Günther Buchinger und Doris Schön, "… jene, die ihre hände hilfreich zum bau erheben …": Zur zeitlichen Konkordanz von Weihe und Bauvollendung am Beispiel der Wiener Augustinerkirche und Georgskapelle, RIHA Journal 0020

RIHA Journal 0020 | 18 April 2011

"… jene, die ihre hände hilfreich zum bau erheben …":

Zur zeitlichen Konkordanz von Weihe und Bauvollendung am Beispiel der Wiener Augustinerkirche und Georgskapelle

Günther Buchinger und Doris Schön

Peer review and editing organized by:

Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien / Commission for the History of Art at the Austrian Academy of Sciences, Vienna

Reviewers:

Armand Baeriswyl, Johann Josef Böker

Abstract

The Augustinian Church in Vienna and the adjacent St. George's Chapel have recently been analysed for the first time according to structural archaeological and art historical criteria and these results compared with the plentiful written sources. The interdisciplinary research was part of the project researching the architectural history of the Vienna Hofburg, which is based at the Art Historical Commission of the Austrian Academy of Sciences, and has resulted in new discoveries, which have necessarily led to a re-assessment of the rarely-challenged older data about the architectural history of the buildings. The associated art historical view of the German roots of the artistic spatial plan behind the Augustinian Church is also for the most part untenable.

Inhalt


Einleitung

  1. Die architekturhistorische Forschung ist in baugeschichtlichen Fragen sehr dankbar für die Existenz schriftlichen Quellenmaterials. Dieses wird in Österreich oft für Datierungen herangezogen, ohne aber die originalen Textstellen auf ihre Aussagen zu prüfen oder das Ergebnis mittels anderer Methoden (Stilkritik, Bauarchäologie, Dendrochronologie) kritisch zu hinterfragen. Umfassende interdisziplinäre Zusammenarbeit, wie in anderen Ländern längst üblich,1 bleibt hierzulande oft ein Desiderat. Die Folge davon sind Missverständnisse in der Übernahme baugeschichtlicher Angaben. So wurden etwa Weihedaten gerne irrtümlich als Zeitpunkte für die Bauvollendung eines Sakralbaus übernommen und über Generationen als fixe Datierungen tradiert. Durch diesen Umstand kommt es häufig zu falschen zeitlichen Ansätzen und Fehlinterpretationen.

  2. Weiheurkunden waren aber oft Ablässe angeschlossen, deren exakt wiedergegebene Formulierungen Aufschluss über den Baufortschritt liefern können. Ablässe wurden gemeinhin für den Besuch des geweihten Raumes erlassen, aber auch für "hilfreiche Hände" ("manus adiutrices"), die sich entweder "für den Bau erheben werden" ("ad fabricam porrexerint") oder "für die Erhaltung des Baus und der Ausstattung" ("ad reparationem ac conservationem edificii calicum librorum et aliorum ornamentorum pro divino cultu inibi necessariorum"). Aus Weihe- und Ablassurkunden ist demnach oft zu entnehmen, ob sich eine Kirche oder Kapelle zum Zeitpunkt der Weihe noch in Bau befand oder bereits baulich vollendet war und nur mehr ausgestattet werden musste.

  3. Im Zuge des Projektes zur Erforschung der Baugeschichte der Wiener Hofburg an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Kommission für Kunstgeschichte,2 ist nun ein besonders gravierendes Beispiel dafür zu Tage getreten, wie weit Weihe- und Vollendungsdaten auseinander liegen können: die Wiener Augustinerkirche, geweiht 1349, und die benachbarte Georgskapelle, geweiht 1341. Diese Daten wurden in der Literatur allgemein als Zeitpunkte der Vollendung angesehen.3 Für 1327 ist die Stiftung des Augustinerklosters durch König Friedrich den Schönen belegt. Beide Bauten, die zweischiffige Kapelle und die dreischiffige Kirche gelten als wichtige Beispiele hochgotischer Hallenarchitektur in Österreich, weiters wird auf den längsten Chor der österreichischen Bettelordensarchitektur mit fünf Jochen verwiesen, an den ein ungewöhnlicher 7/10-Schluss gefügt ist. Bislang wurde noch nie ernsthaft die Frage gestellt, wie plausibel die Vollendung dieser gewaltigen Baumasse in einer so kurzen Zeitspanne von nur gut zwanzig Jahren ist, obwohl doch für prominentere Kirchenbauten viel längere Bauzeiten bekannt sind (vgl. den Wiener Stephansdom).4

  4. In den vergangenen Jahren konnte nun mit verschiedenen Methoden die bisherige Datierung überprüft werden: mit einer bauarchäologischen Untersuchung der Außenmauern im Dachraum über den Gewölben der Kirche, mit einer kunsthistorischen Analyse unter Aufarbeitung älterer Restaurierberichte, insbesondere bezüglich der Gewölberippen und Schlusssteine (die übrige Gliederung der Augustinerkirche wurde im 17. Jahrhundert, 1784 unter Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg und nochmals 1873 verändert), und mit einer Überprüfung der archivalischen Quellen. Dabei kam zu Hilfe, dass am Institut für Österreichische Geschichtsforschung der Universität Wien achtzig bislang unedierte mittelalterliche Urkunden aus dem ehemaligen Archiv der Wiener Augustiner aufgearbeitet werden konnten, sodass es im Verein mit zahlreichen kopial überlieferten Urkunden (die ältesten Kopialbücher stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert) möglich war, das mittelalterliche Klosterarchiv weitgehend zu rekonstruieren.5 Auf dieser Basis konnten sowohl die Aussagekraft der Weiheurkunden für die Baugeschichte überprüft als auch zahlreiche seit dem 19. Jahrhundert tradierte Legendenbildungen als solche überführt werden. Es stellte sich einerseits heraus, dass die Bauzeit der Augustinerkirche über einhundert Jahre länger dauerte, als bisher angenommen, und anderseits, dass einige baugeschichtliche Topoi historisch betrachtet vollkommen fiktiv sind, wie etwa der erste Prior Conrad, der aus Bayern stammen sollte, der ausführende deutsche Baumeister Dietrich Ladtner und die Vermittlung elsässischer Entwurfspläne durch Thomas von Straßburg. Die damit verbundene kunsthistorische Interpretation der deutschen Wurzeln des künstlerischen Raumkonzepts der Augustinerkirche ist daher ebenfalls großteils unhaltbar.

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Vorgeschichte, Gründung und Baubeginn

  1. Friedrich Rennhofer legte 1956 die Geschichte des Wiener Augustinerklosters vor 1327 dar, die hier daher nur skizzenhaft wiedergegeben wird.6 Vor dem Werdertor, also nördlich der Stadt in der Aulandschaft der Donau gründeten die Augustiner-Eremiten, die 1256 aus verstreut lebenden Kommunen zu einem Orden zusammengefasst worden waren, ihre erste Wiener Niederlassung. 1266 wäre das Kloster aus unbekannten Gründen von Wiener Bürgern zerstört worden und 1276 neuerlich abgebrannt. Um 1288 sollten Ablässe und Stiftungen den Wiederaufbau gewährleisten. Eine päpstliche Verfügung von 1293, wonach niemand am Besuch der Augustinerkirche zu Wien und an deren Förderung gehindert werden dürfe, ließe vermuten, dass damals noch eine Abneigung gegen den neuen Orden und seine abgekehrte Lebensweise bestanden hätte. 1299 wurde von der deutschen Provinz eine selbständige österreichisch-böhmische Ordensprovinz mit Wien als wichtigster Niederlassung abgetrennt.

  2. Im frühen 14. Jahrhundert mehrten sich die Stiftungen für den Konvent.7 Diese Entwicklung kulminierte in der Donation eines neuen Klosters durch König Friedrich am 15. März 1327. Er stiftete mit Zustimmung seiner Brüder, den Herzögen Albrecht II. und Otto dem Fröhlichen, eine

domu(m) in Wien(n)a que olim p(er)tinebat Monasterio Maurbacen(si) sitam in alta strata cu(m) quibusdam areis adiacentibus ubi ad cultu(m) diuini mi(ni)sterii augmentandu(m) novu(m) eisdem Monasteriu(m) cu(m) choro Ecc(les)ia domo et aliis officinis eis necessariis funda(n)du(m) et erigendu(m) p(er)misimus p(er) ip(s)os tene(n)du(m) inhabitandu(m) et p(er)petuo possidendu(m),8

  1. also ein Haus in Wien, welches früher dem Kloster Mauerbach gehört hatte und an der Hochstraße lag, mitsamt anliegenden Grundstücken, wo ein neues Kloster mit Kirche, Chor, Haus und Wirtschaftsgebäuden gegründet und errichtet werden sollte (Abb.1a, Parzelle Nr. 2). Aus dem bestehenden Kloster der Augustiner außerhalb des Werdertors sollten dreizehn Priester hier wohnen. Wenn es die Almosen der Gläubigen ermöglichten, könnte der Konvent erweitert werden. Der Baukomplex muss gewaltige Ausmaße gehabt haben, da die Dienstpflicht jährlich die große Summe von 40 Pfennig umfasste.9 Mit dieser Stiftung war nun ein großer Baugrund gegeben, der zur Errichtung eines Klosters und einer Kirche geeignet war.

  2. Es stellt sich zunächst die Frage, warum Friedrich der Schöne den Augustinerorden in dieser großzügigen Form gefördert hat? Bis in die rezente Literatur wird dafür eine politische Begebenheit verantwortlich gemacht – die Gefangenschaft Friedrichs auf der Burg Trausnitz bei Landshut, in die der österreichische Landesfürst 1322 nach der Schlacht bei Mühldorf gegen König Ludwig den Bayern für drei Jahre geraten war.10 Diese historische Tatsache führte zu einer Legendenbildung, beruhend auf einer Studie Karl Linds aus dem Jahr 1863, von dem die bisherige kunsthistorische Literatur folgende Passage übernommen hat:

Friedrich der Schöne gelobte in seiner Gefangenschaft zu Trausnitz für den Fall seiner Befreiung dem Orden der Augustiner aus Dankbarkeit ein neues Kloster zu stiften, da sich der am Hofe des Königs Ludwig von Baiern befindliche Augustinerprior Conrad (Tattendorfer) viel um die Befreiung Friedrichs aus der Kriegsgefangenschaft bemüht haben soll. Bald nach seiner Rückkehr (1325) löste Friedrich sein Gelübde. Er berief eben diesen Augustinerprior, der sich auch nicht minder um die Verwirklichung des Gelübdes annahm, mit mehreren Ordensbrüdern nach Wien und händigte denselben die Stiftungsurkunde dto. 15. März 1327 ein.11

  1. Lind wiederum berief sich auf die Österreichische Chronik des Vitus Arenpeck, der um 1495 die Ereignisse erstmals so darstellte.12 In den Originalurkunden allerdings wird zu dieser Zeit nie ein Prior Conrad in Wien erwähnt, im Gegenteil: Mit einer Urkunde vom 28. September 1326 verkauften die Herren von Stadeck ihr Haus "Bruder Herman zu den zeiten Prior und der sammunge gemaine datz den Augustinern ze Wienne".13 Die nur in Abschriften erhaltene Stiftungsurkunde erwähnt den Namen des Priors zwar nicht, doch in einer Urkunde vom 23. April 1327 verkauften "Wir prueder herman zu den zeiten prior und der convent gemain sand Augustins orden ze Wienn" einen Weinberg,14 und in der Abschrift einer Urkunde vom 7. September 1327 nahmen "Frater Hermann Prior Totusque Conventus in Vienna Fratrum Eremitarum Ordinis S. Augustini” die Stiftung Friedrichs des Schönen an.15 Damit ist eine Kontinuität in der Führung des Klosters durch Prior Hermann für die Zeit vor und nach der Stiftung gesichert.

  2. Die tatsächliche Rolle Conrad Tattendorfers, des Priors des Münchner Augustiner­konvents, lag hingegen darin, als Beichtvater König Ludwigs den Trausnitzer Vertrag zwischen seinem Landesfürsten und Friedrich dem Schönen zuwege gebracht zu haben.16 Später stand er als Bischof von Osimo und oberster kaiserlicher Kaplan an der Spitze der antikurialen Partei Bayerns. Tattendorfer leitete also definitiv nicht den Wiener Konvent als Prior – der enge Kontakt mit Friedrich dem Schönen in den Jahren 1322 bis 1325 kann vielleicht zu einer Anregung geführt haben, die sich archivalisch jedoch nicht belegen lässt.

  3. Daraus resultiert nun die Frage, warum Vitus Arenpeck um 1495 die Bedeutung Tattendorfers für die Gründung des Klosters derart übersteigert hat? Wohl nicht zufällig wurde die Chronik in einer Zeit verfasst, als Kaiser Maximilian eine Annäherung an die Herzöge von Bayern suchte. Die im 15. Jahrhundert bestehende antihabsburgische Tradition Bayerns fand durch den Kaiser ihr Ende, als er es verstand, die Herzöge Albrecht von Bayern-München und Georg von Bayern-Landshut mit Österreich auszusöhnen.17 Den vorläufigen Höhepunkt dieser neuen politischen Konstellation bildete der Wormser Reichstag 1495, auf dem beide Herzöge den Kaiser gegen die Kurfürstenpartei unterstützten. Der Chronist des späten 15. Jahrhunderts beschwor offenbar unter dem Eindruck der neuen Lage die Achse Österreich-Bayern, indem er eine historische Begebenheit überhöhte und den seit 170 Jahren währenden Frieden zwischen den beiden Ländern beschwor ("ut praedictam concordiam, & futuram inter eos ac illorum semen perpetuam inirent pacem: quae ex Dei gratia inviolabilis jam centum septuaginta pene duravit annis").18 So wurde die Freilassung Friedrichs des Schönen durch König Ludwig gleich mit der großzügigen Überlassung von dessen Beichtvater und wichtigen politischen Berater verbunden. Die Fiktion dieses historischen Ereignisses diente Arenpeck als Grundlage für die politische Lage seiner Zeit.

  4. Das bisher Besprochene belegt nicht nur die Kontinuität in der Ausübung des Amtes des Priors vor und nach der Gründung des neuen Klosters, sondern auch die selbständige Verlagerung der Interessen des Augustinerkonvents von der Peripherie vor dem Werdertor in die Stadt schon kurz vor der Neugründung. Denn schon am 28. September 1326 verkauften – wie schon erwähnt – die Brüder Rudolf und Hartneid von Stadeck dem Konvent ein Haus an der Hochstraße, das nördlich der späteren Kirche am heutigen Josefsplatz lag (Abb. 1a, Parzelle Nr. 1).19

1a (links) Rekonstruierte Parzellen auf dem Gebiet der heutigen Augustinerkirche und des ehemaligen Augustinerklosters, die schwarzen Striche markieren die in den Kellern erhaltenen Reste der Vorgängerbauten. 1b (rechts) Grundriss, A Augustinerkirche, B Loretokapelle, C Ritterkapelle, D Sakristei, E Augustinerturm an der ehemaligen Stadtmauer (Pläne © Paul Mitchell [1a] und Eva Kronberger [1b], Wien 2010)

  1. Erst ein halbes Jahr später förderte Friedrich der Schöne den von den Augustinern selbst eingeleiteten Prozess. Vergleicht man diese Entwicklung mit anderen Augustiner-Konventen im deutschsprachigen Raum, so sind erstaunliche Parallelen feststellbar, die von Susanne Fritsch aufgearbeitet worden sind.20 Nachdem Papst Alexander IV. 1256 verfügt hatte, dass die Augustiner-Eremiten die Einsamkeit verlassen und in die Städte ziehen sollten, um sich der Seelsorge zu widmen, ergaben sich allerorts massive Probleme mit dem Weltklerus, der um seine Einkünfte fürchtete. Auch die päpstliche Anordnung von 1268, wonach der Weltklerus den Augustinern den Umzug in die Städte nicht untersagen, sondern ihnen bei der Niederlassung in den befestigten Städten behilflich sein sollte, zeigte meist keine Wirkung. Die Augustiner-Eremiten von Nürnberg schafften es nach 1270, in die Stadt zu übersiedeln, jene von Osnabrück erst vor 1294, während den Eremiten aus München und Magdeburg der Umzug gar nicht gelang. In Erfurt, Strassburg und Würzburg folgte ein jahrelanger Konflikt mit dem Weltklerus bezüglich der Einkünfte, obwohl eine päpstliche Bulle von 1317 verfügte, dass die Augustiner in ihrer Freiheit zu predigen und die Beichte zu hören nicht eingeschränkt werden durften. Bei anderen Bettelorden ist dieses Problem nicht überliefert, man trat den Augustinern demnach mit einer größeren Skepsis entgegen. Hilfreich war aber offenbar das Interesse der Landesherren, die in Wien wie etwa auch in Osnabrück gegen den Widerstand des Weltklerus die Etablierung des Konvents innerhalb der Stadtmauern zur Förderung der Seelsorge unterstützten. Möglicherweise wäre es dem Wiener Konvent aus eigener Kraft nicht gelungen, mit dem ersten Grundstückserwerb 1326 auch die Verlegung des Konvents in die Stadt zu bewerkstelligen. Die Stiftung Friedrichs des Schönen ist demnach als Hilfestellung für die Bemühungen des Ordens zu verstehen und nicht als Einlösung eines historisch nicht belegbaren Gelübdes, das erst im späten 15. Jahrhundert in die Historiographie eingeführt wurde.

  2. Neben dem Ausmaß der königlichen Stiftung in Wien ist in diesem Zusammenhang auch die Nähe des Stiftsgutes zur landesfürstlichen Burg bemerkenswert und möglicherweise von beiden Seiten beabsichtigt gewesen. An den ersten Erwerb eines Hauses am heutigen Josefsplatz wird wohl die Stiftung Friedrichs des Schönen auch räumlich angeschlossen haben – ein größerer Abstand mit Parzellen zwischen den beiden Grundstücken erscheint nicht plausibel (Abb. 1a). Richard Perger lokalisierte das Stiftungsgut noch im Süden des späteren Klosters, im Bereich des heutigen Pfarrhofes,21 vielmehr ist aber aus genannten Gründen davon auszugehen, dass alle Erwerbungen, die in diesen Jahren vollzogen wurden, sukzessive von Norden nach Süden fortschritten. Die Stiftung Friedrichs dürfte daher in etwa das Areal des heutigen Langhauses und des ehemals westlich anschließenden Kreuzgangs eingenommen haben.

  3. Offenbar reichte der Grund jedoch bei weitem nicht zur Errichtung der gesamten Kirche: 1330 erfolgte der Erwerb einer benachbarten Badstube (Abb. 1a, Parzelle Nr. 3),22 deren Existenz bereits 1317 erstmals belegt ist,23 1326 von einem Fridlin24 und auch noch 1342 vom Kloster betrieben wurde.25 Der Grunddienst an das Wiener Bürgerspital betrug die unwahrscheinlich hohe Summe von 60 Pfennigen jährlich26 und der Kaufpreis 77 Mark Silber, das sind 462 Pfund Pfennige – eine Summe, die im 14. Jahrhundert für den Erwerb eines dreigeschoßigen Gebäudes mit vier Trakten reichte.27 Ob diese Summe mit der Größe der Anlage oder der Kostbarkeit ihrer Ausstattung in Zusammenhang stand, lässt sich nicht entscheiden. Richard Perger lokalisierte die "padstuben, di da leit auf der hohstrazze ze nehste pei den Augustinern"28 nördlich des Stiftsgutes von 1327, im Bereich des heutigen Langhauses.29 Da die Badstube aber noch 1342 in Betrieb stand, also nur sieben Jahre vor der Weihe und der vermeintlichen Vollendung der Kirche, ist dies auszuschließen, vielmehr ist die Badstube südlich des Kernbaus im Bereich des heutigen Chores anzunehmen, der 1349 – wie weiter unten gezeigt wird – noch nicht in Bau stand. Auf dem rückwärtigen, ursprünglich vielleicht unverbauten Teil der Parzelle müsste zu diesem Zeitpunkt bereits die Georgskapelle errichtet worden sein.

  4. 1331 erfolgte schließlich der Erwerb eines kleineren Hauses an der Ringmauer (Abb. 1a, Parzelle Nr. 4) um 10 Mark Silber, also 60 Pfund Pfennige von der Karthause Mauerbach.30 Das Haus stand "an der hohstrazze ze Wienne pei der Rinchmaure hinder chonrades hause des Gemaches" (Abb. 1a, Parzelle Nr. 5) und ist dadurch mit einem 1317 erwähnten Backhaus zu identifizieren.31 Richard Perger lokalisierte das Haus ganz im Norden, hinter der Badstube,32 wofür es keine Hinweise gibt. Plausibler erscheint wieder eine Zuordnung in den südlichen Bereich, wobei die Bezeichnung "bei der Ringmauer" eine räumliche Zuordnung hinter dem späteren Chorschluss möglich macht.

  5. Die topographische Determinante der Hochstraße (heute Augustinerstraße), die das Schotten- und Kärntnertor miteinander verband und von Nordnordwest nach Südsüdost verlief, bestimmte, dass bei einem Erwerb von Grundstücken entlang dieser Straße eine Nord-Süd-Ausrichtung der Kirche folgerte und die gebräuchliche Ostung nicht umgesetzt werden konnte. Darüber hinaus legte der gekrümmte Verlauf der Stadtmauer fest, dass der nördliche Abschnitt des Bauplatzes etwas breiter war als der südliche. Damit ergab sich die Anlage des dreischiffigen Langhauses mit anliegendem Kreuzgang und Klostergebäude im Norden und des Chores und der zweischiffigen Georgskapelle im Süden. Das Areal der heutigen Augustinerkirche und Georgskapelle war im frühen 14. Jahrhundert also dicht verbaut.33 Die erste Bautätigkeit muss daher im Abbruch der vorhandenen Gebäude bestanden haben, wobei das zunächst erworbene Haus der Stadecker definitiv außerhalb der geplanten Kirche situiert war, vom Abbruch daher verschont werden konnte und möglicherweise zunächst als einstweiliges Konventsgebäude fungiert hat. Dass der Prior Hermann, wie Franz Rennhofer behauptete, schon am 25. August 1327 von der Übersiedelung des Konvents in das neue Kloster berichtet hätte,34 lässt sich in keiner Urkunde belegen – die zitierte Quelle weist lediglich darauf hin, dass der Konvent am 7. September 1327 beschlossen hat, die Stiftung Friedrichs des Schönen anzunehmen.35

  6. 1328 stiftete Friedrichs Gemahlin Elisabeth von Aragon in ihrem Testament den Augustinern drei Pfund, eine zu geringe Dotierung für den Bau einer Kirche.36 Frühestens 1329 ist der Baubeginn des Langhauses anzusetzen, als König Friedrich im Rechnungsbuch der Herzöge von Österreich die Ausgabe von 175 Pfund Pfennig aus den Einnahmen der Maut in Enns für die Wiener Augustiner festhielt.37 Damit gewährleistete er kurz vor seinem Tod 1330 nach der Stiftung eines Teils des Baugrundes auch die Finanzierung eines ersten Bauabschnitts. Die Fortführung der Arbeiten sicherte wohl der Bruder des verstorbenen Königs, Herzog Otto der Fröhliche, der 1338 auch die beiden Augustiner-Eremitenklöster von Baden und Korneuburg gestiftet38 und die der Wiener Kirche benachbarte, später so genannte Georgskapelle mitbegründet hat (siehe unten).

  7. Unter diesen Vorzeichen dürfte der Baufortschritt in den dreißiger Jahren gut gewesen sein. Dies belegt etwa die älteste erhaltene Jahrtagsstiftung für die Augustinerkirche durch den Wiener Bürger Friedrich den Guemhertel vom 1. Januar 1333, dessen Gelder "zu dem chor und zu dem werich" herangezogen werden sollten,39 womit von Beginn an ein umfassendes und einheitliches Baukonzept mit Langhaus und Chor belegt ist. Die in der älteren Literatur angegebene Bauvollendung im Jahr 133940 ist aber ebenso haltlos wie die Behauptung, die Kirche wäre von dem Baumeister Dietrich Lackner (Ladtner) von Pirn errichtet worden. Beide "Thesen" entstammen einer apokryphen Meistertafel der Wiener Steinmetzinnung, die in einer Abschrift des 17. Jahrhunderts die Namen verschiedener, in Wien tätiger Steinmetzen angibt. Die Stelle, "1339. Ist das Augustiner Closter so wohl auch ao. 1360. das Carmelliter Closter erbauth wordn durch Maister Ditrich Lackhner Von Pion ein Stainmezmaister, welcher das ganze werkh als Stainhauer und Maurer geführt",41 ist aber wie der gesamte Textteil zu der Zeit vom 8. bis zum 15. Jahrhundert frei erfunden,42 erst die Angaben zum 16. Jahrhundert sind seriös. Dennoch findet sich noch in der jüngsten Literatur zur Wiener Augustinerkirche die Behauptung, Dietrich Ladtner von Pirn in Bayern hätte laut Überlieferung bis 1339 die Bauleitung inne gehabt.43

  8. Im Kontrast zur bislang vorliegenden Literatur sei nun im Folgenden die Baugeschichte nach Maßgabe der Möglichkeiten detailliert dargestellt. Entsprechend der interdisziplinären Vorgangsweise werden die einzelnen Bauabschnitte nach unterschiedlichen Gesichtspunkten analysiert.

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Der erste Bauabschnitt der Klosterkirche – das Langhaus bis um 1370

  1. 1347 verkaufte die herzogliche Burgkapelle dem Augustinerkonvent die Grundrechte, die auf jenen Häusern lagen, welche zuvor auf dem Areal des Klosters gestanden hatten ("auf de häusern, da bi ir chloster hin gelegen habent auf der hochstrazze ze Wienne").44 Die Häuser waren demnach zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existent; auch das Haus der Stadecker war in diesem Jahr bereits abgerissen und durch den Friedhof der Augustiner ersetzt worden. Dieser glich allerdings offenbar noch mehr einer Wiese, sodass König Ludwig I. von Ungarn, der 1347 in Wien Hof hielt, in Ermangelung eines entsprechenden Raumes in der Burg "zu den Augustinern ain grosse czymer" machte, "und da was der Freithoff mit laub aller bedakcht, Darunder tanczten dye Frawen".45

  2. Das an Urkunden für die Augustinerkirche besonders reiche Jahr 1349 belegt zunächst Bautätigkeiten an der Kirche, wenn der Wiener Bürger Ulrich Spiegel "fümf phunt zv dem Werch hintz den Augustinern ze wienne" in seinem Testament stiftete.46 Im selben Jahr gestattete Kardinal Guido von St. Caecilia, dass die Kirche mit ihren Altären geweiht werden dürfe ("noua basilica dedicari ac altaria ibidem").47 Bald darauf weihte Erzbischof Ortolf von Apamea am 1. November 1349 die Kirche und fünf Altäre.48 Die offensichtliche Eile ist überraschend, zumal der Bau damals noch nicht vollendet war, wie die kunsthistorischen, bauarchäologischen und archivalischen Befunde übereinstimmend belegen.

