RIHA Journal 0180 | 10 October 2017

Ludwig Grote und die Moderne 1933-1959: Paradigma einer Internationalisierung*

Susanne Neubauer
Freie Universität Berlin

Abstract
The activities of German art historian Ludwig Grote (1893-1974) illuminate how cultural policy was influenced by the interaction of scholarly studies, people’s simple need to make ends meet during WWII, and the predominant promotion of certain artistic positions immediately after the war. Grote’s work should be considered in the context of recent counter-currents in the area of epistemology which try to rethink the way history has been written in the past and to reappraise German and international avant-garde art of the 1950s. By looking at Grote’s efforts for internationalization, which can be traced back through his active involvement with art in and from Brazil, this article sheds light on the problematic relationship between established narratives of Modernism and the diverse archival layers of information accessible today. Thus this discussion aims at contributing to the debate on the different perspectives necessary when writing art history today while doing justice to the transcultural aspect.

Einleitung

Seit 1933 hat Deutschland keine Kunstausstellung mehr gehabt, die sich mit der des „Blauen Reiters“ in München vergleichen könnte. Hier ist wirklich etwas für die Kunst und für die Geistesgeschichte geleistet worden.

Will Grohmann, 19491

[1] Die Arbeit des deutschen Kunsthistorikers Ludwig Grote ist für die Art und Weise, wie Kulturpolitik durch das Zusammenspiel von kunsthistorischer Arbeit, der Förderung bestimmter künstlerischer Positionen in der unmittelbaren Nachkriegszeit und dem Zwang zum simplen Broterwerb beeinflusst wurde, exemplarisch. Grotes Wirken muss im Rahmen aktueller Gegenepistemologien zur bisherigen Geschichtsschreibung der Wiederetablierung der deutschen und der internationalen Avantgarde-Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg, die durch die Gründung der documenta und die unterschiedlichen Re-Education-Programme der Besatzungsmächte maßgeblich geprägt wurde, gesehen werden. Trotz prominenter, auch internationaler Aufträge seitens kulturpolitisch bedeutender Institutionen hat Grote überraschenderweise bisher keine große Rolle in den Untersuchungen zur deutschen Kunstgeschichte nach 1945 gespielt. Der Kunsthistoriker erscheint fast durchwegs nur in Randnotizen und Fussnoten. Diese Tatsache verlangt dringend nach einer Klärung im Kontext der bisher untersuchten, sehr unterschiedlichen Werdegänge anderer deutscher Kunstwissenschaftler, Museumsleiter und Kunsthändler, die vor, während als auch nach dem Zweiten Weltkrieg in ihren Berufen tätig waren.2 Da Grote in die Kulturpolitik mit Brasilien involviert war, erweist sich seine Nachkriegsbiografie als zusätzlich geeignet, die bisher vernachlässigte Perspektive der unmittelbar nach dem Krieg beginnenden Internationalisierungsbestrebungen der jungen Bundesrepublik in die aktuelle Revision der eurozentrisch geprägten Moderne unter globalen Vorzeichen einzubeziehen. Ein solcher Blickwinkel ergänzt die bisherigen Forschungen zum Kunsthandel und zur Kunstwissenschaft an den Universitäten während des Nationalsozialismus, zur Kulturdiplomatie nach 1945 und zur Aufbauphase der Museen in den 1950er Jahren, insbesondere zu den zahlreichen in Deutschland veranstalteten Kunstausstellungen der vormalig verfemten Moderne.3 Dieser Beitrag erhellt erstmalig einen ausgewählten Teil des umfangreichen Nachlasses von Ludwig Grote, der jüngst vom Deutschen Kunstarchiv neu verzeichnet wurde.4

[2] Eine Untersuchung der Tätigkeiten Ludwig Grotes in den 1950er Jahren muß auch seine zahlreichen politischen Verflechtungen ab 1933 in den Blick nehmen.5 Im Zentrum stehen dabei seine beruflichen Beziehungen zu Eberhard Hanfstaengl, Carl Georg Heise, Werner Haftmann, aber auch zu Theodor Heuss, dem Staatssekretär Dieter Sattler sowie dem Generalsekretär der Ständigen Konferenz der Kultusminister, Walter Keim. Die Analyse des Netzwerks und der Austauschprozesse6 zeigt interessanterweise durch einen zusätzlichen Blick auf die Archivebene der Moderne bzw. „in der Nahsicht“,7 die sich durch eine Evaluation der zahlreichen Quellen auftut, eine vor allem methodologische Problematik auf: Die Divergenz zwischen beruflichen und privaten Äußerungen, die unterschiedliche Öffentlichkeitsbereiche abbilden. Da in ihnen Aussagen zu Grotes beruflicher Positionierung in der damaligen Zeit und folglich auch zur politischen Situation zu finden sind, öffnen sie ein wichtiges und bisher weitgehend unterproblematisiertes Feld der Interpretation und kunsthistorischen Analyse. Sie hinterlassen wenig überraschend ein widersprüchliches Bild eines Protagonisten, der sich offenbar gekonnt nur im Hintergrund zu den damaligen Debatten geäußert hat und stets auf Sicherung seiner beruflichen Position bedacht war.8 Grote agierte zurückhaltender als beispielsweise Will Grohmann, der sich mit den Nationalsozialisten auch praktisch zu arrangieren wusste.9 Um mit Hans-Ernst Mittig zu sprechen, ist eine genaue Festlegung der Position Grotes während und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht möglich und auch nicht von Nöten.10 Im folgenden Beitrag gilt es in erster Linie, die Widersprüche zwischen offenen und verdeckten Stellungnahmen und politischen Haltungen erstmals zu benennen und für den Diskurs der transnational-kritischen Kunstgeschichtsschreibung der Zweiten Moderne in Bezug zu setzen. Dabei ist der Frage nachzugehen, in welchem Ausmaße diese Positionierungen innerhalb der bestehenden bzw. sich neu formierenden persönlichen Verbindungen die Entwicklung der deutschen Moderne nach 1945 mitbestimmt haben. Die entweder den Regeln der Provenienzforschung gehorchende oder stark biografisch geprägte Forschung der jüngsten Zeit hat es bisher versäumt, den unterschiedlichen Schwerpunkten, die sich durch Quellen regionaler, nationaler und internationaler Relevanz sowie durch die privaten und beruflichen Verstrickungen auftun, im übergeordneten Kontext der unterschiedlichen Moderneerzählungen gebührend Gewicht zu verleihen.

Grotes überlieferte Biografie

[3] Ludwig Grote wurde 1893 in Halle an der Saale geboren und starb 1974 in Gauting bei München.11 Zwischen 1912 und 1922, unterbrochen durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg, studierte er in Jena, Braunschweig, Halle-Wittenberg und München Archäologie, Architektur und Kunstgeschichte. Von 1924 bis 1933 war er Landeskonservator von Anhalt, ab 1927 im Nebenamt Direktor der von ihm gegründeten Gemäldegalerie in Dessau. Im gleichen Jahr heiratete der Vierunddreißigjährige Gertrud Maud Schmitt (1906-1996).12 In der Funktion als Landeskonservator war Grote Berater des dortigen Bürgermeisters Fritz Hesse und führte mit „großem Elan“13 die Verhandlungen für den Umzug des Bauhauses. Als Leiter der 1927 eröffneten Anhaltischen Gemäldegalerie konnte er namhafte Persönlichkeiten aus Kultur und Politik begrüßen, so den Reichspräsidenten von Hindenburg, den Generaldirektor der Preußischen Museen zu Berlin Dr. von Falke, den Direktor des Bauhauses Walter Gropius und den Direktor der Nationalgalerie Ludwig Justi.14 Noch 1929 veranstaltete Grote im Anhaltischen Kunstverein eine Gedenkausstellung über den aus Dessau stammenden Philosophen Moses Mendelssohn sowie im Januar 1930 die „Ausstellung moderner Bildwirkereien 1930“, die maßgeblich von Gunta Stölzl, der Leiterin der Webereiwerkstatt des Bauhauses, unterstützt wurde.15 Grotes zahlreiche Bemühungen um den Erhalt des Bauhauses und seiner Dessauer Stellung waren erfolglos und endeten mit seiner vorzeitigen Pensionierung im Mai 1933. Anklagepunkte des Untersuchungsausschusses der NSDAP waren seine Ankaufspolitik sowie seine Förderung des Bauhauses.16

[4] Wie viele Kunsthistoriker seiner Zeit hielt sich Grote über seine Tätigkeit zwischen 1933 und 1945 zurück.17 In einer tabellarischen Biografie schreibt er lediglich: „1933 Entlassung durch die Nationalsozialisten. Bis 1951 freiberuflich als Kunstschriftsteller tätig.“18 In den wenigen Erwähnungen seines Schaffens wird nebst den Museumspositionen vor allem seine freie Tätigkeit für das ab 1946 von Peter A. Ade19 geleitete Haus der Kunst in München hervorgehoben. Das ehemalige „Haus der Deutschen Kunst“, 1937 von Hitler eröffnet, war vom Krieg weitgehend verschont geblieben und diente unter anderem der Staatsgalerie Moderne Kunst unter Eberhard Hanfstaengl als Ausstellungsort. Hanfstaengl initiierte Ausstellungen internationaler, kurz davor von den Nationalsozialisten noch als „entartet“ eingestufter Kunst, für deren Ausführung er Ludwig Grote beauftragte.20 Nebst „Max Beckmann zum Gedächtnis 1884–1950 (München 1950), „Oskar Kokoschka 1907–1950“ (München 1950) und „Toulouse-Lautrec. Das grafische Werk. Sammlung Ludwig Charell“ (München 1951) waren es vor allem die Ausstellungen „Der Blaue Reiter 1908–1914“ (München 1949 und Basel 1950) und „Die Maler am Bauhaus“ (München 1950), die Grote großen Ruhm einbrachten.

Ausstellung „Der Blaue Reiter“, Haus der Kunst München, 1949, Foto: Johannes Felbermeyer (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Grote, Ludwig, ASS6-0030)

Mit der von Grote mit fast dreihundert Werken eingerichteten Gedächtnisausstellung des „Blauen Reiters“ sei, so Staatssekretär Dieter Sattler anlässlich der Eröffnungsrede, das ehemalige „Haus der deutschen Kunst“ entnazifiziert worden.21 Für Eberhard Hanfstaengl war die Ausstellung sogar wichtiger Impulsgeber für seine kommissarische Arbeit für die Biennale in Venedig.22 Zu einer Ausstellung „Meisterwerke deutscher Kunst“ in der Londoner Royal Academy, für die Grote als „technischer Leiter“ diskutiert wurde,23 wie zu einer Van Gogh-Ausstellung24 kam es aus finanziellen Gründen nicht. Man darf annehmen, dass diese Projekte, die Grote nach dem Krieg wieder mit wichtigen Entscheidungsträgern der Kultur in Verbindung brachten, wesentlich für seine 1951 erfolgte Ernennung zum Ersten Direktor des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg waren. Dort verantwortete Grote den Wiederaufbau des Museums. Nebst seiner Tätigkeit als Direktor organisierte er jährlich vier Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst für die Fränkische Galerie, die heutige Kunsthalle Nürnberg. Grote hatte sich den zusätzlichen Arbeitsbereich der zeitgenössischen Kunst explizit in seinen Berufungsverhandlungen ausbedungen.25 1962 ging Grote in den Ruhestand.

