze Altcappenberg und dems., Ausst.kat. Kupferstichkabinett Berlin, München, Berlin 2007, 15-30, hier 22-24.
42 Siehe Claudia Swan, "'Ad vivum, naer het leven', from the live: Defining a Mode of Representation," in: Word & Image. A Journal of Verbal/Visual Enquiry: Art & Curiosity II, Nr. 4 (1995), 353-372.
43 Dies., Art, Science and Witchcraft in Early Modern Holland. Jacques de Gheyn II (1565-1629), Cambridge 2005; Thea Vignau-Wilberg, "Registrierender Blick und enzyklopädischer Geist: der Miniaturist Joris Hoefnagel (1542-1600)," in: Iris Lauterbach und Margaret Stuffmann (Hg.), Aspekte deutscher Zeichenkunst (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte 16), München 2006, 85-94.
44 Vgl. einführend die beiden Aufsätze von Helen Watanabe-O'Kelly, "The Early Modern Festival Book: Function and Form" sowie "The Protestant Union: Festivals, Festival Books, War and Politics," in: James R. Mulryne, dies. und Margaret Shewring (Hg.), Europa Triumphans. Court and Civic Festivals in Early Modern Europe, 2 Bde., Aldershot 2004, Bd. 1, 3-17, und Bd. 2, 15-34.
45 Laut den entsprechenden Karteikarten im Kupferstich-Kabinett Dresden.
46 SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nrn. Ca 75, Ca 76 und Ca 77.
47 SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium Uber die Churfürstlich Sächsische Kunst-Cammern im Schloß und Vehstung Dressden, Vorneuert und aufgericht den letzten Decembris Anno 1595, fol. 241v, Nr. 297-299. Zur Erwerbungsgeschichte vgl. Melzer, Kupferstich-Kabinett, 130-139. Zu den Stradas siehe Hilda Lietzmann, "Der kaiserliche Antiquar Jacopo Strada und Kurfürst August von Sachsen," in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 60 (1997), 377-399; Annemarie C. van der Boom, "Tra Principi e Imprese: The Life and Works of Ottavio Strada," in: Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Rudolfs II., 2 Bde., Ausst.kat. Kulturstiftung Ruhr in der Villa Hügel Essen, Freren 1988, hier Bd. 2, 19-23.
48 HStAD, 10024, Loc. 4480/1, Verzeichnis derer ertheilten Begnadigungen d. a. 1540-1652-1692, fol. 30v.
49 HStAD, 10024, Loc. 8543/1, Gemeine Schreiben an Churfürst Christian zu Sachßen von dem 1588. biß 1591. Jahr, fol. 116r.
50 HStAD, 10009, Nr. 1, Inventarium 1587, fol. 258r.
51 HStAD, 10009, Nr. 1, Inventarium 1587, fol. 168r, Nr. 21; SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1640, fol. 202r, Nr. 16. Eine Konkordanz der Einträge ergibt sich aus übertragenen alten und neuen Nummerierungen in den Inventaren. Heute wohl SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. B 57h,2.
52 SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium Uber Churfürstliche Sächss. Kunst-Cammern im Schloss und Vestung Dresden. Verneuert und aufgericht den 28. Juny Anno 1619, fol. 306v. Die Kunst Dürers erfuhr im Zuge der Dürerrenaissance auch am Kaiserhof eine große Wertschätzung; Dresden stellt hier freilich keine Ausnahme dar.
53 HStAD, 10024, Loc. 7349/1, Belegezettel zu der Churfürstin zu Sachßen und Burggräfin zu Magdeburg geldes Außgaben uf ein ganzes Jhars von Ostern Anno 1627 bis wieder dahin Ao. 1629, z. B. fol. 37r. Vgl. auch Katja Peschel, Sächsische Kurfürstinnen des 16. und 17. Jahrhunderts als Sammlerinnen und Auftraggeberinnen von Kunst, Magisterarbeit Technische Universität Dresden 2000 (unveröffentlicht).