  3. Kunsthistorische und restauratorische Befunde: Über einem Grundriss mit queroblongen Mittelschiff- und längsrechteckigen Seitenschiffjochen erhebt sich eine dreischiffige, sechsjochige Halle mit einer Länge von 45,2 Meter, einer Breite von 19,2 Meter und einer Höhe von 19,5 Meter (Abb. 1b, 2). Das sechste Joch ist um etwa einen Meter länger als die übrigen Interkolumnien. Ob damit ein Querhaus angedeutet werden sollte, ist mit dieser optisch kaum nachvollziehbaren Erweiterung eher unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte dies mit der 1349 überlieferten Konzentration von vier Altären in diesem Joch in Zusammenhang gestanden haben (siehe unten), wodurch ein gesteigerter Platzbedarf gegeben war.

  4. Die Gewölbe, deren Kreuzrippen, Gurt- und Scheidbögen gleichwertig mit Birnstabprofilen gestaltet sind, ruhen auf oktogonalen kantonierten Pfeilern mit schlanken Runddiensten. Den Übergang bildet eine profilierte Kapitellzone mit einem hohen Fries, der sparsam mit zartem Blattwerk an den durchlaufenden Runddiensten dekoriert ist. Die Pfeiler fußen auf hohen, stark profilierten oktogonalen Basen. Die Wanddienste sind im Gegensatz zu den Freipfeilern als Bündelpfeiler mit drei Rundstäben und den Freipfeilern entsprechenden Kapitellen ausgebildet. Nur die Dienste des dritten Joches des westlichen Seitenschiffes, jene am Triumphbogen und in den Raumecken an der Südwand laufen bis zum Boden (alle anderen werden von neuzeitlichen Rundsäulen im unteren Bereich gestützt). Die ehemals drei- oder vierbahnigen Fenster an der Ostwand, die ihrer Maßwerke und Pfosten beraubt sind, ruhen auf einem durchlaufenden Sohlbankgesims aus zwei Rundstäben. Ihre sehr einfachen Gewände bestehen aus schrägen Trichterungen, die in den Bögen in Kehlungen übergehen. Da die Kirche im 17. und 18. Jahrhundert stark überarbeitet wurde, müssen die einzelnen Gestaltungselemente auf ihre Aussagekraft näher überprüft werden.

2 Augustinerkirche, Langhaus gegen den Hochaltar. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. N 148.112, Aufnahme 1999 (Foto © BDA)

  1. Die Gewölbe des Langhauses sind in ihrer mittelalterlichen Form erhalten. Seit der restauratorischen Befundung durch Herbert Schwaha 1997/98 ist die mittelalterliche Farbfassung des Langhausgewölbes großteils erfasst (Abb. 3):49

3 Grundriss der Augustinerkirche mit Polychromiebefunden, einzelne Joche wurden nicht befundet und sind daher nicht eingefärbt (Planerstellung © Eva Kronberger, Wien 2010)

  1. Die Gewölbesegel mit einem überglätteten Verputz und einer freskal gebundenen Weißtünche besaßen keine farbige Dekoration. Die Rippen hingegen waren über einer ausgleichenden, hell sandfarbigen Kalksandschlämme farbig akzentuiert. Vom Schlussstein ausgehend waren jeweils zwei Rippensteine mit Scheinmarmor in Rot, Blau, Ocker, Braun oder Grün ornamentiert. Die Malerei ist nur teilweise freskal aufgetragen – die Weißhöhungen aus reinem Kalk sind punktförmig gemalt oder so wie die Ränder der Malerei schraffurartig auslasiert. Daraus entstand eine Plastizität, die mit den stark hinterschnittenen Schlusssteinen korreliert. Die Farbverteilung war ausgewogen, nur die grünen Elemente begannen erst im fünften Joch, also vor dem ersten Hochaltar an der Triumphbogenwand (siehe unten). Die Schlusssteine waren ebenfalls mehrfarbig gefasst und großflächig vergoldet.

  2. Aus dieser für das 14. Jahrhundert gängigen polychromen Fassung lässt sich keine zeitliche Einschränkung für die Entstehung des Gewölbes gewinnen. Der stilistische Befund der Schlusssteine des Langhauses hingegen ist für eine Präzisierung geeignet. Ikonographisch ergeben die Schlusssteine folgende jochweise Anordnung von Nord nach Süd:

  3. Rechtes Seitenschiff: 1. Blütenrosette; 2. Blattwerk; 3. vier dreieckig gelegte Blätter; 4. Blattwerk mit Maske; 5. Blattwerk; 6. Lamm Gottes.

  4. Mittelschiff: 1. Blattwerk mit Schneckenform; 2. vier dreieckig gelegte Blätter; 3. Markuslöwe mit Schriftband; 4. Matthäusengel mit Schriftband; 5. hl. Augustinus; 6. Christus mit Hostie und Buch.

  5. Linkes Seitenschiff: 1. Blütenrosette; 2. Blattwerk mit Schneckenform; 3. Blattwerk mit Röhrenformen; 4. Lukasstier; 5. Blattwerk mit Maske; 6. Johannesadler.

  6. Auffällig ist die unzusammenhängende Anordnung der Evangelistensymbole im dritten und vierten Joch des Mittelschiffs und im vierten und sechsten Joch des linken Seitenschiffs, wofür es bislang keine Erklärung gibt. Josef Zykans 1968 formulierte Feststellung, dass die Darstellungen der Evangelistensymbole ikonographisch von jenen des Chores von St. Stephan abhängig wären, trifft viel stärker auf die Schlusssteine der Georgskapelle zu (siehe unten).50 Sehr überzeugend ist hingegen Zykans Vergleich der beiden mit Blattmasken ausgestatteten Schlusssteine (Abb. 4a, 4b) mit den Blattmasken in den Archivolten der Fenstergewände und Schildbögen der Eligiuskapelle, die unter Herzog Rudolf IV. vor 1366 an den Westbau von St. Stephan in Wien angefügt wurde.

  7. Weitere Beispiele von Blattmaskenkonsolen befinden sich in der Wiener Minoritenkirche an der Ostwand des Mittelschiffs51 und an den Schlusssteinen der steirischen Wallfahrtskirche Maria Strassengel52, beide aus der Zeit nach der Mitte des 14. Jahrhunderts. Zur selben Zeit tritt dieses Motiv auch an einer Konsole der 1367 geweihten Wenzelskapelle des Prager Veitsdoms auf (Abb. 5).53

4 Augustinerkirche, Schlusssteine mit Blattmasken. 4a Schlussstein im linken Seitenschiff, 5. Joch. 4b Schlussstein im rechten Seitenschiff, 4. Joch. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. 19.022 und 19.017, Aufnahmen 1951 (Fotos © BDA)

5 Prag, Veitsdom, Wenzelskapelle, Konsole mit Blattmaske (aus: Josef Opitz, Die Plastik in Böhmen zur Zeit der Luxemburger, Prag 1936, Tafel 17)

  1. Im Gegensatz zu den Blattmasken aus St. Stephan oder Strassengel wachsen hier wie an den Schlusssteinen der Wiener Augustinerkirche Blätter aus dem Mund der Maske, sodass eine deutliche, über allgemeine Ähnlichkeiten hinausgehende Analogie vorliegt. Daraus ist zu schließen, dass die Steinmetzen der Augustinerkirche dennoch aus dem Umfeld von St. Stephan stammten, da nur die starken Beziehungen zwischen den Bauhütten von St. Veit in Prag und St. Stephan in Wien eine derart zeitparallele Entwicklung möglich machten. Die dahinter stehende Ikonographie ist eingebettet in die pantheistische Verehrung der Natur in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die vielerorts zu unterschiedlichen Verschränkungen von figürlichen und vegetabilen Motiven geführt hat54 und das Kirchengebäude in den gängigen paradiesischen Kontext stellte.

  2. Die übrigen Schlusssteine der Augustinerkirche verweisen auf die Rezeption weiterer, stilistisch unterschiedlicher Vorstufen: So belegt die Büste Christi (Abb. 6) mit ihrem zierlichen Körperbau die Kenntnis der Fürstenfiguren von St. Stephan und der Ausstattung des Singer- und Bischofstores, zwischen 1359 und 1365, während der Matthäusengel und der hl. Augustinus (Abb. 7a, 7b) in ihrer Plastizität und ihren prall modellierten Physiognomien den Werken des Wiener Michaelermeisters aus der Zeit um die Jahrhundertmitte folgen.

6 Augustinerkirche, Schlussstein mit Christus, Mittelschiff, 6. Joch. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. 19.016, Aufnahme 1951 (Foto © BDA)

7 Augustinerkirche, Schlusssteine. 7a Schlussstein mit Matthäusengel, Mittelschiff, 4. Joch. 7b Schlussstein mit hl. Augustinus, Mittelschiff, 5. Joch. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. 19.018 und 19.019, Aufnahmen 1951 (Fotos © BDA)

  1. Die im Sinne italienischer Tondi gestalteten Skulpturen, die nicht über den glatten Schlussstein hinausragen, erinnern stark an die Gestaltungsprinzipien der Schlusssteine der Eligiuskapelle in St. Stephan. Mit all diesen Analogien ist eine Datierung der Schlusssteine des Langhauses der Augustinerkirche in das fortgeschrittene dritte Viertel des 14. Jahrhunderts evident. Bereits Josef Zykan erkannte daran, dass die Augustinerkirche unmöglich schon 1349 vollendet gewesen sein konnte.55

  2. Die heutigen kantonierten Freipfeiler des Langhauses sind nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Die Runddienste wurden 1634 abgeschlagen, die Pfeiler auf ihre achteckige Grundform reduziert und mit Stuckkapitellen versehen.56 Auf der Innenansicht der Augustinerkirche von Johann Franz Greippel aus der Zeit um 1770 ist diese Situation deutlich ablesbar (Abb. 8).

8 Johann Franz Greippel, Ritterschlag von Erzherzog Maximilian in der Augustinerkirche am 9. Juli 1770. Kunsthistorisches Museum, Wien (Foto © Kunsthistorisches Museum, Wien)

  1. Vor 1634 bestanden Runddienste, die aus einem Stück mit den Pfeilertrommeln geschlagen und infolge jüngerer Altaranbauten an den Pfeilern dermaßen beschädigt waren, dass man sich im Zuge der Entfernung der mittelalterlichen Altäre auch für das Abschlagen der Dienste entschieden hat.57 Der mittelalterliche Zustand ist auf einem Gemälde von Jakob Seisenegger überliefert – "Die Predigt des päpstlichen Legaten Cornelius Musso in der Augustinerkirche", 1561, im Kunsthistorischen Museum, Wien (Abb. 9) –, auf dem ersichtlich ist, dass bei der Regotisierung im späten 18. Jahrhundert die mittelalterliche Form wieder aufgegriffen wurde.

9 Jakob Seisenegger, Predigt des Legaten Cornelius Musso in der Augustinerkirche im Sommer 1560, 1561. Graf Harrach'sche Familiensammlung, Schloss Rohrau, Niederösterreich (aus: Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter [Herwig Wolfram, Hg., Österreichs Geschichte 1522-1699], Teil 2, Wien 2003, 153)

  1. Der restauratorische Befund aus dem Jahr 1992 bestätigt diese Analyse: Die Rundstäbe der Steinpfeiler sind abgeschlagen. Über einer Kalkschlämme und einem Kalkmörtelfeinputz mit mehreren Färbelungsschichten wurden die Rundstäbe 1784 neu aufgeputzt,58 ebenso die Blattkapitelle der Frei- und Wandpfeiler. Die Basen der Freipfeiler, die eine vertikale Verdoppelung der Profile der Wandpfeiler der Georgskapelle zeigen (siehe unten), sind hingegen authentisch, wobei im späten 18. Jahrhundert die Runddienste falsch auf die obere Kehlung anstelle auf die darüber liegende Stufe gestellt wurden. Die Ausbildung von kantonierten Pfeilern in der Augustinerkirche ist nicht als retardierender Rückgriff auf die Architektur des 13. Jahrhunderts zu werten, sondern als konsequente Umsetzung der im Gewölbe forcierten Raumverschmelzung: Gleichwertige Kreuzrippen, Gurt- und Scheidbögen ruhen folgerichtig auf identen, den Pfeilern vorgelagerten Rundstäben.

  2. Die mittelalterliche Durchfensterung des Langhauses bestand nicht nur aus den seit dem 17. Jahrhundert zerstörten Maßwerkfenstern an der Ostwand, sondern auch aus einer Reihe an der gegenüberliegenden Westwand. Im Zuge von Renovierungsarbeiten in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek wurde 2009 der vermauerte Scheitel des Spitzbogenfensters des sechsten Joches freigelegt.59 Innerhalb des Bruchsteinmauerwerks ist der Bogen aus mittelalterlichen Ziegeln hergestellt. In anderen Jochen zeichnen sich durch Rissbildung im Verputz vermauerte Rundfenster ab. Wie an der Wiener Minoritenkirche bestanden demnach über dem anschließenden Kreuzgang, der vielleicht auch ein Obergeschoß besaß (siehe unten), hoch sitzende Fenster in Form von Spitzbögen und Rosetten. Ihre Situierung an der Westwand gewährleistete auch abends die Lichtdurchflutung des Langhauses.

  3. Über dem Nordeingang der Augustinerkirche befand sich zudem ein großes vierbahniges Mittelfenster, das heute hinter der Orgel sichtbar und bereits von Alois Kieslinger 1950 dokumentiert worden ist (Abb. 10a und 10b, Leithakalksandstein, wahrscheinlich aus Au am Leithagebirge).60 Die vier Bahnen mit 80, 78, 78 und 80 cm Breite werden von Dreipassnonnen nach oben abgeschlossen. Das Maßwerk war durch einen hölzernen, 1975 entfernten Oratoriumseinbau zerstört und wurde danach teilweise rekonstruiert.61 Je zwei Bahnen werden von einem Spitzbogen überfangen, dessen untere Ansätze vorhanden waren. In dessen Bogenfeld saß ehemals der unterste Ansatz je eines sphärischen Dreiecks und eingeschrieben je die zwei unteren Lappen eines Dreipasses. 1975 wurden auf dieser Grundlage zwei vierteilige Rosetten rekonstruiert.

10a Fragment des vermauerten Fensters von innen, Zustand vor der Rekonstruktion. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. P 5011, Aufnahme 1949 (Foto © BDA)

10b Augustinerkirche, Hauptfassade, Rekonstruktion des mittelalterlichen Zustands (Plan © Eva Kronberger, Wien 2010)

  1. Der oberste Abschnitt des Maßwerks konnte aufgrund fehlender Befunde nicht wiederhergestellt werden. Die lichte Höhe von der Sohlbank bis inklusive Nonnen beträgt 7,02 m, bis zum Bogenscheitel schätzte Kieslinger ca. 9,5 m. Die lichte Breite beträgt 3,61 m. Eine tiefe Kehlung rahmt das Fenster im Inneren und setzt sich auf Höhe der Sohlbank nach unten fort. Obwohl im Zuge des gotisierenden Emporeneinbaus im späten 18. Jahrhundert die Fortführung der Kehlung im Erdgeschoß nicht mehr sichtbar ist, muss dieses Profil einstmals das vierbahnige Fenster und das darunter liegende Hauptportal wie ein Überfangbogen verklammert haben.

  2. 1690 wurde der Kircheneingang vermauert und von hier an die seitlich vorbeiführende Augustinerstraße verlegt.62 Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg schuf dann 1784 das heutige Hauptportal an alter Stelle und durchbrach dabei mit einem niedrigen Ziegelbogen weite Teile des mittelalterlichen Portalgewändes. Westlich des heutigen Zugangs konnte Alois Kieslinger 1950 Teile davon freilegen (Abb. 11):

11 Augustinerkirche, Hauptportal, Gewändefragment. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. P 5.008, Aufnahme 1949 (Foto © BDA)

  1. Drei schlanke Rundstäbe werden von tiefen Hohlkehlen getrennt und tragen in rund 3,6 m Höhe Laubwerkkapitelle. Der untere Teil mit den Basen ist nicht erhalten. Die Archivolten setzen auf polygonalen Deckplatten an, werden aber nach wenigen Zentimetern durch eine Zwischendecke unterbrochen. Im Mezzanin der Nationalbibliothek sah Kieslinger die obere Fortsetzung der rechten Hälfte der Bogenlaibung mit einem glatt vermauerten Tympanonfeld.

  2. Die straßenseitige Fassade des Langhauses ist heute durchgehend verputzt, mit Ausnahme der Eckquadersteine der Strebepfeiler. 1992 wurde von Manfred Koller ein rund 1 m² großes mittelalterliches Verputzstück an der Innenseite eines Strebepfeilers im Bereich des opernseitigen Portalvorbaus von 1784 gefunden.63 Die gotische Fassadengestaltung bestand demnach in einer Quadermalerei aus einem bräunlichen Verputz, in den ca. 2 cm breite Fugen in noch feuchtem Zustand gedrückt worden sind. Die gemalten Quader maßen 45 x 90 cm und wurden versetzt angeordnet. Ein ähnlicher Befund konnte 2009 erhoben werden. Im Zuge der erwähnten Renovierungsarbeiten in der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek wurde der mittelalterliche Außenverputz am sechsten Joch des rechten Seitenschiffes von Hans Hoffmann aufgedeckt und konserviert.64 Über dem Bruchsteinmauerwerk ist in einer Höhe von einem Meter ein einlagiger, hellbeiger Verputz mit geglätteten, vertieften Quadernuten erhalten geblieben. In den noch frischen Verputz wurde mit Ritzungen ein Fugennetz eingedrückt und freskal mit weißem Kalkanstrich gefärbelt. Die Maße der Quadermalerei entsprechen exakt dem straßenseitigen Befund.

  3. Aus kunsthistorischer Sicht ist noch der Grund- und Aufriss des Langhauses zu analysieren (Abb. 1b, 2). Günter Brucher hat dazu folgende Feststellungen getroffen:

Das dreischiffige, im Hallenquerschnitt konzipierte Langhaus besteht aus sechs Jochen und ist als Wiens ältestes (erhalten gebliebenes) Hallenlanghaus zu betrachten. Indes steht hier das Hallenschema zur grundrißlichen Jochproportion – extrem queroblonge Mittelschiffjoche werden von längsrechteckigen, dem Quadrat angenäherten Seitenschiffjochen flankiert – insofern in Widerspruch, als diese eigentlich einem auf basilikalen Aufriss berechneten Grundrißsystem entspricht; letzteres kennzeichnet das ursprünglich basilikale Langhaus der noch in das 13. Jahrhundert zurückreichenden ehemaligen Dominikanerkirche (später "Neukloster-Kirche" genannt) in Wiener Neustadt. Im Übrigen verwendete man bis dahin in den österreichischen Mendikantenkirchen Mittelschiff-Travées, die sich vom Quadrat nicht allzu weit entfernen. Die deutschen Bettelordenskirchen dagegen benützen, so Krautheimer, das queroblonge Joch von Anfang an im Sinne der Raumverschmelzung. Erwähnt seien nur die Frankfurter Franziskanerkirche (1238-1279) und die Minoritenkirche von Münster (1270), die das westfälische Hallenmotiv auf basilikalem Grundriss verwendeten. Wie Donin dazu ergänzend hervorhebt, finden sich ähnlich extrem queroblonge Mittelschiffjoche auch in der Bettelordensarchitektur Böhmens, vor allem im Grenzbereich zu Deutschland; als Beispiele nennt der Autor die Minoritenkirche in Eger und die Dominikanerkirche in Budweis. Derlei deutsche Einflüsse auf die Wiener Augustinerkirche sind nicht zuletzt durch den Umstand zu erklären, dass Friedrich der Schöne den Prior des Klosters aus Bayern [gemeint ist der Augustiner Prior Conrad Tattendorfer] berufen hatte.65

  1. Auf die Problematik dieses Arguments wurde bereits eingegangen. Damit relativiert sich aber auch die kunsthistorische Analyse. Die erwähnten deutschen Vergleichsbeispiele aus dem 13. Jahrhundert zeigen durchwegs niedrigere Raumproportionen, sodass keinerlei Notwendigkeit für eine derartige Ableitung besteht. Das in der Augustinerkirche verwendete Hallenschema mit einem in der Breite dominierenden Mittelschiff war in Österreich hingegen durchaus schon gebräuchlich, womit im Gegensatz zu Bruchers These festzuhalten ist, dass Grund- und Aufriss der Augustinerkirche auf einer autochthonen österreichischen Tradition beruhen. Der Grundriss mit queroblongen Mittelschiff- und längsrechteckigen, dem Quadrat angenäherten Seitenschiffjochen entspricht in der Tat der spätromanisch-basilikalen Tradition, wie sie etwa von der benachbarten Wiener Michaelerkirche aus dem 13. Jahrhundert vertreten wird. Im 14. Jahrhundert steht die Wiener Augustinerkirche mit der Übernahme dieses Grundrisssystems in das Hallenschema aber nicht vereinzelt in Österreich da: Die von Otto dem Fröhlichen gestiftete Zisterzienserstiftskirche Neuberg an der Mürz, um 1327 bis 1496 (nach Bauunterbrechungen), die Benediktinerstiftskirche St. Lambrecht, 1328 bis 1404, und die barockisierte Wallfahrtskirche von Mariazell, ab 1340, zeigen allesamt ein Hallenlanghaus über "basilikalem" Grundriss und belegen damit wohl deutlich die lokale Tradition dieses Raumtyps. Die raumkünstlerischen Varianten gehen dabei von stark profilierten Scheid- und Gurtbögen, welche die Schiff- und Jochgrenzen betonen (Neuberg an der Mürz) über ein Verschleifen der Joche innerhalb eines Schiffes, indem die Gurtbögen den Rippen angeglichen sind (St. Lambrecht), zu einer vollkommenen Raumverschmelzung mit gleich profilierten Rippen, Scheid- und Gurtbögen in der Wiener Augustinerkirche. Im Sinne der spätgotischen Architekturentwicklung ist die Wiener Bettelordenskirche daher als die fortschrittlichste Raumlösung innerhalb dieser Gruppe zu bezeichnen.

  2. Die unmittelbare Vorstufe in Ostösterreich ist durch einen entscheidenden Umbau des 15. Jahrhunderts nicht mehr in authentischer Form erhalten: Die Wiener Neustädter Dominikanerkirche (später Neuklosterkirche) aus dem vierten Viertel des 13. Jahrhunderts harrt noch einer ausführlichen Analyse – gewiss ist jedoch, dass das Langhaus mit queroblongen Mittelschiff- und längsrechteckigen Seitenschiffjochen nach dem Brand von 1433 als niedrige Halle neu eingewölbt wurde und dass im Gegensatz zur bisherigen Annahme eines basilikalen Vorgängergewölbes Wandvorlagen, die am Dachboden in allen drei Schiffen auf die gleiche Höhe reichen, die ursprüngliche Existenz eines sehr hohen Hallenraumes belegen. Damit ist die Übernahme des "basilikalen" Grundrissschemas auf einen Hallenquerschnitt bereits im 13. Jahrhundert in Österreich gesichert, und es besteht keine Veranlassung, Einflüsse aus Deutschland für den Bau des Langhauses der Wiener Augustinerkirche annehmen zu müssen. Auch der stilistische Befund der Schlusssteine und der damit verbundene Beleg für Analogien mit der Wiener Stephanskirche sprechen für eine autochthone Leistung von Steinmetzen, die vermutlich mit der Bauhütte von St. Stephan in enger Verbindung standen bzw. vielleicht sogar von dort rekrutiert worden sind. Die Vollendung des Langhauses ist aufgrund der stilistischen Analyse der Schlusssteine nicht wesentlich vor 1370 anzunehmen.

  3. Bauarchäologische Befunde: Die bauarchäologischen Untersuchungen am Langhaus erfolgten an den Außenmauern am Dachboden. Über den Gewölben besteht der Bau an den Innenseiten bis zur Mauerkrone aus Bruchsteinmauerwerk mit mittelgroßen Steinen, die in Kompartimenten von 0,47 bis 0,73 m Höhe versetzt wurden. Das Mauerwerk findet sich auf allen Langhausmauern und verzahnt in den vier Ecken. Der feste Kalkmörtel ist hellbraun-rosa, sandig, fein- bis mittelkörnig und wenig gemagert mit kleinen Kieseln.

  4. Die ehemalige Außenseite des südlichen Abschlusses des westlichen Seitenschiffes ist am Dachboden der Georgskapelle mit mehreren Lagen an Gerüstlöchern sichtbar. Das Bruchsteinmauerwerk wurde ebenfalls in Kompartimenten versetzt, die jedoch Höhen von 1,46 bzw. 1,62 m erreichen und damit doppelt so hoch wie über den Langhausgewölben sind. Dies weist wohl auf eine Sondersituation im Bereich über dem Gewölbe hin, da das Mauerwerk zwischen der Gewölbeoberkante und der Mauerkrone nur mehr 1,1 m Höhe erreicht und niedrigere Kompartimente dadurch unabdingbar wurden. Anhand der Mauerstruktur kann diese Bauphase in Zusammenhang mit der Entwicklung des Mauerwerks in Ostösterreich in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert werden.

  5. Das Langhaus wird von einem Kreuzrippengewölbe aus Ziegel der Größe 10,5 x 5,5-6 cm überspannt. Die Entlastungsbögen aus Ziegel in den Giebelmauern zeigen deutlich, dass die Gewölbe primär zum Mauerwerk stehen und damit zeitgleich errichtet worden sind.

  6. Die Giebelmauern im Norden (ehemalige Fassade) und im Süden (Triumphbogenwand) werden von Mauerwerk aus Ziegeln der Größen 23-23,5 x 5,5-6 cm, 10,5 x 5,5 cm, 22 x 5,5 cm, 10 x 6 cm sowie Dachziegeln mit 2 cm Höhe gebildet, wobei es sich ausschließlich um spätmittelalterliche Ziegelmaße handelt, die im gleichen Kalkmörtel wie die Bruchsteine versetzt wurden. Sowohl die Bruchsteine als auch die Ziegel deuten ebenso wie die Rosafärbung des Setzungsmörtels auf ein massives Brandereignis hin.66 Beide Mauerteile können der gleichen Bauphase zugerechnet werden, wobei die großflächige Verwendung von Ziegelmauerwerk in Wien aufgrund seiner frühen Entstehungszeit einerseits überrascht, anderseits wegen des geringeren Gewichts durchaus als durchdachte bauliche Lösung angesehen werden kann.

  7. Die gleichseitig dreieckige Giebelfassade wurde bereits 1950 von Alois Kieslinger untersucht.67 Seine Ergebnisse sollen im Folgenden ergänzt werden (Abb. 10a). Primär im Bestand des Ziegelmauerwerks und erst mit der Unterkante des Giebels beginnend stehen im Inneren zwei 0,15 m tiefe und 0,77 m breite Wandpfeiler, die als Gegenstück zu ehemals außen liegenden Strebepfeilern anzusehen sind. Die Fassade wurde allerdings im 18. Jahrhundert durch den südlichen Flügel der Hofbibliothek verbaut, sodass die Außenseite nicht mehr befundet werden kann. Lediglich der Fassadengiebel ist heute in einem Lichthof sichtbar, wurde allerdings in den 1770er Jahren ummantelt, sodass die Strebepfeiler nicht mehr hervortreten.