Biografische Revisionen I: Die Biennalen von São Paulo

[5] In nur einer der biografischen Notizen zu Grote findet sich der Hinweis, dass der Kunsthistoriker nach dem Krieg nicht nur Mitglied des Ausschusses für Auslandsausstellungen des Auswärtigen Amts war, sondern auch Kommissar der deutschen Ausstellungen für die 1951 gegründete Biennale in São Paulo.26 Ein Schreiben der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. August 1951 an Ludwig Grote bestätigt den Vorschlag des Auswärtigen Amtes, Grote für die Ausführung der Biennale in São Paulo zu beauftragen – jedoch mit klar definierten Auflagen: namentlich „in engstem Einvernehmen mit den Kultusministerien der Länder“ zu agieren sowie genaue Pläne und Vorbereitungen bekannt zu geben.27 In dieser Funktion war er für die Organisation der Ausstellungen sowie die Auswahl der Werke verantwortlich.28 Diese Tätigkeit erweist sich als paradigmatisch für die Kulturvermittlungsarbeit in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Inhaltlich entspricht dieser Auftrag nicht nur dem persönlichen Gusto Grotes, der als Spezialist der deutschen Kunst seit dem Mittelalter galt. Er war auch mit dem Ziel verbunden, die von den Nationalsozialisten verfolgten deutschen Künstler wieder in einen internationalen Ausstellungskontext zu führen. Zudem lag ein solcher Auftrag im Arbeitsbereich des damals noch selbständig arbeitenden Grotes, der sich zu dieser Zeit auf „Internationale Ausstellungen“ spezialisierte.29 Ohne im Vorfeld einen Bezug zu Brasilien gehabt zu haben, wurde er vom Auswärtigen Amt, eventuell im Rahmen seiner Teilnahme am Ausschuss für Auslandsbeziehungen, für dieses Nebenamt angefragt.

[6] Es bestand gegenseitig ein großes Interesse, dass auf der neu gegründeten Biennale in São Paulo auch Werke deutscher Kunst zu sehen waren.30 Nebst den Sonderausstellungen zu Paul Klee, dem Bauhaus und der Brücke entsprach Grotes Künstlerauswahl weitgehend derjenigen, die auf den ersten beiden documentas gezeigt wurde.31 Unter den 71 von Grote verantworteten Künstlerbeteiligungen an den vier Biennalen in Südamerika waren nur 22 Künstler und eine Künstlerin, die nicht auch auf den ersten beiden documenta-Ausstellungen gezeigt wurden.32 Dabei ist festzuhalten, dass rund die Hälfte der von Grote für die Bauhaus-Sonderausstellung 1957 in São Paulo ausgewählten Künstler nicht auf einer documenta gezeigt wurden.33 Dies entspricht zum einen der spezifischen Fachkenntnis Grotes über das Bauhaus, zum anderen der von Werner Haftmann angelegten Ausrichtung der ersten Kasseler Schauen.34

[7] Nachdem für die I. Biennale von den brasilianischen Organisatoren des Museu de Arte Moderna (MAM) in São Paulo und dessen Direktor Francisco Matarazzo Sobrinho nach einer „kleinen Auswahl der neuesten Werke der deutschen Künstler“ gefragt wurde, die es „gestatten würde, in diesem Weltteil die Richtung und Ziele der neuen deutschen Kunst vorzustellen“,35 wurden an Grote für die II. Biennale bereits konkretere Wünsche herangetragen. Von 1953 an sollte eine Sonderausstellung eines einzelnen Künstlers mit einer Auswahl weiterer Künstler ergänzt werden, vor allem um die Biennale übersichtlicher zu machen. Im Rahmen dieses neuen Konzepts äußerten die brasilianischen Organisatoren den Wunsch, das Werk Paul Klees ins Zentrum des deutschen Beitrags zu stellen.36 Dieser Wunsch wurde vom Auswärtigen Amt aufgenommen und an Ludwig Grote weitergegeben, mit der Begründung: „Die zunehmende Wirkung seines Werks, das durch die unglückselige vergangene politische Entwicklung für Deutschland fast verloren schien, wird, falls dieser Plan gelingen sollte, für das deutsche kulturelle Ansehen im Ausland von entscheidender Bedeutung sein.“37

[8] Aufgrund seiner Tätigkeit für das Germanische Nationalmuseum war es Grote erst im Jahre 1957, zur IV. Biennale, möglich, nach Brasilien zu reisen. Zuvor musste die Koordination des Aufbaus in Brasilien dem am Museu de Arte de São Paulo (MASP) tätigen deutschen Kunsthistoriker Wolfgang Pfeiffer überlassen werden. Der Ernennung Pfeiffers gingen zahlreiche Verhandlungen voraus, da dieser als Mitarbeiter des MASP der Biennale-Leitung des MAM in Rio nicht genehm war.38 Grote hatte zunächst den ihm aus Studienzeiten bekannten Georg Hoeltje39 bzw. als zweite Wahl Theodor Heuberger40 vorgeschlagen. Pfeiffer, Hoeltje sowie Heuberger waren deutsche Emigranten, die zu unterschiedlichen Zeiten und unter verschiedenen Umständen nach Brasilien übergesiedelt waren: Heuberger 1924, Hoeltje 1939 und Pfeiffer 1948. Pfeiffer war bis 1948 vermutlich Assistent am heutigen Von der Heydt-Museum in Wuppertal gewesen und hatte Deutschland nicht aus politischen, sondern aus beruflichen Gründen verlassen.41

[9] Im Rahmen von Grotes Engagement in Brasilien müssen insbesondere zwei Ausstellungen in Bezug zu seiner Biografie in der unmittelbaren Nachkriegszeit untersucht werden: Die Ausstellung zu Paul Klee für die Biennale in São Paulo (1953) und jene zu Lasar Segall für die Fränkische Galerie in Nürnberg (1960). Die Umstände dieser Ausstellungen öffnen ein Feld möglicher Szenarien, die Positionierungsprozesse innerhalb des kulturellen Milieus der Nachkriegszeit zu betreffen scheinen.

Die Paul Klee-Sonderausstellung auf der II. Biennale von São Paulo (1953)

[10] Die Sonderausstellung Paul Klees auf der II. Biennale in São Paulo, die von Ludwig Grote zusammengetragen wurde, ist ein aufschlussreiches Beispiel dafür, in welchem Umfang zeitgenössisches Kunstgeschehen mit der damaligen Kulturpolitik verbunden war. Das Beispiel erhellt nicht nur Klees posthume Rezeption als ein vom NS-Regime verfolgter Künstler,42 sondern auch interessante Aspekte der Geschichte seines Nachlasses. Obwohl offizieller Auftrag der Bundesrepublik und Wunsch des brasilianischen Ausschusses der Biennale-Leitung in São Paulo, offenbaren Dokumente dieser Ausstellung auch die persönliche Einstellung Grotes und erhellen, unter welchen Umständen sich die deutsche Nachkriegsmoderne gefestigt hat.

[11] Die Entwicklung unterschiedlicher Modernekonzepte, der „pluralen“, „multiplen“, „anderen“ oder sonstigen Moderne,43 wird in entscheidendem Maße durch die Themenwahl und die Konzeption von Ausstellungen, den Angelpunkten zur Öffentlichkeit, definiert. Unmittelbar mit Ausstellungen sind auch meist im Hintergrund verlaufende Positionierungsprozesse ihrer Organisatoren in Bezug zur Öffentlichkeit verknüpft. Im Gegensatz zur Kunstgeschichte als Ausstellungsgeschichte, die Ausstellungen in ihrer öffentlichen Form rekonstruiert, sind diese bisher wenig in den Vordergrund der Forschung gerückt worden. Hintergrundinformationen zu kulturpolitischen Entscheidungen können den oftmals nur theoretisch geforderten „Gegengeschichten“ jedoch eine konkrete und weitreichende Gestalt verleihen. Der portugiesische Rechtssoziologe Boaventura de Sousa Santos hat wiederholt an einem Konzept der Wissensökologie gearbeitet, die für einen solchen Ansatz hilfreich sein könnte. Sie speist sich nicht aus Erklärungsparadigmen der westlichen Moderne,44 sondern will sich mittels „gelernter Unwissenheit“ von den unterschiedlichen Definitionsversuchen der Moderne unterscheiden. De Sousa Santos fragt wie andere Globalisierungstheoretiker danach, wer sich von wem welches Bild macht und ob nicht gerade jene Modelle interessant wären, die keine Nachahmung finden.45 Im Kontext der Kunstgeschichte formulierte sich die Frage gerade nach diesem Tatbestand: Wie definiert sich Nachahmung, besonders im Kontext der Avantgarde-Debatte um Zentrum und Peripherie, wie Partha Mitter sie formuliert?46 Und weshalb scheint sie auch in der Ausstellungspolitik eine große Rolle zu spielen – ein bisher doch eher vernachlässigter Aspekt? Die subsumierenden Nachzeichnungen der Moderneentwicklung zu verlassen und sowohl von inneren sowie äußeren Positionen aus zu denken, ist möglicherweise für die vorliegende Beurteilung von Grotes Positionierungen während und nach dem Zweiten Weltkrieg von Bedeutung.

[12] Im Falle Grotes lässt sich erkennen, dass diese Positionierungen im Verständnis von konkreten, historisch festzumachenden Bezugnahmen nicht statisch, sondern im Fluss der Geschichte zu beschreiben sind – diese sich folglich von theoretisch-politisch motivierten und vor allem öffentlichen Stellungnahmen unterscheiden. Ein solcher Ansatz ist mit demjenigen der „kritischen Geografie“ verwandt, den Piotr Piotrowski in Anlehnung an Thomas DaCosta Kaufmann im Zuge seiner Forderung nach einer „horizontalen Geschichte“ diskutiert.47 Im Gegensatz zum „vertikalen“ Geschichtsverständnis, das von einer Hierarchie der Einflüsse und einem Zentrum-Peripherie-Paradigma ausgeht, will die „horizontale Geschichte“ ein besonderes Augenmerk auf die Fragen richten, wer spricht, in wessen Auftrag und für wen.48 Auch hier gilt es, Aussagen zu Moderneentwicklungen auf konkrete historische Positionierungsbestrebungen herunterzubrechen und sie ad personam festzumachen. Die Konsequenz daraus ist eine Öffnung des Kanons, da in dieser „Nahsicht“ die Ideologie der Reinheit und Universalität des Kanons nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

[13] Mit der Ausstellung des Werks Paul Klees in São Paulo können diese übergeordneten Überlegungen beispielhaft überprüft werden. Klee verstarb als deutscher Staatsangehöriger 1940 in der Schweiz. Sein in der Schweiz befindliches Werk war durch das Washingtoner Abkommen über deutsche Vermögenswerte in der Schweiz, das 1946 zwischen der Schweiz und den westlichen Siegermächten unterzeichnet wurde, gefährdet: Das Abkommen hätte den teilweisen Verkauf der Werke bedingt. Vom Tod der Mutter 1946 bis zum Februar 1953 war der Vermögensanteil Felix Klees, des Sohnes, durch die Schweizerische Verrechnungsstelle in Zürich blockiert.49 In einem Entwurf an das Bundesfinanzministerium in Bonn setzte sich nun Ludwig Grote im Rahmen seiner Funktion als Mitglied des Ausschusses für Auslandsausstellungen im Juli 1953 für eine „Freistellung der Vermögensabgabe“ bei der Bundesregierung ein.50 Grote hatte bereits vorher mit der Klee-Stiftung in Bern verhandelt, um Ausleihen für São Paulo zu erhalten. An den Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München, Eberhard Hanfstaengl, schrieb Grote, „Felix Klee ist sehr bereitwillig [Leihgaben für São Paulo bereitzustellen, Anm. der Autorin], weil es sich bei ihm darum handelt, eine Freistellung seiner Vermögenswerte beim Bundesfinanzministerium zu erreichen.“51 Grote bat bei mehreren Mitgliedern des Ausschusses um Unterstützung für diese Freistellung. An das Bundesfinanzministerium schrieb er:

[14]„Vom Ausland wird immer wieder der Wunsch an die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes gerichtet, Ausstellungen von Werken Paul Klee’s einzurichten. So hat Brasilien die Bitte ausgesprochen, [...] eine Sonderausstellung von Paul Klee zu zeigen […]. Um den Nachlass von Paul Klee ist nach dem Kriege ein langwieriger Streit entstanden. Man wollte dem Sohne, der bis 1944 [als] Regisseur in Deutschland tätig war,52 dann eingezogen wurde und in russische Gefangenschaft geriet, sein Erbe streitig machen. Es ist ihm aber gelungen, sein Recht zu erhalten – allerdings musste er sehr große Opfer bringen und die bedeutendsten Werke des Nachlasses als öffentliche Stiftung abgeben. Darüber hinaus soll Felix Klee auch noch ein Drittel seines Vermögens abgeben, wobei auch der künstlerische Nachlass seines Vaters einbezogen werden muss. Wenn auf der einen Seite sich das Auswärtige Amt bei Felix Klee um Leihgaben für die Repräsentation deutscher Kunst im Auslande bemüht, ist es doch nicht angängig, dass man ihn gleichzeitig wirtschaftlich durch die Vermögensabgabe schädigt. Diese würde außerdem zur Folge haben, dass Herr Klee sich eines beträchtlichen Teiles der Werke seines Vaters entäußern müsste und wir bei Ausstellungen nicht mehr auf seine Hilfe rechnen können. In Anbetracht der außerordentlichen kulturpolitischen Bedeutung – es handelt sich, wie gesagt, um ein Stück Weltruhm deutscher Kunst! – bitten die Unterzeichneten auf das dringlichste, Herrn Felix Klee von der Abgabe eines Dritteils des Vermögens freizustellen.“53

[15] In einem Ausstellungskatalog der Albrecht-Dürer-Gesellschaft Nürnberg zu Paul Klee von 1966 erwähnt Felix Klee die Zahlung des in Verhandlung gestandenen Drittels an die Bundesrepublik.54 Offenbar hatte Ludwig Grote mit seiner Intervention keinen Erfolg – abgesehen vom Erhalt seiner Leihgaben für São Paulo, seinem eigentlichen Anliegen. Dass die komplizierte, auch durch die Hände von Anwälten gegangene Nachlassregelung mit der deutschen Sonderausstellung Paul Klees auf der II. Biennale in São Paulo in Verbindung stand, ist ein bisher unbekanntes Detail. Der Sachverhalt wirft aus deutscher Warte ein Schlaglicht auf das Engagement Grotes als Ausstellungskommissar sowie als Mitglied einer aktiven, vielleicht aus bundesrepublikanischer Sicht sogar zu aktiven deutschen Kulturpolitik. Obwohl er in dieser Angelegenheit nur Ausführender übergeordneter kulturpolitischer Entscheide war, könnte man sein Engagement für die Klee-Präsentation in São Paulo als außerordentlich ansehen, hat er sich doch mit vor allem finanziellen Anliegen und einem Engagement für den Sohn Klees an zahlreiche Entscheidungsträger gewandt. Im Hinblick auf vorherige Überlegungen ist zu erkennen, dass das Werk Klees in diesem Kontext weniger auf Grund seiner unangefochten steigenden künstlerischen Wertschätzung, sondern auf Grund von Klees nationalsozialistischer Verfolgung in der Diskussion stand. Für die Kunstgeschichte betrifft die Situation folglich einen rein westeuropäischen Verhandlungsraum. Dass die Biennale in São Paulo Impulsgeber war, ist für die Festigung der europäischen Avantgarde nur am Rande relevant, da Klee zu diesem Zeitpunkt Teil dieser war. Anders verhält es sich mit dem Werk Lasar Segalls.

Lasar Segall in Nürnberg (1960)

[16] Ludwig Grote sah sich trotz seines beruflichen Engagements für die neugegründete Biennale in São Paulo nicht als ein Brasilien-Spezialist, auch wenn er für vier Ausgaben kommissarisch tätig war und zwei davon persönlich vor Ort aufgebaut und in Jurys mitgewirkt hatte. In einem Brief an den Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Hentzen, vom 29. Oktober 1959, schreibt er:

Ich bin gebeten worden, in dem neuen Museum für moderne Kunst in Rio de Janeiro eine Ausstellung moderner deutscher Kunst zu organisieren. Infolge meiner Mitarbeit an der Biennale von Sao Paulo gelte ich als brasilianischer Experte. Es ist mir nicht mehr möglich, solche Aufgaben zu übernehmen, so etwas darf kein Monopol werden.55

Grote als kommissarischer Leiter der Biennale-Beteiligungen hatte in Brasilien ausschließlich Werke aus Deutschland gezeigt. Daher bezieht sich seine Bemerkung, er sei „kein brasilianischer Experte“ auch nicht auf die brasilianische Kunst, sondern auf deren Institutionen. Trotzdem erscheint die Bemerkung im Hinblick auf seine eigene Positionierung als Organisator „internationaler Kunstausstellungen“, für die er kurz nach dem Krieg als freier Kunsthistoriker noch geworben hatte, kokettierend, brachte ihn diese Aufgabe doch beruflich weiter. Dessen ungeachtet sind Grotes Äußerungen zur brasilianischen Kunst rar und summarisch, wie das von ihm verfasste Vorwort zur Ausstellung brasilianischer Kunst am Haus der Kunst in München 1959 zeigt. Trotz seiner zweimaligen Besuche in Brasilien sowie seiner dortigen Jurytätigkeit schien die brasilianische Kunst bei Grote keinen besonderen Eindruck hinterlassen zu haben. Umso erstaunlicher ist in diesem Kontext sein Beschluss, eine durch Wilhelm Sandberg für das Stedelijk Museum in Amsterdam zusammengestellte Wanderausstellung mit stattlichen 330 Werken des in den 1950er Jahren in Deutschland komplett vergessenen litauisch-brasilianischen Künstlers Lasar Segall für die Fränkische Galerie in Nürnberg zu übernehmen.

[17] Grote brachte diese Ausstellung, die unter dem Protektorat des Auswärtigen Amtes von Brasilien stand, im Rahmen des Programms zeitgenössischer Kunst mit der Unterstützung von Segalls Witwe 1960 nach Nürnberg. Sie war auch in Berlin, Paris, Brüssel, Oslo, Düsseldorf und Madrid zu sehen. Grote mag die Ausstellung des litauischen Künstlers, der in den 1910er und 1920er Jahre in Berlin und Dresden studiert und gearbeitet hatte, aufgrund seines Bezug zum deutschen Expressionismus und dessen Wiederentdeckung nach 194556 für Nürnberg gewählt haben, möglicherweise aber auch aufgrund von Segalls jüdischem Hintergrund sowie seiner politischen Verfolgung während der NS-Zeit. Ein weiterer Grund mag gewesen sein, dass die Ausstellung dieses Künstlers gewissermaßen ein gesamteuropäisches Projekt war. Sie reiste in die Hauptstädte Europas und eine Beteiligung darf auch als ein Ausweis der internationalen Kooperationen der Nürnberger Institution zu sehen sein. Zudem war Lasar Segall einer der Künstler, die in der Ausstellung Entartete Kunst 1937 ausgestellt worden waren, und eine Präsentation seines Werks kam einer Rehabilitation gleich.57 Grote legte seine offizielle Begründung für die Wahl in einem Schreiben an den Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg dar:

[18] Bei Lasar Segall handelt es sich um einen Künstler russisch-jüdischer Herkunft, der, wie Chagall, in den 20er Jahren sich dem deutschen Expressionismus angeschlossen hat. Er ist im Jahre 1925 nach Brasilien gegangen und 1955 [sic] dort verstorben. Seiner Frau, die mir sehr gut bekannt ist, verdanken wir es, dass die Ausstellung, die bisher in Paris, Brüssel und Amsterdam gezeigt worden ist, auch nach Nürnberg kommt. Von hier geht sie nach Oslo. (…) Da es sich um eine Ausstellung handelt, die unter dem Protektorat des brasilianischen Außenministeriums steht, möchte ich empfehlen, in Anbetracht der antisemitischen Kundgebungen, der Eröffnung ein besonderes Gewicht zu geben, indem Sie, sofern es Ihre Zeit erlaubt, selbst einige Begrüßungsworte sprechen. Die Einführung in das Schaffen Segalls werde ich, wie üblich, übernehmen. Madame Segall hat bei Ihrem Besuch sich besorgt gezeigt, dass mutwillige Beschädigungen aus antisemitischen Gründen erfolgen könnten. Dr. Schwemmer und ich haben sie beruhigt. Es wäre aber vielleicht gut, um gegen alle Eventualitäten geschützt zu sein, eine Verstärkung der Bewachung vorzusehen.58

[19] Diese in der Geschäftskorrespondenz erwähnten antisemitischen Momente, die sich offenbar im Nürnberger Alltag zeigten, haben sich in der offiziellen Beurteilung des Künstlers durch Grote nicht niedergeschlagen. Grotes Text zur Ausstellung verortet das Werk des Künstlers in der europäischen Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts im Umkreis von Marc Chagall, Chaim Soutine, Antoine Pevsner und Naum Gabo. Zusammen mit Otto Dix war Segall Mitglied der Dresdner Sezession Gruppe 1919. Das Werk entwickelte sich von einer kubistischen Periode zu einem sozialkritischen, lyrisch empfindsamen Spätexpressionismus. Über die brasilianische Zeit Segalls schreibt Grote, dass die starke Farbigkeit Brasiliens das Werk stark beeinflusst habe. „Die tropisch einfachen Hütten und Häuser sind als rechteckige Bausteine verwendet – jeder trägt eine Farbe. […] Die Favelas haben Segall als Thema immer wieder angezogen. […] Ebenso ist der brasilianische Urwald für Segall nicht ein amorphes Gebilde, sondern eine abstrakte Ordnung.“ Zum Werk Emigrantenschiff, das bisher von der brasilianischen Rezeption dem Titel entsprechend mit der für Viele beschwerlichen Emigration nach Brasilien in Verbindung gebracht wird,59 schreibt Grote:

Segall greift zu ganz grossen Formaten und malt das Progrom – das Emigrantenschiff – das Konzentrationslager, das uns in seiner kaltschillernden Farbigkeit erschaudern lässt – die Verdammten – Exodus. Wer denkt bei dem Bilde des Krieges nicht an den Schützengraben von Otto Dix, dessen Werk seinerzeit zusammentraf mit Remarques 'Im Westen nichts Neues'! – Diese Bilder Segalls bedürfen nicht der Erklärung, ihre Sprache ist eindringlich genug – sie sind Manifeste, sind documents humaines – welche die Jugend sehen sollte, die nicht weiss, was in den 13 Jahren vor sich gegangen ist.60

[20] Grote zeigte in seiner vielbeachteten Ausstellung 1953 am Kunstmuseum Luzern, „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“, kein Werk Segalls. Über den Künstler wurde in der Nachkriegszeit auch anderweitig nicht geschrieben. In Werner Haftmanns Malerei im 20. Jahrhundert von 1954 wird Segall einmal namentlich im Kontext des Zürcher Cabaret Voltaire erwähnt und fälschlicherweise mit dem rumänischen Künstler Arthur Segal (1875–1944) verwechselt. Bis auf ein Büchlein der Jüdischen Bücherei von Theodor Däubler aus dem Jahre 1920 war über Segall nichts publiziert worden.61 Nach der europäischen Ausstellungstournee der 1960er Jahre geriet der Künstler wieder in Vergessenheit. Die Auswertung der Ausstellung in Nürnberg weist verschiedene Charakteristika auf, die typisch für diese Zeit sein mögen. Zunächst ist in Grotes Äußerungen zum Werk Segalls eine westeuropäisch geprägte Lesart zu erkennen, die das Werk als eine Fusion europäischer Abstraktion mit tropischem Anstrich liest. Auch ein Bezug zur unmittelbaren politischen Vergangenheit fällt auf, die Grote mit erhobenem Finger der jüngeren Generation in Erinnerung rufen will, ohne jedoch damit offenbar eine namhafte Reaktion ausgelöst zu haben. Nennenswert ist die Tatsache, dass die Ausstellung (ebenso wie die „Ausstellung brasilianischer Künstler“ ein Jahr zuvor) keine Rezeption hervorgerufen hat, die sich in die Kunstgeschichte eingeschrieben hätte.62 Dies erstaunt wenig, erweist sich die unmittelbare Phase nach dem Zweiten Weltkrieg, in der sich im Kultursektor Momente der Restitution, Wiedergutmachung und Internationalisierung gegenüberstanden, im Hinblick auf das bald einsetzende Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik als ein zunächst kurzlebiges Moment der deutschen Nachkriegsgeschichte. Rezensionen finden wenn, dann im Tagesjournalismus statt, nicht jedoch in den Wissenschaften. Andrew S. Weiner zufolge ist die Adenauer-Ära durch eine „fast-beinahe, staatssanktionierende Amnesie“ gekennzeichnet,63 wenngleich – wie im Falle von Grotes Segall-Ausstellung und seiner Besprechung – punktuell restauratorische Worte in der Öffentlichkeit erscheinen. Julia Friedrich und Andreas Prinzing sprechen generell von einem Anfang „ohne viele Worte“ (Hugo Borger), „gewissermaßen instinktiv“.64