54 Oskar Doering, Des Augsburger Patriziers Philipp Hainhofer Reisen nach Innsbruck und Dresden (Quellenschriften für Kunstgeschichte N.F. X), Wien 1901, 223.
55 Das wird vor allem an den Inventaren der Kunstkammer von 1595 und 1619 deutlich.
56 Johann Daniel Major, Unvorgreiffliches Bedencken von Kunst- und Naturalien-Kammern ins gemein, Kiel: Reumann, 1674; Leonhard Christoph Sturm, Prodromus Architecturæ Goldmannianæ, Oder Getreue und gründliche Anweisung [...], Augsburg: Wolff, 1714; Friedrich Neickel, Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum [...], Leipzig, Breslau: Hubert, 1727. Vgl. dazu Carola Schneider, "Bibliotheken als Ordnung des Wissens (16.-18. Jahrhundert)," in: Hans Holländer (Hg.), Erkenntnis, Erfindung, Konstruktion. Studien zur Bildgeschichte von Naturwissenschaften und Technik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Berlin 2000, 143-161, hier 147; Jörg-Ulrich Fechner, "Die Einheit von Bibliothek und Kunstkammer im 17. und 18. Jahrhundert, dargestellt an Hand zeitgenössischer Berichte," in: Paul Raabe (Hg.), Öffentliche und private Bibliotheken im 17. und 18. Jahrhundert: Raritätenkammern, Forschungsinstrumente oder Bildungsstätten? (Wolfenbütteler Forschungen 2), Bremen 1977, 11-31, sowie Uwe Jochum, "Am Ende der Sammlung. Bibliotheken im frühmodernen Staat," in: Richard van Dülmen und Sina Rauschenbach (Hg.), Macht des Wissens. Die Entstehung der modernen Wissensgesellschaft, Köln, Weimar, Wien 2004, 273-294, hier 279.
57 Brigitte Hoppe, "Kunstkammern der Spätrenaissance zwischen Kuriosität und Wissenschaft," in: Andreas Grote (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo. Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800 (Berliner Schriften zur Museumskunde 10), Opladen 1994, 243-264, hier 255.
58 Vgl. Elisabeth M. Hajós, "The Concept of an Engraving Collection in the Year 1565: Quicchelberg, 'Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi'," in: The Art Bulletin 40 (Juni 1958), 151-156; Harriet Roth, Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat "Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi" von Samuel Quiccheberg, lateinisch-deutsche Ausgabe, Berlin 2000, sowie mit weiterer Literatur Stephan Brakensiek, "Samuel Quicchelberg: Gründungsvater oder Einzeltäter? Zur Intention der 'Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi' (1565) und ihrer Rezeption im Sammlungswesen Europas zwischen 1550 und 1820," in: Metaphorik 14 (2008), 231-252, http://www.metaphorik.de/14/Brakensiek.pdf (Zugriff am 14.06.2010).
59 Gerald Heres, "Die kurfürstlichen Sammlungen in Renaissance und Frühbarock," in: Blaschke, Geschichte, 562-569, hier 562, Anm. 18.
60 Vgl. Roth, Museumslehre, 112; Diemer, "Verloren – verstreut – bewahrt," 225-226.
61 Zu Begriff und Funktion des Archivs vgl. Jacques Derrida, Dem Archiv verschrieben. Eine Freudsche Impression, Berlin 1997, besonders 9-11; Hedwig Pompe und Leander Scholz (Hg.), Archivprozesse. Die Kommunikation der Aufbewahrung (Mediologie 5), Köln 2002, v. a. 19-23.
62 Brakensiek, Theatrum mundi, 99; Michel de Marolles, Catalogue de livres d'estampes et de figures en taille douce, Paris: Leonard, 1666, 9.