  8. Im unteren Bereich des Fassadengiebels zeichnen sich im Inneren drei primäre Öffnungen mit segmentbogigen Abschlüssen ab, wobei die mittlere heute zu einer Brandschutztür umgebaut ist und die beiden seitlichen verfüllt sind. Alois Kieslinger hat bei seiner Untersuchung nur das Fenster in der Mittelachse gesehen, das laut seinen Angaben eine lichte Weite von 1,35 m x 0,55 m aufwies und mit einem einfachen Kleeblattbogen abgeschlossen war.68 Offenbar wurde diese Gestaltung im Zuge des Einbaus der Brandschutztür zerstört, sodass die Nische des mittleren Fensters heute eine lichte Laibungsbreite von 1,13 m besitzt und sich auf eine lichte Öffnungsbreite von 0,8 m bei einer Höhe von 3 m verjüngt. Die gleiche Höhe ist auch noch beim westlichen Fenster messbar, während beim östlichen lediglich die westliche Kante der Verfüllung erahnbar ist, da der Rest hinter einer Vorblendung des 19. Jahrhunderts verschwindet. Im Scheitel der Giebelmauer findet sich die erhaltene Ostkante eines weiteren primären Fensters. Die Westkante wurde bei Umbauten des 19. Jahrhunderts verändert.

  9. An der Nordostecke der Fassade finden sich weiters drei Konsolsteine mit 25 bis 32 cm Höhe bei 20 cm Breite, wobei teilweise Dachziegelfragmente zwischen den Steinteilen stecken. Die Konsolsteine ragen im 45 Grad Winkel aus dem spätmittelalterlichen Ziegelmauerwerk und können dem ehemaligen Dachreiter der Kirche zugeordnet werden (Abb. 10a). Die Ansicht Wiens von Hans Sebald Lautensack aus dem Jahr 1558 zeigt deutlich einen Dachreiter, der hinter dem Dachfirst des Langhauses auf Konsolen ruht (Abb. 12).

12 Hans Sebald Lautensack, Ansicht der Wiener Hofburg und Augustinerkirche, Ausschnitt aus dem Strafgericht gegen den Assyrerkönig Sennacherib, 1558 (aus: Berichte und Mitteilungen des Altertumverein zu Wien, 1858, S. 7)

  1. Auch auf der Stadtansicht Wiens im Codex A - XXIV 1/1 in der Stiftsbibliothek Schlierbach (Oberösterreich), 1624/25, ist auf Folio 24 trotz unbeholfener Darstellung dennoch ein den Fassadengiebel flankierender Dachreiter zu erkennen. Anlässlich der Erneuerung des einsturzgefährdeten Dachreiters im Jahr 1604 wird in den Archivalien vermerkt, dass "sich vast stündtlich desselben [der Dachreiter] neiget vnd fallen Zubesorgen vnd der Kirchen so wol auch dem Khay[serlichen] Gang alda vnd denen dranstossenden Heüßln, auch Menschen vnd Vieh schaden Zuefüegen dörfft."69 Da sich der Dachreiter nicht wie üblich zentral an der Spitze des Giebels, sondern fast an dessen Fuß befand, bedrohte er daher nicht den nördlich anschließenden kaiserlichen Garten (heute Josefsplatz), sondern die straßenseitig an die Kirche angebauten Ladenbauten, die vorbeigehenden Passanten sowie den in Fortsetzung der Augustinerstraße verlaufenden kaiserlichen Augustinergang. Weiters berichten die Quellen, dass der Dachreiter entsprechend dem Baubefund "nit wie bemeldt, halber tail in Tach, sonndern gantz in der Maur auf Khrackstainen steet."70 Auf den vier schlichten Mauern ("quatuor antiquis, planis et incultis muris") befand sich keine gemauerte Spitze ("cuspidem aliquam more aliarum Turrium elaboratam"), sondern ein roh bearbeitetes und niedriges Holzdach ("rudi tantum, depressoque tecto ligneo contecta") in der Art, wie einfache Türme ungenügend gegen Wind und Wetter geschützt wurden ("eo modo, quo ordinarie Turres imperfecta contra inclementes caeli injurias tegi consueverunt").71 Damit war wohl das bei Lautensack dargestellte Zwiebeltürmchen gemeint, das offenbar schon im Spätmittelalter gegenüber einem gemauerten Turmhelm als kostengünstigere Variante möglich war. Die wahrscheinlich durch Stürme beschädigte Verbretterung muss im frühen 17. Jahrhundert vom Absturz bedroht gewesen sein.

  2. Wie an der Fassade stehen auch am Triumphbogen primär im Bestand des Ziegelmauerwerks und erst mit der Unterkante des Giebels beginnend zwei 0,38 m tiefe und 0,77 m breite innen liegende Wandpfeiler als Gegenstücke zu Strebepfeilern. Diese stützten das Langhaus im Süden, bevor der jüngere Chor errichtet wurde (siehe unten). Im unteren Bereich des Giebels befinden sich ebenfalls drei primäre Fensteröffnungen und eine möglicherweise primäre, heute jedoch stark zerstörte Fensteröffnung im Scheitel der Wand. Bevor der durch eine Baunaht getrennte Chor errichtet wurde, verfügte das Langhaus demnach auch im Süden über einen entsprechend durchfensterten Giebel.

  3. Eine primäre Tür liegt etwas tiefer im Bereich der Südostecke des Langhauses im Gewölbezwickel des Seitenschiffs. Die lichte Breite der Laibung beträgt 0,93 m, jene der Türöffnung 0,6 m. Darüber befindet sich ein primärer Ziegelentlastungsbogen (24,5 x 5,5 cm, 23,5 x 5 cm). Die Ostmauer des Langhauses wurde in diesem Teil leicht schräg nach außen gezogen und nimmt damit Bezug auf diese Öffnung. An der Außenseite ist die Tür, zu der heute eine hohe Metallleiter führt, von der Augustinerstraße aus sichtbar. Auffällig ist, dass die Westkante der gerundeten Außenlaibung wesentlich stärker geweitet ist als die Ostkante und dass sich die Rundung der Laibung nach unten fortsetzt. Dies liefert einen Hinweis auf die ehemalige Existenz einer Wendeltreppe an der Triumphbogenaußenwand, demnach war hier der mittelalterliche Zugang in den Dachraum gegeben. In circa 6,5 m über dem Gehsteigniveau befindet sich eine heute vermauerte Türöffnung, über welche man die Wendeltreppe betreten konnte. Über dem abgebrochenen Steingewände liegt eine Ausbesserungsschicht mit einem dunkelumbra Kalkanstrich72, der möglicherweise aus der Zeit um 1650 stammt, als der Treppenturm abgebrochen und durch den heute bestehenden, um vier Joche nach Süden verlegten Turm ersetzt wurde. Hier an der südlichen Triumphbogenwand des Langhauses muss demnach im Inneren ein Bauteil bestanden haben, über den die außen liegende Treppe erreichbar war. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um den letzten baulichen Hinweis auf die ehemalige Existenz eines Lettners, der auch als Zugang zu der Wendeltreppe genutzt hätte werden können. Die Ansicht von Jakob Seisenegger aus dem Jahr 1561 liefert dafür die bildliche Quelle (Abb. 9): Auf nachmittelalterlichen Pfeilern steht offenbar im sechsten Langhausjoch eine durch Teppiche verkleidete Brüstung, die für fürstliche und adelige Zuhörer der Predigt als Oratorium genutzt wurde. Ist hier zwar nicht mehr die mittelalterliche Situation wiedergegeben, so dürfte die Platzierung des Lettners doch der Darstellung des 16. Jahrhunderts entsprochen haben.

  4. Archivalien: Josef Zykans Erkenntnis, dass die Augustinerkirche 1349 noch nicht vollendet war,73 wird auch durch die Weiheurkunde bestätigt. Neben dem Allerheiligenaltar, dem rechten Seitenaltar, der zum Eingang blickend links vom Hochaltar an der Stirnfront des rechten Seitenschiffes stand, dem Marien- und Katharinenaltar, dem linken Seitenaltar, gegenüber an der Außenwand zur Straße, dem Peter- und Paulaltar an der Außenwand zum Klosterkreuzgang und dem Altar der Hll. Johannes des Täufers und Johannes des Evangelisten in der Nähe des Hochaltares wurde der Hochaltar dem hl. Augustinus geweiht, der in der Mitte zwischen zwei Durchgängen stand.74 Die bisher bekannte Abschrift der Stelle von Friedrich Rennhofer besagt, dass durch diese Öffnungen der Zugang zum Chor war ("mediu(m) altare int(er) duo hostia quibus ad chor(um) erat [sic !] introit(us)"),75 doch im nun wieder aufgefundenen Originaltext steht, dass durch diese Öffnungen der Zugang zum Chor sein werde ("mediu(m) altare int(er) duo hostia quibus ad chor(um) erit [sic !] introit(us)"). Dem ist zu entnehmen, dass der Hochaltar vor dem Triumphbogen stand, der provisorisch komplett mit einer Wand vermauert war, hinter welcher sich das zukünftige Presbyterium erstrecken sollte. Damit erschließt sich auch die Ursache für die mächtige Giebelwand über dem Triumphbogen mit Strebepfeilern – bei gleichzeitiger Errichtung von Langhaus und Chor wären die Strebepfeiler nicht notwendig gewesen und hätte die Wand nicht bis zum Giebel hochgezogen werden müssen,76 sondern es wäre ein durchgehender Dachraum geschaffen worden. Da das Presbyterium aber noch nicht existierte, war die Errichtung einer Abschlusswand mit Strebepfeilern notwendig. Die Weiheurkunde von 1349 ist nun wie der Baubefund ein eindeutiger Beleg dafür, dass die Augustinerkirche zu diesem Zeitpunkt über keinen Chor verfügt hatte und demnach noch nicht vollendet war. Über den Bauzustand des Langhauses im Jahr 1349 ist jedoch aus der Weiheurkunde nichts zu erfahren. Ein Spendenaufruf in Form eines Ablasses ist der Urkunde nicht angeschlossen – offenbar war die geplante Bautätigkeit vorerst ausreichend dotiert.

  5. Welche Angaben sind aber aus anderen Quellen zu erschließen? Einerseits muss das Langhaus schon vor 1349 benutzbar gewesen sein. 1337 wurde in der Kirche Margaretha von Wildegg bestattet,77 1348 Otto von Orwerk.78 Schon vor 1349 ist daher mit dem Einziehen einer Zwischendecke zu rechnen, über welcher das Gewölbe erst fertig gestellt werden musste. Dass die Kirche auch ohne Chor und ohne vollendetes Gewölbe gut besucht war, belegt eine Urkunde vom 21. Jänner 1351, aus der hervorgeht, dass der Kirchweihtag durch Bischof Gottfried von Passau vom Allerheiligentag auf den nächsten Sonntag nach Maria Himmelfahrt verschoben wurde, da das Fest Allerheiligen sonst durch den Besuch der vielen Gläubigen nicht würdig gefeiert hätte werden können.79 Anderseits fehlen zwar Archivalien, welche die bauarchäologisch in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts und kunsthistorisch in das fortgeschrittene dritte Viertel des 14. Jahrhunderts datierte Vollendung des Langhauses belegen, doch unterstützt ein Indiz diese These: Spätestens 1367 wurde ein Dorotheenaltar als Abschluss der Altarausstattung der Kirche gestiftet.80 In der Folge konzentrierten sich die zahlreichen Stiftungen auf neue Sakralräume außerhalb der Kirche, aber innerhalb des Klosters, woraus auch auf historischer Basis geschlossen werden kann, dass das Langhaus um 1370 baulich und seine Ausstattung betreffend vollendet war: 1368/72 stiftete Bischof Peter von Markopel 100 Pfund Pfennige für die Leonhardskapelle im Kreuzgang, in der er begraben werden wollte,81 1385 "Chunrad der Knoll weiland Speiss Maister des edlen hochgebohrnen fürsten Herzog Albrecht zu österreich" eine ewige Messe "in der Capellen, die der obgenandte Chunrad der Knoll in unsern Closter gestift hat"82 und 1386 "Simon von Gottes gnaden Bischof zu Castonensi" vier ewige Messen "auf sand Sigmunds Altar gelegen in irem chloster in dem chrewtzgang".83

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Der erste Bauabschnitt der Ritterkapelle (Georgskapelle) bis 1341

  1. Für den 1. November 1338 ist die älteste Stiftung einer täglichen Messe im Augustinerkloster durch Otte den Platzins überliefert.84 Es stellt sich die Frage, ob diese Stiftung eine baugeschichtliche Relevanz besitzt, ob also diese Messe - wie zunächst alle Konventmessen ab 1327 - in einem Raum des Klosters zelebriert werden musste, oder ob bereits Altäre in einem Sakralraum bestanden, der auch einem weltlichen Personenkreis zugänglich war. Für die tägliche Messe Ottes ist dies nicht bestimmbar, doch stiftete schon zwei Jahre zuvor am 1. November 1336 "frau Margreth herrn Rapotes Witib Von Wildegg", also jene Margaretha, die 1337 ihrerseits in der Kirche bestattet wurde (siehe oben), für ihren verstorbenen Mann ein ewiges Licht "vor unsers herrn Leichnams Althar".85 Dieser Altar stand laut Weiheurkunde von 1341 in der Ritterkapelle und muss demnach schon fünf Jahre zuvor benutzbar gewesen sein. Die Kapelle, deren Gründungsdatum nicht überliefert ist, die baulich aber zunächst rascher als die Klosterkirche vorangeschritten war, wurde von Herzog Otto dem Fröhlichen und seinen Gefolgsleuten finanziert (Abb. 13).

13 Ritterkapelle, Innenansicht. Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien, Inv.-Nr. R6172 (Foto © Österreichische Nationalbibliothek)

  1. So stifteten am 8. Juni 1337 die Brüder Ulrich und Friedrich von Wallsee eine ewige Seelenmesse "auff sand Georgen Chappellen hintz den Augustinern ze Wienne, die unser Herre Hertzog Otte und die geselleschaft der Tempellaist gestyft haben".86 Damit ist gesichert, dass in der Georgskapelle schon vor der Weihe die Möglichkeit bestanden hat, Messen zu feiern. Am 15. April 1341 stifteten Eberhard und Heinrich von Wallsee "zu sand Georgen chappellen" jährlich vier Pfund Pfennig oder einmalig vierzig Pfund,87 und am 15. Juni desselben Jahres Rudolf der Junge von Liechtenstein 20 Pfund auf "sand Georgen chapellen herczog Otten seligen vnd vnserr stiftunge vnd der gesellschaft der Tempellaise".88 Die Kapelle war demnach eine Gemeinschaftsstiftung durch Herzog Otto und die Mitglieder der Gesellschaft der Tempellaise, darunter etwa die Familien Liechtenstein und Wallsee. Eine Aufstellung der Gründer und Mitglieder der auch Societas Templois genannnten Gesellschaft ist in der um 1370 entstandenen Handschrift 3321 der Österreichischen Nationalbibliothek enthalten.89 Neben dem Herzog waren seine beiden 1344 jung verstorbenen Söhne Friedrich und Leopold, die Grafen von Pfannberg, Maidburg, Ortenburg, Cilly, Pernstein und Nürnberg sowie die Herren von Kapellen, Wallsee, Puchheim, Maissau, Stubenberg, Pottendorf, Stadeck, Stuchs und viele andere unter den Gründungsmitgliedern. Die Liechtensteiner fehlen, sodass man auf die Unvollständigkeit dieser Aufstellung schließen kann.

  2. Der überraschende Name der "Societas Templois" erinnert auf den ersten Blick an den 1312 durch päpstliches Dekret aufgelösten Templerorden, dessen Vermögen auf bestehende oder neu gegründete Orden aufgeteilt werden musste. Ob die Entstehung der "Societas Templois" in Österreich damit zu erklären ist, bezweifelte bereits 1848 der Historiker Josef Feil.90 In seiner Studie über die Gesellschaft zeigte er die wohl plausiblere Namensähnlichkeit mit dem legendären Orden der Templeisen auf. Seit Wolfram von Eschenbachs Epos "Parzival" galten die Templeisen als Hüter des heiligen Grals und als Verteidiger der christlichen Weltordnung.

  3. Am 3. Mai 1341 wurde die Kapelle geweiht, wobei die nur in Abschriften (die ältesten aus der Zeit um 1370 und aus dem Jahr 1497) überlieferte Urkunde mancherlei Aufschluss gibt:91 Zunächst weihte Bischof Petrus von Markopel im Wiener Augustinerkloster den Kreuzgang und weiters eine "Cappellam Militum ex nouo c(on)structa(m)", also eine neu errichtete Ritterkapelle (sic!), sowie zwei Altäre ("duo altaria"), wobei "altare lat(er)is dextri una cu(m) Cappella in hono(r)e(m) Sancti Georij necno(n) alta(r)e lat(er)is sinistri in hono(r)e(m) Sanctissimi Corp(or)is xpi (Christi)", also der rechte Altar mit einer Kapelle zu Ehren des hl. Georg und der linke Altar dem schon 1337 genannten Gottesleichnam geweiht wurde. Diese Differenzierung spiegelt die Zweischiffigkeit des bestehenden Sakralbaus wider. Der heute geläufige Name der Georgskapelle bezog sich ursprünglich also nur auf das rechte Schiff der so genannten Ritterkapelle.

  4. Der Weiheurkunde ist wie üblich ein (vierzigtägiger) Ablass angeschlossen - auf "manus adjutr(ic)es ad fabrica(m) dicte Cappelle", also auf die hilfreichen Hände, die zum Bau der Kapelle beitragen, die daher zu diesem Zeitpunkt explizit noch nicht vollendet war. Die genannte großzügige Stiftung der Wallseer nur einen halben Monat vor der Weihe muss wohl in diesem Zusammenhang gesehen werden. Die Kapelle war demnach 1341 als liturgischer Raum benutzbar, doch als architektonisch gestaltetes Bauwerk noch nicht fertig gestellt.

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Der Bau der Ritterkapelle (Georgskapelle) bis um 1395

  1. Die Bauvollendung der Kapelle erst im späten 14. Jahrhundert lässt sich in mehrfacher Hinsicht belegen: bauarchäologisch, kunsthistorisch, restauratorisch und archivalisch.

  2. Bauarchäologische Befunde: Die Mauerkrone der Kapelle am Dachboden besteht aus großteiligem Bruchsteinmauerwerk in hellgrau-weißem, kalkigem, feinkörnigem und festem Kalkmörtel (Abb. 14). Einige der Steine im Westschiff zeigen Brandspuren, wobei der Mörtel deutlich sichtbar nicht gebrannt hat. Offenbar wurde altes Steinmaterial wieder verwendet. Ob diese Bruchsteine ursprünglich aus der Ritterkapelle stammen, ob die Kapelle also zuvor durch Brand teilweise zerstört worden ist, lässt sich zunächst nicht entscheiden. Das Bruchsteinmauerwerk, das keine eigentliche Struktur besitzt, muss als Zwickelmauerwerk angesprochen und daher in die Zeit um 1400 datiert werden.92 Lediglich die Mauerkrone besteht aus gut bearbeiteten großen Steinen, die damit das Gebäude nach oben hin abschließen.

14 Ritterkapelle, Mauerkrone aus Zwickelmauerwerk. Die Steine wurden wiederverwendet und zeigen Brandspuren. (Foto © 2008, Doris Schön, Wien)

  1. Das Gewölbe wurde aus Ziegeln der Größe 24 x 5 cm bzw. 11 x 4,5 cm errichtet. Da im Inneren der Kapelle, in der historischer Verputz flächendeckend aufliegt, keine Untersuchung erfolgen konnte, musste das Verhältnis des Gewölbes zum Mauerwerk von oben beurteilt werden. An dieser Stelle deutet nichts daraufhin, dass der obere Teil der Mauer und das baulich natürlich angestellte Gewölbe nicht aus einer Phase stammen sollten.

  2. Im Zuge der jüngsten Außenrestaurierung konnten auch die Fenster und Strebepfeiler untersucht werden. Die Steingewände der Kapellenfenster bestehen durchgehend aus Kalksandstein aus Au am Leithagebirge – eine Gesteinsart, die in Wien im 14. Jahrhundert häufig Verwendung fand.93 Die Werksteine sind dabei an der Außenseite so stark überarbeitet (überstockt), dass keine originalen Bearbeitungsspuren mehr erkennbar und die Profile nicht mehr authentisch sind. An den Laibungen des Achsenfensters und des westlich anschließenden Fensters des Südchores finden sich jeweils Steinmetzzeichen in Form eines H und eines Winkels mit anschwellenden Endpunkten. Das nicht mehr vorhandene Relief der Zeichen belegt wieder den Verlust der ursprünglichen Steinoberfläche. Das winkelförmige Steinmetzzeichen ist auch an einem Strebepfeiler des Apostelchores des Wiener Stephansdomes (1304-1340) nachweisbar,94 sodass die Entstehung der Fenster der Ritterkapelle wohl der Bauphase bis 1341 zugeordnet werden kann.

  3. Die Strebepfeiler aus verputztem Ziegelmauerwerk sind im Bereich des Schiffes ungegliedert, im Bereich des Chores zweifach abgetreppt. Die Pultdächer bestehen wieder aus Kalksandstein aus Au am Leithagebirge, eine Ausbesserung oben am Strebepfeiler zwischen den beiden nördlichsten Kapellenfenstern wurde hingegen als Vierung mit einem Kalksandstein aus Margarethen eingebracht. Material aus diesem Steinbruch wurde erst ab dem späten 14. Jahrhundert in Wien verwendet, sodass diese Ausbesserung mit der Errichtung der Mauerkrone im Dachraum in Zusammenhang stehen könnte, während die Strebepfeiler selbst der früheren Bauphase angehören dürften.

  4. Eine bauarchäologische Fragestellung betrifft auch die auffällige Ausrichtung der Ritterkapelle, die gegenüber der Augustinerkirche um circa zwölf Grad nach Osten verschwenkt ist. Dies könnte damit in Zusammenhang stehen, dass die Kapelle über den Fundamenten der etwa 1327-30 abgerissenen Vorgängerbauten errichtet worden ist (Abb. 1a, Nr. 2 oder 3). Wie eine archäologische Grabung anlässlich der Drainagierung der Kapelle im Jahr 1997 belegt, steht die Westwand in ihrem mittleren Abschnitt auf einem älteren, etwas schräg zur Längsachse der Kapelle verlaufenden Bruchsteinfundament.95 Auch bei der Nordwand wurde zumindest teilweise ein älteres Fundament benutzt.

  5. Resümierend ergeben sich bauarchäologische Hinweise auf eine Zweiphasigkeit des Bauablaufs: Die Außenmauern mit den Strebepfeilern und Fenstern dürften der ersten Bauzeit bis 1341 zuzuordnen sein, während die Mauerkrone und das Gewölbe vielleicht erst nach einem Brand (?) um 1400 entstanden sind.

  6. Kunsthistorische Befunde: Die Ritterkapelle ist eine zweischiffige, dreijochige, kreuzrippengewölbte Halle mit quadratischen Jochen und zwei 5/8-Schlüssen, die zueinander geöffnet sind (Abb. 1b, 13). Die beiden Chöre sind primär um zwei Stufen gegenüber dem Langhaus erhöht, wie die höher liegenden Pfeilersockel und Bänke der Wandsitznischen belegen. Drei kantonierte Rundpfeiler mit jeweils acht Rundstabdiensten aus Kalksandstein aus Au am Leithagebirge96 teilen die beiden Schiffe. Von gestuften zylindrischen Basen führen die Dienste in die gesimsgerahmte Kapitellzone, über welcher sich die Rundstäbe zu fünf Seiten eines oktogonalen Prismas erweitern. Darauf setzen die Birnstabrippen an. Der Übergang von den Diensten zu den Rippen ist kaum akzentuiert und bildet keine merkliche Zäsur. Dasselbe gilt für die Wanddienste, die allerdings als Bündelpfeiler mit jeweils fünf Runddiensten ausgebildet sind. Auch die Basen sind anders, mit zusammenfassenden polygonalen Sockeln ähnlich den Freipfeilern des Kirchenlanghauses gestaltet. Am südlichsten Freipfeiler der Kapelle, also vor den beiden Chören, findet sich überraschenderweise an der den Chören zugewandten Südseite eine den Wanddiensten entsprechende Ausbildung als Bündelpfeiler, während die dem Langhaus zugekehrte Seite einen kantonierten Pfeiler zeigt. Hier zeichnet sich entweder ein Planwechsel oder eine beabsichtigte Differenzierung zwischen Chor und Langhaus ab. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Einsatz von kantonierten Frei- und gebündelten Wandpfeilern dem Konzept des Langhauses der Klosterkirche entspricht.

  7. Der Erhaltungszustand und die formalen Eigenschaften der Kapellenfenster sind sehr unterschiedlich. Im Langhaus befanden sich ehemals innerhalb größerer Wandflächen beidseits dreibahnige Fenster, deren Maßwerke und Pfosten im Westen zerstört sind, während in die östlichen Fenster barocke Oratorien eingefügt und die restlichen Flächen vermauert worden sind. Die erhaltenen Gewände sind mit Birnstäben zwischen breiten Kehlungen ausgebildet. Die zweibahnigen Chorfenster hingegen sind in geöffnetem oder vermauertem Zustand mit Birnstabpfosten und Maßwerken aus Drei- und Vierpässen vollständig erhalten.97 Die sehr reich profilierten Gewände gehen hier ohne begleitende Wandflächen direkt in die Wanddienste über, wobei auf der Höhe der Maßwerkansätze ein kleiner Profilwechsel festzustellen ist: Aus einer breiten Kehlung werden in einer Höhe knapp über dem Gewölbeansatz zwei Kehlungen. Es stellt sich die Frage, ob daher auf dieser Höhe die bauarchäologisch belegte Bauzäsur festzumachen ist. Als Bauabfolge ergäbe sich, dass man zunächst die Außenwände mit den Bündelpfeilerdiensten bis zum Gewölbeansatz errichtet hätte und nach einer Zäsur die Vollendung der Mauerkrone mit den Maßwerken der Fenster erfolgt wäre. Die Einwölbung hätte nach dem ursprünglichen Konzept stattgefunden, da die Profilierung der Gewölberippen durch die bereits bestehenden Gewölbeansätze festgelegt gewesen wäre.