[21] Nach dem Krieg wurde gerade der Wiederaufbau der Moderne-Abteilungen in den Museen gefördert, sei dies aus eigener Überzeugung oder „um sich den Alliierten gefällig zu zeigen“.65 Eine quantitative Auswertung der Ausstellungen mit ausländischer Kunst in Westdeutschland, vor allem nichteuropäischer, steht noch aus.66 Im Hinblick auf das Ausheben der Archivebene der Moderne interessiert nicht, dass, sondern in welchem Ausmaß und in welcher Qualität Museen und Museumsverantwortliche unter den veränderten Umständen zum „courant normal“ gefunden haben und in welchen betriebsinternen Bezügen die Integration von außereuropäischer Kunst in die Programmgestaltung von Institutionen stand. Christian Fuhrmeister spricht im Kontext der Bundesrepublik von einer vereinfachenden „Kontinuitätsproblematik“ und verlangt, dass sowohl Motive als auch Intentionen der Kuratoren hinterfragt werden sollten.67 Dies dürfte die Reintegration der Moderne aus der Zeit vor dem Weltkrieg als auch die Öffnung für die außereuropäische Kunst durch die aktuelle Kunstgeschichtsschreibung betreffen. Im Falle Lasar Segalls zeichnet sich ab, dass die Verhandlungsräume der Restauration und Wiedergutmachung, die sich auf politischer Ebene in der Nachkriegszeit ergeben haben, die Moderneentwicklung nicht nur entscheidend geprägt haben, sondern auch Ursache waren, weshalb Bewegungen der außereuropäischen Avantgarde und ihre Errungenschaften weitgehend unbeachtet blieben. Die Brisanz, die sich in den Verhandlungsräumen beispielsweise um die Tätigkeiten von Ludwig Grote auftut, mag diese Hypothese der „verpassten“, da unbeachteten internationalen Moderne der unmittelbaren Nachkriegszeit nachvollziehbar machen.

Biografische Revisionen II: Die dunklen Jahre und Momente der „Selbstpurifizierung“68

[22] Als ehemaliger Direktor der Gemäldegalerie in Dessau, 1933 vom Staatsdienst entlassen, erscheint Grotes politische Positionierung keine Fragen offen zu lassen. Am 7.12.1946, gut ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ wurde er bereits offiziell vom Öffentlichen Kläger bei der Spruchkammer München entnazifiziert.69 Mit seinem Posten am Germanischen Nationalmuseum konnte Grote 1951 an seine erfolgreiche Zeit in Dessau anknüpfen.70 Theodor Heuss schrieb ihm persönlich, um ihn als Direktor für Nürnberg zu gewinnen, nachdem der dortige Ernst Günter Troche kurzfristig seine Stellung aufgegeben hatte.71 Grote hatte zunächst offenbar mit einer Kandidatur gezögert, sagte jedoch dann zu, nicht ohne sich die „Oberleitung“ der Städtischen Galerie in Nürnberg zu sichern, die ihm ermöglichen sollte, weiterhin „Ausstellungen moderner Kunst“, wie er schreibt, zu veranstalten.72

[23] Grotes militärische und schriftstellerische Laufbahn von 1933 bis 1945 wurde bisher noch nicht umfassend rekonstruiert. In Bezug auf seine militärischen Posten ist bekannt, dass er im Oktober 1941 in die Wehrmacht eingezogen und im Mai 1942 zum Oberleutnant d.R.z.V. (der Reserve zur Verfügung) befördert wurde. Im Mai 1944 wurde er „ehrenvoll“ wegen einer Herzmuskelschwäche entlassen, stellte im November 1944 trotzdem aber noch einen Antrag auf Tragen der Uniform, „insbesondere bei Ausübung des Dienstes im Volkssturm“. Im Februar 1945 wurde er für den Volkssturm einberufen, stellte jedoch wegen einer Lungenentzündung einen Antrag auf Entlassung. Seinen Antrag begründete er unter anderem damit, für die schwer beschädigte Kunsthandlung Zinckgraf in München wertvolle Kunstgüter sichern zu müssen. Dies sei aus „kulturpolitischen Gründen“ sehr wichtig, unter anderem auch, weil es den Sonderauftrag des Führermuseums in Linz beträfe.73

[24] Ludwig Grote hatte, noch in Berlin-Zehlendorf wohnend, im Januar 1940 zugesagt, als „freier wissenschaftlicher Mitarbeiter“ für die zur gleichen Zeit neu gegründete Galerie Zinckgraf zu arbeiten.74 Offenbar stand er auch im Februar 1945 noch in deren Diensten. Friedrich Heinrich Zinckgraf war langjähriger Mitarbeiter der Galerie Heinemann in München, die einer aus dem Judentum stammenden Familie gehörte. Durch Kapitalbeschaffung war es Zinckgraf möglich gemacht worden, die Galerie seiner Arbeitgeberin Franziska Heinemann mit einem „ausgesprochen unfairen“ Angebot ab 1940 zu übernehmen, folglich zu arisieren.75 Bereits im ersten Brief an Grote, der die Anstellung ebenfalls auf Beginn des Jahres 1940 festlegte, forderte Zinckgraf den noch in Berlin weilenden Kunsthistoriker auf, „bei Lange die zur Auktion kommenden Sachen an[zu]sehen und mir kurz darüber [zu] berichten […], ob Sie glauben, dass etwas qualitativ Geeignetes für mich dabei ist.“76 Durch das Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin wurden zahlreiche Werke aus jüdischen Sammlungen im Auftrag von Finanzbehörden versteigert.77 Von 1939 bis 1943 wurden im Rahmen des „Sonderauftrag Linz“, der Einrichtung eines „Führermuseums“,78 auch Ankäufe über Lange, jedoch auch über andere Galerien wie diejenige von Carl Nicolai in Berlin-Tiergarten abgewickelt. Carl Nicolai, der vorwiegend mit Kunst des 19. Jahrhunderts handelte und mit dem Grote ebenfalls in Kontakt stand, taucht wiederholt in den Akten zu den Beschaffungen für das Führermuseum in Linz auf. Zusammen mit Wolfgang Gurlitt war er in den 1910er Jahren Prokurist der „Hofkunsthandlung Fritz Gurlitt“ in Berlin-Charlottenburg. Seiner Frau gegenüber äußerte Grote, von Nicolai einen „grösseren Provisionsbetrag“ im Rahmen der Vermittlung eines Hodler-Bildes erhalten zu haben.79 Den Käufer benennt er mit „CGH-Mann“. Offenbar handelt es sich dabei um den Industriellen Walter Bauer (1901-1968),80 einen Bekannten Carl Georg Heises. Bauer war Mitglied der oppositionellen Bekennenden Kirche und wurde 1944 nach dem Hitler-Attentat wegen Hoch- und Landesverrats festgenommen. Heise wurde im Gegensatz zu Grote in diesem Geschäft keine Provision zugedacht.81 Dieser erwähnt den Hodler-Verkauf kurz darauf in einem Brief: „viel zu teuer: 10.000 RM“ sei das Werk gewesen.82 Dass auch Heise gelegentlich als Vermittler fungierte, zeigt eine andere Stelle in der Korrespondenz mit Grote. Heise beabsichtige, dem gleichen Käufer die Holzskulptur Der Wartende (1924) von Ernst Barlach zu vermitteln, für das jedoch der Kunsthändler Bernhard A. Böhmer einen für ihn zu hohen Preis von RM 8.500.-- fordere.83 Über Böhmer, der neben Karl Buchholz, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller im engsten Kreis um Adolf Hitlers Führermuseum tätig war, äußerte Heise sich Grote gegenüber nur bedeckt; er sei froh, wenn er „jede Beziehung zu ihm abbrechen“ könne.84

[25] Grote hat vermutlich gehofft, durch die Vermittlungstätigkeiten nebst einem Zubrot auch eine Anstellung bei Nicolai zu finden, um die ihm eher unliebsame Stelle in der Galerie Zinckgraf aufgeben zu können. In der privaten Korrespondenz mit seiner Frau Gertrud Maud Grote im Juni 1940 vermischt Grote private und berufliche mit weltgeschichtlichen Beobachtungen und Urteilen. Seinen Münchener Posten beschreibt er als eine Tätigkeit, mit der er zwar seine Arbeit mit Kunst weiterführen sowie ein einigermaßen angemessenes Auskommen haben konnte. Vor allem war es aber seine Stellung als „Angestellter“, die ihm zu schaffen machte, hatte er doch vorher höhere Positionen inne gehabt. Sein Aufgabengebiet war rein wissenschaftlich, Zinckgraf würde ihn, so Grote, „nach wie vor nicht bei Ankäufen und anderen Dingen heranziehen.“85 Obwohl der Krieg den Kunsthistoriker zu finanziellen Spagaten getrieben hatte, war er 1940 von den deutschen Kriegserfolgen angetan. Er formulierte, dass der „siegreiche Friede“ das Land international voranbringen würde. „Die vergangene Woche war dramatisch – erst die italienische Kriegserklärung, die mit grossen Umzügen gefeiert wurde, und dann gestern die Besetzung von Paris mit ihren nicht abzusehenden Folgen. Was haben sich die Engländer und Franzosen eigentlich gedacht als sie diesen Krieg anfingen?? [… ]“86 Trotzdem hoffte er, der Krieg würde bald zu Ende sein, „dann hören all die lästigen Hindernisse auf“.87 Für Deutschland konstatierte er eine Steigerung der Achtung durch das Ausland. „Ein Volk, das so etwas fertig bringt wie diesen Krieg zu gewinnen, hat eine solche Kraft bewiesen und solchen Willen, dass ihm ein Anspruch auf einen Anteil der Weltherrschaft zusteht. Die Grösse Hitlers wächst ins Legendäre, Ueberdimensionale. […] Unseren Kindern wird jetzt ein grosses Tor in die Zukunft geöffnet.“88 In einem Brief drei Tage später zeigte Grote sich überzeugt, dass der Krieg zu Ende gehen und Deutschland einen „glorreichen Sieg“ davontragen würde. „Wie konnten England und Frankreich nur glauben, dass sie uns besiegen konnten, wo sie es doch 1914-18 mit Hilfe der Russen nicht geschafft haben.“89

[26] Grotes Briefe an seine Frau beinhalten wiederholt Kommentare zu seiner Arbeit bei Zinckgraf, den aktuellen Geschehnissen an der Front sowie seinen alltäglichen Beschäftigungen:

Es scheint als spiele sich mit Warschau etwas an, auch für das übrige Europa sind unsere Aussichten nicht schlecht. Wohl gemerkt werde ich von Z. unbedingt gebraucht. Er kann auf keinen Fall ohne mich sein. Aber stelle Dir nur vor, wenn ich in Friedenszeit so angebunden wäre. […] Es ist auch schwierig innerlich für mich in Bezug auf die Kunst, die ich vertreten muss. Natürlich habe ich Spass daran ausgesprochenen Kitsch zu verkaufen, und ich kann das auch doch ob auf die Dauer???90

Im gleichen Schreiben berichtet er von seiner Lektüre des anti-liberalen und anti-demokratischen Ernst Jünger, der heute für einige Wissenschaftler zu den Wegbereitern des Nationalsozialismus gehört:91