63 HStAD, 10024, Loc. 9835/12, Gabriel Kaldemarckt, Bedencken wie eine Kunst Cammer aufzurichten sein möchte 1587, fol. 48r. Siehe dazu Jürgen Müller, "Renovatio artis saxoniae. Sull'interpretazione dei 'Bedenken' di Gabriel Kaltemarckt del 1587," in: Sybille Ebert-Schifferer (Hg.), Scambio culturale con il nemico religioso. Italia e Sassonia attorno al 1600, Cinisello Balsamo 2007, 129-141, sowie Christien Melzer, "Zur Theorie der Druckgraphik in Gabriel Kaltemarckts 'Bedencken, wie eine Kunstkammer aufzurichten sein möchte (1587)'," in: Markus A. Castor et al. (Hg.), Druckgraphik – Zwischen Reproduktion und Invention (Passagen/Passages 31), Berlin, München 2010, 223-239. Jürgen Müller bereitet eine Edition des Traktats vor.
64 Ich danke Christian Tico Seifert (Edinburgh) für seinen Hinweis. Vgl. dazu Lawrence W. Nichols, "Hendrick Goltzius – Documents and Printed Literature Concerning His Life" sowie "Jan Piet Filedt Kok, Hendrick Goltzius – Engraver, Designer and Publisher 1582-1600," beide in: Nederlands kunsthistorisch jaarboek 42/43 (1991/1992), 77-120 bzw. 159-218.
65 Zum Künstlerkanon als Indiz zunehmender Autonomisierung der graphischen Gattung siehe Michael Bury, "The Taste for Prints in Italy to c. 1600," in: Print Quarterly 2, Nr. 1 (1985), 12-26.
66 Vgl. u. a. Syndram, "Ursprung," 8-9, und im Unterschied dazu Sven Dupré und Michael Korey, "Optical Objects in the Dresden 'Kunstkammer': Lucas Brunn and the Courtly Display of Knowledge," in: Giorgio Strano et al. (Hg.), European Collections of Scientific Instruments, 1550-1750 (History of Science and Medicine Library 10), Leiden, Boston 2009, 61-85, hier 67.
67 Zu Brunns Praxis vgl. HStAD, 10024, Loc. 9835/15, Die Churfürstliche KunstCammer belangend 1593-1694, fols. 102v, 105r. Zum Zettelkasten vgl. Thomas Ketelsen, "Orte des Wissens: Vom Zettelkasten zum Computer," in: Dresdener Kunstblätter 48, Heft 1 (2004), 42-46, und Helmut Zedelmaier, "Buch, Exzerpt, Zettelschrank, Zettelkasten," in: Pompe und Scholz, Archivprozesse, 38-53.
68 Christien Melzer, "'alles in der grösten Confusion' – Ordnung als Medium der Repräsentation in der kursächsischen Kunstkammer des frühen 17. Jahrhunderts," in: Dresdner Kunstblätter 3 (2009), 172-182.
69 HStAD, 10024, Loc. 9835/15, fols. 102r-v, 145r.
70 Brakensiek, Quicchelberg, 241.
71 Grundlegend hierzu Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften, Frankfurt/M. 1971, außerdem Wolf Lepenies, Das Ende der Naturgeschichte. Wandel kultureller Selbstverständlichkeiten in den Wissenschaften des 18. und 19. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 1978, sowie Paula E. Findlen, Possessing Nature. Museums, Collecting, and Scientific Culture in Early Modern Italy, Berkeley 1994.
72 Karin Kolb, "Cranach – Die Gemälde in Dresden und ihre Geschichte," in: Cranach. Mit einem Bestandskatalog der Gemälde in den SKD, hg. von Harald Marx und Grit Mössinger, Ausst.kat. Kunstsammlungen Chemnitz, Köln 2005, 112-173, hier 119, 123. SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1595, fol. 244r-v (ohne genaues Datum): "Albrecht Durers Stucke so von Enders Kranach erkaufft worden [...]".