  8. Der stilistische Befund der Gewölbeschlusssteine (in den beiden hinteren Jochen die Evangelistensymbole, im dritten Joch zwei Darstellungen aus dem Physiologus und über dem ehemaligen Gottesleichnamsaltar das Lamm Gottes sowie über dem ehemaligen Georgsaltar Christus mit Buch),98 spricht für die These einer späteren Datierung der Wölbung. Josef Zykan erkannte 1968, dass die Darstellungen der Evangelistensymbole und aus dem Physiologus kompositorisch ihre nächsten Verwandten in den Schlusssteinen des 1340 geweihten Haupt- und Südchores von St. Stephan finden.99 Die ikonographischen Übereinstimmungen sind tatsächlich nicht zu übersehen, sodass die Datierung um 1341 sehr plausibel erschien. Doch fiel schon Josef Zykan auf, dass der Schlussstein in der Georgskapelle mit Christus als Lehrer, der in der Linken das erhobene Buch hält (Abb. 15a), in seiner körperlichen Erscheinung stark von der Darstellung in St. Stephan abweicht und im Stil deutlich jünger wirkt. Besonders seit der Restaurierung 1979, bei der neuzeitliche Überfassungen abgenommen wurden, sind bei der Christusfigur und dem Matthäusengel (Abb. 15b) die Merkmale des frühen Weichen Stils deutlich erkennbar.

15 Ritterkapelle, Schlusssteine. 15a Christusbüste. 15b Matthäusengel. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. 64.333 und 64.330, Aufnahmen 1979 (Fotos © BDA)

  1. Formal stehen die Figuren zum Beispiel mit der so genannten Schulhof-Madonna, um 1390, auf etwa derselben Stilstufe, wobei sowohl die Ausbildung der Draperien (Faltenkaskaden, Schüsselfalten) als auch die von stark vortretenden Augen bestimmten Physiognomien eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen.

  2. Auch die Sedilien dürften erst nach der Weihe 1341 entstanden sein (Abb. 16).

16 Ritterkapelle, Sedilien. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. 64.286, Aufnahme 1979 (Foto © BDA)

  1. Die Langhaus- und Chorwände werden von großteils erhaltenen Sitznischen aus Kalksandstein aus Au am Leithagebirge eingefasst.100 Zerstört sind die Sitznischen in den Chorschlüssen (durch die Errichtung jüngerer Altäre) sowie einzelne Nischen im linken Schiff durch den Einbau eines barocken Oratoriums, des barocken Epitaphs von Feldmarschall Leopold Reichsgraf von Daun und den Durchbruch einer Tür (datiert 1620). Ob die später stark verändert Nordwand ebenfalls ursprünglich über Sitznischen verfügt hat, lässt sich nicht mehr überprüfen, ist aber eher unwahrscheinlich, da vermutlich hier der ursprüngliche Zugang zur Kapelle über den Kreuzgang bestand hat (siehe unten). In den Chorschrägen in zwei-, in den Chorseiten in drei- und im Langhaus in sechsteilige Gruppen gefügt bestehen die Nischen aus reichem Blendmaßwerk mit Siebenpässen, die einem Dreipass eingeschrieben sind. Der umfassende Spitzbogen ist einer Rechteckrahmung mit Blendmaßwerk in den Zwickeln eingefügt. Dreipässe und Spitzbögen sind als Rundstäbe ausgebildet. Die Rechteckrahmung mündet in reich profilierten, geschwungenen Konsolen.

  2. Ein gutes Vergleichsbeispiel liefert die südliche Sessionsnische im Chor der Pfarrkirche von Weiten, Niederösterreich (Abb. 17). Ein entsprechender Dreipass mit Siebenpassfüllung wird hier von einem in der Profilierung stärker betonten Spitzbogen überfangen. Die Zwickel der Rechteckrahmung bleiben leer. Die Weitener Sitznische entstand um 1370, gestiftet von Albert von Streitwiesen,101 einem Gefolgsmann Herzog Albrechts III., der seit 1368 Mitglied der Societas Templois war (siehe unten). Ein unmittelbarer Zusammenhang ist damit evident. Die Entwicklung der Grundform der Sedilien lässt sich durch weitere Vergleichsbeispiele zeitlich eingrenzen. Die Vorstufe bildet etwa die Sitznische im südlichen Chor der Pfarrkirche von St. Michael in Wien, um 1350, deren drei Zackengiebel ohne Rechteckrahmung Spitzbögen mit Fünfpässen eingeschrieben sind. Die Kombination aus Wimperg, Spitzbogen und eingefügtem Siebenpass zeigt dann das Südportal der Pfarrkirche St. Leonhard im Kärntner Lavanttal. An der bauplastischen Ausstattung dieser in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichteten Kirche, wurde bis weit in die zweite Jahrhunderthälfte gearbeitet.102 Die Entwicklungsstufe der Sitznischen der Wiener Ritterkapelle ist demnach nach der Mitte des 14. Jahrhunderts, vermutlich vor 1370, also deutlich nach der Weihe von 1341 zu setzen.

17 Pfarrkirche Weiten, südliche Sedilie im Chor. Fotoarchiv des Bundesdenkmalamts, Wien (Foto © BDA)

  1. Restauratorische Befunde: Auch der restauratorische Befund der Farbfassungen in der Ritterkapelle, der anlässlich der letzten Innenrestaurierung 1979 erhoben wurde, bestätigt die Zweiphasigkeit der Baugeschichte.103 August Kicker stellte in seinem Restaurierbericht fest, dass unter sieben Fassungsschichten eine einheitliche Färbelung mit einem vergrauten Weiß liegt, wobei die Gliederungselemente durch weiße Fugenstriche betont waren (Abstände von 80 bis 82 cm, Strichbreite 1,5 bis 2 cm). An den Wänden, nicht jedoch an den Sessionsnischen, den Pfeilern, Diensten, Gewänden und Gewölben war darunter eine ältere Fassung mit gegilbtem Kalk vorhanden. Dieser überraschende Umstand wurde zunächst derart gedeutet, dass in diesen Bereichen der gegilbte Kalk von der jüngeren Weißfassung nicht zu trennen wäre. Manfred Koller ergänzte in einem zweiten Bericht, dass zur ersten Fassung an den Wänden eine äußerst schlecht erhaltene Wandmalereiausstattung mit Wappen und Apostelkreuzen gehörte. Den ungewöhnlichen Befund am Gewölbe, an den Gliederungen und Sitznischen erklärte er damit, dass diese Bereiche zunächst nur eine Grundierung ohne Färbelung erhalten hätten, während erst in der Spätgotik die erste einheitliche Fassung (weiß an den Wänden und Gewölbeflächen, grau mit weißem Fugenstrich an den Gliederungselementen) entstanden wäre.

  2. Aufgrund der neuen Sachlage einer längeren Bauzeit kann der Befund nun anders interpretiert werden: Entsprechend der angenommenen Zweiphasigkeit konnten um 1341 lediglich die bereits bestehenden Wände gefasst werden, während die übrigen Elemente entweder noch fehlten (Gewölbe, Maßwerke) oder noch nicht vollendet waren (Pfeiler, Dienste, Sitznischen). Erst mit der Fertigstellung der Kapelle im späten 14. Jahrhundert erhielt sie ihre erste umfassende Färbelung. In der ersten Phase wäre der Raum auch nach diesem Befund mit seinen Außenmauern bis zum Gewölbeansatz fertig gestellt gewesen. Als oberer Abschluss muss eine Holzdecke gedient haben, über welcher weiter gearbeitet werden konnte, ohne den gottesdienstlichen Betrieb in der Kapelle zu beeinträchtigen.

  3. Alois Kieslinger stellte fest, dass im rechten Schiff einige Sitznischen noch im Mittelalter nach einem Brand durch technisch ausgezeichnete Kunsteinergänzungen ersetzt worden sind.104 Dies könnte in Zusammenhang mit den Spuren an der Mauerkrone ein weiterer Hinweis auf eine Bauunterbrechung nach einem Brand sein. Vermutlich wurden die Sedilien vor 1370 errichtet und noch im späten 14. Jahrhundert ergänzt.

  4. Archivalien: Diverse Stiftungen geben Aufschluss über den Baufortschritt nach 1341. Am 1. Mai 1352 stiftete Jans von Puchheim in der Georgskapelle einen Altar, darüber ein ikonographisch genau beschriebenes Glasfenster mit zehn Heiligendarstellungen und einer Wappenzeile (demnach ein zweibahniges, sechszeiliges Fenster im rechten Chor), eine Altartafel mit Christus, Maria, dem hl. Georg und dem Stifter sowie eine Grabplatte.105 Am 21. April 1353 stiftete Purchart der Chnaeuzzer ein ewiges Licht zu seiner bestehenden Stiftung "sant achhatzi alter in sant Jörgen Chappellen" und dotierte die jährliche Renovierung des Altares sowie des darüber befindlichen Glasfensters ("alle iar mein glas in der selben Chappellen und swaz notdurften dem egenanten Alter zu pezzern").106 Damit ist gesichert, dass die Außenmauern in den frühen fünfziger Jahren des 14. Jahrhunderts in voller Höhe mit den mit Glasgemälden versehenen Fenstern fertig gestellt waren.

  5. Der westliche Teil der Ritterkapelle, die so genannte Georgskapelle, umfasste zu diesem Zeitpunkt den Georgsaltar der Wallseer, den Puchhaimeraltar sowie den Achatiusaltar des Chnaeuzzer und war mit Grabdenkmälern versehen,107 die im Mittelpunkt ritueller Handlungen im Rahmen des Totengedenkens standen. So stiftete Jans von Puchheim ein Ross, das neben sein Grab gestellt werden sollte. Auch schon die adeligen Stiftungen von 1337 und 1341 bezogen sich jeweils auf die Georgskapelle, das rechte Seitenschiff, das demnach mit den Grabdenkmälern und Glasfenstern ein Memorialbau war, der der Funktion einer Grablege für die Mitglieder des Georgritterordens diente.

  6. Das östliche Schiff mit dem Gottesleichnamsaltar wird in den Quellen hingegen mit Ausnahme der Lichtstiftung durch Margaretha von Wildegg 1336 nie in Zusammenhang mit adeligen Stiftungen genannt. Möglicherweise war diese Kapelle dem Herzog vorbehalten, worauf das Patrozinium schließen lassen könnte, das auch in anderen Stiftungen der Landesfürsten auftritt. So wird 1334 im Albertinischen Chor von St. Stephan in Wien ein Gottesleichnamsaltar genannt,108 während Herzog Ernst der Eiserne in der Wiener Neustädter Burg die 1421 geweihte Gottesleichnamskapelle errichten ließ.109 Einen Beleg für die landesfürstliche Nutzung des linken Schiffes der Ritterkapelle liefert eine fragmentarisch erhaltene Wandmalerei eines Wappenschildes, das der ersten Ausstattungsphase vor 1341 zuzuordnen ist (siehe oben) und das über dem nicht identifizierbaren Wappen deutlich einen Pfauenstoß als Helmzier zeigt.

  7. Dieses heraldische Motiv ist aber seit der Übernahme der österreichischen Länder durch König Albrecht I. fester Bestandteil des habsburgisch landesfürstlichen Wappens,110 sodass das Malereifragment auf Herzog Otto den Fröhlichen zurückgehen muss.

  8. In der Überlieferung wird berichtet, dass der Herzog 1339 in Wien verstarb, zunächst bei den Augustinern und dann erst in der steirischen Zisterze Neuberg an der Mürz bestattet wurde ("apud Augustinenses Viennae primo, post in Novo Monte sepelitur").111 Als temporäre Grablege kommt wohl nur die zwei Jahre später geweihte, doch schon 1336 in Funktion befindliche Kapelle mit dem Gottesleichnamsaltar in Betracht. Auch der entsprechende Altar in St. Stephan diente im 14. Jahrhundert der Memorie der österreichischen Herzöge und insbesondere Herzog Rudolfs IV.,112 vor dessen Tumba der Altar stand. Über dem Altar hingen später Helme und Wappen von den Begräbnissen der 1463 und 1493 verstorbenen Brüder, Herzog Albrecht VI. und Kaiser Friedrich III.113 Die Gottesleichnamskapelle in Wiener Neustadt wiederum wurde über der Gruftkapelle des 1386 gefallenen Herzogs Leopold III. errichtet.114

  9. Nach dem Tod Ottos wurde zwar die Ausstattung der Kapelle wie archivalisch belegt bis in die fünfziger Jahre weiter geführt, doch der Bau dürfte seiner Vollendung geharrt haben. In den folgenden Jahren fehlen jegliche Nachrichten. Erst 1368 unternahmen die Herzöge Albrecht III. und Leopold III. offenbar einen Wiederbelebungsversuch des Ritterordens und traten mit zehn Adeligen 1368 und 1369 dem Orden bei. In der Folge verfasste der Augustinerorden eine Liste aller Gründer und Neuzugänge sowie ein penibel geführtes Verzeichnis, das umfasste, welches Mitglied bereits für die Kapelle bezahlt hatte (etwa die Wallseer), von einer Bezahlung befreit wurde (etwa die Puchheimer und Purkhard Chnaeuzzer, wohl aufgrund ihrer genannten großzügigen Stiftungen für die Ausstattung der Kapelle), aufgrund seines Ablebens nicht mehr bezahlen konnte oder noch zahlen musste. Aus der Aufstellung geht hervor, dass von den Lebenden praktisch alle Mitglieder noch säumig waren, allen voran die beiden Herzöge.115 Herzog Leopold übernahm 1373 die Herrschaft in Tirol und hatte in der Folge vermutlich wenig Interesse an der Bauvollendung der Kapelle, Herzog Albrecht III. hingegen dotierte die Augustiner fortan so großzügig, dass wohl unter seiner Herrschaft die Vollendung gefeiert werden konnte.

  10. Am 27. August 1395, also zwei Tage vor seinem Tod, verfasste Albrecht sein Testament, das im November desselben Jahres von seinen Neffen Wilhelm, Leopold, Ernst und Friedrich umgesetzt wurde.116 Demnach hatte Albrecht, der seit 1365 regierte, Geld, das zum Bau der Minoritenkirche in Wien bestimmt war, über einen längeren Zeitraum den Augustinern vermacht. Nun, da er diese Situation an seinem Sterbebett bereinigen wollte, befahl Albrecht seinen Nachkommen, den Minoriten das ausständige Geld auszuzahlen. Dabei besann er sich einer Stiftung seiner Muhme, der Markgräfin von Mähren, die namentlich nicht näher bestimmt ist, an die Augustiner. Mit einer Muhme wird normalerweise eine Tante bezeichnet, doch kommt von seinen Tanten niemand als Markgräfin von Mähren in Betracht. Erst in Albrechts Generation entstanden mehrfache Verbindungen zwischen den Habsburgern und den Luxemburgern, so war der Herzog selbst in erster Ehe mit der Tochter Kaiser Karls IV., Elisabeth von Luxemburg, verheiratet, die jedoch weder Markgräfin von Mähren war noch als Muhme angesprochen hätte werden können. Albrechts älterer Bruder Rudolf IV. war mit Elisabeths Halbschwester, Katharina von Luxemburg, verheiratet, die ebenfalls nie den Titel einer Markgräfin von Mähren getragen hat. Schließlich war aber Albrechts ältere Schwester Margarethe mit Johann Heinrich von Mähren, einem Sohn Kaiser Karls IV., verheiratet. Damit kommt die Schwester am ehesten als "Muhme" in Frage. Sie starb bereits 1366, sodass ihre nicht durchgeführte Stiftung für die Augustiner schon lange zurück gelegen hätte. Wenn also Margarethe von Mähren als Stifterin angesprochen werden kann, dann spräche dieser Umstand dafür, dass vor 1366 möglicherweise eine Bauunterbrechung die Stiftung verhindert hätte. Diese bestand aus zwei Edelsteinen, die in Albrechts Besitz gelangt waren und die er nun schätzen ließ. Er ordnete an, die an die Augustiner bereits ausbezahlte Summe davon abzuziehen und den Minoriten zu geben, und nur die übrig gebliebene Differenz den Augustinern zu vermachen.

  11. Die Urkunde belegt also, dass Albrecht über einen größeren Zeitraum die Baulichkeiten der Augustiner unterstützt hatte. Da das Langhaus der Klosterkirche schon um 1370 vollendet war und sich der Chorbau noch lange hinzog, kommt dafür am ehesten die Ritterkapelle in Frage, deren Vollendung ja auf Grund kunsthistorischer und bauarchäologischer Befunde gegen Ende des 14. Jahrhunderts anzusetzen ist. Die These, dass also Albrecht III. der Vollender der Ritterkapelle gewesen war, wäre auch insofern nachvollziehbar, als die ins Stocken geratene herzogliche Stiftung einer Ordenskapelle wohl am ehesten von einem anderem Herzog abgeschlossen wurde, der nachweislich ebenfalls ein Faible für Ritterorden hatte (Albrecht III., auch mit dem Zopfe genannt, gründete den Zopforden117) und damit seinem Onkel Otto dem Fröhlichen geistig nahe stand.

  12. Wesentlich ist auch die Frage nach der Aufgabe des Ordens der Templaise. Der enge Bezug zum hl. Georg, dem Patron der christlichen Ritter im Kampf gegen Andersgläubige, liefert dafür einen wesentlichen Hinweis. Der Orden könnte, wie schon Josef Feil vermutet hat, von Beginn an als Kampfesbruderschaft konzipiert gewesen sein.118 Im 14. Jahrhundert konzentrierten sich die Kreuzzüge auf Preußen und Litauen. Nachdem zunächst einzelne Ordensmitglieder unter König Johann von Böhmen gegen die Preußen gezogen waren119 und sich der Orden 1368/68 neu konstituiert hatte, zogen einzelne Mitglieder nun unter eigener Fahne gegen die Litauer und Preußen, so 1370 Herzog Leopold III. mit Gefolge und 1377 Herzog Albrecht III. mit fünf Grafen (Johann von Maidburg, Hugo von Montfort, Vater und Sohn Hermann von Cilly und Vetter Wilhelm) sowie zahlreiche Ritter (darunter die drei Stubenberger Ulrich, Wulfing und Friedrich)120 - allesamt Vertreter von Adelsfamilien, die in der Societas Templois vertreten waren. Die konkreten Personen fehlen in der Liste jedoch, wobei berücksichtigt werden muss, dass die Aufstellung nicht vollständig ist. So fehlen etwa, wie bereits oben gezeigt, Vertreter der Familie Liechtenstein, obwohl die Stiftungsurkunde Rudolfs von Liechtenstein aus dem Jahr 1341 für die Mitgliedschaft zumindest einzelner Familienvertreter bürgt.

  13. Die ritterliche Vereinigung der Gesellschaft der Templaise könnte demnach möglicherweise der kriegerischen Unterstützung des Deutschen Ordens in Preußen gedient haben, dessen Patron ebenfalls der hl. Georg war. Holger Kruse bezweifelt diese These Feils und sieht eine zweite Möglichkeit, die der ersten allerdings nicht widersprechen muss, sondern die Funktion der Ritterkapelle als Sitz der Gesellschaft plausibel erläutern würde. Kruse zieht in Betracht, dass die Societas der Kultivierung ritterlicher Ideen dienen sollte.121 In der Tat führten einige Mitglieder ein vorbildliches ritterliches Leben, wie die Ehrenreden Peter Suchenwirts beweisen, die auch als literarische Quelle für die oben angeführte Teilnahme einzelner Ritter an den Kreuzzügen dienen. Dabei fällt auf, dass die Mehrzahl der Reden Personen betrifft, die Mitglieder der Gesellschaft waren, wobei aber bei weitem nicht alle an einem Kreuzzug gegen die Preußen teilgenommen hatten.122 Dies war demnach möglicherweise nur ein, aber kein zwingender Aspekt der Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Der Umstand, dass die Reden durchwegs nach dem Ableben der Herren verfasst worden sind, veranlasste Theodor Nolte zu der sehr plausiblen Vermutung, dass die Ehrenreden beim Tod eines Mitglieds vor der Gesellschaft vorgetragen worden sein könnten.123 Die Ritterkapelle als Memorialbau bot dafür in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts möglicherweise den festlichen Rahmen.

  14. Die weitere Funktionsgeschichte der Kapelle ist unklar. In den archivalischen Quellen findet die Georgsritterschaft oder die Societas Templois später keine Erwähnung mehr,124 sodass allgemein von ihrer Auflösung ausgegangen wird.125 Vermutlich erfüllte die Kapelle aber weiterhin die Aufgabe einer Grablege, ab dem 17. Jahrhundert wurde sie Totenkapelle genannt.126 Friedrich Rennhofer äußerte die Vermutung, dass die Kapelle zwischenzeitlich, also im 15. Jahrhundert, als Versammlungs- und Kapitelsaal des Konvents gedient haben dürfte.127 Renate Wagner-Rieger griff in ihrer Untersuchung zum gotischen Kapellenbau in Niederösterreich diesen Gedanken auf und argumentierte, dass die Kapelle im Klosterverband genau an der für Kapitelsäle üblichen Stelle stehe und dass auch die umlaufenden Sitznischen stark an einen mittelalterlichen Kapitelsaal erinnern.128 In ihrer Vorlesung über mittelalterliche Architektur in Österreich stellte sie schließlich fest, dass die Kapelle als Versammlungsort des Ritterordens und gleichzeitig als Kapitelsaal des Augustinerklosters erbaut worden wäre.129 Für diese These fehlen allerdings jegliche archivalische Anhaltspunkte.

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Das Kloster des 14. Jahrhunderts

  1. Die Frage nach dem Kapitelsaal führt zwangsläufig zu einer Beschäftigung mit den spärlich erhaltenen Überresten des mittelalterlichen Klosters. Die baulichen Strukturen und Raumfunktionen sind durch bauarchäologische und kunsthistorische Untersuchungen sowie archivalische Nennungen nur sehr begrenzt zu rekonstruieren.

  2. Kreuzgang: Der Kreuzgang wurde, wie die oben diskutierte Urkundenabschrift belegt, 1341 gemeinsam mit der Ritterkapelle geweiht. Im Rahmen der jüngsten Fassadensanierung des Augustinerhofes konnten nun im Jahr 2010 Bögen des spätmittelalterlichen Kreuzgangs, die zuletzt schon bei der Sanierung des Innenhofes 1996/97 sichtbar waren,130 wieder freigelegt und erstmals befundet werden (Abb. 18).

18 Wiederaufgedeckter Teil eines Kreuzgangsflügels, heute Loretokapelle, 2., 3. und 4. Arkadenbogen; der 1. Bogen ist nur von innen zu sehen. Zustand vor der Freilegung des rechten Fensters. Bundesdenkmalamt, Wien, Photogrammetrie 2010 (Foto © BDA)

  1. Bei den Arkaden handelt es sich um einen Teil des Südflügels des Kreuzgangs, welcher der Ritterkapelle unmittelbar vorgelagert war, die Verbindung zum Langhaus der Klosterkirche geschaffen hat und in dem 1784 die Loretokapelle eingerichtet worden ist (Abb. 1b, B). Der zweite und dritte Bogen von Osten wurden komplett freigelegt, der erste Bogen in weiterführenden Sondagen erfasst, während der vierte Bogen ab dem Scheitel nach Westen anlässlich des Klosterumbaus in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts abgebrochen wurde, wobei die Westkante des Altbestandes mit der Westkante der heutigen Loretokapelle und der dahinter liegenden Ritterkapelle übereinstimmt. Offenbar wurde ein Teil des alten Kreuzgangs als Vorraum der Ritterkapelle weiter benutzt. Im vierten Bogen fanden sich im Verfüllungsmaterial aus dem frühen 17. Jahrhundert zahlreiche mittelalterliche Spolien, die durch den Restaurator Klaus Wedenig jüngst geborgen werden konnten, mit großer Wahrscheinlichkeit vom mittelalterlichen Kreuzgang stammen und Hinweise für dessen Rekonstrukion liefern.

  2. Im Bereich zwischen Erd- und erstem Obergeschoß blieb ebenfalls spätmittelalterliches Bruchsteinmauerwerk mit drei Obergeschoßfenstern und großflächigen Resten des Fassadenverputzes erhalten. Die drei Fenster sind aus Werksteinen gebildet, wobei das östlichste und das westlichste freigelegt werden konnten (Abb. 18). Von der mittleren Öffnung blieb aufgrund eines barocken Fenstereinbaus nur die Sohlbank erhalten. Die beiden intakten Fenster besitzen eine lichte Breite von 0,29 m bei einer lichten Höhe von 1,14 m. Die Sohlbänke der Fenster liegen 1,5 m über den Scheiteln der Kreuzgangsbögen.

  3. Da bei der Fassadensanierung des südlich liegenden Klosterhofes im Jahr 2008 auf der Höhe des ersten Obergeschoßes ebenfalls spätmittelalterliches Bruchsteinmauerwerk gefunden wurde, das um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Kompartimenten von 0,4 und 0,7 m versetzt worden ist, ergibt sich die Breite des ehemaligen Südflügels des Kreuzgangs von circa acht Metern. Im Klosterhof konnte im ersten Obergeschoß ein getrichtertes Fenster dokumentiert werden, dessen Laibungsbreite 1,06 m beträgt und dessen Kanten aus Bruchsteinen gebildet wurden. Zur Mauerstruktur der gegenüberliegenden Traktwand zum Augustinerhof kann aufgrund des auf der gesamten Fassade aufliegenden primären Verputzes keine Aussage getroffen werden. Die Mauer wurde mit dem Setzungsmörtel einlagig verputzt und mit Quadermalerei versehen, die in weißem Kalk ausgeführt wurde (Fugenbreite 2 cm). Mit Quaderhöhen von 40 cm sowie einem Wechsel von Läufern mit mindestens 66 und Bindern mit 30 cm Länge wich die Gestaltung der Kreuzgangsfassade von jener oben besprochenen der Langhausaußenmauern deutlich ab.

  4. Die Erdgeschoßarkaden sind in zwei Bauphasen entstanden. Zunächst wurden Spitzbögen aus Quadern des Typus Atzgersdorf/Steinbruch Hietzing errichtet und in einem hellgrau-weißen, kalkigen, festen, feinkörnigen Kalkmörtel versetzt. Direkt über den Arkaden liegen Entlastungsbögen aus spätmittelalterlichen Ziegeln (24,5 x 11,5 x 5,5 cm) - auch die Bogenzwickel wurden mit Ziegeln (23 x 5,5 cm, 11,5 x 6 cm) ausgefüllt. Erst ab der Scheitelhöhe besteht die Fassade aus Bruchsteinmauerwerk unter Verwendung des gleichen Mörtels. Die Arkadenbögen besitzen außen 22-24 cm breite Abfasungen, während sie innen orthogonal ausgebildet sind. Die Pfeilerbasen erreichen eine Höhe von 48 cm und ragen jeweils 14 cm in die Interkolumnien. Der Setzungsmörtel findet sich entsprechend der Fassade auch in der Bogenlaibung als Verputz, der weiß geschlämmt wurde. Da diese Schlämme Verschmutzungsspuren aufweist, muss einige Zeit vergangen sein, ehe der Kreuzgang adaptiert wurde.