Gestern habe ich mir aus Anlass des Monatswechsels zwei Bücher von Jünger gekauft: Das abenteuerliche Herz, und Der Kampf als inneres Erlebnis. Das letztere habe ich auf einen Satz durchgelesen. Es ist 1922 erschienen, eines seiner Bücher, in denen sich J. mit dem Kriegserlebnis auseinandersetzt. Grossartig geschrieben, er tritt näher an einen heran als in den späteren Büchern. Furchtbar in den Beschreibungen des Grabenkrieges und der Materialschlacht. Man erkennt wie dieses Erlebnis der Blutmühle, das sie alle durchgemacht haben, die heute das deutsche Heer führen, sie getrieben hat unablässig nachzudenken und zu arbeiten, dass auf keinen Fall wieder die Fronten erstarren dürfen. Es ist so deutsch – dieses innerlichste Verarbeiten.92

[27] Diese wenigen Schlaglichter auf die Quellen belegen, dass Grote nicht nur bis 1945 durch die „kunstschriftstellerische Tätigkeit“ bei Zinckgraf, sondern auch durch gelegentliche Provisionszahlungen zu Einkommen gelangte. Es liegen bisher keine Quellen vor, bis wann genau Grote für Zinckgraf arbeitete, sicher jedoch bis Februar 1945.93 1949 organisierte er die erste Ausstellung für das Haus der Kunst als freier Ausstellungsorganisator, und zwar über den Blauen Reiter, und mindestens seit 1948 stand er in einem guten Verhältnis zum Regierungsdirektor des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Dr. Dr. Keim. Grotes Handeln zielt von da an darauf ab, eine feste Stellung zu bekleiden, die er durch geschickte Verhandlungen mit den Ministerien zu erreichen versucht. So setzt sich Ministerialrat Keim 1950 dafür ein, dass Grote als künstlerischer Leiter ins Haus der Kunst aufgenommen wird, jedoch ist auch diese Anstellung für Grote ein Kompromiss, da er dem dortigen Peter A. Ade unterstellt werden sollte. Grote äußert sich nicht nur dazu sehr direkt („Denn dass ich Herrn Ade unterstellt werde, kommt doch nicht in Frage“94), sondern betont auch seine berufliche Bedeutung („Sie werden mich nicht für grosssprecherig [sic!] halten, wenn ich sage, dass jemand von meiner Bedeutung berufen werden müsste“95). Er nutzt auch die Gelegenheit, sich über Mitstreiter und Gegner auszulassen („Im Gegenteil werden die Klassizisten alles daran setzen mich fernzuhalten. In letzter Zeit sind hier Dinge vorgegangen, die mich sehr deprimiert haben: einmal die Rede von H. in Tuntenhausen und Tutzing96, dann der Präsident Hausenstein97 und die Preiskrönung des Grossnazis Roderich F.98 […] Dann droht Sedelmayer99, dann die Geschichte mit Ellingen, die ich dort im Detail bei einem Vortrag erfuhr“100), um dann auch einen Weggang anzudrohen („So gewinne ich mehr und mehr den Eindruck dass meines Bleibens auf die Dauer hier nicht möglich ist. […] Dieser Entschluss bedeutet für mich Resignation im vollsten Sinne des Wortes, denn ich weiss, dass ich im Kulturleben noch einiges leisten kann. – Vielleicht bemühe ich mich anderswo um eine Tätigkeit“)101. Auch spricht Grote von der Arbeit für eine neue Kulturpolitik („Es ist schon ein Plan aufgetaucht und an mich herangetragen worden. Eine Stadt möchte eine aktive Kunstpolitik machen! […] Vielleicht haben Sie die Möglichkeit beim Bund die Schaffung eines Kunstwartes anzuregen, damit in Zukunft die Entgleisungen bei Marken und Plakaten usw. nicht mehr vorkommen“)102 sowie seinen vorzüglichen Verbindungen („Heuss hatte in München eine diesbezügliche Besprechung mit Pretorius [sic!]103, der aber natürlich nur sich selbst oder einen seiner Schüler, aber auf keinen Fall einen Kunsthistoriker vorschlagen wird. – Dass ich über C.G. Heise einen Weg zu Heuss habe, sei in Klammern vermerkt“)104.

[28] Als Direktor des Germanischen Nationalmuseums bleibt seine ambivalente Stellung während der Kriegszeit kein Thema. Im Dokumentarfilm Bildersturm im Dritten Reich unter der Regie von Helmut Dotterweich aus dem Jahre 1963 skizziert Grote die Beschlagnahmung von Bildern aus der Anhaltischen Gemäldegalerie und ergänzt, dass es eine „Genugtuung [für ihn sei], dass alle [seine] Bilder sich jetzt an prominenter Stelle befinden, zum Beispiel im Museum of Modern Art in New York oder in der Guggenheim Foundation in New York“.105 Ob Grote bei der Beschlagnahmung überhaupt noch im Amt war und diese selbst miterlebte, ist unklar. Sicher jedoch ist, dass die von Grote „für die Staatliche Gemäldegalerie erworbenen Gemälde moderner Meister […] auf Veranlassung von [Reichsstatthalter und Gauleiter] Loeper hinter dem Schaufenster eines Ladens in der Fürstenstraße ausgestellt [wurden].“106 Die Ausstellung fand im Juli 1933, wenige Wochen nach Grotes Entlassung statt.107

Archivebenen der Moderne: Konsequenzen und Herausforderungen

[29] Die Untersuchungen zum Werdegang Ludwig Grotes fügen sich in ein Themenfeld ein, das sich bisher Fragen der Wiedergutmachung unter den Kriegsländern und der Wiederaufnahme internationaler Beziehungen unter kulturpolitischen Perspektiven widmet. Bisher ausgespart blieben jedoch Untersuchungen, die einen Blick auf die Vergangenheitsbewältigung auf personeller Ebene werfen und diese mit den „großen“ Erzählungen der Kunstgeschichte in Bezug setzen. Notwendig erscheinen Untersuchungen, die nach den kulturpolitischen Interessen und Funktionen fragen, hinter denen, wie das Beispiel Grote aufzeigt, sowohl offizielle, aber auch persönliche Beweggründe stehen. Viele solcher Fragen sind nur spekulativ zu beantworten, besonders, wenn sie die persönlichen Beweggründe, Notwendigkeiten und Handlungen zur Existenzsicherung einer Persönlichkeit betreffen. Das Gleiche gilt für die Dimensionen der politischen, kulturpolitischen und persönlichen Verflechtungen, die unweigerlich auch Auswirkungen auf die Bildung einer „offiziellen Kunst“ hatten und die es zu entschlüsseln und gerecht zu verorten gilt. Dabei darf es nicht darum gehen, Anklage zu erheben, sondern aus der Detailforschung heraus Hinweise zu jenen Verflechtungen zu ermitteln, die sich im allgemeinen Gedächtnis verfestigen konnten. Im Falle Ludwig Grotes erscheint es nachvollziehbar, dass seine guten Verbindungen zu den jeweiligen Machtträgern und zu internationalen Institutionen wie dem Stedelijk Museum zumindest in bestimmten Zügen Ausdruck in seinen kunsthistorischen Entscheidungen und Wertsetzungen gefunden haben. Die in diesem Beitrag angeführten Beispiele künstlerischer und kunstpolitischer Kooperationen haben gezeigt, unter welcher Prämisse ein internationaler Kulturaustausch oftmals vonstattenging. Die „Ausstellung brasilianischer Künstler“ in München von 1959 und die Gedächtnisausstellung „Lasar Segall“ in Nürnberg von 1960 sind zwar im Kontext der Moderneentwicklung in Europa zu sehen, die sich in der damaligen Zeit international öffnete. Die Entscheidungsträger beider Ausstellungen waren jedoch noch weit entfernt, auch auf inhaltlicher Ebene die wirklich globalen Entwicklungen erfassen zu wollen. Es hat sich vielmehr gezeigt, dass die Reorganisationen der Betriebssysteme Kunstmuseum und Kunstwissenschaft in Deutschland bisweilen auf sehr persönlich motivierten Kriterien basierten. Aktuelle Forschungsbemühungen müssen nun vermehrt dahin gehen, mehrstufig und polyperspektivisch die verwobenen Archivebenen der Ausstellungs- und Individualgeschichte im Rahmen der aktuellen Neubewertung der Moderne in den Blick zu nehmen.

Local Editor
Andrea Lermer, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München

Reviewers
N.N. und Wolfgang F. Kersten

License
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* Dieser Beitrag ist im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojektes an der Freien Universität Berlin entstanden. Dank gilt Saskia Mattern und dem Deutschen Kunstarchiv (DKA) im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg für die großzügige Bereitstellung der Archivalien Ludwig Grotes.

1 Will Grohmann, „Der Blaue Reiter. Gedächtnisausstellung im Haus der Kunst, München“, in: Die Neue Zeitung, 7. September 1949, 3.

2 Besonders genannt seien Meike Hoffmann und Nicola Kuhn, Hitlers Kunsthändler. Hildebrand Gurlitt 1895-1956. Die Biographie, München 2016; Ute Haug, „'Getreuer Statthalter in schwerer Übergangszeit': Carl Georg Heise und die Hamburger Kunsthalle von 1845 bis 1955“, in: „So fing man einfach an, ohne viele Worte“: Ausstellungswesen und Sammlungspolitik in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, hg. v. Julia Friedrich und Andreas Prinzing, Berlin 2013, 72–81; Konstanze Rudert (Hg.), Im Netzwerk der Moderne. Kirchner, Braque, Kandinsky, Klee, Richter, Bacon, Altenbourg und ihr Kritiker Will Grohmann, München 2012; Eduard Beaucamp, Werner Schmalenbach (Ein Gespräch), Köln 2011.

3 Zum Überblick über den Forschungsstand vgl. Nikola Doll, Christian Fuhrmeister und Michael H. Sprenger, „Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Aufriss und Perspektiven“, in: Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950, hg. v. dens., Weimar 2005, 9–36. Neuere Schriften vgl. Julia Friedrich und Andreas Prinzing (Hg.), „So fing man einfach an, ohne viele Worte“. Ausstellungswesen und Sammlungspolitik in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 2013, darin vor allem Christian Fuhrmeister, „Statt eines Nachworts: zwei Thesen“, 234–239; Maike Steinkamp, Werke und Werte. Über das Handeln und Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, Berlin 2010 (Schriften der Forschungsstelle "Entartete Kunst", 5); Martin Schieder, Im Blick des Anderen. Die deutsch-französischen Kunstbeziehungen 1945-1959, Berlin 2005; Martin Schieder (Hg.), In die Freiheit geworfen. Positionen zur deutsch-französischen Kunstgeschichte nach 1945, Berlin 2006. Eine frühe Untersuchung legte Heinrich Dilly vor: Deutsche Kunsthistoriker 1933-1945, München 1988.

5 Das Jahr 1933 erscheint einschneidend, da Grote wie viele zu diesem Zeitpunkt im Rahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums von seinen Pflichten als Landeskonservator entbunden wurde. Als vergleichbar bedeutsames Datum könnte 1927 angeführt werden, da er in diesem Jahr Direktor der Gemäldegalerie im Palais Reina in Dessau wurde und nebst anderen Pflichten auch für die Organisation von Ausstellungen zeitgenössischer Kunst verantwortlich war.

6 Zur Einführung siehe Joachim Rees, „Vergleichende Verfahren – verfahrene Vergleiche. Kunstgeschichte als komparative Kunstwissenschaft – eine Problemskizze“, in: Kritische Berichte 40/2 (2012), 32–47; Matthias Bruhn, Monica Juneja und Elke Anna Werner, „Universalität der Kunstgeschichte? Editorial“, in: Kritische Berichte 40/2 (2012), S. 3-5; Hans G. Kippenberg und Birgit Mersmann (Hg.), The Humanities between Global Integration and Cultural Diversity. Concepts for the Study of Culture, Bd. 6, Berlin 2016, 50–69.

7 Dies ist ein Behelfsbegriff, vgl. den Vortrag der Autorin „Modernismen in Nahsicht: Alfredo Volpi und Giorgio Morandi“ auf der Tagung museum global? Multiple Perspektiven auf die Kunst, 1904–1950, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 20.-22.1.2016.