73 Viktor Hantzsch, "Eine Dresdner Kunstsammlung vor 300 Jahren," in: Dresdner Geschichtsblätter 1 (1903), 157-165; Jürgen Müller, "Giovanni Maria Nosseni und die Dresdner Kunst zwischen 1580 und 1620," in: In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600, Ausst.kat. Hamburg, New York, Rom 2004, 34-45; Barbara Marx, "Giovanni Maria Nosseni als Vermittler von italienischen Sammlungskonventionen und ästhetischen Normen am Dresdner Hof 1575-1620," in: Ebert-Schifferer, Scambio culturale, 99-128; Barbara Marx, "Vom Künstlerhaus zur Kunstakademie. Giovanni Maria Nossenis Erbe in Dresden," in: Marx und Rehberg, Sammeln, 61-92. Der Nachlass selbst befindet sich im HStAD, 10024, Loc. 8693/23, Der Nachlaß des Johann Maria Nosseni 1622.
74 Vgl. Schade, Zeichnungen; Heinrich Geissler, "Rudolfinische Filiationen in der Zeichenkunst um 1600," in: Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Rudolfs II., Ausst.kat. Essen 1988, Bd. 2, 70-83 sowie Damian Dombrowski, "Die Entdeckung der Virtus. Florenz und der Aufschwung der Dresdner Kunst unter Christian I. von Sachsen," in: Giambologna in Dresden – Die Geschenke der Medici, hg. von Dirk Syndram, Moritz Woelk und Martina Minning, Ausst.kat. Grünes Gewölbe Dresden, München, Berlin 2006, 73-80.
75 HStAD, 10024, Loc. 8693/18, Die von dem Hof Cammermaler Hans von Ach 1604 gelieferten Bilder bel., fol. 1r.
76 Zuletzt in SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1640, fol. 201v, Nr. 5.
77 Hier und im Folgenden: Dresden. Spiegel der Welt, Bd. 3, 29, Kat. 36 (Claudia Schnitzer).
78 Archiv SKD, Nachlass Hans Posse (Abschriften nach kriegsverlorenen Akten der Generaldirektion der Königlichen Kunstsammlungen ehemals im HStAD), Bd. 1, Cap. Xa 18, Einnahmen [der Kunstkammer] von 1619-1620-1623-1624, fol. 7r-v.
79 Siehe zu diesem theoretischen Ansatz Karl-Siegbert Rehberg, "Die stabilisierende 'Fiktionalität' von Präsenz und Dauer. Institutionelle Analyse und historische Forschung," in: Reinhard Blänkner und Bernhard Jussen (Hg.), Institutionen und Ereignis. Über historische Praktiken und Vorstellungen gesellschaftlichen Ordnens, Göttingen 1998, 381-407.
80 SLUB, Bibl.-Arch. I A 1, A. Allgemeine Bibliotheksakten, Vol. 1, Nr. 91, fol. 1-22, und Nr. 93, fol. 1r-4r.
81 Viktor Hantzsch, "Beiträge zur älteren Geschichte der kurfürstlichen Kunstkammer in Dresden," in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde XXIII, Heft 3/4 (1902), 220-295, hier 271 (Leyden); HStAD, 10024, Loc. 9835/15, fol. 266r (Vogel); SKD, Kupferstich-Kabinett, Karteikarten zur Geschichte des Kabinetts ("indische" Miniaturen); SKD, Nachlass Posse, Bd. 1, Cap. Xa 36, 1657 zu Kunstkammer gehörig, 1657-1659, fol. 4r (Vaillant).
82 SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium, 1732, fol. 73r, Nr. 3; heute wohl SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.Nr. C 4833, 1678, Feder in Schwarz, 156 x 247 mm.
83 Hantzsch, "Beiträge," 278; SKD, Grünes Gewölbe, Inventarium 1732, fol. 158r, Nr. 8.
84 Vgl. für Einzelheiten und Literatur Melzer, Kupferstich-Kabinett, 296-300.
85 Charles Patin, Relations historiques et curieuses de voyages, en Allemagne, Angleterre, Hollande, Boheme, Suisse, &c., Lyon 1674, 212.
86 Beutel, Cedern-Wald [unpaginiert].
87 Vgl. einführend Carol Gibson-Wood, Studies in the Theory of Connoisseurship from Vasari to Morelli, New York, London 1988; Norberto Gramaccini, Theorie der französischen Druckgraphik im 18. Jahrhundert: Eine Quellenanthologie (Neue Berner Schriften zur Kunst 2), Bern 1997, und zahlreiche weitere Schriften des Autors sowie Claudia-Alexandra Schwaighofer, Von der Kennerschaft zur Wissenschaft. Reproduktionsgraphische Mappenwerke nach Zeichnungen in Europa 1726-1857, München, Berlin 2009.