  5. In einer zweiten Phase wurden in den Arkaden schmälere Bögen aus Kalksandsteinquadern aus Au am Leithagebirge eingestellt und mit einem hellgrau-weißen, feinkörnigen, kalkigen, festen Kalkmörtel mit den Arkaden verbunden. Deren Gewände, die nur am ersten und zweiten Bogen von Osten erhalten geblieben sind (am dritten Bogen sind nur Abdrücke sichtbar), wurden nach außen breit abgefast, während sie innen eine Abfasung, eine Kehlung und wieder eine Abfasung erhielten. Diese Abfolge endet 0,85 m über dem rezenten Fußboden an einer deutlichen Kante, die darauf hinweist, dass sich an dieser Stelle vermutlich ehemals das Parapet der Öffnung befand. Die Innenbögen wurden mit einer gelblichen Schlämme überzogen und mit weißen Quaderstrichen gegliedert, die nicht mit den tatsächlichen Quadergrößen übereinstimmen. Im Fundmaterial des vierten Bogens fanden sich zwei Gewändefragmente, deren Maße zwar mit jenen der bestehenden Bogengewände übereinstimmen, deren Profilierungen aber jeweils deutlich von diesen abweichen (anstelle der inneren Kehlung befinden sich Stufenprofile bzw. anstelle des breiten Mittelstegs ein schmaler mit zwei begleitenden Kehlen). Daraus kann geschlossen werden, dass sich entweder die Gewände der Arkaden der einzelnen Kreuzgangsflügel voneinander unterschieden oder die Gewände alternierend gestaltet waren, wofür der Nordflügel des Kreuzgangs des Augustinereremitenklosters in Baden bei Wien eine Analogie liefern würde.131

  6. Am zweiten Bogen von Osten war der Abdruck eines hellbraun-beigen, feinkörnigen Mörtels mit einer deutlichen Kante 4 cm innerhalb des Gewändes festzustellen. Dabei könnte es sich um den letzten Hinweis auf ein ehemals eingestelltes Fenstermaßwerk handeln. Unter den geborgenen Spolien befand sich zwar kein einziger Teil eines Maßwerkes, jedoch ein Fragment eines Pfostens, der möglicherweise ehemals ein Maßwerk gestützt hat. Die sehr einfache Form des Pfostens mit einem Runddienst auf der einen und Abfasungen auf der anderen Seite würde auf ein ehemals entsprechend schlicht profiliertes Maßwerk hindeuten.

  7. Mehrere Fragmente von Sandsteinrippen, die aus dem Fundmaterial des vierten Bogens stammen, belegen, dass der Kreuzgang ehemals gewölbt war. Dies überrascht, da keine Strebepfeiler den Schub des Gewölbes abfingen. Die Rippen besitzen Birnstabprofile, eine blaue unter einer jüngeren roten Fassung und einen äußerst flachen Krümmungsradius. Daraus kann geschlossen werden, dass der mit etwa acht Metern außerordentlich breite Kreuzgangsflügel mit einem sehr flachen Kreuzrippengewölbe versehen war, wodurch der geringe Abstand zu den Fenstern des Obergeschoßes eingehalten werden konnte. Am westlichen und östlichen Pfeiler hat sich im Rauminneren ein hellgrau-weißer, kalkiger, feinkörniger Verputz erhalten, der sowohl über die Gewände als auch über die Pfeiler läuft und damit als erste Raumfassung der zweiten Kreuzgangsphase angesprochen werden kann.

  8. Wie ein Inventar aus dem Jahr 1602 belegt,132 handelte es sich bei dem Kreuzgang der Wiener Augustiner um eine Doppelanlage, die sich über den heutigen Augustiner- und Klosterhof erstreckte (Abb. 1b). Nur der verbindende Mittelflügel blieb in Resten erhalten. Der Typus eines Doppelkreuzgangs mit breiterem Mittelflügel geht auf den Regensburger Domkreuzgang zurück. Dessen Anlage stammt aus spätkarolingischer Zeit, wobei der Mittelflügel um 1160 dreiteilige Arkaduren und den Anbau der Allerheiligenkapelle erhielt.133 Im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts wurde der Kreuzgang unter reger finanzieller Beteiligung des Regensburger Bürgertums eingewölbt.134 Zwischen Wien und Regensburg zeigen sich erstaunliche Analogien, wenn man das Verhältnis des Regensburger Kreuzgangs zum nicht erhaltenen frühmittelalterlichen Dom bedenkt: In beiden Fällen ist der jeweils etwa acht Meter breite Kreuzgangmittelflügel zum Langhaus orthogonal angeordnet und mit einem parallel zum Chor ausgerichteten Kapellenanbau im Hof des hinteren Kreuzgangs baulich kombiniert. Der Mittelflügel in Regensburg wurde als Mortuarium für die Domgeistlichkeit verwendet – seit deren Engagement für die Einwölbung wurden hier auch vermehrt reiche Bürger bestattet. Daraus kann man schließen, dass ein Teil des Regensburger Kreuzgangs nicht der Klausur angehörte, sondern der Öffentlichkeit zugänglich war. Dieser Aspekt ist zum Verständnis der Wiener Situation von außerordentlicher Bedeutung, da im Mittelalter die Ritterkapelle nur über diesen Kreuzgangflügel erreicht werden konnte. In der Tat waren auch andere Doppelkreuzgänge, wie etwa jene der Franziskaner und Dominikaner in Regensburg, derart organisiert, dass die vorderen Kreuzgänge von der Öffentlichkeit für Begräbnisse betreten werden durften, während die Klosterpforte in den Klausurbereich des hinteren Kreuzgangs führte.135

  9. In diesem Kontext sind mehrere überlieferte Archivalien von großem Interesse, die über die Funktion des Wiener Kreuzgangflügels weiter Aufschluss geben können. Im Codex Trautsonianus, einer Sammlung von Inschriften aus Wiener Kirchen, um 1630, steht zur Augustinerkirche unter anderem folgender Passus, der sich auf das rechte Seitenschiff des Langhauses bezieht: "Zur rechten Hand wenn man zum hohen Altar gehen will ist auf der Seite eine Kapelle, steht über der Thür: A(nn)o D(omi)ni 1366 obiit Chunradus Schönnaycher fundator hujus Capellae feria secunda in Vigilia S(ancti) Matthiae Ap(osto)li etc."136 Bei dieser Tür kann es sich nur um jene Öffnung handeln, die vom Langhaus in die heutige Loretokapelle führt. Demnach befand sich an deren Stelle zuvor bereits eine Kapelle, die der 1366 verstorbene Conrad Schönnaicher gestiftet hatte. Die Stiftung wurde einige Jahr nach seinem Tod verändert, denn 1377 veranlasste seine Witwe Kunigunde, dass man nach dem Willen ihres verstorbenen Mannes die alte Sakristei räumen und nur als Kapelle verwenden sowie eine neue Sakristei für sechzig Pfund Wiener Pfennig errichten sollte.137 Die Feststellung, dass die alte Sakristei in Hinkunft "nvr ein Cappell sei" darf dabei wohl nicht als negative Wertung interpretiert werden, sondern dürfte bedeuten, dass der Raum zuvor als Sakristei und Kapelle benutzt und nun in seiner Funktion reduziert worden ist, wobei diese Veränderung offenbar der ursprünglichen Intention entsprach ("als es mein wirt der Schonnaicher gemaynt hat").

  10. Resümierend bestand also an der Stelle der heutigen Loretokapelle ursprünglich bereits eine Kapelle, die auch als alte Sakristei der Augustinerkirche genutzt wurde. Diese Lokalisierung ist durchaus nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass das Presbyterium der Kirche damals ja noch nicht existiert hat und im benachbarten sechsten Langhausjoch seit 1349 die Altäre der Kirche standen. Mit dem Beginn der Errichtung des Chores wurde nun offenbar auch die Verlegung der Sakristei geplant, wobei diese Maßnahme erst 1377 umgesetzt werden konnte, als das Langhaus, wie oben diskutiert, bereits vollendet und der Chorbau offenbar schon weit fortgeschritten gewesen ist. Der Zeitpunkt der ersten Stiftung durch Conrad Schönnaicher ist nicht im Original erhalten, doch überliefert der Augustinerpater und Bibliothekar des Klosters Xystus Schier (1727-72) die Stiftung einer täglichen Messe durch Schönnaicher im Jahr 1349 in einer bestehenden Kreuzkapelle, die zwischen dem Chor und der "großen Kapelle" lag und von ihm errichtet worden wäre.138 Vom gleichen Tag und unter Einbeziehung derselben Zeugen ist eine Urkunde im Original erhalten, in der Schönnaicher zwei weitere Jahrtage für sich stiftete.139 Demnach dürfte die Abschrift Schiers von einer Stiftung in der Kreuzkapelle als verlässlich einzustufen sein. Die Lagebeschreibung dieser Kapelle zwischen Chor und großer Kapelle, die von Schier wohl zu Recht mit der Georgskapelle identifiziert worden ist, führte zwangsläufig zu einer Lokalisierung weiter im Süden. Da das heutige Presbyterium 1349 aber eben noch nicht existiert hat, könnte mit dem Chor auch das etwas tiefere sechste Langhausjoch mit den Altären gemeint gewesen sein, sodass eine Identifizierung mit diesem Teil des Kreuzgangflügels plausibel erschiene.

  11. Versucht man diese archivalischen Angaben mit dem Baubefund in Einklang zu bringen, so ergeben sich überzeugende Übereinstimmungen. Im 1341 geweihten Kreuzgang könnte die erste Sakristei, die gleichzeitig als Kreuzkapelle genutzt wurde, im breiteren Mittelfügel als Provisorium eingerichtet worden sein. Diese vorläufige Nutzung spiegelt sich im ersten Bauzustand mit ungegliederten Spitzbogenarkaden. Erst 1377 wurde die Sakristei neben den neuen Chor verlegt, während die Kreuzkapelle bestehen blieb. Im Zuge dessen könnte die Bereicherung der Arkaden mit profilierten Bögen und Maßwerken stattgefunden haben.

  12. Es ist eher nicht vorstellbar, dass Sakristei und Kapelle den gesamten Mittelflügel eingenommen haben. Möglicherweise waren mehrere Joche vom dahinter sich fortsetzenden Kreuzgang ganz oder teilweise abgetrennt. Die vermutete Kreuzkapelle fungierte jedenfalls weiters als Vorraum für die Ritterkapelle und möglicherweise auch als Mortuarium. 1627 wurde eine Totenbruderschaft gegründet und wohl danach der Raum als untere Kapelle mit dem Allerheiligenaltar mit der Ritterkapelle baulich vereinigt.140 Laut Chronik wurde die Kreuzkapelle 1632 (neu) errichtet,141 womit dieser Umbau gemeint sein könnte. Auf dem Stadtplan von Werner Arnold Steinhausen, 1710, ist diese Situation deutlich zu erkennen – beide Räume sind durch große Bögen zueinander geöffnet und als Totenkapelle bezeichnet (Abb. 19).

19 Ausschnitt aus dem Stadtplan von Werner Arnold Steinhausen mit der erweiterten Totenkapelle, 1710. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kartensammlung (aus: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LXIV, Heft 1 / 2, Wien 2010, Abb. 57)

  1. Diese seit dem 17. Jahrhundert nachweisbare Benennung könnte einen Rückschluss auf eine zusätzliche Funktion der alten Kreuzkapelle als Mortuarium liefern, zumal der Kreuzgang nachweislich mit vielen Grabplatten versehen war.142 Die Gänge wurden als Begräbnisstätten benutzt, wobei einzelne Kompartimente als Kapellen fungierten. 1372 wurde Bischof Petrus von Markopel als in der Leonhardskapelle im Kreuzgang bestattet bezeichnet,143 1386 stiftete Bischof Simon von Castorien vier ewige Messen "auf sand Sigmunds altar in dem chrewtzgang",144 1411 wird der Altar als Kapelle genannt ("Sand Sigmunds kapelln gelegen in dem krewtzgang datz den Augustinern"). Demnach sind unter dem Begriff "Kapelle" einzelne Joche im Kreuzgang gemeint, in denen Altäre für Anniversarien aufgestellt worden sind. Eine entsprechende Funktion könnte die Kreuzkapelle ausgeübt haben.

  2. Klosterräume: 1347 wurde die Grundherrschaft über weite Teile des Augustinerklosters vom Wiener Bürgerspital auf den Konvent der Augustiner um 9 Schilling übertragen145 und 1358 die Grundherrschaft über den verbleibenden Klosterteil von der Kartause Mauerbach um 6 Schilling abgelöst146 - ein untrügliches Indiz für die schrittweise Vollendung des Klostergebäudes. Diese mittelalterliche Anlage wurde 1631 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.147 In Beschreibungen des Barock wird die alte Anlage folgendermaßen beschrieben: Um das Kloster zu erreichen, konnte man von der Kirche in die Totenkapelle gehen. Diese Kapelle besaß ein Atrium mit dem Allerheiligenaltar, die oben beschriebene heutige Loretokapelle. Durch die Kapelle lief der Kreuzgang, dessen südlicher Teil großteils mit dem Atrium der Totenkapelle ident war. Im Osten und Norden standen zwei Klostergebäude, letzteres mit dem Eingangstor, und im Westen das Refektorium direkt an der Basteimauer. Südlich des Kreuzgangs reichten weitere Klostergebäude bis zu ihrem Abbruch 1719 bis zur damals neu errichteten Bäckerei.148

  3. In zwei Inventarien aus den Jahren 1602 und 1605, also aus einer Zeit, als die mittelalterlichen Gebäude noch in vollem Umfang existierten, wird die Einrichtung des Klosters anhand der einzelnen Innenräume beschrieben. Die Abfolge der Räume ist nicht ganz ident, auch fehlen Richtungsangaben, sodass eine exakte Identifizierung nicht möglich ist.149 Dennoch können folgende Aussagen getroffen werden: Beide Inventare beginnen mit einem Gebäude, das im Erdgeschoß die Kammer des Priors, eine Stube und eine weitere Kammer sowie im Obergeschoß eine Stube, eine Kammer, eine neue Stube und eine neue Kammer beherbergte. Vermutlich handelt es sich bei diesem Prioratsgebäude um den Bau ganz im Norden im Eingangsbereich. Übereinstimmend wird nun das Dormitorium mit neun Kammern genannt, wobei vor 1605 eine zehnte hinzukam. Es folgen die Bibliothek (nur 1605), der Traidkasten, die Zelle des Subpriors (nur 1605) und die Weinpresse. Nach einem hinteren Kreuzgang werden die Küche mit einem anschließenden Gewölbe, das Winter- (nur 1605) und das Sommerrefektorium genannt. Daran schlossen ein Keller mit Speisekammer, ein Holzgewölbe, eine Stube mit drei Kammern (nur 1605), die Bäckerei (nur 1605), eine Badstube (nur 1605), ein hinteres Speisegewölbe (nur 1605), der eigentliche Keller und die Sakristei an.

  4. Mehrere Aspekte sind auffällig: Zum einen wird nie ein Kapitelsaal genannt. Die Sitzungen des Konvents fanden offenbar in einem multifunktionalen Raum statt, der primär wahrscheinlich einem anderen Zweck diente.150 Die Ritterkapelle, wie Renate Wagner-Rieger meinte, dürfte aufgrund ihrer Funktion als adelige Grablege dafür weniger in Betracht kommen als die vermutlich davor gelegene Kreuzkapelle, deren bis 1377 belegte Multifunktionalität als Sakristeikapelle auch um diesen Aspekt temporär erweitert worden sein könnte. Zum anderen ist die bereits genannte ehemalige Existenz eines zweiten, südlich liegenden Kreuzgangs im Bereich der jüngeren Sakristei von Bedeutung. Heute fehlt jede Spur von dieser Anlage.

20 Bonifaz Wohlmuet, Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1547 (aus: Historischer Atlas von Wien, 3. Lieferung 1987, 5.1)

  1. Entlang der Bastei standen die Refektorien, wohl das Sommerrefektorium im südlichen und das Winterrefektorium im nördlichen Kreuzgang sowie dazwischen die Küche (diese Aufteilung wäre funktional, auch wenn die Aufzählung der Räume mit der Küche vor den beiden Refektorien dieser Anordnung nicht entspricht). Laut dem Stadtplan von Bonifaz Wolmuet, 1547, war der Baukomplex entlang der Bastei mit den beiden Refektorien sehr groß (Abb. 20), sodass hier vermutlich auch Wirtschaftsbereiche, wie der Traidkasten und die Weinpresse untergebracht waren. Zwischen dem Gebäude und der Kirche lag der vordere Kreuzgang, zwei nicht näher bestimmbare Eingangsgebäude waren gegen den kaiserlichen Irrgarten dem Kloster vorgelagert. Nach Süden dürfte der Kreuzgang entlang des großen Gebäudes an der Bastei einflügelig fortgesetzt worden sein. Gegen Osten lag über einen Hof erreichbar die neue Sakristei.

  2. In der heutigen Sakristei (Abb. 1b, D) wurde im Klosterhof entlang der westlichen Längswand eine 0,8 m breite Drainage angelegt.151 Die archäologische Grabung zeigte, dass die barocke Ziegelwand von 1719 zwei massive, aus Quadern gesetzte Pfeilerbasen überbaut. Die zitierte Beschreibung des Klosterkomplexes von 1602 und 1605 lässt daran denken, dass die Pfeilerfundamente letzte Reste des hinteren Kreuzgangs sind, der – auch wenn auf dem Stadtplan von Bonifaz Wolmuet nicht dargestellt – möglicherweise an die Sakristei herangeführt war. Im Inneren der Sakristei kam bei einer Grabung eine etwa parallel zur Kirche verlaufende, massive Quadermauer mit Ziegeldurchschüssen, das Fundament eines Strebepfeilers und eine rechtwinkelig ansetzende Mauer zum Vorschein. Dabei könnte es sich um die Überreste der Vorgängersakristei von 1377 handeln (siehe oben).

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Der Chorbau von circa 1350 bis 1461

  1. Zur Vollendung des Klosterkomplexes fehlte noch die Errichtung des Presbyteriums. Wie bereits aufgezeigt, existierte der Chor – im Gegensatz zur gängigen Meinung – zur Kirchweihe 1349 noch nicht. Die überraschend lange Bauzeit bis 1461 wird im Folgenden wieder mit Hilfe unterschiedlicher methodischer Ansätze dargelegt.

  2. Kunsthistorische und restauratorische Befunde: Mit einer Länge von 40,5 Metern, einer Breite von 10,2 Metern und einer Höhe von 23,2 Metern handelt es sich beim Presbyterium der Wiener Augustinerkirche um die mit Abstand längste Choranlage Österreichs, die überdies äußerst steile Proportionen aufweist (Abb. 1b, 21). Die fünf Chorjoche enden in einem auffällig zentrierenden 7/10-Schluss. Das Netzrippengewölbe, das sich im Grundriss als Dreiparallelrippensystem manifestiert, verfügt über Birnstabrippen, deren Begleitprofile miteinander verstäbt sind, während der Chorschluss von einem Sternrippengewölbe auf der Basis von Dreistrahlrippen überwölbt wird.

21 Augustinerkirche, Innenansicht des Chores. Bundesdenkmalamt, Wien, Inv.-Nr. N 148.116, Aufnahme 2000 (Foto © BDA)

  1. Das Dreiparallelrippensystem ist eine in Österreich für das 14. Jahrhundert undenkbare Rippenkonfiguration, die daher dazu veranlasst hat anzunehmen, dass ein ursprüngliches Kreuzrippengewölbe 1784 von Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg durch zusätzliche Rippendurchstäbungen bereichert worden wäre.152 Die restauratorische Befundung der Gewölbezone durch Christoph Serentschy 1997/98 konnte jedoch belegen, dass alle Rippen mit einer gotischen Augleichs- und Grundierungsschlämme aus einem hellen, weißlichen Kalk-Sandgemisch von 2-5 mm Stärke überzogen sind.153 Darüber besitzen – jeweils von den Schlusssteinen ausgehend – zwei Rippensteine der Kreuzrippen sowie der Sternrippen im Polygon alternierend eine dunkelrote und eine hellgrüne (im letzten Chorjoch eine gelbe) Farbfassung mit Schraffen- und Kugeldekor in einer durchschnittlichen Länge von 80-90 cm, getrennt durch doppelte Fugenstriche (Abb. 3). Die Gewölbesegel des Polygons waren einfärbig hellblau gefasst. Lediglich die Schlusssteine wurden bei einer späteren Restaurierung, vermutlich erst 1873, aufgedoppelt:154 Die heute sichtbaren Schlusssteine sind aus Weichholz geschnitzt und mit industriell aus Eisen gefertigten Holzschrauben von oben an den darüber liegenden gotischen, rötlich gefassten ringförmigen Schlusssteinen befestigt worden. Nur der sichtbare Schlussstein im Chorpolygon besteht aus Stein und wurde mit einer dick aufgetragenen Ausgleichsmasse auf den gotischen Schlussstein aufgesetzt.

  2. Die Rippenkonfiguration ist demnach authentisch überliefert. Stilistisch fügt sie sich in die spätgotische Architektur unter Kaiser Friedrich III. Das Parallelrippensystem findet mit vier Rippen eine Entsprechung in einem Hauptwerk Friedrichs, dem Grazer Dom, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und kann daher auch in Wien nicht wesentlich früher datiert werden. Das Sternrippengewölbe des Polygons hingegen könnte in seiner Konzeption sehr wohl bereits auf das 14. Jahrhundert zurückgehen, zumal die Wiener Dombauhütte mit der Katharinenkapelle des Stephansdomes schon vor 1370 ein Sternrippengewölbe in Wien geschaffen hatte. Mit der Festlegung des Grundrisses im 14. Jahrhundert könnte demnach bereits ein Sternrippengewölbe im Chorschluss geplant worden sein, während die Konzeption des Netzrippengewölbes der Chorjoche mit seinen Verstäbungen erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts möglich war.

  3. Die Wanddienste bestehen mehrheitlich aus Bündelpfeilern mit Runddiensten, Blattkapitellen und mehrfach profilierten, gestuften, zylindrischen Basen (in den Chorjochen abgeschlagen und seit 1784 von breiteren Runddiensten mit Kapitellen abgefangen). Das erste Chorjoch zeigt eine überraschende Variante: Die Dienstbündel übernehmen die Birnstabprofilierung der Gewölberippen, wobei am Übergang zum zweiten Joch der zentrale Dienst kapitelllos bleibt, während am Gurtbogen gänzlich auf Kapitelle verzichtet worden ist. Dies könnte als weiterer Hinweis auf einen Planwechsel innerhalb des Baugefüges des Presbyteriums gedeutet werden. In Bezug auf die ursprünglich kaum merkbare Kapitellzone des Langhauses sowie auf vergleichbare kapitelllose Dienstbündel aus dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts (Wandbündelpfeiler des Albertinischen Chores von St. Stephan in Wien, Bündelpfeiler der Wiener Minoritenkirche) dürfte der Chor der Augustinerkirche entsprechend geplant gewesen sein, bis gemäß den Tendenzen der zweiten Jahrhunderthälfte wieder Kapitelle zum Einsatz kamen.

  4. Die "vermauerten" Fenster des ersten Joches des Langchores sind nicht authentisch mit applizierten Profilen wohl 1784 nachgezeichnet worden (der bauarchäologische Befund der westlichen Außenmauer belegt, dass sich an dieser Stelle nie ein Fenster befunden hat – siehe unten; gegenüber stand im Mittelalter der Wendeltreppenturm, der in den Dachraum des Langhauses geführt hat – siehe oben – und ein entsprechendes Fenster verstellt hätte). Die ehemals vierbahnigen Fenster im zweiten bis fünften Joch sind im unteren Bereich teilweise vermauert bzw. ihrer Maßwerke beraubt. Die durchwegs vermauerten, zweibahnigen Fensteröffnungen im Chorschluss zeigen Maßwerke mit sphärischen Drei- und Vierpässen sowie Fischblasen und wurden 1873 wie das Gewölbe des Polygons mit Schablonenmalerei überzogen. Ein Vergleich mit den am Dachboden der benachbarten Albertina erhaltenen Maßwerke zeigt, dass die im Chor sichtbaren Maßwerke großteils nicht authentisch sind, sondern bei einer Restaurierung (vermutlich auch 1873) wiederhergestellt wurden. Auf der Basis von Planaufnahmen, die Anfang 2009 von der Architekturabteilung des Bundesdenkmalamtes angefertigt worden sind, kann gezeigt werden, dass sich von den ursprünglich sieben Maßwerken der Fenster des Chorpolygons lediglich vier original erhalten haben (Abb. 3, 22).

22 Augustinerkirche, Ansicht der vier erhaltenen Chorfenster (Plan © Ursula Wackenreuter, BDA Architekturabteilung, 2009)

  1. Es handelt sich dabei um das Achsenfenster (Südsüdost), die beiden anliegenden Fenster (Ostsüdost und Süd) sowie das anschließende Fenster zur Augustinerstraße (Ost). Über den etwas höher gezogenen mittleren Nonnen entwickeln sich unterschiedliche Kombinationen aus Drei- und Vierpässen sowie Fischblasen. Die breite Abfasung der Gewände geht am Fensterbogen jeweils in eine Kehlung zwischen zwei schmalen Fasen über. Die Maßwerkprofile unterscheiden sich in drei von vier Fällen (O, OSO, SSO) von jenen des einzigen authentisch aus dem 14. Jahrhundert überlieferten Fensterfragments der Augustinerkirche, dem ehemals fassadenseitigen Nordfenster (Abb. 10a) durch die Bereicherung der gekehlten Stäbe um Stufen, die zu prismatischen, scharfkantigen Stegen überleiten. Diese Form ist für das 14. Jahrhundert vollkommen untypisch, sodass vermutet werden kann, dass die Maßwerke einer jüngeren Bauphase zuzuordnen sind.

  2. Die ebenfalls am Dachboden gut dokumentierbaren Strebepfeiler besitzen an ihrem oberen Abschluss jeweils einen Wimperg mit großteils abgearbeiteten Kreuzblumen. Die Profile der Wimperge bestehen aus einem Rundstab, einer Kehlung, einer Stufe, einem Birnstab und außen einer breiten Fase. Diese Formen gehen letzten Endes auf den Chor und das Brunnenhaus des Stiftes Heiligenkreuz, Niederösterreich, zurück, wo entsprechende Strebepfeiler bereits am Ende des 13. Jahrhunderts in die österreichische Architektur eingeführt wurden. Im 14. Jahrhundert gehörten Strebepfeiler mit Wimpergen und monumentalen Kreuzblumen zum Standardrepertoire (z.B. Wien, Maria am Gestade, Chor, 1332 - um 1357; Zwettl, Chor, 1383 fertig gestellt). Im 15. Jahrhundert entwickelte die Wiener Hütte für wichtige Bauaufgaben hingegen Strebepfeiler mit Fialenaufsätzen. Aus diesem Umstand kann man schließen, dass die Außenmauern und Strebepfeiler des Chores der Augustinerkirche im Gegensatz zu den Maßwerkfüllungen der Fenster schon im 14. Jahrhundert entstanden sind.