8 Dieser Meinung ist auch Helga Heise, „Die ersten Jahre der Anhaltischen Gemäldegalerie unter Ludwig Grote“, in: Norbert Michels (Hg.), Verrat an der Moderne. Die Gründungsgeschichte und das erste Jahrzehnt der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau 1927 – 37, Dessau 1996, 51–79, hier 76.

9 Martin Schieder, „,Der Kritiker ist für die Kunst.‘ Will Grohmann und die Moderne, 1914–1968“, in: Regula Krähenbühl (Hg.), Avantgarden im Fokus der Kunstkritik. Eine Hommage an Carola Giedion-Welcker (1893–1979), Zürich 2011, 205–222; Martin Schieder, „To be on the spot. Will Grohmann und der Nationalsozialismus“, in: Rudert 2012, 35–41. Eine vergleichende Einbettung Grotes in die Biografien Grohmanns, Carl Georg Heises, Werner Haftmanns und anderen steht noch aus.

10 Mittig stellt fest, dass nur ausnahmsweise bewiesen werden kann, „was in einem einzelnen Anpasser, Mitläufer, Akteur damals vorgegangen ist“. Ziel solcher Untersuchungen sei nicht, „den Einzelnen noch posthum bloßzustellen, sondern eine Hypothese zu dem Verhalten von Gruppen zu prüfen […]“. Dieser Aussage schließt sich die Autorin an. Vgl. Hans-Ernst Mittig, „'Ohn' Ursach ist das nicht getan'. Zur Sozial- und Berufspsychologie von Künstlern und Kunsthistorikern“, in: Eugen Blume und Dieter Scholz (Hg.), Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus: Kunsthistoriker und Künstler 1925-1937, Köln 1999, 292–306.

11 Vgl. Theodor Heuss, „Ludwig Grote“, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1963, 7; Gert von der Osten, „Ludwig Grote“, in: Kunstchronik 27 (1974), 231–237; Wulf Schadendorf, „Ludwig Grote“, in: Das Münster 27 (1974), 214–215; Wulf Schadendorf, „Ludwig Grote“, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1974, 6–7; Christoph Bernoulli, „Ludwig Grote“, in: Beiträge zur Rezeption der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, hg. v. Wulf Schadendorf, München 1975, 7–8; Günther Schiedlausky, „Die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Kriege. Das Museum unter der Leitung von Ernst Günther Troche und Ludwig Grote“, in: Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg 18521977. Beiträge zu seiner Geschichte, hg. v. Bernward Deneke und Rainer Kahsnitz, München 1978, 263–312; Norbert Michels (Hg.), Verrat an der Moderne. Die Gründungsgeschichte und das erste Jahrzehnt der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau 1927-37, Dessau 1996; Helga Heise, „Die ersten Jahre der Anhaltischen Gemäldegalerie unter Ludwig Grote“, in: Michels 1996, 51-79; Ulrike Wendland, Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil. Leben und Werk der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler, 1, München 1999, 251–255; Birgit Joos, „Das Tagebuch des Kunsthistorikers Ludwig Grote aus dem Jahre 1947“, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2010, 306–307.

12 Gertrud Maud Grote war Schriftstellerin.

Corrigendum, 21. Februar 2018: Die von der Webseite des Deutschen Kunstarchivs, http://gesichter-des-dka.gnm.de/content/mdc_person838d, übernommene Bezeichnung der Gattin Ludwig Grotes als Schriftstellerin ist nicht zutreffend. In einer Email an die Autorin vom 5.2.2018 stellte Herr Christian Grote dankenswerterweise richtig, dass seine Mutter Gertrud Maud Grote (1906-1996) ausgebildete Konzertpianistin war.

13 Heise 1996, 57.

14 Ebda.

15 Heise 1996, 72–74.

16 Grote versuchte, die Anklage gegen ihn zu entschärfen, da die Ankäufe nur mit Bürgermeister Fritz Hesses Zustimmung erfolgt seien. Heise 1996, 78.

17 Wie beispielsweise auch Will Grohmann, vgl. Schieder 2012, 35–41, hier 35.

18 Lebenslauf Ludwig Grote, in Maschinenschrift. Deutsches Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum (in der Folge: DKA), NL Grote, Ludwig, 1128.

19 Zu Peter A. Ades Wirken am Haus der Kunst vgl. Sophie-Marie Remig, Die Last der Mauern: das Münchner Haus der Kunst nach 1945 und die Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit unter der Ära von Peter A. Ade, Christoph Vitali und Chris Dercon, Diss. Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe, 2014; Peter A. Ade, Picasso, Kokoschka und all die anderen. Meine abenteuerlichen Jahre für die Kunst, München 2001.

20 Die Aktenkonvolute zu den von Grote organisierten Ausstellungen befinden sich aus diesem Grund nicht im Archiv des Künstlerbundes im Haus der Kunst München e.V., sondern im Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Die Ausstellungstätigkeit der Staatsgalerie Moderne Kunst im Westflügel des Hauses endete erst mit der Eröffnung der dritten Pinakothek im Jahre 2000. Andrea Christine Bambi, „Eberhard Hanfstaengl und seine Amtszeit bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen von 1945 bis 1953“, in: Friedrich und Prinzing 2013, 157–165, hier 158. Grote hat sich in seinen Lebensläufen als Initiator dieser Ausstellungen vorgestellt („1949-1951 Initiator und Veranstalter grosser internationaler Kunstausstellungen in München: Der Blaue Reiter, Die Maler am Bauhaus, Oskar Kokoschka, Max Beckmann, Die Lithographien von Toulouse-Lautrec“). DKA, NL Grote, Ludwig, 1128.

Nachtrag, 21. Februar 2018: Ludwig Grote hat für die Ausstellungen für die Staatsgalerie kein Honorar bezogen. E-Mail Christian Grote an die Autorin, 4.2.2018.

21 Grohmann 1949, 3; Sabine Brantl, Haus der Kunst, München. Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus, München 2007, 115.

22 Franziska Völz, „Biennale Venedig und documenta – versteckte Beziehungen? Zu Konzepten, Künstlern, Organisatoren“, in: Beziehungsanalysen. Bildende Künste in Westdeutschland nach 1945. Akteure, Institutionen, Ausstellungen und Kontexte, hg. v. Gerhard Panzer, Franziska Völz und Karl-Siegbert Rehberg, Wiesbaden 2015, 229–256, hier 243.

23 Ludwig Grote, „Zum Plan einer Deutschen Ausstellung in London“, in: Kunstchronik 2, (1950), 161–163; Brief von Dr. Keim, Ständige Konferenz der Kulturminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, an Hr. Salat, Dienststelle für auswärtige Angelegenheiten, Bonn, 23.10.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

24 Brief von Dr. Keim, Ständige Konferenz der Kulturminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, an Dr. Braaksma, Holländische Diplomatische Mission, 27.11.1950, in Abdruck an Ludwig Grote. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

25 „Aus organisatorischen Gründen, fruchtbarer Wechselwirkung und sinnvoller Abstimmung muss ich Wert darauf legen zugleich mit dem Germanischen Nationalmuseum mit der Oberleitung der Städtischen Galerie in Nürnberg betraut zu werden.“ Brief von Ludwig Grote an Theodor Heuss, 25.8.1951. DKA, NL Grote, Ludwig, 1147.

26 Grote war zudem Vizekommissar der deutschen Ausstellungen auf der Biennale von Venedig 1954 und 1956, die von Eberhard Hanfstaengl organisiert wurden. Vgl. Völz 2015, 246. In der von seiner Frau Gertrud Grote überarbeiteten Bibliografie sind die Ausstellungen unter dem Eintrag „Tätigkeit für internationale Ausstellungen, Mitarbeit an den Biennalen von São Paulo“ erwähnt: Gertrud Maud Grote und Wulf Schadendorf (Hg.), Bibliographie Ludwig Grote 1893–1974, München 1986, 34.

27 DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

28 Grote war für vier der ersten fünf Biennale-Beteiligungen verantwortlich.

29 Grote firmierte in den damaligen Korrespondenzen mit dem Zusatz „Internationale Kunstausstellungen“. Vgl. bspw. Brief von Ludwig Grote an Prof. Preiser, Kulturabteilung der Deutschen Botschaft, Rio de Janeiro, 14.8.1951, DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

30 Vgl. die ausführliche Studie zum Kulturaustausch zwischen Brasilien und Deutschland im Rahmen der Biennale São Paulo: Martina Merklinger, Die Biennale São Paulo. Kulturaustausch zwischen Brasilien und der jungen Bundesrepublik Deutschland (1949-1954), Bielefeld 2013.

31 Eine genaue Analyse der ausgewählten Künstlerinnen und Künstler im Vergleich zu den Beteiligungen an den Biennalen in Venedig und der documenta steht noch aus. Grote zeigte folgende Kunstschaffenden:

I. Biennale von São Paulo 1951: Willi Baumeister, Heinz Battke, Alexander Camaro, Werner Gilles, HAP Gieshaber, Karl Hartung, Karl Knappe, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Georg Meistermann, Ernst Wilhelm Nay, Karl Schmidt-Rottluff, Johanna Schütz-Wolff, Hans Uhlmann, Theodor Werner, Woty Werner, Fritz Winter.

II. Biennale 1953: Paul Klee (Sonderausstellung), Hubert Berke, Georg Brenninger, Josef Fassbender, Arnold Fiedler, Gerhard Fietz, Bernhard Heiliger, Werner Heldt, Karl Hofer, Rolf Nesch, Otto Pankok, Heinz Trökes, Ernst Weiers, Conrad Westpfahl.

IV. Biennale 1957: Bauhaus: Meister und Schüler (Sonderausstellung): Josef Albers, Alfred Arndt, Herbert Bayer, Max Bill, Lyonel Feininger, Theodor Lux Feininger, Wilhelm Imkamp, Johannes Itten, Gerhard Kadow, Wassily Kandinsky, Ida Kerkovius, Paul Klee, Fritz Levedag, Gerhard Marcks, László Moholy-Nagy, Georg Muche, Xanti Schawinsky, Oskar Schlemmer, Joost Schmidt, Andor Weininger, Fritz Winter; Theater-Biennale: Oskar Schlemmer, Triadisches Ballett.

V. Biennale 1959: Expressionisten der Brücke (Sonderausstellung): Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller, Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff; Hermann Bachmann, Hubert Berke, Manfred Bluth, Joseph Fassbender, Rupprecht Geiger, Karl Hartung, Ernst Wilhelm Nay, Hans Platschek, Emil Schumacher, K.R.H. Sonderborg, Fred Thieler, Hann Trier, Heinz Trökes, Gerhard Wind.

Die dritte Biennale wurde von Walter Passarge, damals Direktor der Kunsthalle Mannheim, eingerichtet. Ulrike Groos, Sebastian Preuss und Andrea Scrima (Hg.), German Art in São Paulo. Deutsche Kunst auf der Biennale 1951–2012, Ostfildern 2013.

32 Aus der Auswahl für 1951 waren dies Karl Knappe, Johanna Schütz-Wolff und Woty Werner, aus der Auswahl für 1953 Georg Brenninger, Arnold Fiedler, Gerhard Fietz, Otto Pankok, Ernst Weiers, Conrad Westpfahl, für 1959 (Sonderausstellung Brücke) Hermann Bachmann und Manfred Bluth.

33 Alfred Arndt, Herbert Bayer, Theodor Lux Feininger, Wilhelm Imkamp, Johannes Itten, Gerhard Kadow, Ida Kerkovius, Fritz Levedag, László Moholy-Nagy, Xanti Schawinsky, Joost Schmidt, Andor Weininger.

34 Zu den Länderbeteiligungen, vor allem dem Anteil an deutschen Künstler an der documenta s. Walter Grasskamp, „Becoming Global: From Eurocentrism to North-Atlantic Feedback ̶ documenta as an ,International Exhibition‘ (1955–1972)“, in: On Curating, https://www.on-curating.org/issue-33-reader/becoming-global-from-eurocentrism-to-north-atlantic-feedbackdocumenta-as-an-international-exhibition-1955-1972.html, letzter Zugriff 16.7.2017.