88 Archiv SKD, Nachlass Posse, Bd. 9, Cap. Xa 37, Attestata von No. 1 usque no. 11 inclusive so Ihr königl. Maj. Augustus II. und deßen Vorfahren höchstmilden Andenckens selbst eigenhändig unterschrieben 1691-1699. Vgl. dazu ausführlich Spenlé, Gemäldegalerie.
89 HStAD, 13472 Schatullenkasse, Nr. 26a/26b, Königl. Majestät Rechnung 1714, fol. 88r-93r.
90 HStAD, 10026, Loc. 379/4, v. a. fol. 9r-12r.
91 HStAD, 10026, Loc. 379/4, fol. 15v.
92 Christoph Becker, Vom Raritäten-Kabinett zur Sammlung als Institution. Sammeln und Ordnen im Zeitalter der Aufklärung, Egelsbach, Frankfurt/M. 1996, 44-45; Heres, Kunstsammlungen, 30-31. Heres spricht zudem allgemein von einer "fortschreitenden Spezialisierung der Wissenschaften".
93 Siehe dazu Spenlé, Gemäldegalerie, 73-77.
94 Zit. nach Becker, Raritäten-Kabinett, 47.
95 HStAD, 10026, Loc. 379/4, fol. 13r.
96 Vgl. z. B. Helmut Nickel, "Über die graphischen Vorlagen des 'Mohren mit der Smaragdstufe' im Grünen Gewölbe zu Dresden," in: Dresdener Kunstblätter 25, Heft 1 (1981), 10-19. Zur Ausgabe von graphischen Vorlagen an Porzellanmaler siehe SLUB, Bibl.-Arch. I A 1, A. Allgemeine Bibliotheksakten, Vol. 1, Nr. 95.
97 Hier und im Folgenden Foucault, Ordnung, 169, 171-173. Vgl. grundlegend auch Brigitte Sölch, "Visualisierung historischen Wissens und (Re-)Konstruktion von Geschichte. Ein Blick in die Sammlungsgeschichte des 18. Jahrhunderts," in: Achim Landwehr (Hg.), Geschichte(n) der Wirklichkeit. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte des Wissens (Documenta Augustana 11), Augsburg 2002, 249-273.
98 Vgl. zu Heuchers Biographie die umfangreichen Anmerkungen in Fischer, Mineralogie, 209-211, Anm. 173, 176-181; 215, Anm. 198; Dittrich, "Heucher"; Christel Hebig, "Arzt und Museumsbegründer. Im Gedenken an Johann Heinrich von Heucher," in: Sächsische Heimatblätter 43/3 (1997), 171-174, mit zahlreichen Literaturangaben.
99 Erstmals verweist Fischer, Mineralogie, 52, dort Anm. 176 (210-211), auf den Briefwechsel. Eine genaue Analyse der Beziehung zwischen Scheuchzer und Heucher steht aus.
100 Zu Scheuchzer vgl. Robert Felfe, Naturgeschichte als kunstvolle Synthese. Physikotheologie und Bildpraxis bei Johann Jakob Scheuchzer, Berlin 2003, sowie Claudia Rütsche, "Eine Enzyklopädie von Objekten. Johann Jakob Scheuchzers Inventarisation der Zürcher Kunstkammer und die Physica Sacra," in: Paul Michel, Madeleine Herren und Martin Rüesch (Hg.), Allgemeinwissen und Gesellschaft. Akten des internationalen Kongresses über Wissenstransfer und enzyklopädische Ordnungssysteme, Aachen 2007, 379-412.
101 HStAD, 10026, Loc. 379/4, fol. 10r.
102 SLUB, Bibl.-Arch. I Bb 198, Carl Gottlob Seebisch, Alphabetischer Nominalkatalog der Heucherschen Bibliothek [...], 1740.