  3. Den Chorschluss umlaufen dreiteilige Sedilien, deren hohe Maßwerkbekrönungen von Vierpässen mit Lilienknospen und runden Überfangbögen mit Blüten gebildet werden, die den Lilien appliziert sind (Abb. 23). Trotz starker Überarbeitungen ist dieses eigentümliche Grundkonzept der Sitznischen authentisch, da sich diese ungewöhnliche Form in sehr ähnlicher Weise auch in der Katharinenkapelle von St. Stephan findet, zu der sich damit ein neuerlicher Bezug ergibt. An der ersten Seite im Osten und Westen des Polygons der Augustiner verfügen die Nischen über Sitzbänke mit Vierpassblendmaßwerk, das stark an die entsprechend gestalteten Sedilien im um die Mitte des 14. Jahrhunderts errichteten Chor von Maria am Gestade erinnert. Die Sockelzone des Chorpolygons ist demnach mit Sicherheit bereits im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts entstanden, womit das gesamte Grundrisskonzept des Chores für diese Zeit angenommen werden kann.

  4. Für den ehemaligen künstlerischen Raumeindruck ist der Umstand bestimmend, dass die Schildrippen mit den Profilierungen der Fenstergewände verschmelzen, sodass im Gegensatz zum Langhaus keinerlei Mauerflächen sichtbar bleiben. Der architektonische Effekt war daher ursprünglich jener einer filigranen Glashausarchitektur, die kombiniert mit ihren steilen Proportionen und ihrer ehemaligen Verglasung mit bunten Bildfenstern wohl zu den beeindruckendsten Raumlösungen der österreichischen Gotik gezählt hat.

23 Augustinerkirche, Chor, Sedilien (Foto © 2010, Doris Schön, Wien)

  1. Die einmalige Besonderheit des Presbyteriums für die österreichische Architektur besteht aber in der Kombination einer "capella vitrea" mit der Raumlösung des 7/10-Chorschlusses, der im Folgenden kurz geometrisch analysiert werden soll. Für Polygone mit regelmäßigen Sektorenwinkeln sind grundsätzlich drei verschiedene Grundrissmöglichkeiten gegeben (Abb. 24).

24 Gegenüberstellung verschiedener Chorschlüsse: 7/12-, 6/10- und 7/10-Schluss (Plan © Eva Kronberger, Wien 2010)

  1. 1) Ein Polygon mit einer Seitenanzahl, die ein Vielfaches von 4 ist: Dabei wird die Seitenanzahl des Chorschlusses so gewählt, dass sie eins über der Hälfte des Polygons liegt. Die Ansätze des Schlusses fluchten nun mit den Chorjochen gleich und stehen immer normal auf die Chorschlusswand. Die klassische, bei fast allen gotischen Kirchen Österreichs verwendete Lösung ist hier der 5/8-Schluss, der in einzelnen Fällen bei Hallen- oder Umgangschören durch eine größere Seitenzahl variiert wurde.155 Je höher diese ist, desto mehr nähert sich der Chorschluss einem Halbkreis an.

  2. 2) Ein Polygon mit einer geraden Seitenanzahl, die kein Vielfaches von 4 ist, kann in zwei unterschiedlichen Weisen gebildet werden:

  3. a) Entweder man setzt einen Eckpunkt zentral an den polygonalen Schluss, dann muss die Seitenanzahl so gewählt werden, dass sie wieder eins über der Hälfte liegt, und die Ansätze des Polygons fluchten abermals gleich mit den Chorjochen. Diese sehr seltene Form zeigen in Österreich etwa der 4/6-Schluss der Klarissinnenkirche in St. Veit an der Glan oder der 6/10-Schluss der Pfarrkirche Pischelsdorf im Innviertel. Auch hier nähert sich der Chorschluss bei höherer Seitenanzahl einem Halbkreis an, wobei das Polygon gegenüber der ersten Variante um einen halben Sektor gedreht ist.

  4. b) Oder man setzt eine Seite an den polygonalen Schluss und wählt die Seitenanzahl so, dass sie zwei über der Hälfte liegt. Dabei werden die seitlich äußersten Bereiche des Chores von zwei Eckpunkten gebildet, die außerhalb der Flucht der Chorjoche liegen. Zwei Seiten müssen an die Hälfte des Polygons gefügt werden und führen zu einer Erweiterung des Chores, der sich bei höherer Seitenzahl einem Dreiviertelkreis annähert. Der räumliche Effekt besteht in einer zentralisierenden Tendenz. Das einzige erhaltene Beispiel dieser Art in Österreich ist der 7/10-Schluss der Wiener Augustinerkirche156, 9/14-Schlüsse sind hierzulande nicht bekannt.

  5. Alle bisherigen Ableitungsversuche dieser Grundrisslösung gingen insofern fehl, als sie durchwegs von einer Vollendung des Chores der Augustinerkirche im Jahr 1349 ausgegangen sind und daher Vorbilder aus dem späten 13. und frühen 14. Jahrhundert gesucht haben,157 die im Aufriss mit der weit durchfensterten "Glashausarchitektur" des Wiener Chores nicht vergleichbar sind. Es handelte sich dabei durchgehend um norddeutsche Bettelordenskirchen (unter anderem die Franziskanerkirche in Berlin, um 1290-1310 und die Franziskanerkirche in Stettin, erste Hälfte des 14. Jahrhunderts), die in einem engen zeitlichen und geographischen Rahmen blieben.158 Walter Buchowiecki, Richard Kurt Donin und Wolfgang Götz stellten die Wiener Augustinerkirche in diese kurzlebige und örtlich begrenzte norddeutsche Tradition von 7/10-Polygonen.159 Die Thesen, dass diese zentrierenden Chorschlüsse eine den Bettelorden entsprechende Reduktionsform eines Umgangschores darstellten oder einen polygonalen Kapitelsaal mit Sedilien gebildet haben sollen,160 konnten sich weder für die norddeutschen noch für das Wiener Beispiel durchsetzen, sodass Wolfgang Götz diese Lösung als eine repräsentative Gestaltung interpretierte, die den Bauherrn zur Wahl dieses Typus bewogen hätte.161

  6. Dieser eher unbefriedigende Kenntnisstand bestimmt die österreichische Kunstgeschichtsforschung bis heute,162 obwohl von jener unbemerkt der Münchner Kunsthistoriker Werner Gross bereits 1972 den Chorschluss der Wiener Augustinerkirche mit jenem des Aachener Münsters verglichen hat (Abb. 25a und 25b).163 Der an das karolingische Oktogon angebaute zweijochige Aachener Chor mit 9/14-Schluss ist zwar um zwei Polygonseiten weiter, entspricht dem Wiener Chor aber sowohl durch den zentralisierenden, aus der Flucht tretenden Polygonalschluss, als auch durch die reiche Durchfensterung. Grund- und Aufriss sowie der Raumeindruck sind vergleichbar. Das Wiener Presbyterium steht der Aachener "Glashausarchitektur" dabei kaum nach, auch wenn der Raumeindruck heute durch die Vermauerungen und Zerstörungen der Maßwerke im 16. und 17. Jahrhundert stark verfälscht ist. Lediglich in der Höhenerstreckung übertrifft der Chor des Münsters jenen in Wien bei weitem.164 Beide Bauten verbinden aber die extreme Wandauflösung und die steilen Proportionen. Die in Aachen ursprünglich durchgehenden, kapitelllosen Bündeldienste aus Birnstabprofilen165 fanden auch in Wien im ersten Chorjoch am Triumphbogen Anwendung, ehe diese Gestaltung zugunsten von Rundstäben mit Kapitellen aufgegeben worden ist. Der Aachener und der Wiener Chor rekurrieren als "capellae vitreae" letzendlich beide auf den Typus der Pariser Ste. Chapelle.166

25a Dom zu Aachen, Außenansicht des Chores (aus: Die gotische Chorhalle des Aachener Doms und ihre Ausstattung, Petersberg 2002, Abb. S. 106)

25b Dom zu Aachen, Grundriss des Chores (aus: Die gotische Chorhalle des Aachener Doms und ihre Ausstattung, Petersberg 2002, Abb. S. 324)

  1. Im Unterschied zu Paris endet der Aachener Chor allerdings nicht in einem traditionellen 5/8-Schluss, sondern wie die Wiener Augustinerkirche in einem Polygon, das im Grundriss die Figur eines angeschnittenen Zentralbaus ergibt. Es stellt sich die Frage, ob diese Baugestalt funktionell bedingt worden sein könnte. 1355 wurde als Beweggrund für den Neubau des Aachener Münsterchores das große Gedränge der Pilger bei der Verehrung der Reliquien als ausschlaggebend angeführt.167 Am Beginn des Chores stand eine laubenartige Kapelle mit dem Marienaltar und -schrein, in der die Krönung der deutschen Könige vollzogen wurde, und im zentrierenden Chorschluss befand sich der Choraltar mit dem Karlschrein, der in Prozessionen umschritten werden konnte.168 Das zentrierende Chorpolygon könnte sich baulich darauf beziehen. Es drängt sich daher die zunächst nicht zu beantwortende Frage auf, ob eine entsprechende Raumfunktion auch die Gestalt des Wiener Polygons mitbestimmt hat?

  2. Der Aachener Domchor wurde zwischen 1353 und 1414 errichtet169 und benötigte demnach eine ähnlich lange Bauzeit, wie dies auch für den Chor der Wiener Augustinerkirche postuliert wurde. Wohl noch in den fünfziger Jahren des 14. Jahrhunderts dürfte auf Aachen Bezug nehmend der Grundriss des Chores der Wiener Augustinerkirche festgelegt worden sein. Nach einem Planwechsel, der sich in den Wanddiensten abzeichnet, stellte man den Sockel des Presbyteriums inklusive der Sedilien im Polygon vermutlich um 1370, also etwa gleichzeitig mit der Vollendung des Langhauses, fertig. Auch die Außenwände mit den Strebepfeilern müssen noch im 14. Jahrhundert aufgemauert worden sein, während die Einwölbung und möglicherweise auch das Einsetzen der Maßwerke erst um Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte.

  3. Bauarchäologische Befunde: Die bauarchäologischen Untersuchungen am Chor waren am Dachboden sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche möglich, da durch Anbauten im Laufe der Jahrhunderte die südliche und die westliche Chorfassade komplett verbaut worden sind.

  4. An der Südseite des Dachraumes des Langhauses finden sich an der Triumphbogenwand zwei Strebepfeiler, gegen die mit einer deutlichen Baufuge der Langchor errichtet worden ist (Abb. 26). Dieser besteht an der Innenseite aus Bruchsteinmauerwerk mit Kompartimenten von 0,7 bis 1,2 m Höhe, die sich damit kaum von den Kompartimenten des Langhauses unterscheiden.170 Lediglich die deutliche Baufuge kennzeichnet den Beginn einer neuen Bauetappe. Im Bereich der Nordostecke deuten auffallend viele Quader darauf hin, dass vorsortiertes Baumaterial verwendet worden ist. Sowohl Bruchsteine als auch Quader wurden in einem weißen, kalkigen, feinkörnigen und festen Kalkmörtel versetzt.

26 Dachraum der Augustinerkirche, Westmauer des Chores (rechts) mit einer deutlichen Baufuge zum Strebepfeiler der Triumphbogenwand (Foto © 2008, Doris Schön, Wien)

  1. Am deutlich tiefer gelegenen Dachboden der benachbarten Ritterkapelle zeigt sich im Bereich des Anschlusses des Chores an das Langhaus von 0 bis 0,7 m die Fortsetzung des westlichen der beiden schon darüber dokumentierten Strebepfeiler der ehemaligen Außenwand des Langhauses. Der Strebepfeiler aus Bruchsteinmauerwerk dürfte ursprünglich Eckquader besessen haben, die ebenso wie zwei 0,21 bzw. 0,28 m starke Gesimse beim Anbau des Langchores entfernt worden sind. Der Strebepfeiler ist heute noch bis mindestens 6 m über dem Fußboden des Dachbodens nachweisbar.

  2. Am Übergang zwischen Langchor und dem charakteristischen Chorpolygon konnte keine Baufuge nachgewiesen werden. Das Bruchsteinmauerwerk an der Mauerinnenseite knickt intentionell ab und läuft weiter. Damit kann definitiv festgestellt werden, dass Langchor und Chorschluss im Bereich der Mauerkrone gleichzeitig vollendet worden sind. Im Bereich des Polygons treten Ziegeldurchschüsse mit spätmittelalterlichen Größen von 13,5 x 5,5 cm, 20 x 5 cm, 12 x 6 cm und Dachziegeln mit 1,5 cm Stärke im Bruchsteinmauerwerk auf. Innerhalb der Kompartimente finden sich bereits netzartige Ansätze und teilweise nach einem Meter abgebrochene Ausgleichslagen. Die obersten 0,5 m der Mauerkrone wurden aus weniger bearbeiteten Steinen errichtet, wobei an den Stellen der Dachbalkenauflagerpunkte große Quader zum Einsatz kamen. Das gesamte Steinmaterial zeigt wieder Spuren eines Brandereignisses.

  3. Bauarchäologisch ist mit der deutlichen Baufuge der Beweis für die gegenüber dem Langhaus spätere Entstehungszeit des Chores geliefert, wobei sich die Mauerstruktur nach Süden immer stärker von jener des Langhauses unterscheidet. Die Mauerkrone des Presbyteriums kann mit ihren netzartigen Ansätzen im Polygon erst nach der Wende zum 15. Jahrhundert vollendet worden sein. Die Entstehungszeit des Gewölbes aus spätmittelalterlichen Ziegeln der Größen 9,5 x 5 x 6 cm, 10,5 x 5,5 x 6 cm lässt sich bauarchäologisch nicht näher eingrenzen.

  4. An den Außenmauern des Chores zeigt sich, dass dem Bruchsteinmauerwerk Quader vorgeblendet wurden, die Längen von bis zu 1,06 m und Höhen von 0,3 m bis 0,66 m erreichen und nie verputzt waren. Die Quader bestehen aus Kalksandstein und Sandstein, wobei keine eigentliche Struktur in der Verwendung der Steinarten feststellbar ist. Die Strebepfeiler des Chorpolygons bestehen ausschließlich aus Quadern des Typs Atzgersdorf/Steinbruch Hietzing, während an den Chorjochen nur die Pfeilerecken durch Quader betont wurden und sonst Bruchsteine zur Anwendung kamen. Die Kreuzblumen und Steinplattenabdeckungen der Strebepfeiler wurden aus Mannersdorfer Kalksandstein gebildet, der erst ab dem Ende des 14. Jahrhunderts in der Wiener Architektur Verwendung fand. Damit ist auch gesteinskundlich erwiesen, dass die Mauerkrone erst um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert entstanden ist.

  5. An den vier erhaltenen Fenstern des Polygons fällt auf, dass die Maßwerke beinahe in keinem Fenster exakt in die Laibung passen. Der Zwischenraum zur lichten Öffnung der Fenster wurde mit Gesteinsbruchstücken bzw. Ziegeln verfüllt und mit Mörtel sowie abschließend mit einer Schlämme überzogen.171 Diese Vorgangsweise deutet auf massive Messprobleme hin, sodass die Maßwerkteile nicht genau dem Kurvenradius der Bögen angepasst werden konnten. Das Resultat waren weiters starke Versetzungen innerhalb des Maßwerks. Im Achsenfenster ist die gesamte linke Hälfte ab der mittleren Nonne verzogen und Anschlussdetails sind bis zu 10 cm verschoben, sodass der linke Dreipass vollkommen deformiert ist (Abb. 27).

27 Augustinerkirche, Außenansicht des Achsenfensters im Chor mit deutlich deformiertem Maßwerk (Foto © 2009, Susanne Beseler, Wien)

  1. Der linke Pfosten des südlichen Fensters tritt wiederum weit vor das Maßwerk. Diese Abstimmungsschwierigkeiten und unsachgemäßen Zusammenfügungen wären vermutlich bei einer gleichzeitigen Errichtung von Gewände und Maßwerk nicht passiert, sodass die Vermutung geäußert werden könnte, dass die Fensteröffnungen erst sekundär mit Maßwerk und Pfosten versehen worden sind. Petrographisch können keine Hinweise für diese Theorie gewonnen werden, da die Gewände, Pfosten und Maßwerke aus Kalksandstein sowohl aus Au am Leithagebirge als auch aus Mannersdorf hergestellt worden sind und damit für alle Teile eine Entstehung nicht vor dem Ende des 14. Jahrhunderts möglich ist. Eine noch spätere Datierung der Maßwerke – wie die kunsthistorische Analyse vermuten ließ – lässt sich aber auf diesem Wege nicht verifizieren. An der Westfassade der Chorjoche zeigt sich deutlich, dass das im Kircheninneren sichtbare "vermauerte" Fenstermaßwerk in der nördlichen Achse eine Zutat der Umgestaltungen der Regotisierung von 1784 ist. An dieser Stelle hat nie ein Fenster bestanden, da sich hier ungestörtes, kleinteiliges Bruchsteinmauerwerk befindet.

  2. Archivalien: Die aus den kunsthistorischen, restauratorischen und bauarchäologischen Untersuchungen resultierende Erkenntnis einer komplexen Baugeschichte des Presbyteriums soll nun mithilfe der aufgefundenen Archivalien beleuchtet werden. In Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Chor 1349 zwar konzipiert, baulich aber noch nicht in Angriff genommen war, ist zunächst relevant, dass der Konvent 1350 die letzten kleinen besitzrechtlichen Erwerbungen unternahm, um das Grundstück für den Kirchenbau zu vergrößern. Am 6. Jänner erwarben die Augustiner das Haus der Brüder Konrad und Jans von Wulzendorf "auf der hoch strazze ze Wienne pei der Augustiner Chloster und zenachst Davits haus dez Schuester" um 18 Pfund Pfennige und am 1. März desselben Jahres das Haus der Erben des Schusters David "gelegen auf der Hochstrazze ze Wienne ze nest dem Haus daz weilent des Wultzendorffer gewesen ist" um 9 ½ Pfund Pfennige (Abb. 1a, Nr. 6 und 7). Das Haus der Herren von Wulzendorf ist schon 1347 belegt und gehörte davor (1343) Albrecht, dem Schreiber des herzoglichen Kellermeisters.172 Richard Perger lokalisierte die Häuser der Wulzendorfer und des Schusters David auf dem heutigen Josefsplatz,173 was aufgrund der gesicherten Zuordnung des Hauses der Herren von Stadeck nicht zutreffen kann. Wesentlich ist also der Umstand, dass 1350 der Baugrund, nachdem dieser für den Chorbau bereits gesichert war (siehe oben), noch einmal um kleine Grundstücke erweitert wurde. Damit dürfte die enorme Länge des Chores von 40,5 m endgültig festgelegt worden sein.

  3. Der Vergleich mit dem Aachener Münster hat gezeigt, dass Grund- und Aufriss des Langchores der Wiener Augustinerkirche einem hohen repräsentativen Anspruch genügen, der wohl kaum nur auf die Wünsche des Konvents zurückgehen konnte, welcher an sich den Chor ja hauptsächlich benutzte. Auf beiden Seiten des Presbyteriums war nachweislich das mittelalterliche Chorgestühl aufgestellt,174 das bei einer Chorlänge (ohne Polygon) von fast dreißig Metern insgesamt etwa achtzig Mönchen Platz geboten hätte. Die Größe des mittelalterlichen Wiener Konvents ist zeitgenössisch nicht überliefert, erst in einer Chronik des 18. Jahrhunderts finden sich die Angaben von 46 Priestern 1349 und 50 Priestern 1394.175 Auch wenn diese Daten nicht authentisch sein müssen, so scheint doch die Anzahl der Mönche nicht für die Länge des Presbyteriums ausschlaggegebend gewesen zu sein. Andere Augustinerkirchen verfügten nur über Chöre traditioneller Länge, sodass keine diesbezügliche Tradition dieses Bettelordens festgestellt werden kann.176 Außerdem wird in den barocken Chroniken beinahe entschuldigend betont, dass die Wiener Mönche im Chor ihr Gebet sprachen, "quod alium Chorum in toto Monasterio et Ecclesia non habebant", weil sie also keinen anderen geeigneten Ort im Kloster und in der Kirche dafür hatten.177 Das Presbyterium dürfte also mit einer zusätzlichen Nutzung in Zusammenhang gestanden haben, die möglicherweise Einfluss auf die Größe und Baugestalt des Chores ausgeübt hat.

  4. Es sollten daher Überlegungen zu einer weiteren Bauherrschaft und Funktion des Chores angestellt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Richard Kurt Donin und Friedrich Rennhofer178 die bis heute179 zitierte These aufstellten, der Ordensgeneral Thomas von Strassburg hätte als geistlicher Berater für den Bau der Augustinerkirche fungiert. Diese These kann nicht wie bisher üblich auf das Langhaus der Augustinerkirche bezogen werden, da Thomas erstmals 1356 auf Visitation in Wien war, wo er 1357 plötzlich verstarb, also zu einem Zeitpunkt, als das Langhaus bereits seiner Vollendung entgegen schritt. Weiters fehlen in den von Rennhofer zitierten Quellen180 jegliche Hinweise auf eine bauberatende Tätigkeit des Ordensgenerals. Thomas´ Nachfolger, Gregor von Rimini, wurde 1357 in Wien gewählt und starb ebenso unvermutet schon 1358. Beide Ordensgeneräle wurden in der Augustinerkirche beigesetzt181 und sollen maßgeblichen Einfluss auf Herzog Rudolf IV. bezüglich der Gründung der Wiener Universität ausgeübt haben.182 Thomas von Strassburg wird tatsächlich in einer Tradition der Universität Wien als deren erstes Mitglied ausgewiesen. Aufgrund der Zeitstellung und der Beziehung des Ordensgenerals zum österreichischen Landesfürsten kann, wenn überhaupt, nur der Frage nachgegangen werden, ob Thomas von Strassburg, der auch ein gutes Verhältnis zu Kaiser Karl IV. gepflogen hat,183 auf Rudolf IV. und damit auf die Ausgestaltung des damals vermutlich eben begonnenen Chores Einfluss genommen haben könnte.

  5. Vergleichbare Dimensionen eines Langchores sind selten – vielleicht ist es kein Zufall, dass die 1870 zerstörte Dominikanerkirche in Strassburg über einen der längsten Chöre Deutschlands mit fünf Jochen und einem 5/8-Schluss verfügt hatte (erbaut 1307-1345).184 Richard Kurt Donin sah darin einen Beleg für den Einfluss des Ordensgenerals auf den Wiener Chorbau.185 Ohne funktionellen Grund hätte Thomas aber die Baulänge von vierzig Metern nicht argumentieren können. Möglicherweise bestand ja ein ganz konkreter Bedarf: In der Augustinerkirche wurde 1351 wie vier Jahre später in Aachen ein entsprechend großer Besucherandrang in der Kirche beschrieben. Dieses Phänomen könnte wie in Aachen – auch wenn in Wien nicht explizit genannt – mit dem im 14. Jahrhundert besonders stark ausgeprägten Reliquienkult in Zusammenhang gestanden und damit die Bauform des Wiener Chores mitbestimmt haben. Pilgerströme hätten durch die beiden Türen seitlich des Hochaltares am Triumphbogen kanalisiert und im zentralisierenden Chorpolygon um einen weiteren Altar geführt werden können. Auf eine bessere Aufteilung der Menschenmenge hätte sich die außerordentliche Länge des Presbyteriums sicher positiv ausgewirkt. Einschränkend ist zu bekennen, dass aus dem Mittelalter keine Reliquien des Wiener Augustinerklosters auf uns gekommen sind und die Theorie des Wiener Chorbaus als Reliquiarbau historisch nicht weiter untermauert werden kann.

  6. Außerdem ist damit noch nicht die Frage beantwortet, warum gerade der Aachener Domchor und nicht ein anderer Bau, in dem ein Reliquienschrein aufbewahrt worden ist, als architektonisches Vorbild für den Chor der Wiener Augustinerkirche gewählt wurde. Dafür muss die Beziehung des Landesfürsten zu den Augustinern näher beleuchtet werden. Von Herzog Rudolf IV. sind zwar keine Stiftungen für das Augustinerkloster archivalisch überliefert, doch beurkundete der Ordensgeneral Matthäus von Ascoli bei einem Generalkapitel in Wien am 10. Juni 1362, dass Herzog Rudolf, seine Gemahlin Katharina und seine Brüder als Wohltäter des Ordens in die Messopfer und Gebete des gesamten Augustiner-Eremitenordens, also in dessen Konfraternität aufgenommen wurden.186 Erst danach, am 3. Dezember 1362, stiftete Rudolf IV. die steirischen Klöster der Augustiner-Eremiten in Fürstenfeld und Judenburg.187 Die vom Orden gewürdigte Wohltäterschaft Rudolfs kann sich also nicht auf diese Stiftungen bezogen haben, sondern muss andere Gunsterweisungen durch den Landesfürsten zur Voraussetzung gehabt haben. Es erscheint im Bereich des Möglichen, Rudolf mit einer ersten Bauphase am Chor der Wiener Augustinerkirche in Verbindung zu bringen. Der als Vorbild bereits konstatierte Chorbau von Aachen scheint für Rudolf ein plausibler Bezugspunkt gewesen zu sein, da das Münster als Krönungsstätte der deutschen Könige für den ehrgeizigen Herzog eine besondere Bedeutung gehabt haben muss. 1349 wurde hier sein Schwiegervater Karl IV. gekrönt. Obwohl keine Stiftungen zum Bau des Aachener Domchores überliefert sind, so wird dennoch aufgrund des vom Kaiser geförderten Wiederauflebens des Aachener Karlskultes sowie der Bestätigung Aachens als Krönungsort der deutschen Könige in der Goldenen Bulle, 1356, die Mitwirkung Karls IV. an diesem Bauprojekt allgemein angenommen.188 1353 wurde Rudolf symbolisch und 1357 real dessen Schwiegersohn und konnte sich bis zur Geburt des ältesten Sohnes Karls, Wenzels IV., im Jahr 1361 berechtigte Hoffnungen auf das Thronerbe machen.189 Zum Jahr 1353 berichtete daher die Chronik des niederösterreichischen Stiftes Zwettl, dass bei einem Treffen im Stift König Karl IV. wie ein Kaiser und Herzog Rudolf IV. wie ein König aufgenommen wurden. Diese Ambitionen führten zu der bekannten "Imitatio" Karls IV. in den Stiftungen Rudolfs, die von Rupert Feuchtmüller grundlegend analysiert worden sind.190 Der Bezug der unmittelbar neben der herzoglichen Burg in Wien situierten Augustinerkirche zur Krönungskirche der deutschen Könige entspricht daher durchaus dem Denken des Herzogs.