35 Brief von Francisco Matarazzo Sobrinho an Dr. Frahne, Kulturabteilung, Auswärtiges Amt Bonn, 29.6.1951. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

36 Zusätzlich zeigte Grote Werke von Hubert Berke, Georg Brenninger, Josef Fassbender, Arnold Fiedler, Gerhard Fietz, Bernhard Heiliger, Werner Heldt, Karl Hofer, Rolf Nesch, Otto Pankok, Heinz Trökes, Ernst Weiers und Conrad Westpfahl.

37 Brief von Dr. Wolf, Auswärtiges Amt, an Ludwig Grote, 17.6.1953. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

38 Die folgenden Ausführungen basieren auf den Recherchen über emigrierte Kunsthistoriker in Brasilien bei Merklinger 2013, 82–85, 134–137.

39 Obwohl Hoeltje 1938 einen Ruf an das Kunsthistorische Institut der Universität Bonn erhielt, verließ er Deutschland. Merklinger 2013, 134–135.

40 Heuberger war ein Initiant des deutsch-brasilianischen Kulturaustauschs. Er gründete die Gesellschaft Pró-Arte (1932) und das Magazin Revista Intercâmbio (1933). Er war auch Gründer von Schulen in São Paulo (1952) und Teresópolis (1966). Aracy Amaral, „Theodor Heuberger: a presença alemã no meio artístico contemporâneo brasileiro“, in: dies. (Hg.), Arte e meio artístico: entre a feijoada e o x-burger, São Paulo 1982, 97–104, zit. nach Merklinger 2013, 83.

41 Pfeiffers Tätigkeit für den Kunstschutz im besetzten Frankreich unter Franz Graf Wolff-Metternich ist bisher unerforscht. Merklinger 2013, 136–137.

42 Die wachsende Bedeutung Klees nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt mit Georg Schmidts Paul Klee. 10 Farbenlichtdrucke nach Aquarellen und Temperablättern, Basel 1948 sowie den in Amerika erschienenen Monografien von Werner Haftmann (New York 1954) und Will Grohmann (New York 1955). Vgl. die Rezension von S. Lane Faison, in: The Art Bulletin 39/1 (1957), 80–81.

43 Einführend vgl. John Clark, „Modernities in Art: How Ar They ‚Other‘?“, in: Kitty Zijlmans und Wilfried van Damme (Hg.), World Art Studies: Exploring Concepts and Approaches, Amsterdam 2008, S. 401–418. Der nigerianische Kurator, Autor und Documenta-Leiter Okwui Enwezor definiert als „grand modernity“ das europäisches Konzept von Fortschritt und Kapitalismus, von der aus weitere „petit modernities“ im Sinne eines Exports abgeleitet werden. Okwui Enwezor, „Modernity and Postcolonial Ambivalence“, in: South Atlantic Quarterly 109/3 (2010), 595–620. Weitere Modernekonzepte sind beispielsweise Homi Bhabhas „countermodernity“, Enrique Dussels „transmodernity“, Okwui Enwezors „Super-“, „Andro-“, „Specious“ oder „Aftermodernity“. Zur Moderne „als Prefix“ vgl. María Iñigo Clavo, “Modernity vs. Epistemodiversity”, in: e-flux journal 73 (2016), online: https://www.e-flux.com/journal/73/60475/modernity-vs-epistemodiversity/, letzter Zugriff: 5.12.2016.

44 Boaventura de Sousa Santos spricht von einer „Gegen-Epistemologie“ und von „post-abyssalem Denken“, das traditionelle Narrative aufschließen solle. Boaventura de Sousa Santos, „Beyond Abyssal Thinking. From Global Lines to Ecologies of Knowledges“, in: Review, A Journal of the Fernand Braudel Center 30 (2007), 45–89, online: http://www.boaventuradesousasantos.pt/media/pdfs/Beyond_Abyssal_Thinking_Review_2007.PDF, letzter Zugriff: 18.11.2016; Boaventura de Sousa Santos, „A Non-Occidentalist West? Learned Ignorance and Ecology of Knowledge“, in: Theory, Culture & Society 26/7–8 (2010), 103–125.

45 Santos 2010, 107.

46 Partha Mitter, „Decentering Modernism: Art History and Avant-Garde from the Periphery“, in: The Art Bulletin 90/4 (2008), 531–548.

47 Piotr Piotrowski, „Toward a Horizontal History of the European Avant-Garde“, in: Europa! Europa?, hg. v. Sascha Bru, Berlin 2009, 49–58.

48 Piotrowski 2009, 54.

49 Zur Nachlassgeschichte Paul Klees s. Stefan Frey, „Robert Bürgis Engagement für Paul und Lily Klee sowie die Gründung der Paul-Klee-Stiftung“, in: Paul Klee. Die Sammlung Bürgi, hg. v. Stefan Frey und Josef Helfenstein, Bern 2000, 199–217; Stefan Frey, „,unverkäuflich für die Nachlaßsammlung bestimmt Klee‘. Anmerkungen zur Regelung des künstlerischen Nachlasses Paul Klee von 1940 bis 1952 und zur Geschichte von ,Sonderklasse‘-Werken“, in: Paul Klee. Sonderklasse unverkäuflich, hg. v. Wolfgang Kersten, Osamu Okuda und Marie Kakinuma, Köln 2015, 128–161; Katarina Holländer, „,Reconstruierte Scherben‘: der Nachlass von Paul Klee“, in: du 60 (2000), 50–54.

50 Brief von Ludwig Grote an das Bundesfinanzministerium, 29.7.1953. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

51 Brief von Ludwig Grote an Eberhard Hanfstaengl, 24.7.1953. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

52 Felix Klee (München 1901 – Bern 1990) hat nach einem Musikstudium an zahlreichen deutschen Bühnen als Spielleiter für Opern gearbeitet. 1944 wurde er in den Militärdienst eingezogen und geriet in russische Gefangenschaft. Ab 1948 lebte Klee in Bern, wo er bei Radio Bern eine Anstellung fand. „Gestorben. Felix Klee“, in: Der Spiegel, 20.8.1990; Werner Wüthrich, „Felix Klee“, in: Theaterlexikon der Schweiz, hg. v. Andreas Kotte, Bd. 2, Zürich 2005, 997, online: http://tls.theaterwissenschaft.ch/wiki/Felix_Klee, letzter Zugriff: 2.8.2016.

53 Brief von Ludwig Grote an das Bundesfinanzministerium, 29.7.1953. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.

54 1952 erfolgte eine neue Vereinbarung zwischen Felix Klee und der Klee-Gesellschaft, mit der vor allem weitere Verkäufe durch die Klee-Gesellschaft untersagt wurden. Frey 2015, 147–148.

55 „[…] so etwas darf kein Monopol werden.“ Brief von Ludwig Grote an Alfred Hentzen, 29.10.1959. DKA, NL Grote, Ludwig, 1802.Eventuell handelt es sich dabei um die geplante „Ausstellung brasilianischer Künstler“, die 1959 im Austausch am Haus der Kunst in München stattfand.

56 Zur Wiederentdeckung des deutschen Expressionismus nach 1945 vgl. Karen Lang, „Der Expressionismus und die beiden deutschen Staaten“, in: Kunst und Kalter Krieg. Deutsche Positionen 1945-89, hg. v. Stephanie Barron und Sabine Eckmann, Köln 2009, 84–100.

57 Segall war zudem der einzige nicht mehr lebende Künstler der Ausstellung brasilianischer Künstler, die im Haus der Kunst in München 1959 gezeigt wurde und für die Grote das Vorwort zum Katalog verfasste. Die Münchner Ausstellung zeigte Grafiken der 1920er Jahre, die auch in der Ausstellung Entartete Kunst zu sehen gewesen waren. Zur Beteiligung an letzterer vgl. Stephanie Barron und Peter W. Guenther, Entartete Kunst. Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland, München 1992, 350–351.

58 Brief von Ludwig Grote an Andreas Urschlechter, 6.2.1960. DKA, NL Grote, Ludwig, 1695.

59 Die brasilianische Kunstkritikerin Vera d’Horta spricht von einer „grandiosen Allegorie der Emigration“. Vera d’Horta, „Navio de emigrantes“, 2008, online: http://www.museusegall.org.br/mlsItem.asp?sSume=21&sItem=234, letzer Zugriff 18.11.2016. Zur Rezeption des Künstlers in Brasilien: Claudia Valladão de Mattos, „Lasar Segall e sua crítica no contexto da modernidade“, in: Psicol. USP 5/1-2 (1994), 101–113; Claudia Valladão de Mattos, „Lasar Segall e as vanguardas judaicas na Europa e no Brasil“, in: RHAA 7, online: http://www.unicamp.br/chaa/rhaa/downloads/Revista%207%20-%20artigo%208.pdf, letzer Zugriff 4.11.2016; Laura Rodrigues Nöhles, Lasar Segall. E sua recepção no Brasil, Brasília 2015. Martin Schieder hat aufgezeigt, dass Segall mit Stefan Zweig über die seit den 1920er Jahren entstehende Werkserie im Austausch stand. Martin Schieder, „Die Überfahrt als Daseinsmetapher. Auf dem Navio de emigrantes von Lasar Segall“, in: Kritische Berichte 43/2 (2015), 39–49.

60 Manuskript. DKA, NL Grote, Ludwig, 1695.

61 Erst in den späten 1970er Jahren erscheint im europäischen Kontext der Name Segall in vereinzelten Ausstellungen und Publikationen: Lasar Segall, Düsseldorf u.a. 1960; Dresdner Sezession Gruppe 1919, München 1975; Erhard Frommhold, Lasar Segall and Dresden Expressionism, Mailand 1975; Erhard Frommhold, Lasar Segall Zeichnungen, Mailand und München 1976; Erhard Frommhold, Lasar Segall, Mailand 1977; Kunst im Aufbruch, Dresden 1980; Stephanie Barron und Peter W. Guenther, Expressionismus. Die zweite Generation 191525, München 1989; Marc Scheps (Hg.), Lateinamerikanische Kunst im 20. Jahrhundert, Köln und München 1993.

62 Die Münchner Ausstellung wurde in der Weltkunst besprochen: Dr. W., „Münchener Kunstsommer 1959“, in: Weltkunst 29/14 (15.7.1959), 12. Die regionale Berichterstattung fand zur Folgeausstellung am Museum Morsbroich in Leverkusen statt.

63 Andrew S. Weiner, „Memory under Reconstruction. Politics and Event in Wirtschaftswunder West Germany“, in: Grey Room 37 (2009), 94–124, hier 95.

64 Hugo Borger, „Westdeutsche Museen im Wiederaufbau: Beispiel Köln“, in: '45 und die Folgen. Kunstgeschichte eines Wiederbeginns, hg. v. Karl Dietrich Bracher, Hugo Borger, Ekkehard Mai und Stephan Waetzoldt, Köln 1991, 214–219, hier 214, zit. nach Friedrich und Prinzing 2013, 8.

65 Friedrich und Prinzing 2013, 11.

66 Bisher wird von der Annahme ausgegangen, dass die internationale Moderne in den 1950er Jahren nur zögerlich in die deutschen Museen Eingang gefunden habe. Vgl. Friedrich und Prinzing 2013, 12.

67 Fuhrmeister 2013, 234.

68 Der Begriff stammt von Christian Fuhrmeister 2013, 234.

69 Laut Postkarte: „Auf Grund der Angaben in Ihrem Meldebogen sind Sie von dem Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 nicht betroffen.“ DKA, Nachlass Grote, Ludwig, 1088. Eine Entnazifizierungsakte zu Ludwig Grote besteht nicht, auch weil Verfahren mit Aktenbildung nur bei Personen stattfanden, die der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen angehört hatten. Hinweise auf eine Mitgliedschaft in der NSDAP liegen nach aktuellem Wissenstand nicht vor. Schreiben von Robert Bierschneider, Staatsarchiv München, an die Autorin, 5.7.2016.