103 Vgl. dazu Melzer, Kupferstich-Kabinett, 400-404.
104 Zit. nach Brakensiek, Theatrum mundi, 186.
105 SLUB, Bibl.-Arch. I A 1, A. Allgemeine Bibliotheksakten, Vol. 1, Nrn. 104-106. SKD, Kupferstich-Kabinett, Kat. 139, [Verschiedene Autoren. Vorgänge und Abgaben] 1723-64 No. II, fols. 2r-3r, 5r-v, 6r-7r. Vgl. dazu auch Dittrich, "Heucher," 10.
106 Vgl. Christian Dittrich, "Die Zeichnungssammlung Gottfried Wagner. Eine barocke Privatsammlung im Kupferstich-Kabinett Dresden und der Versuch ihrer Rekonstruktion," in: Jahrbuch der SKD 19 (1987), 7-38.
107 SKD, Kupferstich-Kabinett, Heucher, Kat. 1. Für eine Analyse des Inventars vgl. Melzer, Kupferstich-Kabinett, 480-497.
108 André Félibien, L'Idée du Peintre Parfait pour servir de Règle aux Jugements que l'on doit porter sur les Ouvrages des Peintres, London: Mortier, 1707, Reprint Genf 1970, 67 (meine Übersetzung).
109 Antoine Joseph Dézallier d'Argenville, "Lettre sur le choix & l'arrangement d'un Cabinet curieux, écrite par M. Des-Allier d'Argenville, Secretaire du Roy en la Grande Chancellerie, à M. de Fougeroux, Tresorier-Payeur des Rentes de l'Hôtel de Ville," in: Mercure de France (juin, second vol., 1727), 1295-1330, hier 1302-1303.
110 Z. B. SKD, Kupferstich-Kabinett, Kat. 2 IV, [Johann Heinrich von Heucher, Consignation de touttes les Estampes qui se trouvent dans le Salon d'Estampes du Roi tires d'après les Tableaux des Peintres de] L'Ecole Venitienne, 1738; Kat. 3, ders., Catalogue raisonné sur les Estampes de Iacques Callot, qui se trouvent dans les Collections du Roy, um 1738[-1746].
111 Zum Cabinet d'Ignorance siehe Heres, Kunstsammlungen, 72.
112 Florent Le Comte, Cabinet des Singularitez d'Architecture, Peinture, Sculpture et Graveure, ou Introduction A la Connoissance des plus Beaux Arts, figurés sous les Tableaux, les Statues & les Estampes, 3 Bde., Brüssel: Marchant, 1702, Bd. 1, 160-161.
113 Dézallier d'Argenville, Lettre, 1307.
114 Brakensiek hat die Sammlung Marolles sowohl vor als auch nach ihrem Verkauf umfassend dargestellt, Brakensiek, Theatrum mundi, 17-39, 82-121, 242-255. Vgl. außerdem einführend Laure Beaumont-Maillet, "Les collectionneurs au Cabinet des Estampes," in: Nouvelles de l'estampe 132 (1993), 5-27.
115 Vgl. einführend Catherine Loisel, "A Century of Royal Collecting. The Foundation of the 'Cabinet des dessins' during the Reign of Louis the Sun King," in: The King's Drawings from the Musée du Louvre, bearb. von Catherine Loisel und Varena Forcione, Ausst.kat. High Museum of Art Atlanta, Atlanta 2006, 9-23, sowie Musée du Louvre. Cabinet des Dessins, Collections. 1. Dessins de la collection Éverard Jabach, acquis en 1671 pour la collection royale, Paris 1978.
116 Künstler zeichnen, Sammler stiften, Bd. 1, 41-110.
117 Natur und Kunst: Handschriften und Alben aus der Ambraser Sammlung Erzherzog Ferdinands II. (1529-1595), bearb. von Alfred Auer und Eva Irblich, Ausst.kat. Kunsthistorisches Museum Wien, Österreichische Nationalbibliothek im Schloss Ambras, Wien 1995, 20.
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