  7. Ein wesentlicher Aspekt der Imitatio war unter anderem das von Karl und Rudolf geteilte Interesse an Reliquien. Nachdem in Österreich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Reliquienkult keine große Rolle gespielt hatte, wurde er durch den Herzog entscheidend gefördert (zum Beispiel der Kult um die Heiligen Koloman in Melk und Leopold in Klosterneuburg, aber auch die Stiftung des Reliquienschatzes von St. Stephan in Wien). Wie noch auszuführen ist, wurde das zentrierende Chorpolygon im 15. Jahrhundert mit großer Wahrscheinlichkeit dem hl. Nikolaus von Tolentino geweiht, einem Augustinerheiligen, der äußerst selten für ein Patrozinium in Österreich gewählt wurde.191 Schon in die Zeit der Ordensleitung durch Thomas von Strassburg fielen zahlreiche Wunder des 1305 verstorbenen hl. Nikolaus,192 dessen Verehrung innerhalb des Ordens damals stark einsetzte, auch wenn seine Kanonisierung erst 1446 erfolgte. Es ist nicht nachweisbar, ob das Patrozinium des hl. Nikolaus von Tolentino schon in der Zeit des Baubeginns des Presbyteriums angedacht worden ist, ob also bereits unter Herzog Rudolf IV. Reliquien des späteren Heiligen über den Ordensgeneral erworben worden sind und zum Gegenstand kultischer Verehrung in dem exzeptionellen Chor der Wiener Augustinerkirche hätten erhoben werden sollen. Mangels einschlägiger Quellen können diesbezüglich nur Vermutungen geäußert werden.

  8. Als Zwischenresümee kann festgehalten werden, dass das Presbyterium der Wiener Augustinerkirche entsprechend den kunsthistorischen, bauarchäologischen und archivalischen Befunden im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts wahrscheinlich unter Herzog Rudolf IV. nach dem Vorbild des Aachener Münsters angelegt wurde. Mit seinem Tod 1365 dürfte es zu einer ersten Bauunterbrechung gekommen sein, weswegen die zwei vermutlich vor 1366 gestifteten Edelsteine der Markgräfin Margarethe von Mähren für die Finanzierung des Weiterbaus zunächst nicht zum Einsatz kamen (siehe oben).

  9. Ab 1377 wurde, wie oben ausgeführt, die neue Sakristei neben dem mittlerweile bestehenden Sockelgeschoß des Presbyteriums errichtet. Einige Jahre zuvor war Herzog Albrecht III. der Societas Templois beigetreten und unterstützte fortan vemutlich nicht nur den Bau der Ritterkapelle, sondern auch jenen des Presbyteriums. Albrecht wurde daher als "Insignis benefactor noster", als ausgezeichneter Wohltäter des Klosters bezeichnet.193 Am 27. August 1395 verfasste der Herzog sein Testament. Gleichzeitig plante Albrecht, die Zuwendungen von landesfürstlicher Seite für den Weiterbau der Augustinerkirche zu reduzieren und damit finanzielle Mittel für andere Bauprojekte freizumachen. Der nach wie vor jedoch unvollendete Chor der Klosterkirche sollte daher auf anderem Wege finanziert werden. Dafür traf Albrecht schon ein Jahr zuvor Vorkehrungen. Am 16. März 1394 erließ Papst Bonifaz IX. einen Ablass, den wohl nur der Herzog – auch wenn persönlich nicht genannt – erwirkt haben konnte.194 Die Bestimmungen umfassten für den Besuch der Kirche oder für Stiftungen zum Bau der Kirche ("ut xpifideles eo libentius causa deuotionis confluant ad eandem et ad eius fabricam manus promptius porrigant adiutrices") – und damit kann zu diesem Zeitpunkt nur mehr das Presbyterium gemeint gewesen sein – einen dreijährigen (!) Ablass. Albrechts Plan ging teilweise auf: Die durch die großzügigen Bestimmungen des Ablasses gesteigerte Motivation der Wiener Bürger, Geldmittel für den Bau des Chores zu stiften, ist in den städtischen Urkunden deutlich ablesbar. Von 1398 bis 1420 sind kontinuierlich Testamentsstiftungen überliefert, die sich im Rahmen von ein bis zehn Pfund Wiener Pfennig bewegten.195 Diese Summen sind nicht zu überschätzen, sie konnten vermutlich den Baubetrieb gerade am Leben erhalten, sodass damit keine wesentlichen Schritte zur Vollendung gesetzt werden konnten.

  10. Bis in das frühe 15. Jahrhundert standen die Außenmauern des Chores, ehe der Mangel an größeren Stiftungen die Arbeiten offenbar vollkommen zum Erliegen brachte. Die Ursache dafür lag in der ungenügenden Klostermoral, an welcher der Wiener Konvent im frühen 15. Jahrhundert litt - ein im Augustinerorden damals verbreitetes Phänomen. 1419 wurde daher in Sachsen und Thüringen eine Reformbewegung begründet. Auf Ansuchen Herzog Albrechts V. genehmigte das Provinzialkapitel am 24. Juni 1420 die Einführung der strengen Regel und Observanz auch im Wiener Konvent – bis zum endgültigen Inkrafttreten vergingen aber noch drei Jahre.196 Zur Erleichterung des Alltags stiftete der Herzog wöchentlich vier Pfund Pfennig, um dem Konvent das tägliche Betteln um Almosen zu ersparen.197 Die Reform war für den weiteren Bauverlauf mitentscheidend – die Einhaltung der Observanz war für manche Stifter ein wesentliches Kriterium für ihren Entschluss, dem Kloster große Geldsummen zu überlassen. So stiftete etwa Magister Berthold Stark von Basel, der Leibarzt von Herzog Albrecht V., dem Orden am 28. Dezember 1422 Grundrechte im Wert von 923 Pfund Pfennig unter der Bedingung, dass an der strengen Observanz festgehalten werde.198 Entsprechende Stiftungen wurden von den Augustinern wirtschaftlich gut angelegt, indem sie am 4. Dezember 1422 sämtliche Wiener Grundrechte des bankrotten Wiener Zweiges des Deutschen Ordens um 504 Pfund Pfennige erwarben,199 womit langfristig genügend Einnahmen gesichert waren, die in den Weiterbau des Chores investiert werden konnten.

  11. Noch unmittelbarer konnten die Mittel des Ritters Albrecht von Schweinbart angelegt werden, der dem Orden ohne Gegenleistung 300 Pfund Pfennige stiftete, die sie "dem egenanten Gotshaws zenutz vnd frumen angelegt vnd gebent haben".200 Erst nach dem Tod Albrechts verpflichtete sich der Orden 1434, als Dank eine tägliche Messe für ihn zu sprechen. Weitere großzügige Spenden waren von Nöten: 1443 stiftete der ehemalige Landeshauptmann der Steiermark und niederösterreichische Landmarschall Hans von Winden 450 Pfund Pfennig,201 im selben Jahr der königliche Büchensmeister Stephan Pock 210 Pfund Pfennig,202 1444 Viviana, die Witwe des Frengnans della Scala, 305 Pfund Pfennig,203 1445 folgte eine weitere Stiftung der Familie (Nikodemus della Scala, Bischof von Freising, starb 1443 und wurde im Familiengrab in der Augustinerkirche beigesetzt204), deren Restsumme erst zwischen 1457 und 1461 sukzessive abbezahlt wurde.205 1449 wurden Teile der Stiftung des Berthold Stark um 400 Pfund in Bargeld abgelöst.206 Diese großen Summen müssen entscheidend beim Weiterbau des Presbyteriums, also hauptsächlich für dessen Einwölbung gewirkt haben.

  12. 1451 schaltete sich Kaiser Friedrich III. erstmals in die Belange der Augustiner ein. Er stiftete jährlich zwei Dreilinge Salz aus der Siede in Hallstatt.207 1458 wies Friedrich die Stadt Wien an, die Erben des Büchsenmeisters Hans Han zu veranlassen, den Augustinern 105 Pfund Pfennig zu bezahlen, welche Han dem Orden "zu dem paw irs Gotzhaws geschafft" hatte.208 Und am 21. Februar 1461 erneuerte der Kaiser eine Stiftung König Albrechts II., als dieser noch Herzog war, von vier Pfund Pfennig pro Woche, damit der Konvent nicht mehr von Almosen leben müsse.209 Doch war diese Bestätigung nicht uneigennützig. Die Augustiner mussten dafür den Friedhof nördlich der Kirche an den Kaiser abtreten, der hier einen Garten anlegen ließ.

  13. Friedrichs Engagement zur Vollendung der Kirche muss aber viel größer gewesen sein, als diese Archivalien überliefern. Denn am 22. Jänner 1460 erwirkte er von seinem ehemaligen Sekretär Aeneas Silvio Piccolomini, dem nunmehrigen Papst Pius II., einen Ablass, aus dem Friedrichs Bedeutung für die Vollendung des Baus hervorgeht:210 Pius verlieh allen Besuchern der Kirche und denjenigen, die zur Bauvollendung beitrugen einen Ablass von zehn Jahren (!) beschränkt auf die Dauer von zwanzig Jahren. Dabei wurde hervorgehoben, dass der Prior und der Konvent durch Spenden den Chor fast fertig gestellt hätten ("Prior et Conuentus de elemosinis ip(s)is et huiusmodi eorum Monasterio elargitis Vnum solennem Chorum ad eccl(es)iam eorum huiusmodi ampliandum quasi perfecerunt") und dass Kaiser Friedrich III. viel zur Errichtung der Kapelle des hl. Nikolaus von Tolentino beigetragen hätte, die an den Chor angebaut worden wäre ("Capella sancti Nicolai del Tollentino Choro eiusdem eccl(es)ie annexa ad quam Carissimus in xpo (Christo) filius me Fredericus Romanorum Imperator semper Augustus magnum gerit deuotinis affectum"). Diese Kapelle des hl. Nikolaus von Tolentino kann nur – wie schon oben erwähnt – mit der Chorschlusskapelle identifiziert werden. 1461 verkündeten zwei Ablassurkunden von Kardinal Basilius Bessarion,211 Erzbischof von Nicäa, und von Nikolaus Perrottus,212 Erzbischof von Siponto und Sekretär Bessarions, die endgültige Vollendung des Bauwerks, da nun die Spenden nur mehr der Erhaltung und Ausstattung dienten ("ad repara(cionis) atque conseruac(i)o(n)is dicte ecc(les)ie siue monasterii aut calicu(m) libroru(m) et aliorum ornamentoru(m) pro diuino cultu inibi necessarioru(m) quotienscunque manus porrexerint adiutrices"). Der neue Hochaltar zu Ehren der Jungfrau Maria und der Hll. Philippus und Jakobus wurde in jüngeren Quellen als hoher hölzerner Flügelaltar mit Gesprenge beschrieben.213 Die hiemit belegte Spätdatierung der Vollendung des Presbyteriums in den Jahren 1460/61 passt stilistisch zur Wölbeform mit verstäbten Netzrippen.

  14. Der Umstand des Engagements Kaiser Friedrichs für die Vollendung der Kapelle des hl. Nikolaus von Tolentino mag als weiteres Indiz für Herzog Rudolf IV. als Fundator des Chorpolygons gewertet werden. Die Belege für die Vorbildwirkung Rudolfs auf Friedrich und für die Bestrebungen Friedrichs, Rudolfs unvollendete Pläne in die Tat umzusetzen (Privilegium Majus, Bistum Wien), sind hinreichend bekannt. Die vermutlich rudolfinischen Intentionen bei der Grundrisslösung nach dem Vorbild des Aachener Domchores müssen Friedrich III. wohl bewusst gewesen sein, da er selbst 1442 in Aachen zum deutschen König gekrönt wurde und 1486 hier seinen Sohn Maximilian krönen ließ.214

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Schlussbemerkungen

  1. Die nunmehr auf Basis verschiedener methodischer Ansätze bewiesene lange Bauzeit der Wiener Augustinerkirche von etwa 1330 bis 1461 war wohl einerseits das Resultat von mehreren Stiftungsengpässen, anderseits aber auch die übliche Folge des mittelalterlichen Hüttenbetriebes. Für den zum Vergleich herangezogenen Aachener Domchor belegen Baurechnungen, dass jeweils ein halbes Jahr gebaut, drei Monate lang nur Steinmetzarbeiten durchgeführt und drei Monate pausiert wurde. Sechs bis sieben Steinmetze plus drei bis vier Männer für den Baukran führten die Arbeiten durch.215 Da die Steinmetze für die Augustinerkirche so wie für die anderen gleichzeitigen Wiener Kirchenbauten (Minoritenkirche, Maria am Gestade, Karmeliterkirche Am Hof, Deutschordenskirche, Michaelerkirche, Hofburgkapelle216) vermutlich von der Bauhütte in St. Stephan abgezweigt werden mussten, ist wohl kein großes Personal auf der Baustelle zu erwarten. Bedenkt man schließlich die starke Fluktuation der Arbeitskräfte,217 die das kontinuierliche Arbeiten erschwerte, so waren es auch dem Hüttenbetrieb inhärente Gründe, die für ein langsames Voranschreiten der baulichen Aktivitäten mitverantwortlich waren.

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1 Als Beispiele können genannt werden: Das Deggingerhaus zu Regensburg. Sanierung – Geschichte – Ausgrabung, hg. Stadt Regensburg – Denkmalschutzbehörde, München 1994. Luisa Gallioto, Frank Löbbecke und Matthias Untermann, Hg., Das Haus "Zum roten Basler Stab" (Salzstraße 20) in Freiburg im Breisgau (Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 25), Stuttgart 2002. Josef Grünfelder, Toni Hofmann und Peter Lehman, Die Burg Zug. Archäologie – Baugeschichte – Restaurierung (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 28), Basel 2003. Armand Baeriswyl, Stadt, Vorstadt und Stadterweiterung im Mittelalter. Archäologische und historische Studien zum Wachstum der drei Zähringerstädte Burgdorf, Bern und Freiburg im Breisgau (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 30), Basel 2003.

2 FWF-Projekt "Die mittelalterliche Baugeschichte der Wiener Hofburg" P 18954 und P 21965 G 21 unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Mario Schwarz.

3 Zuletzt Günter Brucher, Wien. Augustiner-Eremiten- und Pfarrkirche St. Augustin, ehemals auch Hofpfarrkirche, sowie Günther Brucher, Wien. Augustiner-Eremiten- und Pfarrkirche, Georgskapelle, in: Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich, Bd. 2, Gotik, hg. Günter Brucher, München/London/New York 2000, 261-264, jeweils mit Angabe der älteren Literatur.

4 Lediglich Karl Lind vermutete, dass die Kirche im späten 14. Jahrhundert noch nicht vollendet war (vgl. Karl Lind, Über die drei mittelalterlichen Kirchen der Minoriten, Augustiner und Carmeliten in der Stadt Wien, in: Berichte und Mitteilungen des Altertumvereins zu Wien, Bd. V, Wien 1863, 162), dennoch wurde seit der ausführlichen Darstellung von Cölestin Wolfsgruber das Weihedatum mit der Bauvollendung gleichgesetzt (vgl. Cölestin Wolfsgruber, Die Hofkirche zu St. Augustin in Wien, Augsburg 1888).

5 Mit der Aufhebung des Augustiner-Eremitenklosters im Jahr 1812 wurden die Bücher auf die Hof- und die Universitätsbibliothek aufgeteilt sowie das Archiv veräußert. Die daraus stammenden mittelalterlichen Urkunden gelangten in das 1854 gegründete Institut für Österreichische Geschichtsforschung und wurden für Übungszwecke mit anderen Beständen in chronologischer Reihenfolge vermischt, vgl. Friedrich Rennhofer, Die Augustiner-Eremiten in Wien (Cassiciacum Bd. XIII), Würzburg 1956, 255-261. Die bisherige Literatur, die einzelne Urkunden zitierte (Wolfsgruber, St. Augustin; Lind, Mittelalterliche Kirchen, 157-168; Rennhofer, Augustiner-Eremiten; Richard Perger und Walther Brauneis, Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens, Wien/Hamburg 1977, 155-164), stützte sich auf die am Institut aufliegenden Regesten, eine Gesamtedition fehlt bislang.

6 Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 42-45. Auf dieser Basis Perger und Brauneis, Kirchen und Klöster, 89-90, sowie zuletzt Susanne Fritsch, Augustiner in der Stadt. Ansiedlung, Position und Aufgaben der Augustinerklöster in spätmittelalterlichen Städten, in: Bettelorden in Mitteleuropa. Geschichte, Kunst, Spiritualität (Beiträge zur Kirchengeschichte Niederösterreichs, Bd. 15 = Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt, Bd. 32, hg. Heidemarie Specht und Ralph Andraschek-Holzer), St. Pölten 2008, 198.

7 Universität Wien, Institut für Österreichische Geschichtsforschung (IÖG), Urk. Nr. 26, 29, 30.

8 Zitiert nach: Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), Handschrift B 125, Kopialbuch, begonnen 1497, fol. 4 – 4v. Das laut Quellen zur Geschichte der Stadt Wien (Qu.) I/5, Wien 1906, Nr. 4796, im Niederösterreichischen Landesarchiv befindliche Original ist schon seit längerem unauffindbar.

9 WStLA, Dienstbuch (Db.) 6/2, 1326, fol. 33, fol. 60, fol. 112v. Db. 6/3, 1342, fol. 21, fol. 49v. Db. 6/4, 1342, fol. 21, fol. 49v. fol. 100. Zum Vergleich: Für das Große Wallseer Haus östlich der Burg waren 12 Pfennige, für das Haus der Stadecker südlich der Burg 32 Pfennige und für den Palast des Dietrich von Pillichsdorf nördlich der Burg 37 Pfennige zu zahlen (Günther Buchinger und Doris Schön, … Gelegen bei der Purgk zu Wien … – Zur städtebaulichen Entwicklung des Wiener Burgviertels im Spätmittelalter, in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 2009, in Druck).

10 Zuletzt Brucher, Augustiner-Eremiten, 261 und Fritsch, Augustiner in der Stadt, 199.

11 Lind, Mittelalterliche Kirchen, 158.

12 Vitus Arenpeck, Chronicon Austriacum, in: Hieronymus Pez, Scriptores Rerum Austriacarum, Tomus I, Sp. 1240-1241 (1456 begonnen, letzter Eintrag 1532, diese Stelle um 1495 verfasst).

13 IÖG, Nr. 32, 1326, September 28.

14 IÖG, Nr. 33, 1327, April 23.

15 Leopold Brenner, Historia Cartusiae Maurbacensis, in: Hieroymus Pez, Scriptores Rerum Austriacarum, Tomus II, Lipsiae 1725, Sp. 348.

16 Edgar Krausen, Die Wittelsbacher und die mittelalterlichen Reformorden, in: Die Zeit der frühen Herzöge, Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern, Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1180-1350, München 1980, 355.

17 Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd. V: Der Kaiser und seine Umwelt: Hof, Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, München 1986, 10-11.

18 Siehe Arenpeck, Chronicon Austriacum.

19 Zur Lokalisierung siehe Buchinger und Schön, … Gelegen bei der Purgk zu Wien ….

20 Siehe zum Folgenden Fritsch, Augustiner in der Stadt, 198-209.

21 Richard Perger und Christiane Thomas, Neues zur Frühgeschichte der Wiener Burggärten, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, LII, 1998, Heft 2, 433.

22 IÖG, Nr. 34, 1330, Januar 7.

23 Qu. I/5, Wien 1906, Nr. 4794, 1317, Mai 25, Wien.

24 WStLA, Db. 6/2, 1326, fol. 60, 112v.

25 WStLA, Db. 6/3, 1342, fol. 49v., 100. Db. 6/4, 1342, fol. 49v., 100.

26 Siehe Anm. Fehler: Verweis nicht gefunden.

27 1356 bezahlten die Cillier für den Palast des Dietrich von Pillichsdorf 400 Pfund Pfennig (Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) Allgemeine Urkundenreihe (AUR), 1356, Mai 24). Weiterführende Informationen in: Buchinger und Schön, … Gelegen bei der Purgk zu Wien …, in Druck.

28 Siehe IÖG, Nr. 34, 1330, Januar 7.

29 Perger und Thomas, Wiener Burggärten, 433.

30 IÖG, Nr. 35, 1331, Juli 4.

31 Qu. I/5, Wien 1906, Nr. 4794, 1317, Mai 25, Wien. Ob es sich dabei um das Haus eines Eberlinus Ziecher handelte, das in den Dienstbüchern des Bürgerspitals eingetragen und in der Folge als in den Besitz des Augustinerkonvents übergegangen bezeichnet ist (WStLA, Db. 6/2, 1326, fol. 112v. Db. 6/3, 1342, fol. 100), lässt sich ebenso wenig mehr feststellen, wie der Zeitpunkt, zu dem das vordere Haus, jenes des Konrad des Gemach, in den Besitz des Ordens gewechselt ist.

32 Perger und Thomas, Wiener Burggärten, 433.

33 Im Bereich der Kelleranlagen des Augustinerklosters konnte im Zuge einer Bauuntersuchung an mehreren Stellen spätmittelalterliches Bruchsteinmauerwerk der abgebrochenen Vorgängerbauten aus dem 13. und 14. Jahrhundert dokumentiert werden (Abb. 1, Parzelle Nr. 3, 4, 5 und 7).

34 Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 58.

35 Leopold Brenner, Historia Cartusiae Maurbacensis, in: Hieroymus Pez, Scriptores Rerum Austriacarum, Tomus II, Lipsiae 1725, Sp. 348.

36 HHStA, Hs. W 8, fol. 178v.-179v.

37 HHStA, Hs. B 19, Rationarum der österreichischen Herzöge aus den Jahren 1326-1338, fol. 8.

38 Richard Kurt Donin, Die Bettelordenskirchen in Österreich, Baden bei Wien 1925, 261 bzw. 311.

39 IÖG, Nr. 36, 1333, Januar 1, Wien.

40 Lind, Mittelalterliche Kirchen, 159; Donin, Bettelordenskirchen, 225; Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 69.

41 WStLA, 2.8.63.B63 – Bücher, 1623-1865, Nr. 3, Protocoll oder Einschreib Buech Der Löbl. Haubt Hütten Der StainMötzen Zu Wienn, 339.

42 So werden als Erbauer zum Beispiel der Ruprechtskirche im Jahr 760 und der Peterskirche im Jahr 800 der Steinmetz Franciscus von Eisleben, des Schottenklosters 1159 der Steinmetz Michael Hungar von Augsburg und der Hofburg 1252 der Steinmetz Martin Puxberger von Innsbruck angegeben.

43 Brucher, Augustiner-Eremiten, 261.

44 IÖG, Nr. 55, 1347, August 23.

45 Anonymi Leobiensis Chronicon, in: Hieronymus Pez, Scriptores Rerum Austriacarum, Tomus I, Leipzig 1721, Sp. 970.

46 WStLA, Wiener Bürgerspitalarchiv, Urkunde 138, 1349, 23. August.

47 WStLA, Handschrift B 125 (siehe dazu Anm. 8), 2. Teil, fol. 28, Nr. 18.

48 IÖG, Nr. 63, 1349, November 1.

49 Bundesdenkmalamt (BDA), Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 2842/3/98.

50 Josef Zykan, Zur Bauplastik von St. Stephan, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, XXII, 1968, Heft 1, 14.

51 Maria Parucki, Die Wiener Minoritenkirche, Wien/Köln/Weimar 1995, 248.

52 Kristof Viola, Studien zur Bauplastik der Wallfahrtskirche Maria Straßengel in der Steiermark, Diplomarbeit Wien 2010, 60-62.

53 Josef Opitz, Die Plastik in Böhmen zur Zeit der Luxemburger, Prag 1936, Tafel 17.

54 Reiner Dieckhoff, antiqui – moderni, Zeitbewußtsein und Naturerfahrung im 14. Jahrhundert, in: Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern, Bd. 3, Ausstellungskatalog, Köln 1978, 91.

55 Zykan, Bauplastik, 14.

56 Augustinerarchiv Wien (AAW), Protocollum Ecclesiae Aulico = Caesareae & Conventus FF. Eremitarum Discalc. S.P.N. Augustini, Tomus I, Per Fr. Tobiam, Anno MDCCLVII, 239. - Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Codex 7638, fol. 26-29, Xystus Schier, De templo et monasterio ordinis Eremitarum S. Augustini Vindobonae intra muros compendium historicum (Über die Kirche und das Kloster der Augustiner), fol. 29.

57 Protocollum Ecclesiae Aulico, 232. - AAW, Protocollum Viennense, o.D., 18. Jahrhundert, 212.

58 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 2842/92.

59 Hans Hoffmann, Restaurierbericht, unpubliziertes Manuskript, 2009.

60 Alois Kieslinger, Wiener Baustoffe bis um 1600, in: Restauratorenblätter, Bd. 3, Steinkonservierung und Steinrestaurierung, Wien 1979, 78-79.

61 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 6729/1975.

62 Kieslinger, Wiener Baustoffe, 76.

63 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 2842/13/92.

64 Hoffmann, Restaurierbericht, unpubliziertes Manuskript, 2009.

65 Brucher, Augustiner-Eremiten, 261-262.

66 Während der Revolution 1848 beschossen kaiserliche Truppen die Stadt und setzten die Kuppel der Hofbibliothek in Brand, vgl. Karl Fischer, Brände im Bereich der Hofburg, in: Wiener Geschichtsblätter, 48. Jg., 1993, 51-52. Das Feuer breitete sich nach Süden aus und zerstörte auch die Dächer der Augustinerkirche und der Georgskapelle. Die Dachstühle mussten 1848 vollkommen neu hergestellt werden, wie die dendrochronologische Untersuchung der Balken erbrachte (Dr. Michael Grabner, Universität für Bodenkultur, Institut für Holzforschung). Der Brand war so verheerend, dass dadurch sämtliche mittelalterliche Ziegel ihre natürliche Radioaktivität verloren haben und daher bei der Untersuchung nach dem Thermolumineszenzverfahren eine deutlich geringere Dosis besaßen (Laboratory Ralf Kotalla, Haigerloch, Deutschland, Thermolumineszenzgutachten 01230909 - 06230909). Die daraus resultierende Datierung "zwischen 1845 und 1850" war daher zu relativieren und zeigte die Grenzen dieser naturwissenschaftlichen Methode in Zusammenhang mit in Städten häufig auftretenden Brandereignissen auf.

67 Alois Kieslinger, Die alte Fassade der Augustinerkirche in Wien, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, IV, 1950, Heft 3-4, 76-79.

68 Kieslinger, Augustinerkirche, 79. Die Lokalisierung des Fensters gegen einen bis heute bestehenden Lichthof lässt keinen Zweifel an der Identifizierung mit der Brandschutztür, die in den besagten Lichthof führt.

69 Hofkammerarchiv (HKA), Niederösterreichische Herrschaftsakten (NÖHA), W 61/B 2, fol. 307r., 308r. 309v., 326v.

70 HKA, NÖHA, W61/B 2, fol. 315v.

71 Protocollum Ecclesiae Aulico, 234-235.

72 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 2842/92.

73 Zykan, Bauplastik, 14.

74 IÖG, Nr. 63, 1349, November 1.

75 Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 265.

76 Die jüngeren Gewölbe des Chores liegen höher als jene des Langhauses, sodass der untere Teil der Mauer in jedem Fall notwendig war, nicht hingegen der obere Giebelabschluss.

77 ÖNB, Codex 7236, Xystus Schier, Opuscula varia, Pars I, Collectanea ad Historiam Eremitarum Si. Augustini, fol. 1-26, De monasterio Viennensi Eremitarum S. Augustini, fol. 10v.