70 Grote wurde auch Honorarprofessor (1955-1974) der Universität Erlangen (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Sign. MK 54548). 1959 wurde ihm der Bayerische Verdienstorden verliehen (BHStA, Sign. StK BayVO 267). Brief von Christine Kobler, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, an die Autorin, 1.7.2016.

71 Schiedlausky 1978, 282.

72 Brief von Ludwig Grote an Theodor Heuss, 25.8.1951, DKA, NL Grote, Ludwig, 1147.

73 Brief von Grote an die 2. Kompanie des Volkssturms, Rathaus Rottach, datiert Oberach, 21.II.45. DKA, NL Grote, Ludwig, 992.

74 Eberhard Hanfstaengl, dem diese Position zuerst angeboten wurde, hat sie Ludwig Grote vermittelt. Altregistratur Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Personalakte Hanfstaengl, zit. nach Bambi 2013, 163.

75 Das Kapital wurde durch den Reichsbankpräsidenten Dr. Hjalmar Schacht (1877–1970) vermittelt. Zur Geschichte der Galerie Heinemann/Zinckgraf und deren Arisierung vgl. Anja Heuß, „Friedrich Heinrich Zinckgraf und die 'Arisierung' der Galerie Heinemann in München“, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2012, Nürnberg 2012, 85–94; Birgit Jooss, „Galerie Heinemann. Die wechselvolle Geschichte einer jüdischen Kunsthandlung zwischen 1872 und 1938“, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2012, Nürnberg 2012, 69–84. Siehe auch „Friedrich H. Zinckgraf (Nekrolog)“, in: Die Weltkunst, Jg. 24, 15.6.1954.

76 Brief von Friedrick Zinckgraf an Ludwig Grote, 17.1.1940. DKA, Nachlass Grote, Ludwig, 1085.

77 Sabine Rudolph, Restitution von Kunstwerken aus jüdischem Besitz: dingliche Herausgabeansprüche nach deutschen Recht, Berlin 2007, 213.

78 Angelika Enderlein, Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat: Zum Schicksal der Sammlung Graetz, Berlin 2006, 148. Nach der verheerenden Niederlage von Stalingrad benötigte Hitler etwas Positives, worüber berichtet werden konnte. Von 1939–1942 wurden 1.200 Gemälde zusammengetragen.

79 Das Bild gilt aktuell als verschollen. Es könnte sich um ein Werk handeln, das in einem von Arnold und Anneliese Borsig initiierten Privatdruck, der dem Unternehmer Walter Bauer gewidmet ist, aufscheint. Das dort abgebildete Werk wurde 1940 Hodler zugeschrieben, dessen Echtheit wird heute jedoch angezweifelt. Der Hinweis zu diesem Werk stammt von Dr. Monika Tatzkow. E-Mail-Korrespondenz von Paul Müller, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft Zürich, mit der Autorin, 20.12.2016.

80 Theodor Eschenburg, „Ohne Amt und Mandat. Walter Bauer, der politisch stets im Stillen wirkte, wird sechzig Jahre alt“, in: Die Zeit, 3.11.1961, online: http://www.zeit.de/1961/45/ohne-amt-und-mandat, letzter Zugriff 3.8.2016.

81 „[…] Heute erhielt ich zu meiner Ueberraschung von Nicolai wieder einen grösseren Provisionsbetrag – er hat für den CGH-Mann das Hodlerbild gefunden und überweist mir prompt den Betrag. Etwas habe ich H. gegenüber ein schlechtes Gewissen, und will ihn nochmals davon in Kenntnis setzen. Oder soll ich ihm einfach für Allendorf einen Betrag zuschicken. Spreche ich nicht vorher mit ihm, kann er es leichter akzeptieren, bzw. […] dann weiss er ja nicht, die Zusammenhänge [sic]. Nicolai nimmt auch diesmal wieder an, dass H. einen Teil erhält, obwohl ich ihn schon das erstemal darauf hingewiesen habe, dass dies nicht der Fall ist. Jetzt werde ich ihn mit der Bestätigung ausdrücklich nochmals aufklären.“ Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 2.6.1940. DKA, Nachlass Grote, Ludwig, 97.

82 Brief von Carl Georg Heise an Ludwig Grote, 8.6.1940. DKA, NL Grote, Ludwig, 228. Die Bewertung moderner Kunst während des Zweiten Weltkriegs war seit der Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren und der nationalsozialistischen Kulturpolitik in einen kompletten „Strukturwandel“ geraten. Generell lagen Richtpreise französischer Kunst eher höher, die der deutschen, im Ausland noch wenig bekannten Werke eher tiefer. Vgl. Stefan Frey, „Die Auktion in der Galerie Fischer in Luzern am 30. Juni 1939 – ein Ausverkauf der Moderne aus Deutschland?“, in: Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus: Kunsthistoriker und Künstler 1925-1937, hg. v. Eugen Blume und Dieter Scholz, Köln 1999, 275–289, hier 278.

83 Bernhard Böhmer hat das Werk (Höhe 64 cm), das 1938 vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in der Staatlichen Kunstsammlung Karlsruhe beschlagnahmt und erfolglos in der Luzerner Auktion der Galerie Fischer am 30.6.1939 angeboten wurde, an den auch im Briefwechsel zwischen Grote und Heise erwähnten Walter Bauer aus Berlin/Fulda verkauft. Vgl. Provenienz bei http://emuseum.campus.fu-berlin.de/eMuseumPlus?service=direct/1/ResultDetailView/moduleContextFunctionBar.navigator.back&sp=13&sp=Scollection&sp=SfieldValue&sp=0&sp=2&sp=3&sp=SdetailView&sp=1&sp=Sdetail&sp=0&sp=T&sp=0&sp=SdetailView&sp=0&sp=0, letzter Zugriff 2.8.2016. Böhmer konnte auch Barlachs in Holz ausgeführte Version von Das Wiedersehen (1926, Höhe 90 cm), das auch Ferdinand Möller vermitteln wollte, laut handschriftlicher Notiz zu RM 16.000 verkaufen. Wolfgang Schöddert, „Vom Geist der Kunst und dem Ungeist der Zeit. Spuren der Galerie Ferdinand Möller aus den Jahren 1937 bis 1945“, in: Steinkamp 2010, 61–81, hier 74.

84 Brief von Carl Georg Heise an Ludwig Grote, 16.7.1940. DKA, NL Grote, Ludwig, 228. Heise hatte auch zu Ferdinand Möller Kontakt, wie der Schriftwechsel mit Grote verrät. Möller hatte kurz vorher Heise das Werk Ernst Ludwig Kirchners Das Wohnzimmer (1923) aus dem Bestand des Lübecker Behnhauses verkauft. Obwohl dieser Ankauf finanziell an Heises Grenzen ging, wie er an Grote schrieb, war es der Gedanke, „dass das Bild sonst wohl für immer unerreichbar geworden wäre“, der ihn zu diesem Ankauf bewogen hatte. Brief von Carl Georg Heise an Ludwig Grote, 16.7.1940. DKA, NL Grote, Ludwig, 228. Die Provenienz des Werks Das Wohnzimmer ist in der Datenbank „Entartete Kunst“ einsehbar, http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/datenbank/index.html, letzter Zugriff 16.10.2016. Das Bild wurde 1957 von der Hamburger Kunsthalle angekauft.

85 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 15.6.1940, DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

86 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 15.6.1940, DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

87 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 20.6.1940, DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

88 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 20.6.1940, DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

89 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote, 23.6.40, DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

90 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote 30.6.40., DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

91 „Ernst Jünger“, in: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, hg. v. Wolfgang Benz, Hermann Graml und Hermann Weiß, Stuttgart 2007, 932.

92 Brief von Ludwig Grote an Maud Grote 30.6.40., DKA, NL Grote, Ludwig, 61.

93 Wie aus dem zitierten Brief vom 21. Februar 1945 an die 2. Kompanie des Volkssturms in Rottach hervorgeht, war Grote zu dieser Zeit noch, unterbrochen durch seinen Wehrdienst, mit der Galerie Zinckgraf verbunden bzw. stand in deren Diensten.

94 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

95 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

96 Mit „H.“ könnte Grote den CSU-Mitbegründer Alois Hundhammer (1900-1974) gemeint haben, der von 1946 bis 1950 bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus war. 1945 gründete Hundhammer den Katholischen Männerverein Tuntenhausen, wo er wiederholt moralische Vorträge über Kultur hielt. „Nachruf Alois Hundhammer“, in: Der Spiegel, 5.8.1974, online http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41651730.html, letzter Zugriff 5.8.2016.

97 Es könnte sich hier um Wilhelm Hausenstein (1882–1957) handeln, der ab 1950 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste war.

98 Roderich Fick (1886–1955) war ein deutscher, der NSDAP zugehörender Architekt, der durch Hitler einen Lehrstuhl für Architektur an der TU München erhielt und neben Paul Ludwig Troost, Albert Speer und Hermann Giesler für diesen auch in mehreren Aufträgen tätig war, u.a. als Generalplaner für die „Führerstadt“ Linz. Nach dem Krieg wurde er als „Mitläufer“ eingestuft. Lioba Schmitt-Imkamp, Roderich Fick (1886-1955), Wien, Köln und Weimar 2014 (Hitlers Architekten. Historisch-kritische Monografien zur Regimearchitektur im Nationalsozialismus, hg. v. Winfried Nerdinger und Raphael Rosenberg, 3).

99 Hans Sedlmayr (1896–1984) war neben Otto Pächt Hauptvertreter der „Neuen Wiener Schule“ und Verfasser der kulturpessimistischen Schrift Verlust der Mitte (1948). Durch seine Mitgliedschaft in der NSDAP ist er einer der umstrittensten Kunsthistoriker seiner Zeit. Norbert Schneider, „Hans Sedlmayr (1896–1984)“, in: Altmeister moderner Kunstgeschichte, hg. v. Heinrich Dilly, Berlin 1990, 267–288.

100 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192. Es ist der Autorin bisher nicht bekannt, welchen Vortrag Grote in Ellingen hörte.

101 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

102 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

103 Wahrscheinlich handelt es sich hier um den Illustrator, Grafiker und Bühnenbildner Emil Preetorius (1883–1973). Adolf Hitler zählte Preetorius zu den wichtigsten Bühnenbildnern seiner Zeit. Von 1947 bis 1961 war Preetorius Mitglied des Bayerischen Senats. Von 1948 bis 1968 amtierte er als Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München. Ernst Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2007, 464.

104 Brief von Ludwig Grote an Walter Keim, 21.5.1950. DKA, NL Grote, Ludwig, 1192.

105 Im Folgenden der ganze Wortlaut von Grotes Beitrag: „Bei uns in Dessau war die Geschichte so, dass eines Tages eine Kommission anrückte von Stadtverordneten, voran ein Mehlhändler, dazu noch eine Reihe anderer besonders musisch begabter Leute, und verlangten, dass ich die modernen Bilder ihnen ausliefere. Da sie mit den Mitteln der Stadt bezahlt worden waren, konnte ich ihnen das nicht verwehren und so nahmen sie diese und fuhren in das Büro, in die Redaktion der Nazi-Zeitung von Dessau, um dann dort die Bilder aufzustellen und dazu zu schreiben, so werden die öffentlichen Mittel verschleudert. […] Nun, ich habe die Genugtuung, dass alle meine Bilder sich jetzt an prominenter Stelle befinden, zum Beispiel im Museum of Modern Art in New York oder in der Guggenheim Foundation in New York.“ Der Film wurde am 15.2.1988 im BR Fernsehen ausgestrahlt. Dauer: 60 Min.

106 Fritz Hesse, Erinnerungen an Dessau, Bd. 1: Von der Residenz zur Bauhausstadt, und Bd. 2: Aus den Jahren 1925 bis 1950, Bad Pyrmont 1963–1964, zit. nach Margit Ziesché, „Die Anhaltische Gemäldegalerie in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Jahre 1933 bis 1937“, in: Michels 1996, 80–117, hier 104–105.

107 Grote wurde am 31.5.1933 entlassen. Ziesché 1996, 104–105.