78 Codex 7236, fol. 12v.

79 IÖG, Nr. 67, 1351, Januar 21.

80 ÖNB, Codex 3321, fol. 23-36, Collectio diplomatum germanicorum praesertim de fundationibus, donationibus etc. factis Monasterio S. Augustini Viennae ab anno 1367 usque ad 1401 (Stiftungen zum Augustinerkloster von 1367 bis 1401), ab ca. 1370 angelegt, fol. 23. - Protocollum Viennense, 75-79. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 75-80.

81 HHStA, AUR, 1368, September 15. - Qu. I/5, Wien 1906, Nr. 4820 (K.K. Archiv für Niederösterreich), 1372, Februar 14. - WStLA, Handschrift B 125 (siehe dazu Anm. 8), fol. 21v.-23, Nr. 23.

82 ÖNB, Codex 3321, fol. 33. - Protocollum Viennense, 102-105. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 112-115.

83 WStLA, Gb. 1/5, fol. 146v. (3). - IÖG, Nr. 113, 1386, Oktober 12.

84 IÖG, Nr. 41, 1338, November 1, Wien.

85 HHStA, AUR, 1336 Nov 1, Wien.

86 HHStA, AUR, 1337, Juni 8.

87 IÖG, Nr. 45, 1341, April 15, Wien.

88 HHStA, AUR, 1341, Juni 15, Wien.

89 ÖNB, Codex 3321, fol. 42-fol. 43v.

90 Josef Feil, Ueber die ältesten St. Georgsritter in Oesterreich oder die Gesellschaft der Tempelaise, in: Oesterreichische Blätter für Literatur, Kunst, Geschichte, Geografie, Statistik und Naturkunde, Nr. 56, V. Jg., 1848, 218. - Bernhard Heydenreich, Ritterorden und Rittergesellschaften, Dissertation Würzburg 1960, 8.

91 ÖNB, Codex 3321, fol. 17. - WStLA, Handschrift B 125, Kopialbuch, begonnen 1497, 2. Teil, fol. 26v.-27.

92 Vergleichbares Mauerwerk findet sich z. B. im Bereich des Alten Rathauses in Wien, um 1400, siehe Paul Mitchell und Doris Schön, Zur Struktur und Datierung des Mauerwerks in Wien, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, LVI, 2002, Heft 4, 467; oder am 1397 in Bau befindlichen Bergfried der Burg in Freistadt im oberösterreichischen Mühlviertel, siehe Thomas Kühtreiber, Handwerksgeschichtliche und ideologische Aspekte mittelalterlichen Mauerwerks am Beispiel Ostösterreichs, in: Walter Melzer, hg., Mittelalterarchäologie und Bauhandwerk. Beiträge des 8. Kolloquiums des Arbeitskreises zur archäologischen Erforschung des mittelalterlichen Handwerks (Soester Beiträge zur Archäologie 6), Soest 2005, 202.

93 Für diesen und für alle folgenden petrographischen Hinweise danken wir Prof. Andreas Rohatsch, Technische Universität Wien, Institut für Geotechnik, herzlich.

94 Alois Kieslinger, Die Steine von St. Stephan, Wien 1949, 170, Nr. 34.

95 Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, LI, 1997, Heft 1, 287.

96 Kieslinger, Wiener Baustoffe, 67.

97 Während die Maßwerkprofile des Achsenfensters und des westlich davon liegenden Fensters des westlichen Chores bei einer alten Restaurierung mit einem Schleifbock abgeschliffen wurden, sind die Maßwerke der übrigen Fenster in ihren Profilen authentischer überliefert.

98 Die mittelalterliche Polychromie wurde 1979 freigelegt: Im linken Schiff das Lamm Gottes mit roter Fahne, Pelikan mit Jungen, Löwe und Adler als Evangelistensymbole des Markus und Johannes, im rechten Schiff Christus in einem roten Kleid mit rosa Inkarnat und goldenem Nimbus, Löwe mit Jungen, Engel in grünem Kleid und roter Stier als Evangelistensymbole des Matthäus und Lukas.

99 Zykan, Bauplastik, 14.

100 Kieslinger, Wiener Baustoffe, 67.

101 Günther Buchinger, Eva Frodl-Kraft, Elisabeth Oberhaidacher-Herzig und Christina Wolf, Die mittelalterlichen Glasgemälde in Niederösterreich, Teil 2 (Krenstetten bis Zwettl), Corpus Vitrearum Medii Aevi, Österreich, Band V, in Vorbereitung.

102 Günter Brucher, Bad St. Leonhard im Lavanttal (Ktn.), Pfarr- und Wallfahrstkirche Hl. Leonhard, in: Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich, Bd. 2, Gotik, hg. Günter Brucher, München/London/New York 2000, 276-278.

103 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 3912/1979.

104 Kieslinger, Wiener Baustoffe, 67.

105 Maximilian Weltin, Die Anfänge der Herren von Puchheim in Niederösterreich, in: Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich, Bd. 30, Festschrift für Heide Dienst, St. Pölten 2004, 202-204 (NÖLA StA, Archiv Puchheim Nr. 3). - Andreas Zajic, Zu ewiger gedächtnis aufgericht, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 45, Wien 2004, 153 (Abschrift im Familienarchiv Trauttmansdorff, Karton 26, E 1, Nr. 2, fol. 1-2).

106 IÖG, Nr. 73, 1353, April 21, Wien.

107 Die älteste erhaltene Grabplatte des Heinrich Gessler stammt aus dem Jahr 1349.

108 Perger und Brauneis, Kirchen und Klöster, 61.

109 Elisabeth Hassmann und Meister Michael, Baumeister der Herzoge von Österreich, Wien/Köln/Weimar 2002, 356-357.

110 Franz Gall, Österreichische Wappenkunde, Wien/Köln/Weimar 1977, 124-125.

111 Qu. I/3, Wien 1897, Nr. 3041, 1339, 26. Februar.

112 Caroline Horch, Der Memorialgedanke und das Spektrum seiner Funktionen in der Bildenden Kunst des Mittelalters, Königstein im Taunus 2001, 221.

113 Perger und Brauneis, Kirchen und Klöster, 299.

114 Johann Jobst, Die Neustädter Burg und die k. u. k. Theresianische Militärakademie, Wien/Leipzig 1908, 152-153.

115 ÖNB, Codex 3321, fol. 44-48v.

116 HHStA, Familienurkunden, 307, 1395, August 27 (Abschrift).

117 Holger Kruse, Werner Paravicini und Andreas Ranft, Ritterorden und Adelsgesellschaften im spätmittelalterlichen Deutschland, ein systematisches Verzeichnis (Kieler Werkstücke, Reihe D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters, Bd. 1), Frankfurt am Main/Bern/New York/Paris 1991, 177.

118 Feil, St. Georgsritter in Oesterreich, 231-232.

119 1328/29 Friedrich von Kreusbach (Feil, St. Georgsritter in Oesterreich, 231. - Peter Suchenwirt's Werke aus dem vierzehnten Jahrhunderte, hg. von Alois Primisser, Wien 1827, Kapitel XIV, Zeile 123-138); Friedrich starb 1360, wurde 1368 als verstorbenes Mitglied der Gesellschaft der Templaise genannt und war bezeichnenderweise von der Bezahlung für den Kapellenbau befreit. Es drängt sich die Frage auf, ob Friedrichs Teilnahme am Kreuzzug diese Befreiung erwirkt hatte. Dem widerspricht allerdings die Tatsache, dass 1336/37 Johann von Böhmen seinen zweiten Zug mit dem Burggrafen Albrecht von Nürnberg unternahm (Feil, St. Georgsritter in Oesterreich, 231. – Suchenwirt's Werke, Kapitel VII, Zeile 77-84), und dieser nach seinem Tod 1361 in der Mitgliederliste als nicht befreites, verstorbenes Mitglied genannt wird. 1344/45 begleitete den König auf seinem dritten Zug gegen die Litauer Leutold von Stadeck (Feil, St. Georgsritter in Oesterreich, 232. – Suchenwirt's Werke, Kapitel XV, Zeile 114-143), dessen Bruder Rudolf Mitglied der Gesellschaft war.

120 Feil, St. Georgsritter in Oesterreich, 232. – Suchenwirt's Werke, Kapitel IV, Zeile 1-34, 461-466, 499-509.

121 Kruse, Paravicini und Ranft, Ritterorden und Adelsgesellschaften, 53.

122 Den Kreuzrittern Herzog Albrecht III. (gestorben 1395), Burggraf Albrecht von Nürnberg (gestorben 1361) und Friedrich von Kreuzpeck (gestorben 1360) – vgl. Suchenwirt's Werke, Kapitel V, VII und XIV – stehen vier Mitglieder gegenüber, die nicht an der Seite des Deutschen Ordens gekämpft haben: Graf Ulrich von Pfannberg (gestorben 1355), Hartwig von Pettau (gestorben um 1357), Ulrich von Wallsee (gestorben um 1357) und Graf Ulrich von Cilly (gestorben 1368) – vgl. Suchenwirt's Werke, Kapitel XI, XII, XIII und XVI.

123 Theodor Nolte, Lauda post mortem. Die deutschen und niederländischen Ehrenreden des Mittelalters, Frankfurt/Bern 1983, 32-33.

124 Die letzte archivalische Nennung stammt schon aus dem Jahr 1378, als "heinrich der gessler die zeit des hochgebohrnen fürsten unsers gnädigen herrn herzogs leupold ze österreich Cammer Mayster" eine "gesungene Seel Mess in der templwiser Capellen" stiftete. ÖNB, Codex 3321, fol. 28. - Protocollum Viennense, 92-93. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 97-100.

125 Cölestin Wolfsgruber, Geschichte der Loretokapelle bei St. Augustin in Wien, Wien 1886, 53.

126 Protocollum Ecclesiae Aulico, 148, 234.

127 Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 80.

128 Renate Wagner-Rieger, Gotische Kapellen in Niederösterreich, in: Festschrift Karl Maria Swoboda, Wien 1959, 295.

129 Renate Wagner-Rieger, Mittelalterliche Architektur in Österreich, hg. Artur Rosenauer, St. Pölten/Wien 1988, 139.

130 Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, LI, 1997, Heft 1, 287.

131 Vom Badener Kloster hat sich im Wesentlichen nur der Kreuzgang mit Anräumen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten. Im Nordflügel alternieren gekehlte und abgefaste Gewände.

132 WStLA, Handschrift A 123/1, Inventarium vber das Augustiner Closter alhie beschrieben den 18. January Anno 1602, fol. 9v.

133 Karl Schnieringer, Das romanische Mortuarium, Ergebnisse einer Bauuntersuchung im Westkreuzgang, in: Der Dom zu Regensburg, Ausgrabung . Restaurierung . Forschung. Kataloge und Schriften, Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, Diözesanmuseum Regensburg, Bd. 8, Regensburg 1990, 45.

134 Peter Morsbach, Zur Bau- und Ausstattungsgeschichte des Regensburger Domkreuzganges, in: Der Dom zu Regensburg, Ausgrabung – Restaurierung – Forschung (Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, Diözesanmuseum Regensburg, Kataloge und Schriften, Bd. 8), Regensburg 1990, 35.

135 Matthias Untermann, Handbuch der mittelalterlichen Architektur, Darmstadt 2009, 154.

136 ÖNB, Codex Trautsonianus, Codex series nova 12.781, pag. 256.

137 WStLA, Bürgerspitalarchiv, Urkunde 299, 1377, April 5, Wien. "Chunigunt, Herrn Chunrats des Schönnaicher Witwe, Geschäftsbrief: Darnach so Schaff ich ... und Schaff hintz den Augustinern Sechtzig phunt Wienn(er) phenning zu dem newn Sagrer, daz man den alten rawn, vnd ledig daz da nvr ein Cappell sei als es mein wirt der Schonnaicher gemaynt hat. ... ze Wienne nach Christes gepurt drewtzehennundert Jar darnach in dem Syben vnd Sibentzgistem iar des nehsten Svnntages nach Ostern."

138 ÖNB, Codex 7236, fol. 13, 1349, März 24, Wien: "Conradus Schönaicher ... fundat quotidianam missam legendam in capella qua est inter chorum et magnam capellam /: credo S. Georgij :/ in (hon)ora S. Crucis ab ipso extructa."

139 IÖG, Nr. 59, 1349, März 24, Wien.

140 Wolfsgruber, Loretokapelle, 53. - Protocollum Viennense, 581: "Diser Capellen lenge gienge biss zu der maur, auf welcher anjetzo der Chor vor die Musicanten stehet." - Protocollum Ecclesiae Aulico, 157: "Non fuit autem haec Capella tam longa, dum aedificaretur, quam nunc sit, protendebatur enim tantum usque ad murum, quo Chorus sustenatatur." - ÖNB, Codex 12473, Ursprüng und Beschreibüng unserer Kayserlichen Hoffkirchen Sancti Patris Augustini, fol. 218v.

141 ÖNB, Codex 12473, fol. 226.

142 ÖNB, Codex 12473, fol. 220.

143 WStLA, Handschrift A 171, Liber fundationem, Copialbuch von Urkunden der Augustinerklöster in Wien Stadt und Landstraße, 1327-1748, fol. 14v.-16v.

144 WStLA, Gb. 1/5, fol. 146v. (3). - IÖG, Nr. 113, 1386, Oktober 12, Wien.

145 IÖG, Nr. 39, 1347, August 23.

146 IÖG, Nr. 77, 1358, April 12, Wien.

147 ÖNB, Codex 12473, fol 225v. - Protocollum Viennense, 624.

148 Protocollum Viennense, 214-215. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 62-63. - ÖNB, Codex 12473, fol. 220.

149 WStLA, Handschrift A 123/1, 1602. - WStLA, Handschrift A 123/2, Inventarium vber das Augustiner Closter alhie beschrieben den 19. January Anno 1605.

150 Die Franziskaner in der Provinz Saxonia verzichteten gänzlich auf Kapitelsäle. Ihre Stelle nahmen große Sakristeien ein, vgl. Untermann, Handbuch, 153.

151 Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege, LI, 1997, Heft 1, 287.

152 Brucher, Augustiner-Eremiten, 262 (mit älterer Literatur).

153 BDA, Archiv, Mappe 2842, Wien, Augustinerkirche und -kloster, Zl. 2842/2/98.

154 Diese Veränderung kann nicht, wie von Christoph Serentschy angenommen, schon 1784 stattgefunden haben, sondern erst bei der neuerlichen Altarraumumgestaltung 1873, da Lind 1863 in seiner Beschreibung der Augustinerkirche noch von unverzierten Schlusssteinen im Chor spricht, vgl. Lind, Mittelalterliche Kirchen, 166.

155 7/12-Schlüsse: ehemaliger Langchor der Minoritenkirche in Wien, ehemalige Liechtenstein-Kapelle im Stift Seckau, Stiftskirche St. Lambrecht (beide Steiermark), Franziskanerkirche in Salzburg. 9/16-Schluss: Stiftskirche Zwettl (Niederösterreich).

156 Ein weiterer 7/10-Schluss soll ehemals am Chor der steirischen Wallfahrtskirche Mariazell bestanden haben, der 1654-1662 abgerissen wurde, doch bildlich überliefert ist, vgl. Marianne Gerstenberger, Die gotische Wallfahrtskirche von Mariazell, in: Ausstellungskatalog Schatz und Schicksal: Mariazell, Neuberg/Mürz 1996, 37-38. - Marianne Gerstenberger, Mariazell, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariae Geburt, in: Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich, Bd. 2, Gotik, hg. Günter Brucher, München/London/New York 2000, 270. Gerstenberger benennt den Chor trotz richtiger zeichnerischer Darstellung des Grundrisses als 7/12-Schluss.

157 Brucher, Augustiner-Eremiten, 262-263 (mit älterer Literatur).

158 Wolfgang Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz in der Gotischen Architektur, Berlin 1968, 168-171.

159 Walter Buchowiecki, Die gotischen Kirchen Österreichs, Wien 1952, 239. - Donin, Bettelordenskirchen, 227. - Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz, 172.

160 Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz, 168. Friedhelm Wilhelm Fischer, Die spätgotische Kirchenbaukunst am Mittelrhein 1410-1520, Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, N.F. Band 7, 1962, 201.

161 Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz , 177.

162 Brucher, Augustiner-Eremiten, 262-263.

163 Werner Gross, Deutsche Architektur, in: Otto von Simson, Das Mittelalter II, Propyläen Kunstgeschichte, Bd. VI, Berlin 1972, 187.

164 Den 23 Metern Raumhöhe in Wien stehen 32 Meter in Aachen gegenüber. Die Aachener Fenster zählen mit ihren 26 Metern Höhe zu den größten der abendländischen Gotik (in Wien nur 16 Meter). Die enorme Höhe führte im Gegensatz zu Wien zum Einsatz von Maßwerkbrücken. Die Fenster im Polygon sind in Aachen und in Wien dreibahnig, jene in den Chorjochen waren in Aachen ehemals sechs- und in Wien vierbahnig, vgl. Klaus Winands, Zur Geschichte und Architektur des Chores und der Kapellenbauten des Aachener Münsters, Recklinghausen 1989, 60-61. - Gisbert Knopp, Das Glashaus von Aachen, Krönungsort – Karlsmausoleum – Pilgerzentrum, in: Die gotische Chorhalle des Aachener Doms und ihre Ausstattung. Baugeschichte – Bauforschung – Sanierung, Petersberg 2002, 12.

165 Erst nachträglich wurden um 1430 die Dienste für Figurenbaldachine und Engelskonsolen durchbrochen, vgl. Leo Hugot, Aachen, in: Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400, Europäische Kunst unter den Luxemburgern, Bd. 1, Köln 1978, 121, 124. - Winands, Aachener Münster, 62. - Knopp, Glashaus von Aachen, 12. - Ulrike Heckner, Die gotische Chorhalle des Aachener Doms: Ergebnisse der Bauforschung, in: Die gotische Chorhalle des Aachener Doms und ihre Ausstattung. Baugeschichte – Bauforschung – Sanierung, Petersberg 2002, 125.

166 Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz , 164. - Winands, Aachener Münster, 78. - Knopp, Glashaus von Aachen, 14.

167 Götz, Zentralbau und Zentralbautendenz, 164. - Hugot, Aachen, 121. - Winands, Aachener Münster, 41.

168 Hugot, Aachen, 121. - Winands, Aachener Münster, 72, 77. - Knopp, Glashaus von Aachen, 14, 16, 20.

169 Winands, Aachener Münster, 42, 45. - Knopp, Glashaus von Aachen, 9-10.

170 Vergleichbares Mauerwerk konnte an einzelnen Türmen der Stadtbefestigung von Eggenburg befundet werden, spätes 14./Anfang 15. Jahrhundert, vgl. Nikolaus Hofer, Mittelalterliche Stadtbefestigungen in Niederösterreich. Die bauarchäologische Bestandsaufnahme von Krems, Stein und Eggenburg (Archäologie Österreichs 11/2), 2000, 19.

171 Beseler, Hofburg Wien – Augustinerkirche, 8.

172 IÖG, Nr. 49, 1350, Januar 6. - IÖG, Nr. 50, 1350, März 1. - IÖG, Nr. 39, 1347, August 23. - IÖG, Nr. 34, 1343, Mai 22.

173 Perger und Thomas, Wiener Burggärten, 433.

174 Protocollum Ecclesiae Aulico, fol. 230. - Protocollum Viennense, 212-213. - ÖNB, Codex 12473, fol. 219v.

175 ÖNB, Codex 7236, fol. 13-14.

176 In Österreich bestanden ehemals drei weitere Konvente: Baden bei Wien, Fürstenfeld und Judenburg (beide Steiermark), jeweils mit ehemals zweijochigen Chören, vgl. Donin, Bettelordenskirchen, 62-66, 258-261, 308-309. In München besaß die Augustinerkirche einen dreijochigen Chor, zahlreiche weitere Ordenskirchen der Augustiner wurden in Deutschland und Böhmen barockisiert oder zerstört (Prag, Regensburg, Würzburg, Nürnberg, Mainz).

177 Protocollum Ecclesiae Aulico, fol. 230. - Protocollum Viennense, 212-213.

178 Donin, Bettelordenskirchen, 226. - Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 83.

179 Zuletzt Brucher, Augustiner-Eremiten, 263.

180 Nicolaus Crusenius, Monasticon Augustinianum, in quo Omnium Ordinum sub Regula S. Augustini militantium; praecipue tamen Eremitarum … Origines atque incrementa … explicantur, Monacchi 1623. - Dominicus Antonius Gandolfus, Dissertatio historica de ducentis celeberrimis Augustinianis scriptoribus, Romae 1704.

181 1603 erhielten die beiden Ordensgeneräle sowie Jordan von Sachsen (ein Gelehrter des Ordens, der vermutlich 1370 in Wien verstorben war und nicht mit dem gleichnamigen, älteren Ordensgeneral des Dominikanerordens zu verwechseln ist) ein gemeinsames Marmorgrab, das an einem Langhauspfeiler links von der frühbarocken Capella Lauretana befestigt war (Protocollum Ecclesiae Aulico, 232-233. - ÖNB, Codex 7236, fol. 16) und dessen Inschriftentafel sich heute in der Gruft unter dem Langhaus befindet.

182 Rennhofer, Augustiner-Eremiten, 89-112.

183 Gandolfus, Dissertatio historica, 335.

184 Richard Krautheimer, Die Kirchen der Bettelorden in Deutschland, Köln 1925, 78.

185 Donin, Bettelordenskirchen, 226.

186 HHStA, FUK 175, 1362, 10. Juni. - Antonius Steyerer, Comentarii pro Historia Alberti II. Ducis Austriae cognomento Sapientis, Lipsiae 1725, Additiones Sp. 347.

187 Donin, Bettelordenskirchen, 62, 308.

188 Winands, Aachener Münster, 41. - Hugot, Aachen, 121. - Knopp, Glashaus von Aachen, 14-15.

189 Heinrich Koller, Die Familie der Luxemburger, in: Ausstellungskatalog Kaiser Karl IV., Staatsmann und Mäzen, hg. Ferdinand Seibt, München 1979, 321. - Peter Moraw, Das "Privilegium maius" und die Reichsverfassung, in: Fälschungen im Mittelalter, Bd. III, Hannover 1988, 213. - Caroline Horch, Der Memorialgedanke und das Spektrum seiner Funktionen in der Bildenden Kunst des Mittelalters, Königstein im Taunus 2001, 217-218.

190 Rupert Feuchtmüller, Die "Imitatio" Karls IV. in den Stiftungen der Habsburger, in: Ausstellungskatalog Kaiser Karl IV. Staatsmann und Mäzen, hg. Ferdinand Seibt, München 1978, 378-386.

191 Lediglich im burgenländischen Lockenhaus ist ein Kirchenpatrozinium des hl. Nikolaus von Tolentino in Österreich nachweisbar.

192 Crusenius, Monasticon Augustinianum, 154.

193 ÖNB, Codex 7236, fol. 26.

194 IÖG, Nr. 121, 1394, März 16, Rom.

195 WStLA, Testamentenbuch (TB.) 1, fol. 43v., 49v., 113v., 132v., 136v., 159v., WStLA, TB 2, fol. 40, 42v., 54v., 55, 204, 208v., 209, WStLA, TB 3, fol. 49v., 122v.

196 WStLA, H.A.-Urk. 2208. Am 12. Juli 1421 erließ der Ordensgeneral Frater Augustinus de Roma auf Bitten Herzog Albrechts die Bestimmungen über die Einführung der strengen Observanz im Wiener Konvent, und am 18. August desselben Jahres genehmigte Papst Martin V. auf die ihm vorgebrachten Bitten Herzog Albrechts V. und des Ordensgenerals Augustinus von Rom die Einführung der strengen Regel und Observanz im Wiener Konvent. Am 17. Jänner 1422 vidimierte Frater Oswaldus Remlein von Nürnberg, der neue Prior der Wiener Augustiner, die vorgelegte päpstliche Bulle zur Einführung der strengen Observanz im Wiener Konvent durch die Diözese Passau, und am 11. Februar 1423 legte der Prior sämtliche Urkunden dem Kanzler Herzog Albrechts zur Vidimierung vor. Erst damit war die Einführung der Ordensreform in Wien besiegelt.

197 Qu. I/1, Wien 1898, Nr. 4932 (K.K. Archiv für Niederösterreich), 1460, Februar 21, Wien. - Handschrift B 125, fol. 25v., Nr. 30. - Handschrift A 171, fol. 17v.-18. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 64-68.

198 WStLA, H.A.-Urk. 2205, 2207. - Handschrift B 125, fol. 8-9v., Nr. 9. - Handschrift A 171, fol. 6-8.

199 IÖG, Nr. 151, 1422, Dezember 4.

200 Handschrift B 125, fol. 44v.-45v., Nr. 57.

201 Handschrift B 125, fol. 18v.-21v., Nr. 22. - Handschrift A 171, fol. 10-14v.

202 Handschrift B 125, fol. 23-23v., Nr. 24. - Handschrift A 171, fol. 16v.-17v.

203 Qu. I/7, Wien 1923, Nr. 14991 (HHStA), 1444, März 15, Wien.

204 ÖNB, Codex Trautsonianus, Codex series nova 12.781, pag. 245-246.

205 Handschrift B 125, fol. 33-33v., 34. - Handschrift A 171, fol. 20v.-22.

206 Diözesanarchiv Wien, Urkunde vom 1449, Juli 11, Wien.

207 IÖG, Nr. 191, 1451 August 7, Wien. Ein Dreiling umfasst 24 Eimer zu 56 Liter, also insgesamt 2688 Liter.

208 WStLA, H.A.-Urk. 3822.

209 Siehe Anm. 277. - Handschrift B 125, fol. 25v., Nr. 30. - WStLA, Handschrift A 172, fol. 17v.-18. - Protocollum Ecclesiae Aulico, 64-68.

210 IÖG, Nr. 207, 1460, Jänner 22, Rom (apud Sanctum petrum).

211 IÖG, Nr. 211, 1461, Juni 3, Wien.

212 IÖG, Nr. 212, 1461, Juni 3, Wien.

213 Protocollum Ecclesiae Aulico, 231. - Protocollum Viennense, 211, 259. - ÖNB, Codex 12473, fol. 219.

214 Knopp, Glashaus von Aachen, 22. Friedrich III. ließ den Chor 1486 mit Szenen aus dem Marienleben neu ausmalen und mit seiner Devise AEIOU versehen.

215 Winands, Aachener Münster, 43.

216 Für die Hofburgkapelle konnte der Nachweis mittels übereinstimmender Steinmetzzeichen erbracht werden, vgl. Günther Buchinger, Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte der Wiener Hofburgkapelle, in: Mitteilungen der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung, 62. Jg., Nummer 2/3, Wien 2010, 1-10.

217 Der weitaus überwiegende Teil der Steinmetzen hielt sich weniger als ein Jahr auf der Baustelle auf, sodass nicht von einer ständigen Besetzung durch bestimmte Steinmetzen gesprochen werden kann, vgl. Horst Masuch, Erkenntnisse zur Steinmetzzeichen-Forschung aus Bauregistern des 14. bis 16. Jahrhunderts von Nürnberg St. Lorenz, Prag St. Veit, Wien St. Stephan und der Münsterkirche in Konstanz, in: Architectura 1, 1991, 5-6.

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